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Audi Avant RS2 (1995) im Fahrbericht: Berühmte Buchstaben

Der Kraft-Kombi lief einst bei Porsche vom Band und wird jetzt 30

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Kennen Sie das, wenn man unabsichtlich Namen vertauscht? Auch einige Autos machen es einem nicht immer einfach. So wie dieses hier: Audi RS2 Avant? Audi 80 Avant RS2? Audi Avant RS 2? Weder noch. Der offizielle Name im Ausweis des Sport-Kombis lautet "Audi Avant RS2". So kommuniziert es Audi selbst, dort sollte man es wissen, schließlich hat man das Modell selbst vor 30 Jahren herausgebracht. 

Rückblende: 1994 können die ersten Kunden den in Kooperation mit Porsche auf der Basis des Audi Avant S2 entwickelten Hochleistungskombi bei ihrem Audi-Händler abholen; im Jahr zuvor ist er bereits auf der IAA in Frankfurt zu sehen gewesen. Änderungen an Motorsteuergerät, Turbolader und Ladeluftkühler sowie ein optimierter Abgasstrang steigern die Motorleistung des 2,2-Liter-Fünfzylinders auf 232 kW (315 PS).

Audi Avant RS2 (1995) im Fahrbericht

Damals eine echte Ansage, jeder Porsche 911 ohne Turbo ist schwächer, ein Ferrari 348 trotz V8 kaum potenter. Und beide bieten keinen Platz für vier Personen plus Gepäck. Findige Marketing-Experten würden den Audi Avant RS2 heute wohl zum "Shooting Brake" hochjubeln. Der knapp 100.000 DM teure Avant RS2 läuft ab 1994 bei Porsche in Zuffenhausen vom Band, jedoch im Fertigungsverbund mit dem Audi-Werk Ingolstadt. Die Porsche AG liefert zudem als Entwicklungs- und Fertigungspartner Teile wie Bremsen und Räder zu. Beides können 911-Kenner auf den ersten Blick identifizieren.

Ein Audi mit Porsche-Pep

Die Karosserie ist weitgehend baugleich mit der des Audi 80 Avant, jedoch hat die Kooperation mit Porsche auch ein paar Veränderungen mit sich gebracht. So ist das gesamte Außendesign in Anlehnung an die Porsche 911er-Baureihen 964/993 modifiziert worden. Die Außenspiegel (Porsche 964/993), Blinkereinheiten (993) und 17-Zoll-Felgen (964) sind Original-Porsche-Teile diesen Baureihen, außerdem hat der RS2 geänderte Front- und Heckstoßfänger.

Vorne sind die Lufteinlässe im Stoßfänger dreigeteilt im Stil des Porsche 993 Carrera 4S/Turbo gehalten, um den Ladeluftkühler und die Vorderradbremsen mit zu kühlen. Das hintere Nummernschild ist, anders als beim Serien-Avant, in den Heckstoßfänger nach unten versetzt, dafür befindet sich eine Blende in der Heckklappe, die die Rückleuchten optisch als ein Band erscheinen lassen. Das ist ebenfalls ein Designzitat der Baureihen 964/993.

Zusätzlich ist der 4,48 Meter lange Avant RS2 an den RS2-Emblemen mit kleinen Porsche-Schriftzügen im schwarzlackierten Motorhaubengrill und an der Heckklappe zu erkennen. Die rotlackierten Bremssättel der Porsche-Bremsanlage sind mit einem weißen Porsche-Schriftzug versehen. Und mein Testwagen mit der krassen Zeitgeist-Farbe "Cliffgrün". Letztlich hat sich das bei den heutigen RS-Modellen erhalten: Auch ein RS 6 ist "nur" ein verbreiterter A6 Avant mit wesentlich mehr Potenz.

Diskreter Dampfhammer

Apropos Potenz: Der Fünfzylinder-Turbo bringt den Avant RS2 in 5,4 Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h und weiter bis 262 km/h Höchstgeschwindigkeit. Heutzutage beschleunigen viele Elektroautos schneller. Aber es ist nicht vergleichbar mit einem alten Audi-Fünfzylinder.

Bevor ich den schnellen Kombi anlasse, nehme ich im Cockpit Platz. Vieles ist vertraut, da Audi 80 und von Top-Qualität. Aber ein wenig Holz und Sportsitze mit Alcantara bringen etwas Glanz in die Hütte. Meine Augen treffen die weiß unterlegten Instrumente mit sehr Audi-untypisch gestalteten Ziffern. Der Tacho reicht bis 300, der rote Bereich des Drehzahlmessers liegt bei 7.000 U/min. Okay, das hier ist nicht der TDI von Onkel Rainer.     

"Sleeper" nennt man solch unauffälligen Autos, die es in Wahrheit faustdick hinter den Ohren haben. Und das passt beim Audi Avant RS2 ziemlich gut. Im unteren Drehzahlbereich lauscht man zwar schon dem tollen Fünfzylinder-Klang, aber fahrdynamisch tut sich noch nicht viel. Gut, die tolle Lenkung und das hervorragende Fahrwerk merkt man schnell, auch die bissig zupackenden Bremsen (Porsche!). 

Nein, die brachiale Warp-Beschleunigung moderner E-Autos sucht man hier vergebens. Zum Glück. Wohlklingend dreht der 2,2-Liter-Turbo nach oben. Allerdings mit einem Loch höhlenartigen Formates, in dem der Turbobär haust. Erst ab 4.000 U/min brüllt der Bär und die Musik spielt. Da sind sie, die 315 PS! Bei 6.500 Touren übrigens, die 400 Newtonmeter maximales Drehmoment stehen schon ab 2.800 U/min bei Fuß.   

Nur knapp 3.000 Exemplare

Endlich fühlt man sich wie die Herren Haywood und Stuck in ihrem Audi 90 IMSA-GTO und lauert auf die nächste Kurve. Der mächtige IMSA-GTO hatte auch einen 2,2-Liter-Turbo unter der Haube, dafür aber 720 PS. Egal! Dank des Allradantriebs (selbstsperrendes Torsen-Zentraldifferential vorne und sperrbares Hinterachs-Diff) zieht der Avant RS2 unabhängig vom Talent seines Piloten ums Eck. 

Und mehr Piloten als gedacht wissen seinerzeit den Ober-Avant zu schätzen. In zwei Produktionsjahren entstehen statt der geplanten 2.200 Exemplare insgesamt 2.908 Avant RS2 und begründen die Tradition der RS-Hochleistungsmodelle. Als 1995 der RS2 ausläuft, regiert schon der Audi A4. Aber das ist inklusive des ersten RS 4 eine andere Geschichte.

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