Aber es gibt ein paar Schwächen, die sind eigentlich unerklärlich
Jahrelang ist nix passiert in Ingolstadt, jetzt weiß ich kaum mehr wie meine Familie aussieht, weil ich nur noch auf Fahrterminen für neue Audi-Modelle rumlungere. Das ist natürlich sehr zu begrüßen. Also nicht unbedingt in Bezug auf den Familienfrieden, aber bei den vier Ringen muss nach Jahren des Siechtums dringend neues Feuer ins Portfolio und genau das geht man jetzt an.
Die neuen e-trons (Q6 und A6) wurden von der Presse größtenteils abgefeiert und könnten womöglich endlich Zahlen liefern, die grün lackierte Vorstände so gerne sehen. Der neue A5 ist in den Markt gestartet und der A6 .. äh A7 .. äh, ne doch A6 darf bald wieder ganz klassisch jede Menge Firmenkunden abgreifen. Aber die wahre Cash Cow ist seit Jahren natürlich der Q5. D-Segment-SUV, liebe Leser, da werden die Stückzahlen gemacht. 1,6 Millionen wurden von der ersten Generation verkauft. 1,1 Millionen waren es beim Nachfolger.
Schiefgehen sollte also wenig bis gar nichts bei der dritten Generation des Bestsellers Q5 und seinem schneidigen Geschwisterlein Q5 Sportback. Ob dem so ist, konnte ich jetzt beim ersten Testtermin herausfinden.
Springen Sie direkt zu:
Exterieur | Interieur | Fahrbericht SQ5 | Fahrbericht Q5 | Fazit
Der BMW X3 erst ein paar Monate alt, der Mercedes GLC immerhin schon fast drei Jahre. Aber der letzte Q5 kam vor mehr als acht Jahren auf den Markt und hat zuletzt doch ordentlich Staub angesetzt. Höchste Zeit also für einen kompletten Reboot. Selbiger erfolgt auf einer komplett neuen Architektur namens Premium Platform Combustion (PPC). Und er erfolgt mit komplett neuen Benzin- und Dieselmotoren, die den Zusatz MHEV Plus tragen, wohinter sich eine erweiterte 48-Volt-Mildhybridisierung versteckt.
Wir kennen diese Technologien bereits vom neuen A5 und A5 Avant und wenn Sie mögen, können Sie hier lesen, wie wir die beiden so finden. Der Q5 unterscheidet sich durch eine größere Bodenfreiheit und einen bauartbedingt ungünstigeren Schwerpunkt. Damit dieser nicht zu unschönen Wackelpudding-Erlebnissen beiträgt, kriegt das neue SUV spezielle Dämpfer. Diese bauen bei normaler Fahrt höhere Dämpfkräfte auf, um das Auto nicht wabbeln zu lassen, werden bei hohen Frequenzen (Kopfsteinpflaster etc.) aber weicher, damit die Plomben drinbleiben.
Doch Vorsicht: Fahrwerk aussuchen beim neuen Q5 = kompliziert. Für die beiden Vierzylinder kriegen Sie ein Komfort-Stahlfahrwerk, das eben beschriebene FSD-Fahrwerk (Frequency Selective Damping) oder ein Komfort-Luftfahrwerk.
Wenn Sie sich für das vorläufige Topmodell SQ5 entscheiden, haben Sie die Wahl zwischen dem FSD-Fahrwerk und einer Luftfederung, die hier aber sportlicher abgestimmt ist - also quasi ein Sport-Luftfahrwerk. Wie ungefähr jeder Hersteller bei jedem neuen Modell verspricht auch Audi beim Q5 eine größere Spreizung zwischen Dynamik und Komfort. Wie wir gleich sehen werden, hatte der Komfort intern aber offenbar deutlich mehr Fürsprecher als die Dynamik.
Eben genannter SQ5 wird von einem gründlich überarbeiteten 3,0-Liter-Turbo-V6 angeschoben, dem man neben einem Elektromotor (boostet mit bis zu 24 PS und 230 Nm) auch eine variable Turbinengeometrie spendiert hat. Er leistet 367 PS und 500 Nm. Seine 1,7-kWh-Batterie macht sich unter dem Kofferraumboden breit. Das System beinhaltet zudem einen elektrischen Klimakompressor, dank dem es im Auto auch kalt bleibt, wenn der Verbrenner abschaltet oder das Auto segelt. Rekuperiert wird mit bis zu 25 kW.
Sie finden diese Form der Elektrifizierung ebenso im 2,0-Liter-TFSI und im 2,0-Liter-TDI. Beide leisten 204 PS. Der Benziner ist mit Front- oder Allradantrieb zu haben. Beim Diesel und V6 ist der Quattro-Antrieb Serie. Immer mit von der Partie: ein 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe. Wenn Sie eher der Plug-in-Hybrid-Typ sind: abwarten, da kommt noch was. mit 300 bzw. 367 PS und mehr als 100 Kilometer E-Reichweite, sagt Audi. Dass wir in diesem Leben noch einen RS Q5 sehen, halte ich indes für nahezu ausgeschlossen.
Marktstart für das Q5 SUV ist am 7. März, der Q5 Sportback steht ab KW20 beim Audi-Dealer Ihrer Wahl. Die Preise starten bei 52.300 Euro für den 204-PS-Benziner. Der Diesel ist ab 57.100 Euro zu haben, für den SQ5 legen Sie mindestens 82.900 Euro auf den Tisch. Die Sportback-Varianten sind jeweils 2.500 Euro teurer.
Das sachlich Audi-Design, von dem sich kein noch so empfindliches Auge angegriffen fühlt, ist auch beim Q5 Geschichte. Der Neue ist bulliger, zieht Fratzen, sieht mit den sehr schmalen Scheinwerfern und den riesigen Lufteinlässen ein bisschen aus wie ein paarungswilliges Insekt kurz vor dem Vollzug. Ich gebe zu, das klingt nicht besonders erstrebenswert, doch der Look funktioniert. Prächtig sogar. Das Auto hat Präsenz, wirkt wertig.
Natürlich können Sie auch bei diesem neuen Audi - je nach Öffnungswinkel Ihres Geldbeutels - unzählige Lichtsignaturen bei Scheinwerfern und Rückleuchten freischalten. Im besten (und teuersten) Fall bewegt sich das Lichtspiel sogar während der Fahrt. Nun wollte ich eigentlich zum Rundumschlag gegen dieses vermeintlich sinnlose Entwicklungs-Geldgrab ausholen und Vorschläge bringen, wo man die Kohle überall hätte schlauer einsetzen können (etwa beim ein oder anderen Kunststoff im Innenraum *hüstel*).
Doch wie eingangs erwähnt, mehrten sich zuletzt meine alltäglichen Begegnungen mit neuen Audis und ich muss neidlos anerkennen: Die digitale OLED-Lightshow sieht im echten Straßenverkehr fantastisch aus und - viel wichtiger - ist im immer eintönigeren Design-Einheitsbrei ein signifikantes Unterscheidungsmerkmal.
Aber genug der Subjektivität. Kommen wir zu den Dingen, die man messen kann. Der neue Q5 ist 3,5 Zentimeter länger als sein Vorgänger, ansonsten haben sich die Abmessungen kaum geändert. Der cW-Wert liegt bei 0,31, das können X3 und GLC besser (je 0,29). Räder gibt es von 18 bis 21 Zoll.
Die maximale Anhängelast beträgt 2,4 Tonnen und wenn Sie direkt auf die AHK stapeln, dann maximal mit 100 Kilo. Dürfte für Träger plus drei E-Bikes genügen.
Ich sagte es bereits im Test zum A5 klar und deutlich und bei seinem SUV-Bruder Q5 ist es keinen Deut anders: Was der einst unangefochtene König der Materialqualität, der Fräser aus dem Vollen, der Herrscher über die Haptik inzwischen hinter den schicken Kulissen an Plastik in seine (nun wirklich alles andere als günstigen) Gefährte zimmert, ist mindestens grenzwertig.
Ich rede hier ganz explizit nicht von dem, was man permanent sieht und berührt. Das Lenkrad, die hochwertig eingefassten Bildschirme, die Bedienpanele, das Gestühl und dessen Bezüge, die Rückbank, der Kofferraum - das ist alles von angemessener Qualität. Aber Türtafeln, Handschuhfach, Teile der Mittelkonsole, der ein oder andere Knopf/Taster - da flutscht einem der Begriff "Premium" doch arg schwer über die Lippen.
Optisch gibt sich das gesamte Interieur natürlich, als wäre das Auto vom 10er in den Jungbrunnen gehopst. Audis neue Cockpit-Allzweckwaffe besteht auch hier aus einem 11,9-Zoll-Instrumentendisplay, das direkt in einen 14,5 Zoll großen Infotainment-Screen übergeht, einem 10,9-Zoll-Beifahrer-Display sowie einem spürbar gewachsenen Head-up-Display, das in mehreren Stufen konfigurierbar ist.
Das sind jede Menge Bildschirme, deren Bedienkonzept größtenteils auch sehr gut funktioniert. Das Android-System ist schnell, die (Karten-)Grafiken extrem scharf und alle Bedien-Icons sind groß genug dargestellt, dass man sie auch während der Fahrt treffen kann.
Verglichen mit dem Vorgänger hat freilich auch die Sprachsteuerung einen gewaltigen Schritt nach vorne gemacht (es wäre allerdings auch verstörend, wenn ich Gegenteiliges berichten müsste). Enttäuschend: Das neue Instrumentendisplay reicht in eigentlich allen Punkten nicht ansatzweise an das alte Instrumentendisplay heran.
Dazu muss gesagt werden: Das nun abgelöste Virtual Cockpit war trotz seines Alters der beste Instrumentenscreen der Welt. Warum man es absichtlich weniger umfangreich, weniger konfigurierbar und schlechter ablesbar macht, bleibt das Geheimnis der Audianer. Also bitte beim nächsten Over-the-Air-Update aber sofort wieder die große Google-Maps-Karte und einen richtigen Tacho/Drehzahlmesser einfügen. Danke!
Was ansonsten auffällt: Sitze und Sitzposition in Reihe 1 sind ein Genuss. Das gilt sowohl fürs Basis-Gestühl, als auch für die sportlicher geschnittenen S-Line-Derivate. Letztere punkten obendrein optisch, sehen mit ihren Absteppungen und dem Leder-Alcantara-Materialmix hochwertiger aus.
Der Fond ist auch im neuen Q5 keine Strafbank. Vom Vorgänger übernimmt er die verschieb- (120 mm) und neigungsverstellbare Rückbank. Ist selbige ganz hinten eingerastet, sind die Platzverhältnisse üppig, selbst wenn alle Insassen über 1,80 Meter groß sind. Beruhigend für die Verfechter der Coupé-Linie: die Kopffreiheit bleibt auch im Sportback hervorragend.
Beim Kofferraumvolumen muss der neue Q5 gegenüber seinem Vorgänger (und den Hauptkonkurrenten) ein paar Federn lassen. Die deutlich gewachsene Batterie des neuen Mildhybrid-Systems wirkt sich hier negativ aus. Die Ingolstädter notieren offiziell: 520 bis 1.473 Liter. Zuvor waren es 550 bis 1.550 Liter. Deutlich mehr bieten sowohl der Mercedes GLC mit 620 bis 1.680 Liter, als auch der BMW X3 mit 570 bis 1.700 Liter.
Teilweise Entschädigung liefern ein neues Fach im Kofferraumboden, in dem die Gepäckraumabdeckung passgenau Unterschlupf findet sowie eine Pfeilprojektion, die anzeigt, wo genau man hinkicken muss, damit sich die Heckklappe handsfree öffnet.
Sport-SUVs gibt es inzwischen zu Hauf. Viele übertreiben es mit ihrem Ehrgeiz, geben sich zu hart, zu nervös und vergessen ihre eigentliche Kernaufgabe. Der neue Audi SQ5 läuft definitiv nicht Gefahr, in diese Kategorie abzudriften. In der neuesten Iteration ist er wirklich noch mehr der sehr schnelle, aber bequeme Reisegleiter, der nicht die allergrößten Ansprüche in puncto Handling oder Sportlichkeit an sich hat.
Mann muss sich ja eigentlich nur kurz das Antriebslayout ansehen: Der eher hecklastig ausgelegte Torsen-Allrad des Vorgängers weicht dem braver agierenden Quattro-Ultra-System mit Lamellenkupplung. Auch das Sportdifferenzial an der Hinterachse gibt es nicht mehr. Der SQ5 war auch in der Vergangenheit nie ein Performance-König. Das wollte er auch gar nicht. Aber man konnte ihn schon ziemlich knackig fahren, wenn man wollte. Jetzt hat man eher noch eine Schicht Komfort draufgepackt.
Die Lenkung wirkt etwas eckig und hat nicht übermäßig viel Touch (der eckige Lenkradkranz verstärkt dieses Gefühl, ich würde eher zum runden Lenkrad raten), arbeitet aber zweifelsfrei präzise. In flotter gefahrenen Kurven gibt sich das Auto - zumindest mit dem Luftfahrwerk - eher weich, stützt sich tief in seine Dämpfer rein, wirkt eher entspannt als aufgedreht und auf den Zehenspitzen. Wir reden hier von einem blitzsauberen, traktionsstarken Fahrverhalten. Zudem ist der SQ5 wirklich herausragend gefedert. Auch, was den Geräuschkomfort angeht. Erwarten Sie allerdings kein Handling-Wunder.
Der V6 schiebt auch die 2.115 Kilo des Topmodells (immerhin 145 Kilo schwerer als der Q5 2.0 TFSI) sehr anständig nach vorne, braucht aber schon den Dynamic-Modus, um mit richtig Attitüde aus dem Knick zu kommen. Dass es hier dennoch verflucht zügig zugeht, demonstriert der Blick aufs Datenblatt: 0-100 km/h in 4,5 Sekunden sind eigentlich blanker Wahnsinn für ein Mittelklasse-SUV, das ein "S" und kein "RS" auf dem Deckel hat.
Die Soundkulisse ist bei normaler Fahrt zurückhaltend, beim Ausdrehen in "Dynamic" wird es dann hochfrequent, fast turbinenartig, aber nie aggressiv, was wiederum sehr gut zum Gesamteindruck des neuen SQ5 passt, der deutlich mehr souveräner Reisewagen als wirklich sportliches SUV ist.
Der Vierzylinder-Benziner wird sicher ein großes Stück vom Verkaufskuchen ausmachen. Niemand wird spektakuläre Dinge von ihm erwarten und die bekommt er hier wenig überraschend auch nicht, aber Business as usual beherrscht er schon sehr gut.
Der Zweiliter spricht ordentlich auf Gas an, im Dynamic-Modus spürbar besser als in den anderen Fahrstufen. Er wirkt von der Leistungsentfaltung passend zum Rest des Autos recht leichtgängig (da hilft ihm sicher die frühe Unterstützung des E-Motors), zieht aber mit den 204 PS nicht die ganz große Wurst vom Teller. Für den Alltag dennoch völlig okay. Klanglich hält sich das Aggregat erfreulicherweise zurück. Wenn man es arg strapaziert, geht's beim Ausdrehen ein wenig brummig in die Höhe, nervig wird es allerdings nie.
Eine kurze Runde mit dem Diesel brachte die Erkenntnis, dass er - zumindest für mich - der Antrieb der Wahl im Q5 ist. Also vorausgesetzt, es lohnt sich bezüglich der jährlichen Kilometerleistung. Audis neuer TDI ist auch im Q5 nicht der Feingeist in puncto Geräusche und Vibrationen, aber er ist untenrum wuchtig, im Drehzahlverlauf stämmig und macht insgesamt einfach einen sehr vernünftigen Eindruck.
Für beide von mir gefahrenen Q5 gilt: Das Fahrwerk ist definitiv auf der komfortablen Seite, geht sogar in die weiche Richtung. Reisekomfort und müheloses, sehr entspanntes Fahren haben den Vorzug vor sportlichem Handling. Die Lenkung wirkt etwas runder als im SQ5, aber auch hier gilt: direkt ist anders. Man muss durchaus immer etwas Lenkwinkel reingeben.
In beiden Fällen war ich mit dem Komfort-Luftfahrwerk unterwegs, dessen Fähigkeiten in puncto Federungs-, Abroll- und Geräuschkomfort keine Wünsche offen lassen. Insgesamt ein sehr leichtgängiges, eher wenig verbindliches, aber sauberes, entspannendes und sehr sattes Fahrverhalten.
Dem neuen Audi Q5 passieren ein paar schwer erklärliche Fehler, die ihm eine noch bessere Wertung verhageln. Warum passiert beim Instrumentendisplay ein Rückschritt? Warum fällt man beim Kofferraumvolumen gegenüber der Konkurrenz teils deutlich ab? Und weshalb duldet man an mehreren Stellen eine Materialqualität, die deutlich unter der des Vorgängers liegt?
Abgesehen davon profiliert er sich als Meister des Komforts und des entspannten Reisens. Er fährt weitgehend unauffällig, unaufgeregt, federt sehr hochwertig und vermittelt ein Gefühl von Unerschütterlichkeit. Ein sehr sauberes, extrem geschliffenes Fahrverhalten ohne große dynamische Ambitionen. Sprich: Was man in dieser Hinsicht von ihm erwartet und was die meisten Kunden von ihm wollen werden, erfüllt er nahezu in Perfektion.