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Audi 100 CS quattro (1987) im Fahrbericht: Der Schanzer

Auch nach 40 Jahren sieht die C3-Baureihe nicht alt aus

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Alte Autos zu fahren bringt Lebensfreude. Nur nicht unbedingt bei 36 Grad in einem Audi 100 der dritten Generation ohne Klimaanlage. Der Aerodynamik-Weltmeister wird dann zum Hitze-Weltmeister. Fluch der guten Tat quasi: cW 0,30 senkt den Verbrauch, doch der Fahrer mutiert zum Hähnchen bei Wienerwald.

Stolz konnten sie bei Audi dennoch sein. Auch ich blicke etwas irritiert auf das H-Kennzeichen "meines" Fahrzeugs von 1987. Noch heute wirkt das Design modern, einzig die gelben Blinker verraten das Alter. In Ingolstadt diktierte man in die Prospekte: "Eines der wirklich modernen Autos der letzten Jahre."

1982 war generell ein guter Auto-Jahrgang, nachhaltig zudem. Noch heute sind viele der damals neuen Baureihen im Straßenbild präsent. Mercedes 190 (W 201), BMW 3er (E30), Ford Sierra und eben der Audi 100 (C3). Bei ihm sorgten verzinkte Bleche (Vollverzinkung ab 1986) für ein langes Leben ohne Rost. Und die Motoren, insbesondere der Fünfzylinder, gelten als fast unzerstörbar. Wundert es da noch, dass viele von insgesamt eine Million gebauten Audi 100 ihren Weg nach Osteuropa fanden?

1991 lief der Audi 100 (C3) aus, als "Hongqi" (Rote Fahne) wurde er in China noch bis 2004 gebaut. Rot ist mein Testwagen auch. Und in gewisser Weise prominent. Im Frühjahr 1986 lancierte das Unternehmen einen berühmten Werbespot für den quattro-Allradantrieb. Nur gesichert durch ein Stahlseil fuhr ein tornadoroter 100 CS quattro mit 136 PS und Harald Demuth am Steuer eine finnische Sprungschanze hinauf.

36 Jahre später darf ich ans Steuer von IN-T 335. Allerdings handelt es sich nicht um DAS Schanzenauto von damals mit Spikesreifen und der Kupplung vom 200 Turbo. Mein Exemplar stammt von 1987, entspricht aber in Optik und Motor dem wohl bekanntesten Audi 100.

Auch in den Abmessungen war der C3 seiner Zeit voraus: 4,79 Meter Länge und 1,81 Meter Breite sind heute nicht ungewöhnlich. Doch welches Auto dieses Formats wiegt noch 1.348 Kilogramm und steht auf 205/60 VR 15? Und weit wichtiger: Der Audi 100 verzichtet auf unnötigen Schnickschnack. Keine schiere Größe plus Christbaum-Lametta zur persönlichen Befriedigung der Design- und Marketingabteilung.

Nein, hier ist wirklich viel Platz drin, insbesondere im Fond. Wo man offenbar noch gerne rauchte, wie die Aschenbecher in den hinteren Türen verraten. Das bis zum Facelift sehr funktionale Cockpit erschließt sich selbst mit minus acht Dioptrin und atmet den Geist von Ferdinand Piëch. Also des Audi-Piëch jener Tage, nicht des späteren Bugatti-W16-VW-Phaeton-Fugen-Ferdls.

Vorsprung durch Technik als Vorsprung für den Kunden. 610 Liter Kofferraum bei der Limousine und unter acht Liter Verbrauch beim 136-PS-Fünfzylinder. Mit dem recht lang übersetzten Fünfgang-Getriebe. Der kurze Schalthebel flutscht flüssig durch die Gassen, dass es eine Freude ist.

200 Spitze sind drin, aber 10,3 Sekunden sind aus heutiger Sicht eher Durchschnitt. Dennoch kann ich dank 190 Newtonmeter Drehmoment vorzüglich und schaltfaul im Verkehr mitschwimmen. Und selbst die 14,9 Sekunden des kleinen 75-PS-Benziners wären nicht mal so schlecht.

Er würde aber nicht so klingen wie der Fünfender. Dessen Klang beim Hochdrehen vergisst man nie. Allerdings ist er im Audi 100 CS quattro deutlich gedämpfter als etwa in einem Sport quattro. Obwohl der Motor schon bei Tempo 120 bei rund 3.500 U/min liegt, bleibt es innen leise. Langstrecke? Gerne. Aber bitte mit Klimaanlage.

Aber im ansonsten durchaus reichhaltigen C3-Gebrauchtangebot ist das selten. Kein Wunder: Eine Klimaautomatik gab es anno 1984 nur für die Diesel und den 136-PS-Benziner. Aufpreis? Saftige 2.940 Mark. Plus 32.890 DM für einen Audi 100 CS. Ohne Allrad und Extras.

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