Vierzylinder-Benziner plus starker E-Motor bringen 367 PS Systemleistung
Die Premium-Hersteller setzen erkennbar sehr stark auf Plug-in-Hybrid-Fahrzeuge. Audi, BMW, Mercedes, Porsche und Volvo haben ihre Palette in letzter Zeit sehr stark ausgebaut oder sind noch dabei. Kein Wunder, schließlich müssen schon bald strenge CO2-Grenzwerte eingehalten werden. Audi bietet nun die zweite Generation des Audi A7 Sportback ebenfalls als Plug-in-Hybrid an. Wir haben den A7 Sportback 55 TFSI e quattro bereits getestet.
Die aktuelle zweite Generation des A7 startete im Februar 2018. Die Plug-in-Variante wurde auf dem Genfer Autosalon angekündigt und kam im dritten Quartal auf den Markt. Es gibt zunächst nur den 55 TFSI e quattro mit 367 PS Systemleistung, ein 50 TFSI e quattro mit etwas weniger Leistung soll folgen.
Anders als der A7 55 TFSI quattro (ohne "e", also ohne Plug-in-Hybridantrieb) hat der A7 55 TFSI e quattro keinen 3.0 TFSI, sondern einen 2.0 TFSI mit 252 PS unter der Haube. Dazu kommt ein Elektromotor mit 105 kW (143 PS). Die Systemleistung liegt bei 367 PS. Der Akku speichert Strom für 52 Elektro-Kilometer.
Beide Motoren können den Wagen gleichzeitig antreiben, es handelt sich also um einen Parallelhybrid. Der Output von E-Motor und Verbrenner geht über das Getriebe auf den Allradantrieb. Anders als bei Autos mit Verbrenner-Vorderachse und elektrischer Hinterachse (wie etwa dem Volvo XC90 Twin Engine) kann die Kraft hier also frei auf die Achsen verteilt werden, für die Hinterachse steht nicht nur die Kraft des Elektroantriebs zur Verfügung.
Meist spürt man die PS weniger als die Nm. Aber der Schwung, mit dem einen der vollgeladene Wagen beschleunigt, ist schon bemerkenswert. Das Systemdrehmoment von 500 Newtonmeter ist auch für einen 2,1-Tonner noch üppig, der Sprintwert von 5,7 Sekunden liegt ebenfalls im sportlichen Bereich. Ist der Akku leer, dann sind die Werte nicht mehr so beeindruckend, dann bleiben noch 370 Newtonmeter, der Sprintwert mit leerer Batterie wird nicht angegeben.
Die Instrumente zeigen recht anschaulich, was Sache ist:
Wir sind im EV-Modus (kleines grünes Symbol unter dem linken Rundinstrument). Die elektrische Restreichweite liegt bei 44 Kilometer (rot hinterlegte weiße Schrift rechts über dem linken Rundinstrument). Das linke Rundinstrument hat einen grünen und einen gelben Bereich. Der grüne Bereich zeigt an, bis zu welcher Gaspedalstellung man im Elektromodus bleibt. Wechselt der Zeiger in den gelben Bereich, springt der Verbrenner an. Die Aufteilung zwischen Grün und Gelb verschiebt sich je nach Restreichweite (und wahrscheinlich auch je nach Fahrmodus). Bei mir war am Schluss der Testfahrt jedenfalls fast alles gelb.
Im linken Teilinstrument kann man auch sehen, wannman rekuperiert (links unten, "charge") und wann Elektromotor und Verbrenner gleichzeitig arbeiten (rechts oben, "boost"). Im Charge-Bereich ist auch der Unterschied zwischen Schubrekuperation und Bremsrekuperation zu sehen: Geht man nur vom Gas, sinkt der Zeiter nur in den mittleren Charge-Bereich, beim Bremsen geht er ganz nach unten.
Bei anderen Audis (dem A4 und dem Q7) hatte ich den Prädiktiven Effizienztassistent immer bewundert. Doch beim Plug-in-A7 hatte ich zum ersten Mal das Gefühl, dass das Auto zu viel selbst entscheidet und tut. Wenn ich zu schnell bin, vibriert das Gaspedal. Wenn ich zu weit links oder rechts fahre, dreht sich das Lenkrad. Und wenn ich das Gas weg nehme, wird mal heftig rekuperiert, mal läuft das Auto praktisch widerstandslos weiter. Auf meiner kurzen Testfahrt um München herum fand ich das irritierend.
Immer wieder toll bei den höherklassigen Audis sind die Bilder, die das Navi in der Google-Earth-Ansicht zeigt:
Ja. Der A7 ist ohnehin nicht auf maximales Kofferraumvolumen hin optimiert, was man schon an der Gestaltung des Hecks sieht: Der A7 ist kein Kombi. Die Batterie liegt unter dem Gepäckraum. Das hat den Vorteil, dass die Schwelle am Kofferraum-Eingang egalisiert wird. Allerdings wird der ohnehin nicht sehr hohe Kofferraum des A7 Sportback noch flacher. Wenn man die Rücksitze umklappt, sieht man den Unterschied, denn dann bleibt eine kleine Stufe:
In Zahlen: Der Stauraum verkleinert sich von 535 bis 1.390 Liter auf 380 bis 1.235 Liter. Das ist beim unteren Wert schon recht heftig, nämlich fast 30 Prozent weniger Platz. Anders ausgedrückt: In den A7 passt plötzlich nicht mehr Gepäck als in einen A3 Sportback.
Positiv ist aber, dass man mit dem Auto bis zu zwei Tonnen schwere Anhänger ziehen kann.
Die Preise beginnen bei 77.850 Euro. Damit ist der Plug-in-Hybrid die teuerste Modellvariante des A7 (wenn man vom S7 absieht). Im Vergleich zum A7 55 TFSI quattro (ohne "e", also ohne Plug-in-Hybridantrieb, dafür mit 3.0 TFSI) ist er (vor Förderung) 9.200 Euro teurer, und das, obwohl Systemleistung und -drehmoment praktisch gleich sind. Zudem gelten diese Werte nur bei vollem Akku. Der Vorteil des Plug-in-Modells liegt im Verbrauch, denn der liegt beim V6-Modell bei 7,2 Liter, beim Plug-in-Modell aber deutlich niedriger.
Wahrscheinlich sind die Käufer eher Technikfreaks und Gewissenstäter als Sparfüchse. Aber rechnen wir kurz nach. Das Auto soll rund 18 kWh/100 km im Elektrobetrieb brauchen. Wenn die Kilowattstunde 30 Cent kostet (Durchschnittspreis für Privatkunden zu Hause), dann macht das 5,40 Euro pro 100 km. Der 55 TFSI ohne e braucht 7,2 Liter/100 km, das sind rund 10 Euro pro 100 km, also fast doppelt so viel. Sagen wir, man spart 5 Euro pro 100 Kilometer, dann hat sich der Mehrpreis von 3.200 Euro (nach Förderung) nach etwa 64.000 Kilometer amortisiert.
Allerdings zeigen Untersuchungen (zum Beispiel in England, siehe unten angeführter Artikel der BBC), dass viele Plug-in-Hybride von den Besitzern selten oder gar nicht aufgeladen werden. Dann dürfte sich der Plug-in-A7 nicht viel anders fahren als ein A7 45 TFSI quattro mit 257 PS starkem Vierzylinder. Den gibt es schon für 61.500 Euro, und dann wird's schwierig mit der Amortisiation, schließlich liegt die Preisdifferenz bei über 13.000 Euro, selbst nach Abzug der Förderung.
Eine komplett andere Rechnung stellen Dienstwagen-Fahrer an. Der Wagen qualifiziert sich für die günstige Dienstwagen-Besteuerung, das heißt, es müssen nur 0,5 statt 1 Prozent des Bruttopreises versteuert werden.
Der Audi A7 55 TFSI e fährt nicht schlecht, aber ein paar Sachen daran gefallen mir nicht. Die Verkleinerung des Kofferraums ist bei einem Modell mit sehr flach auslaufenden Heck wie dem A7 besonders schmerzlich. Der Preis ist so hoch, dass sich das Auto nur unter sehr optimistischen Annahmen amortisiert. Vielleicht ist die Kombination aus einem Elektro-Kleinwagen für 30.000 Euro und einem Langstrecken-Auto wie einem Diesel-A4 für etwas mehr als 40.000 Euro sogar günstiger ...