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Test Audi RS 5 Sportback (2020): Besser nach dem Facelift?

Der RS 5 konnte die Erwartungen nicht erfüllen. Bringt die Modellpflege den 450-PS-Sportback zum Strahlen?

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Was ist das?

Das ist der frisch geliftete Audi RS 5 Sportback. Eventuell stellt er den Weltrekord für das schnellste Facelift aller Zeiten auf - schließlich ist der Viertürer bei uns noch nicht einmal ein Jahr auf dem Markt. Aber da gerade alles, was bei Audi irgendwie eine 4 oder 5 auf dem Buckel hat, gnadenlos durch den Modellpflege-Wolf gedreht wurde, konnte er einfach nicht entfliehen.

Käufer des Vorfacelift-Modells müssen sich dennoch nur ein bisschen grämen. Die Kosmetik-Maßnahmen sind hauptsächlich optischer Natur. Neu sind Scheinwerfer, Rückleuchten, Grill, Stoßfänger und Heckdiffusor. Auf den Fotos werden Sie ebenfalls sehen, dass der Konfigurator den RS 5 Sportback problemlos in einen Weihnachtsbaum verwandelt. Grün mit mattgoldenen Felgen? Warum nicht, Santa? Ho Ho Ho.

Aber selbst im "Oh du Fröhliche"-Trimm bleibt der RS 5 ein extrem heißes Eisen. Zumindest für dieses Paar Augen gibt es keinen Winkel aus dem diese Performance-Limousine nicht zum Niederknien aussieht. Sollten Sie also das dringende Bedürfnis haben, Ihren Bildschirm zu lecken ... ich kann es verstehen.

Technisch dagegen ändert sich nichts. Außer, dass es im Interieur nun ein Infotainmentsystem mit mehr Rechenpotenz und größerem Bildschirm gibt. Sie können es nur noch per Berührung steuern. 

Kein Upgrade für den Biturbo-V6?

Nicht, dass er es wirklich nötig gehabt hätte, oder? Der 2,9-Liter-Sechspötter bringt es nach wie vor auf 450 PS bei 5.700 U/min und ein Drehmoment von 600 Nm zwischen 1.900 und 5.000 U/min. 

Wie die Zahlen zeigen, ist dieses Aggregat nahezu jederzeit in der Lage, Ihnen und all Ihren Mitinsassen heftig und ausdauernd in den Allerwertesten zu treten. Auch im oberen Bereich ist noch mächtig Feuer vorhanden. Der beste Indikator dafür ist der Schaltblitz im Drehzahlmesser (zeigt den richtigen Moment zum Hochschalten an), der auch im dritten und vierten Gang noch schneller erscheint als Autojournalisten an einer kostenlosen Bar. 

Gute Reaktionen an den nun deutlich hochwertigeren Schaltpaddles helfen also. Ganz generell kann man gefühlt am meisten aus der 8-Gang-Automatik herausquetschen, wenn man die Dinge selbst in die Hand nimmt. Aber auch sonst macht die ZF-Box einen sauberen, schnellen Job. Es sei hier noch erwähnt, dass der gesamte Antrieb merklich aufwacht, sobald man von "Comfort" oder "Auto" in den "Dynamic"- oder einen der beiden neuen "RS"-Modi wechselt. 

Die 0-100 km/h gehen unverändert in 3,9 Sekunden, die 200 km/h-Marke ist nach 13,2 Sekunden Geschichte. Sie werden hier also permanent mit absurden Mengen an Schub umgehen müssen. Das Ganze passiert gefühlt auf eine sehr sehr effiziente, undramatische Art und Weise. Beim quasi gleich schnellen AMG C 63 oder einem der aktuellen V8-Muscle Cars wie einem Dodge Challenger Hellcat fühlt es sich ja immer ein bisschen an, als würde man bei einem Volksfest aus einer Kanone geschossen. Hier wird man eher ans andere Ende der Straße gebeamt. Der Magenschwinger ist aber der gleiche. Nur mit weniger rustikalen Begleiterscheinungen.

Wobei es im RS 5 Sportback (der Testwagen hatte die Sportabgasanlage an Bord) akustisch durchaus rumort, wenn man die richtigen Knöpfe, sprich Fahrmodi, drückt. Das meiste an diesem tief-sonoren Gegurgel gelangt über künstliche Umwege an Ihr Ohr, aber schlecht klingt es nicht. Genau wie das mächtige Schubblubbern beim Gas wegnehmen, das donnert, als hätte Thor höchstpersönlich gerade gravierende Magenprobleme. 

Fährt er denn auch gut?

Nun, das war beim Vorfacelift ja ein sehr delikater Punkt. Zumindest im Falle des RS 5 Coupé. Dort passte anfangs nicht wirklich viel zusammen. Das Auto fühlte sich plump und schwerfällig an, es untersteuerte und war nicht nicht sehr ausgewogen gefedert. Insidern zufolge war das auf Zulieferer-Probleme mit dem optionalen DRC-Fahrwerk (hier sind die Dämpfer hydraulisch miteinander verbunden) zurückzuführen. Das erscheint plausibel, denn der etwas später gelaunchte RS 4 Avant fuhr wirklich fein und zeigte keines dieser Symptome. 

Also wieder alles gut im RS 5-Land? Wir erinnern uns: Offiziell sind die Änderungen an Fahrwerk, Allradantrieb und Sportdifferenzial gleich null. Entsprechend wirr war meine Erwartungshaltung und etwas indifferent ist das Gefühl auch jetzt noch. 

Vor dem RS 5 Sportback fuhr ich nämlich die Facelift-Version des RS 4 Avant und wieder fühlte sich der Kombi irgendwie leichtfüßiger, kompakter an. Als würde er noch in eine Größe M reinpassen, während der Sportback definitiv L bestellen sollte. 

Fragen Sie mich nicht warum: Beide haben den identischen Radstand und wiegen nahezu das gleiche. Es ist ein Gefühl, das eventuell durch kleine Unterschiede in der Feder- und Dämpferabstimmung erklärt werden kann. Apropos: Gegenüber einem S5 ist der RS 5 nach wie vor 7 mm tiefer und verfügt über 15 Prozent straffere Federn.

Der Gesamteindruck? Nicht unbedingt ein vogelwilder Halodri, der vor Spielwitz trieft (Alfa Romeo Giulia Quadrifolgio) oder die Straße in Brand setzt, als hätte sein Heck einen Vulkan gefrühstückt (AMG C 63, BMW M3). Mehr souveräner, sauschneller, gut gefederter Gran Turismo. 

Vorderachse, Lenkung - er wirkt nicht ganz so schnell auf den Beinen wie die anderen. Aber natürlich verfügt er über unendlich viel Quattro-Grip und ziemlich viel Unerschütterlichkeit auch bei hohen Kurvengeschwindigkeiten. Beim starken Herausbeschleunigen aus engen Ecken kann man richtig spüren, wie das Sportdifferenzial die Kräfte an der Hinterachse jongliert. Und anders als zuletzt wirkt das Verhalten des Autos in Richtung Grenzbereich eher heckbetont, was definitiv ein Plus ist.

Wie ist er innen?

Bisschen wenig Ablagen, bisschen kurze Sitze (ab 1,85 Meter wird die feste Kopfstütze knapp), bisschen zu hohe Sitzposition, aber ansonsten - meine Herren ist das schön hier drin. Die Qualität der Materialien und der Verarbeitung ist absolut herausragend. Im Fond wird es kein Echo geben, wenn Sie hineinschreien, aber der Platz geht absolut in Ordnung. Übrigens auch, was die Kopffreiheit betrifft. Der Kofferraum fasst anständige 465 Liter.

Das neue Infotainmentsystem kennt man im Prinzip aus den anderen neuen Audis der jüngeren Vergangenheit. Es kommt jetzt auch in RS 4/RS 5 mit einem 10,1-Zoll-Touchscreen und lässt sich trotz eines immer wahnwitzigeren Funktionsumfangs konfliktfrei und logisch bedienen. Schön auch, dass es noch richtige Knöpfe und Schalter für die Klimabedienung gibt und das Multifunktionslenkrad so gut und durchdacht funktioniert.

Das gilt sowohl für die Steuerung des noch immer grandiosen 12,3-Zoll-Virtual Cockpit als auch für den Schnellzugriff auf die neuen RS-Modi. Dabei handelt es sich um eine Art Fahrmodus-Kurzwahltaste, auf der Sie Ihre vorher festgelegten Settings für Motor, Fahrwerk, Differenzial, Lenkung und Klang abrufen können.

Soll ich ihn kaufen?

Hier gibt es sicher einigen Diskussionsstoff. Seien wir ehrlich, das hier ist ein Auto für die USA oder China, aber definitiv nicht für unsere Gefilde. Wir sind RS 4 Avant-Land. Und wenig bis gar nichts spricht gegen diese Einstellung. Der Kombi hat mehr Platz, fährt gefühlt ein kleines Eck schärfer und ist sogar 2.000 Euro günstiger.

Dennoch kann man wirklich viel am RS 5 Sportback mögen: Die absolut hirnrissigen Geschwindigkeiten, die man so dermaßen mühelos erreicht. Die famose Allwetter-Performance, die Wertigkeit im Interieur. Und sorry, wenn ich den heiligen Audi-Gral ins Klo kippe, aber nach dem Facelift gefällt er mir optisch besser als der RS 4. 

Verglichen mit der Hardcore-Konkurrenz von AMG, BMW und Alfa wirkt er noch immer ein bisschen zu zahm und zugeknöpft, aber es gibt sicher eine relativ große Zielgruppe da draußen, die der RS 5 Sportback mit seiner unaufgeregten Art, Strecken förmlich zu inhalieren, komplett abholt. 

Fazit: 7/10

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