Ciao Diesel, Hallo Performance (und Durst)
Tja, so ist das mit dem modernen Homologationswahnsinn und dem Sparzwang. Da ist für große und in diesem Fall auch großartige Diesel, die nur in Europa eine Rolle spielen, einfach kein Platz mehr. Entsprechend nagelt der Vierliter-V8-TDI, der ölig-rußige Stolz des VW-Konzerns, gerade sanft sein Leben aus.
Im Porsche Cayenne und Bentley Bentayga ist schon länger Sense, im Touareg kriegen Sie ihn noch, wenn Sie sich richtig beeilen. Wo Sie ihn jetzt nicht mehr kriegen, ist im Audi SQ7 und SQ8. An seine Stelle rückt nun auch bei uns ein vier Liter großer V8-Biturbo-Benziner, der es in dieser Applikation auf 507 PS und 770 Nm bringt. Der Diesel war etwas schwächer (435 PS), hatte dafür massiv mehr Drehmoment. Ja noch mehr Drehmoment. 900 Nm, um genau zu sein.
Sie können sich vorstellen, dass die beiden Schlachtschiffe in Abwesenheit des Selbstzünders trotzdem wesentlich schneller geworden sind. Da spielen sicher auch die knapp 80 Kilo Gewicht eine Rolle, die bei der Transformation von TDI zu TFSI flöten gingen. Von 0-100 km/h geht es nun in 4,1 statt 4,8 Sekunden. Und falls Sie gerade den gleichen Gedanken hatten - ja, das ist nahezu RS Q8-Niveau.
Das hatte ich mich nach der ersten Probefahrt tatsächlich auch gefragt. Wenn Ihnen die exaltierte Optik egal ist und Sie auf den vermeintlichen Image-Bonus pfeifen, den das Besitzen des Baureihen-Königs mit sich bringt, dann hat der RS Q8 nicht mehr so viele Argumente auf seiner Seite. SQ7-Interessenten dagegen können sich einfach freuen, dass beim neuen Modell ein gewaltiger Performance-Sprung erfolgt ist. Einen RS Q7 gab/gibt es ja nicht. Jetzt brauch es ihn eigentlich auch nicht mehr.
Obwohl der Motor gegenüber dem RS-Aggregat mit kleineren Turbos, geänderten Einspritzdüsen und anderem Kurbeltrieb auskommen muss und immerhin 93 PS weniger leistet (bei nur 30 Nm weniger Drehmoment), fühlt er sich auf der Straße kaum weniger mächtig an.
Eine leichte Anfahrschwäche muss auch er überwinden (im Dynamic-Modus ist das Ansprechverhalten wieder mal deutlich besser), dann schiebt er die knapp 2,3 Tonnen Masse mit beängstigender Vehemenz von dannen. Begleitet wird das Spektakel von einem gut vernehmbaren Achtzylinder-Gegröle. Leicht digitalisiert zwar, so scheint es, aber schön wohlig allemal.
So sehr wir den verrückten und technisch brillanten V8-Diesel lieben, so sehr müssen wir leider zugeben, dass der Benziner in Sachen Performance und Sportsgeist in einer anderen Liga spielt.
Nicht doch. Es geht nur darum, dass ein Diesel, sei er noch so gut, nie ein wirklich sportlicher Motor sein wird. Jetzt kriegen Sie im SQ7 und SQ8 einen sportlichen Motor. Und das Chassis der beiden Bomber hat es absolut im Kreuz, diese Sportlichkeit zu verarbeiten.
Wobei "verarbeiten" wohl tatsächlich das richtige Wort ist. Hier wird ganz hervorragend mit den Unmengen an Kraft umgegangen. Sehr sehr viel davon wird grundsätzlich sehr sehr effizient auf die Straße gebracht.
Auf der Geraden sowieso, wo man sich permanent zügeln muss, wenn man keinen längeren Führerschein- und Freiheitsverlust anstrebt. Aber auch in der Kurve geben sich die beiden SQs unbeirrt. Das ist alles nicht besonders tänzerisch oder gefühlvoll, aber eben irre neutral, sicher und über die Maßen flott.
Serienmäßig kommen die beiden mit dem adaptiven Sport-Luftfahrwerk und der Hinterradlenkung. Gegen Aufpreis gibt es das "Ich-hüpfe-durch-die-Kurve-wie-ein-Hot-Hatch"-Paket bestehend aus der elektrischen Wankstabilisierung und dem Hinterachs-Sportdifferenzial.
Gerade im Fahrwerksbereich scheinen die Unterschiede zum RS Q8 eher klein. Sie ergeben sich aus anders abgestimmten Federn und Dämpfern sowie weniger steifen Lagern und Buchsen. Der SQ8 fährt entsprechend recht ähnlich. Nicht ganz so extrem und direkt, aber es fehlt gefühlt nicht so viel.
Allerdings gibt es auch Abstimmungsdifferenzen zwischen SQ7 und SQ8. Mit unerwartet deutlichen Auswirkungen.
Nun, der SQ8 ist laut Audi der sportlichere der beiden. Ich empfand ihn eher als den härteren und künstlicheren. Er ist straffer gefedert (sicher mitunter ein "Verdienst" der 23-Zöller am Testwagen), stützt sich auch seitlich stärker ab und hat die schwerere, eckigere und meiner Meinung nach schlechtere Lenkung. Das reicht natürlich wieder mal für horrende Kurvengeschwindigkeiten bei minimaler Seitenneigung, aber es fühlt sich ein bisschen hüftsteif und bockig an.
Der SQ7 dagegen wirkte auf der Probefahrt ein gutes Stück weicher und eleganter. Im Fahrwerk wie in der Lenkung. Er darf sich auch seitlich mehr bewegen, lenkt leichter und flüssiger und fühlt sich homogener an.
Die beiden bewegen sich nicht so behende wie ein vergleichbar motorisierter Porsche Cayenne, aber fahrdynamisch dürfte die Kundschaft trotzdem vollends zufrieden sein. Und der neue V8-Benziner ist ohnehin eine Macht. Das Problem ist so ein bisschen, dass der Diesel SQ7 und SQ8 ein Alleinstellungsmerkmal unter den ganz großen Sport-SUVs gab, das jetzt nicht mehr vorhanden ist.
Aus Performance-Sicht ist das mehr als verschmerzbar. Wer so ein Auto aber vornehmlich nutzt, um haufenweise schnelle, bequeme Kilometer zu machen, womöglich sogar mit häufiger Anhänger-Nutzung (3,5 Tonnen Anhängelast), der wird ganz schön in die Röhre schauen. Denn der TDI war auch unter Last relativ sparsam zu bewegen. Das ist jetzt trotz Zylinderabschaltung vorbei.
Wer mit deutlich höheren Verbräuchen leben kann, der kriegt hier zwei hervorragend gemachte, sauschnelle, bequeme Reise-Sportler mit tollem Interieur und Tonnen an Platz. Uns gefällt der SQ7 aufgrund seiner weniger spitzen Auslegung insgesamt einen Deut besser.
+ bärenstarker V8 mit wuchtiger Soundkulisse
+ sehr performantes (wenn auch etwas hüftsteifes) Handling
+ extrem hochwertiges und geräumiges Interieur
+ gefühlt wenig Unterschied zum RS Q8
- SQ8 mit eher künstlichem Fahrverhalten
- der Diesel war sooo viel sparsamer