Audi baut einen sehr fähigen kleinen Power-Crossover, vergisst aber zwei elementare Dinge ...
Wenn man so will, dann liefert Audi hier die Neuinterpretation des Kompaktsportlers. Der SQ2 ist das unvermeidbare Produkt des modernen Zeitgeistes - alle wollen nur noch Crossover. Und mittlerweile mögen die kleinen Burschen doch bitte nicht mehr nur ein bisschen höher und beplankter, sondern wenn möglich auch schön schnell sein. Wir kennen das von den Pionieren Mini Countryman JCW und dem schrägen Nissan Juke Nismo, aber der Audi ist ein gutes Stück stärker und schneller. Für SUV-Alltagstauglichkeit und sündige Beschleunigungswerte musste man bisher deutlich größer und teurer (Porsche Macan Turbo, Alfa Stelvio Quadrifoglio, BMW X5 M und Co.) einkaufen. Verflucht teuer ist der SQ2 auch, dazu gleich mehr. Dennoch sitzt er in einer vergleichsweise erreichbaren Nische. Er hat 300 PS, ist klein, handlich, mit einem Normverbrauch von 7,0 Liter schön sparsam und er macht die 0-100 km/h in 4,8 Sekunden. Nur zum Vergleich: Der erste R8 Spyder konnte es nicht schneller.
Der Antriebsstrang stammt im Großen und Ganzen vom Audi S3, der - mit Ausnahme eines angepassten Allradsystems - im Prinzip ein VW Golf R ist. Verglichen mit einem normalen Q2 sitzt der SQ2 20 Millimeter tiefer und verfügt über ein leicht optimiertes, strafferes Fahrwerk. Die 300 PS und 400 Nm Drehmoment liefert die 2,0-Liter-VW-Konzern-Allzweckwaffe mit dem internen Kürzel EA888. Die Schaltarbeit übernimmt exklusiv ein 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe. Adaptive Dämpfer gibt es nicht. Dafür hat er größere Bremsen mit 340-mm-Scheiben vorne und 310-mm-Discs hinten.
Woran man sich bei den kleinen Crossovern ja im Prinzip schon gewöhnt hat, sind Gewichte wie im Schiffsbau. Und ja, auch der SQ2 ist ein mehr als properer Bursche, bringt trotz gerade mal 4,21 Länge heftige 1.585 Kilo auf die Waage. Optisch hält er sich dagegen weitgehend zurück. Außer natürlich Sie ordern die fragwürdige Kombo unseres Testwagens mit quietschgelbem Lack und schwarz-rotem Interieur. Am ehesten kann man ihn noch an den S-typischen vier Auspuffendrohren erkennen.
Fahrdynamisch ist das Erlebnis mit dem hochgebockten Quirl überaus zwiespältig. Nüchtern betrachtet bleibt der Eindruck haften, dass man es hier mit einem überraschend fähigen Auto zu tun hat. Der SQ 2 nimmt Kurven sehr selbstbewusst, mit hervorragender Körperkontrolle und einem Minimum an Rollneigung. Er wirkt fast schon zu gestrafft und gestählt. Grip ist tonnenweise vorhanden und die Energie, mit der er sich aus der Kurve hinausfeuert, ist wirklich ansteckend. Die Menge an Traktion und die geschickte Drehmomentverteilung ersticken etwaige Untersteuertendenzen bereits frühzeitig. Man kann dieses Auto wirklich extrem flott und gleichzeitig mit einem Gefühl maximaler Sicherheit bewegen.
Das Problem ist nur, dass Dinge wie Feedback oder Feinfühligkeit bei alledem nahezu vollständig auf der Strecke bleiben. Die Lenkung ist weitgehend leblos, wird nach außen hin hart und eckig und liefert so keinerlei Meldung, was da unter einem eigentlich gerade passiert. Der SQ2 fährt unglaublich effektiv, jegliche Ecken und Kanten hat man erfolgreich abgeschliffen. Das macht ihn zu einem universell begabten, angenehmen Begleiter, nur eben zu keinem besonders interessanten. Allerdings hat Audi damit wohl einfach die richtige Entscheidung getroffen. Wer ein Auto sucht, dass wie eine wild gewordene Abrissbirne über die Landstraße fliegt, wird nicht unbedingt nach einem SQ2 Ausschau halten. Der anvisierte SQ2-Kunde wird hingegen eher dankbar sein, wenn ihn sein neues Gefährt nicht mit ausbrechenden Hecks, einer jeden Kieselstein meldenden Lenkung oder furiosem Krach aus dem Auspuff "nervt".
Letztlich ist Audis heißer Klein-Crossover also durchaus eine sehr fähige, schnelle und dabei vernünftige Lösung. Besonders involvierend ist das Fahrerlebnis allerdings nicht.
Wenn wir ganz ehrlich sind - ein wenig enttäuschend. Vor allem bei dem Gedanken daran, dass dieser performante Knilch im Testwagentrimm unchristliche 58.645 Euro kostet. Wenn man sich von den schicken Zweifarb-Ledersportsitzen und dem metallisch roten Firlefanz an Lüftungsdüsen und Co. nicht blenden lässt, fällt einem nämlich recht schnell auf, dass so ein Q2-Cockpit erstens nicht so ganz Premium daherkommt und zweitens schon bedenklich viel Staub angesetzt hat. Vergleichen Sie das hier mal mit einem Mercedes-AMG A 35, Sie werden schnell ins Grübeln kommen. Bedientechnisch wiederum ist auch dieser Audi erste Sahne.
Was die Platzverhältnisse betrifft, muss man ebenfalls Abstriche machen, was vor allem daran liegt, dass der Q2 eben kein besonders großes Auto ist. Menschen, die ihn in Erwägung ziehen, werden damit leben können. Der SQ2 kann innen trotzdem schon mal zwicken, vor allem in der Breite. Der Platz im Fond geht relativ in Ordnung. Bein- und Kopffreiheit sind okay. Das Kofferraumvolumen von 355 bis 1.000 Liter klingt dafür relativ mickrig. Außerdem ist die Ladekante recht hoch. Immerhin haben wir ein 27,5-Zoll-Mountainbike mit Ach und Krach (und ausgebautem Voderrad) ins Ladeabteil quetschen können.
Ehrlich gesagt fällt es ein wenig schwer, den Audi SQ2 bedenkenlos zu empfehlen. Das liegt weniger an seinen fahrerischen Talenten. Er ist zweifelsfrei verflucht schnell, stellt sich fahrdynamisch nicht besonders gefühlvoll oder charismatisch, aber auf jeden Fall sehr clever, präzise, extrem effektiv und fähig an. Letztlich braucht jedoch niemand ernsthaft einen kleinen, 300 PS starken Crossover, der mit etwas Ausstattung locker auf 60.000 Euro kommt. Für das Geld gibt es Autos die schlichtweg aufregender fahren und gleichzeitig mindestens genau so praktisch sind.
+ sehr kräftiger, ausgeglichener Motor; hervorragende Beschleunigung; überraschend dynamisches, aber extrem sicheres Fahrverhalten;
- keinerlei Lenkgefühl; schnell, aber emotionslos; etwas einfaches Interieur; absurd teuer