Der C9 mit Verbrenner darf nun doch A6 heißen. Erste Sitzprobe!
Es ist wie in der Politik. Eigentlich soll alles anders werden. Und doch bleiben wie gewohnt. Schließlich wusste schon Konrad Adenauer: "Keine Experimente wagen". Audi tat es trotzdem und plante, seinen Verbrenner-Baureihen ungerade Ziffern zu geben. So mutierte der neue A4 zum A5, was Händler wie Kunden offenbar stark verwirrte.
Infolgedessen zog man in Ingolstadt die Notbremse und machte den Adenauer. Der neue A6 wird nicht zum A7. Stattdessen behält er seine über Jahrzehnte etablierte Bezeichnung und koexistiert künftig friedlich als Audi A6 TFSI oder A6 TDI neben dem neuen A6 e-tron. Alle übrigens als Limousine und Avant. Den neuen Verbrenner-Kombi alias C9 Avant dürfen wir Ihnen nun in voller Pracht zeigen, das Stufenheck folgt in ein paar Wochen.
Mit dem Modell setzt das Unternehmen die 2024 begonnene große Produktoffensive fort. Die Erneuerung und Verjüngung des Produktportfolios ist Teil der Audi-Agenda, mit der sich die vier Ringe im verschärften Wettbewerb zukunftsfähig aufstellen. Muss auch, denn in den letzten Jahren mangelte es an echten Neuheiten. "Mit dem A6 erneuern wir nun eine wichtige Modellreihe", so Audi-Chef Gernot Döllner. Dem ist nicht zu widersprechen, gerade im wichtigen Flottenmarkt ist der A6 eine Hausnummer.
Nun aber ab ins Fotostudio, wo der neue Audi A6 Avant auf uns wartet. Der erste Eindruck: Neuer A5 Avant trifft alten RS 6 Avant. Auffällig sind der große Grill mit hoch angebrachtem Logo und die nach hinten abfallende Dachlinie. Sie ermöglicht einen cw-Wert von 0,25, das ist der beste Wert eines Avant mit Verbrennungsmotor bei Audi. Sehr elegant, dieser Avant.
Im Gespräch weisen die Designer auf die betonten Radhäuser hin, die den neuen A6 stämmig auf der Straße stehen lassen. Insgesamt ist man aber dem Vorgänger nicht untreu geblieben. Revolutionäre Bestrebungen hat man angesichts der Wichtigkeit des Verbrenner-A6 in der Schublade gelassen.
Unser Fotofahrzeug ist ein A6 Avant S-Line. Im Gegensatz zur Serienausstattung, wo der A6 Avant bewusst viel Wagenfarbe und Aluminium zeigt, um seine Eleganz hervorzuheben, betont er hier seine Sportlichkeit. Hier ist der Bereich um die vorderen Lufteinlässe, die größer gestaltet und zweigeteilt sind, in Chromoptik matt anthrazit gehalten, ebenso wie die verbreiterten Schwellerleisten und die Spange um den sportlicher designten Diffusor.
Darüber hinaus zeigt das schwarze Gitter des Singleframe-Grills eine größere Struktur und vertikale Einrahmungen betonen die seitlichen Air Curtains zur Optimierung des Luftstroms. Optional lässt sich das Exterieur S line um das Exterieurpaket schwarz erweitern. Hier sind die Audi-Ringe vorn und hinten in Anthrazit grau ausgeführt. Singleframe, Diffusorspange, Seitenschwellerleisten, Türgriffe, Fensterleisten, Spiegelgehäuse und die Dachreling des A6 Avant sind in Schwarz gehalten. Außerdem trägt die Abgasanlage dunkel verchromte Endrohrblenden.
Betrachten wir uns die nüchternen Abmessungen: Mit 4,99 Metern Gesamtlänge ist der neue Audi A6 Avant 60 Millimeter länger als das Vorgängermodell. Der Radstand beträgt 2.927 Millimeter. In der Breite misst der A6 Avant knapp 1,88 Meter ohne Spiegel. "Nur" 1,88 Meter, möchte man beinahe sagen, denn live wirkt der A6 Avant deutlich breiter.
Der Gepäckraum des neuen A6 Avant fasst bis zu 503 Liter Ladevolumen - je nach Motorisierung. Dank seiner Breite von 1.050 Millimetern passen laut Audi zwei große Koffer problemlos nebeneinander. Die serienmäßige im Verhältnis 40:20:40 umklappbaren Rücksitze sorgen für variables Beladen, beispielsweise mit Ski-Ausrüstung. Bei komplett geklappten Fondlehnen erweitert sich das Kofferraumvolumen auf bis zu 1.534 Liter.
Ein Schienensystem, das Ablagen- und Gepäckraumpaket sowie ein Trennnetz gehören ebenfalls zur Standardausstattung des A6 Avant und erhöhen die Variabilität zusätzlich. Optional gibt es außerdem ein Fixierset mit Teleskopstange und Spannband. Die elektrische Heckklappe, die per Fußgeste öffnet und schließt, ist serienmäßig. Dabei wird die Kick-Position mithilfe einer Projektionsleuchte angezeigt.
Apropos Leuchten: Je nach Ausstattung kommt im A6 Avant das digitale Tagfahrlicht mit LED-Technik zum Einsatz, das aus 48 einzelnen LED-Segmenten pro Scheinwerfer besteht. Charakteristisches
Erkennungsmerkmal der optionalen Matrix LED-Scheinwerfer ist eine mit Hexagonen perforierte Edelstahlblende, hinter der sich das digitale Tagfahrlicht verbirgt. Diese neue Gestaltungsform gibt den Scheinwerfern noch mehr Präsenz.
Mit insgesamt sieben digitalen Lichtsignaturen in Front und Heck - davon verschiedene als aktive Signaturen gestaltet, bei denen einzelne Segmente intelligent auf- und abdimmen - bietet der neue A6 Avant ein beachtliches Potenzial der Individualisierung.
Am Heck des A6 Avant kommen optional die digitalen OLED-Heckleuchten der zweiten Generation zum Einsatz. Auf jeder Seite erzeugen 198 digitale OLED-Segmente die digitalen Signaturen, einige davon aktive. Letztere lassen das Licht durch ihre stetige Bewegung lebendig erscheinen. Der eigens für diese Funktion entwickelte Algorithmus erschafft aus den in Summe 396 OLED-Segmenten mehrfach in der Sekunde ein neues Bild. Die einzelnen Segmente spielen dabei so zusammen, dass die Gesamtlichtstärke nicht variiert.
Andere Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer erhalten eine Warnung, wenn sich zum Beispiel Unfall- oder Pannenstellen voraus befinden. Dazu zeigt das Kommunikationslicht in kritischen Fahr- oder Verkehrssituationen vorausschauend eine spezifische Schlusslichtsignatur in den digitalen OLED-Heckleuchten: Neben der regulären Schlusslichtgrafik warnen acht Dreiecke über das gesamte Fahrzeugheck den nachfolgenden Verkehr.
Und wie schaut der neue Audi A6 Avant innen aus? Das Marketing dichtet ganz international: "Zum einen ist der Innenraum "Human Centric" gestaltet, also konsequent an den Bedürfnissen seiner Nutzerinnen und Nutzer ausgerichtet. Die zweite Besonderheit bildet die "Digital Stage", eine digitale Bühne, die sich vor den Insassen in Form der Audi-MMI-Displays aufbaut." Weitere englische Begriffe ersparen wir Ihnen lieber ...
Bequem und großzügig ist es im neuen A6-Cockpit jedenfalls auch für großgewachsene Menschen. Die digitale Bühne gehört dem Audi MMI-Panoramadisplay und dem optionalen MMI-Beifahrerdisplay. Das freistehende Panoramadisplay ist ähnlich wie im A5 und neuen Q5 im Curved Design und in OLED-Technologie ausgeführt. Es besteht aus dem Audi virtual cockpit mit 11,9 Zoll sichtbarer Bildschirmdiagonale und dem 14,5 Zoll großen MMI Touchdisplay.
Optional gibt es zudem noch das 10,9 Zoll große Beifahrerdisplay. Damit lassen sich Webseiten aufrufen und Videoinhalte streamen. Dank des dynamischen Privacy Mode sind ablenkende Inhalte, zum Beispiel Videos, vom Fahrersitz während der Fahrt nicht einsehbar. Wird das Beifahrerdisplay nicht genutzt oder kein Mitfahrer erkannt, ist ein digitales Dekor als Hintergrundbild zu sehen. Der neue Audi A6 Avant kann optional mit einem neuen, konfigurierbaren Head-up-Display (HUD)
ausgestattet werden.
Soweit alles ganz fein. Was man leider nicht uneingeschränkt für die Materialqualität sagen kann. Dieser Punkt zieht sich seit dem A5 und Q5 wie ein roter Faden durch die Kritiken der Fachpresse. Audi selbst lobt die so genannte Softwrap-Applikation. Diese verläuft von Tür zur Tür über die gesamte Schalttafelbreite und verbreitert den Innenraum optisch. Zitat: "Ausgewählte Stoffe, Kunstleder oder Dinamica in den Türverkleidungen und Armauflagen sorgen für ein wohnliches Premiumambiente."
Natürlich ist der neue A6 Avant kein Dacia. Aber die gefühlte Qualität kommt aus unserer Sicht beim ersten Eindruck nicht an den Vorgänger heran. Streicht und klopft man über den Softwrap-Bereich, merkt man: Ziemlich dünn und nicht viel dahinter. Aus dem Vollen gefräst geht anders. Gleiches gilt für die Touchflächen in den Türen. Hier sollte Audi dringend nachbessern. Allerspätestens beim Facelift. Doch diesen Punkt scheint Audi auch schon selbst erkannt zu haben.
Was steckt unter der Haube? Die Antriebe mit der Mild-Hybrid-Technologie MHEV plus sind bereits vom neuen A5 und Q5 bekannt. Immerhin: Ein 3.0 TDI mit Sechszylinder dürfte noch folgen, der künftige RS 6 hingegen wohl wie schon der BMW M5 in Richtung Plug-in-Hybrid wechseln.
Zum Marktstart gibt es neben dem 2.0 TDI-Vierzylinder mit 150 kW (204 PS) auch den 3.0 TFSI-Sechszylinder mit 270 kW (367 PS) mit 48V-Teilelektrifizierung. Das MHEV plus-System besteht aus drei wesentlichen Komponenten: einer 48-Volt-Batterie, dem Riemenstartergenerator (RSG) sowie dem Triebstranggenerator (TSG) mit integrierter Leistungselektronik. Der TSG ermöglicht rein elektrisches Einparken und Rangieren.
Auch bei langsamer Fahrt in der Stadt, im schwimmenden Verkehr, beispielsweise auf Landstraßen, sowie beim Zurollen auf die nächste Ortschaft fährt der A6 Avant elektrisch. Darüber hinaus erzeugt der TSG beim Anfahren oder Überholen ein zusätzliches Antriebsmoment von bis zu 230 Newtonmetern und bis zu 18 kW (24 PS) Leistung. Beim Verzögern gewinnt der TSG Energie zurück: Bis zu 25 kW lassen sich rekuperieren.
Die serienmäßige Progressivlenkung des neuen A6 Avant spricht jetzt noch direkter an. Im Vergleich zum Vorgänger ist der komplette Pfad vom Lenkrad zu den Rädern steifer ausgeführt. Dazu gehören der Torsionsstab, das starr verschraubte Lenkgetriebe und die versteiften Querlenkerlager. Zudem wurde der Sturz an der Vorderachse leicht erhöht.
In Summe resultieren diese Maßnahmen in einer deutlich verbesserten Lenkansprache und erhöhtem Feedback von der Straße, was in Kombination mit dem performanten Antrieb zu einem präzisen und leichtfüßigen Fahrverhalten führt. Ob das stimmt, wird in Kürze ein erster Fahrbericht klären.
In Verbindung mit dem Quattro-Allradantrieb ist optional die Allradlenkung erhältlich. Sie arbeitet mit einer Dynamikfunktion, deren Reaktionsgeschwindigkeit nochmals verbessert wurde. Bei niedrigen Geschwindigkeiten werden die Hinterräder bis zu fünf Grad entgegengesetzt zu den Vorderrädern eingeschlagen. Im Stadtverkehr und in engen Kehren fährt sich das Auto agiler.
So verringert sich der Wendekreis um bis zu einen Meter. Bei mittlerem und höherem Tempo werden die Hinterräder gleichsinnig eingeschlagen, was ein stabiles und noch präziseres Fahrverhalten ermöglichen soll.
Drei Fahrwerke stehen zur Wahl:
• das Standardfahrwerk, das im Vergleich zum Vorgänger noch komfortabler ausgelegt ist
• das Sportfahrwerk, das die Karosserie für eine dezidiert sportliche Fahrwerksabstimmung 20 Millimeter tieferlegt (serienmäßig beim S line Exterieurpaket)
• das adaptive Luftfederfahrwerk, die adaptive air suspension mit geregelter Dämpfung, die dem Fahrzeug eine große Spreizung zwischen hohem Abrollkomfort und sportlichem Handling verleiht
Das optionale, adaptive Luftfederfahrwerk mit anpassbarem Dämpfungssystem an allen vier Rädern regelt das Fahrzeugniveau und die Dämpfung. Dabei wird die Beladung des Fahrzeugs durch die Luftfeder automatisch ausgeglichen. Gegenüber dem Serienfahrwerk steht der A6 Avant im Normalniveau (Modus balanced, comfort und efficiency) 20 Millimeter tiefer, analog dem Sportfahrwerk.
Im dynamic-Modus ist die Trimmlage für ein sportliches Fahrgefühl nochmals 10 Millimeter tiefer. Zur Reduzierung des Luftwiderstands wird auch in den Modi balanced und efficiency die Karosserie bei hohen Geschwindigkeiten ab 120 km/h auf das Tiefniveau abgesenkt. Im Gegensatz dazu hebt die Liftfunktion den A6 Avant um 20 Millimeter gegenüber dem Normalniveau an und ist jetzt bis zu einer Geschwindigkeit von 85 km/h verfügbar.
Der neue Audi A6 Avant ist ab März 2025 bestellbar. Mit der Einstiegsmotorisierung kostet er in Deutschland als TFSI mit 204 PS ab 58.000 Euro. Der 2.0 TDI mit der MHEV plus-Technologie beginnt bei 61.700 Euro. Die ersten Auslieferungen an Kundinnen und Kunden erfolgen Ende Mai 2025.