Wir haben uns den 210-kW-Hecktrieber zu Gemüte geführt, die interessanteste Elroq-Motorisierung
Das ist er also, der Skoda Elroq: Mein Laufkumpel Martin hat mich schon mehrfach nach dem Auto gefragt, das Kompakt-SUV steht auf seiner Short List, er will ein Elektro-SUV kaufen. Aber Kia EV3 Long Range oder Skoda Elroq 85? Diese Frage brannte auch mir auf den Nägeln, als ich nun den neuen Skoda testete.
Der Skoda Elroq ist der kleine Bruder des Skoda Enyaq: Er bekommt Antriebe und Akkus aus dem älteren Modell, ist aber 16 cm kürzer als das ältere Modell. Und als 210 kW starker Hecktriebler 5.000 Euro günstiger. Da ist der Markterfolg vorprogrammiert, denn schon der Enyaq ist extrem beliebt - er liegt nach den KBA-Zahlen für Januar bis Oktober auf Platz zwei der Elektroauto-Bestseller in Deutschland. Doch zunächst die wichtigsten Daten unseres Testfahrzeugs:
Exterieur | Interieur | Antrieb | Akku | Preise/Rivalen | Fazit
Beginnen wir außen: Wir haben die Ähnlichkeit mit dem Enyaq betont, aber bei der Optik schlägt Skoda einen neuen Weg ein: Es geht mehr in Richtung modernes Design. Während der Enyaq zumindest andeutungsweise noch einen traditionellen Grill besitzt, hat der Elroq nichts dergleichen. Skoda geht mit seinem neuen Modern Solid Design also den entgegengesetzten Weg wie Mercedes (Stichwort Stern auf der EQS-Motorhaube) und VW (Stichwort: Golf statt ID.3). Auch der Enyaq soll beim anstehenden Facelift diesen Look bekommen.
Die neue moderne Optik finde ich gut, Grills sind nun wirklich ein Relikt aus der fossilen Ära. Verwirrt hat uns nur, dass die die T-förmige Lichtsignatur der ersten Modern-Solid-Studien (Concept 7S und Epiq Concept) hier fehlt; vielleicht lagen sie zu nah am Starmap-Design von Kia. Aber die Leuchten werden erstmals auf zwei Etagen verteilt; die schicken Tagfahrleuchten dominieren, während die Scheinwerfer unten optisch nicht auffallen. Technisch wurde das durch kleinere Scheinwerferlampen möglich.
Ansonsten wirkt das Auto eckig und hat viel mehr Sicken als ein VW ID.4. Die Türgriffe folgen dem traditionellen Muster, das ich inzwischen als bieder empfinde. Hoffentlich sind irgendwann auch plan integrierte Griffe im Skoda-Budget drin. Entriegelt wird per Funkfernbedienung oder mit der App, die allerdings noch nicht auf dem Smartphone funktioniert - das coole und für Freiwasserschwimmer(innen) praktische Entriegeln per Uhr ist hier also noch Zukunftsmusik.
Innen gibt es die klassische Monitorlandschaft aus dem VW-Konzern: Zu einem kleinen 5-Zoll-Instrumentendisplay kommt ein 13-Zoll-Touchscreen sowie optional ein Head-up-Display. An physischen Bedienelementen herrscht kein Mangel, so gibt es vier Tasten für die Fensterheber wie sich das gehört (und nicht nur drei wie beim ID.3 und 4 oder Volvo EX30), die Spiegel werden mit den bekannten Knöpfchen eingestellt. Und hier finden wir die traditionelle Lösung viel besser als die moderne, bei der man den Touchscreen braucht. Der Getriebewähler mit den Modi P, N, R und D ist ein Schieber auf der Mittelkonsole.
Zum Systemstart reicht es, die Bremse zu betätigen; dann den Schieber auf D gestellt, und es kann losgehen. Der Startknopf ist nur in Ausnahmefällen nötig, zum Beispiel wenn man im Auto auf jemanden wartet oder an der Säule steht und nicht möchte, dass das System das Radio etc. abschaltet.
Die Sitze sind bequem und geben guten Seitenhalt - sogar am Rücken, wo mir mangels Ringer-Kreuz die meisten Auto-Möbel zu weit sind. Die Materialien wirken hochwertig; nur an den Armauflagen in den Türen gibt es Hartplastik, was mich aber nicht gestört hat. Aber die Verarbeitung lässt etwas zu wünschen übrig. So ließ sich die Zierleiste vor dem Beifahrersitz ohne großen Kraftaufwand verbiegen.
Die Bedienung gibt keine Rätsel auf. Doch die "Okay-Laura"-Sprachbedienung funktionierte bei keinem der beiden gefahrenen Testwagen auf Anhieb. Ein herbeigerufener Experte probierte eine Weile erfolglos und behob das Problem schließlich einfach durch Aus- und Wieder-Einschalten der Sprachbedienung. Aber gut, die Sprachbedienung ist wohl eher ein Nice-to-Have-Feature.
Die Laderoutenplanung funktionierte anstandslos (nachdem wir sie aktiviert hatten, sie war wie bei vielen Journalisten-Testfahrten abgeschaltet). Eine schicke Google-Earth-Darstellung der Navi-Karten fehlt allerdings. Das gibt es nur bei Audi, heißt es bedauernd bei Skoda. Gut jedoch: Es gibt eine Information zu den Verkehrsregeln im Urlaubsland, man kann den Parkplatz im Auto sitzend bezahlen ("Pay to Park") und auch zum Vignetten-Kauf muss man nicht mehr aussteigen.
Der Sitzkomfort im Fond ist für mich als 1,76 Meter große Testperson okay. Der Elroq ist 16 cm länger als der Enyaq, aber der Radstand ist praktisch gleich. Die 16 cm gibt der Elroq beim hinteren Überhang ab, heißt es aus der Presseabteilung. Das zeige sich beim kleineren Kofferraum. Deshalb glaubt der Hersteller, dass der Elroq eher was für Pärchen und die Ein-Kind-Familie ist als für Vier-Personen-Haushalte.
Doch das Stauvolumen ist mit 470 bis 1.580 Liter nur rund 100 Liter kleiner als beim Enyaq (585-1.710 Liter). Im Vergleich zum Kia EV3 (460-1.251 Liter) liegt der Skoda beim Maximalvolumen jedoch um 300 Liter vorne. Der Kia hat dafür einen topfebenen Ladeboden, während das für den Elroq nicht gilt. Hier gibt es zwar keine Schwelle am Eingang, aber die Sitze stören beim Hineinschieben von Gegenständen. Die Rücksitze können wie beim Enyaq und EV3 im Verhältnis 40 zu 60 geteilt umgeklappt werden. Daneben gibt es aber noch eine recht hohe Durchladeeinrichtung, durch die wohl auch zwei Paar Alpinski übereinander passen.
Das neue Elektro-SUV ist derzeit als Elroq 50 mit 125 kW und 52-kWh-Akku sowie als 85er mit 210 kW und77-kWh-Akku bestellbar. Diese Varianten stehen ab Ende Februar 2025 im Handel. Offiziell angekündigt sind außerdem ein 60er (150 kW und 59 kWh) und ein 85X (Allradantrieb mit 210 kW und 77 kWh). Bei den 220 kW, die Skoda beim Covered Drive für den 85X nannte, handelte es sich um einen Fehler. Aber auch ein RS mit vermutlich 250 kW soll kommen, jedoch kein Coupé wie beim Enyaq.
50er und 60er werden von der alten APP-310-Maschine an der Hinterachse angetrieben, alle anderen Varianten bekommen hinten den viel effizienteren APP-550-Motor. Bei den Allradlern kommt vorne noch die altbekannte Asynchronmaschine mit 80 kW von Magna hinzu.
Dass die Systemleistung bei den Allradlern von theoretisch möglichen 210+80=290 kW auf 210 bzw. 250 kW heruntergesetzt wird, liegt daran, dass die Batterie schneller altert, wenn sie zu schnell entladen wird (genauso, wie wenn man ständig mit maximaler Leistung lädt). Das ist die bislang plausibelste Antwort, die ich von Ingenieuren aus dem Konzern bisher erhalten habe. Skoda-Antriebsexperte David Voldrich nickte dazu.
Die Rekuperation lässt sich beim 125-kW-Basismodell durch Aktivieren des B-Modus verstärken. Auch dann bleibt die Verzögerung von 1,5 m/s2 schwach und reicht nicht bis zum kompletten Stillstand. Beim Elroq 85 kann man per Sport-Paket für 960 Euro Lenkradwippen ordern, mit denen man drei Stufen einstellen kann. Dabei beträgt die Verzögerung 0,6, 1,0 bzw. 1,5 m/s2. Drei Stufen also, das ist ja einfach, mag man sagen. Ganz so simpel ist es aber nicht, denn die Funktionsweise wird von den Fahrmodi beeinflusst.
Im Sportmodus wird standardmäßig die mittlere Rekuperation aktiviert. Im Sportmodus wird die gewählte Stufe so lange gehalten, bis man per Wippen etwas anderes einstellt. In den übrigen Modi dagegen ist standardmäßig eine adaptive Rekuperation aktiv; eine eingestellte Stufe bleibt nur bis zum nächsten Einsatz von Gas oder Bremse erhalten.
Bei der adaptiven Rekuperation wird die Verzögerung automatisch an die Verkehrssituation (vorausfahrender Verkehr, Tempolimits etc.) angepasst, und zwar ohne dass man dazu den Abstandstempomat ACC aktivieren muss. Der B-Modus schließlich ist von der Verzögerung identisch mit der Stufe 3, bleibt aber auch bei Einsatz von Gas oder Bremse erhalten.
Die Logik ist für mich recht vernünftig, weder zu kompliziert (wie beim Kia EV6) noch zu wenig mächtig. Denn die adaptive Schubrekuperation ist wohl die effizienteste Art der Bremsenergie-Rückgewinnung. Allerdings würde ich mir eine stärkere Rekuperation wünschen, zumindest im Sportmodus bei Stufe 3.
Wie sich das Ganze fährt? Nun, ziemlich unspektakulär. In den Sitz gedrückt wird man von diesem Antrieb nicht. Das bestätigt unseren Eindruck von anderen 210-kW-Modellen mit Technik aus dem MEB-Baukasten. Der Stromverbrauch nach der Testfahrt lag bei nur 16 kWh und damit in der Nähe des Normverbrauchs (15,2-16,6 kWh/100 km).
Die drei verwendeten Akkus speichern 52, 59 und 77 kWh netto und sind aus anderen Konzernmodellen bekannt. Der neue 79-kWh-Akku aus dem VW ID.3/5 GTX sowie ID. Buzz (mit gleicher Konfiguration aber besserer Chemie als beim 77-kWh-Akku) kommt nicht zum Einsatz. Die Akkus mögen altbekannt sein, doch bei dem Event habe ich sie auch dank dem Experten David nun besser verstanden.
Die Akkus bestehen aus 8, 9 bzw. 12 Modulen. Beim kleinen und beim großen Akku besteht jedes Modul aus 24 Pouch-Zellen, die Batteriekonfigurationen lauten 96s2p bzw. 96s3p, das heißt 96 Zellen sind hier in Serie geschaltet. Die mittlere Batterie dagegen besteht aus größeren Zellen, vermutlich prismatischen. So sind hier nur 108 Zellen an Bord, die alle in Serie geschaltet sind (108s1p). Durch die größere Zahl von Zellen ist hier die Batteriespannung etwas höher. Möglicherweise erklärt das ja die höhere Ladegeschwindigkeit (errechnet aus Nettokapazität und Ladedauer) beim mittleren Akku:
Wichtig für die Praxis ist auch das Reichweite-Nachladen. Dazu haben wir berechnet, wie viel Kilometer Reichweite man mit einer Minute Ladezeit hinzufügen kann. Hier erreicht der 85er mit 14,5 km/min einen guten Wert; der 50er erreicht nur 10,5 km/min, der 60er 11,8 km/min. Hier macht sich die hohe Effizienz der APP-550-Maschine bemerkbar: Sie verbraucht trotz viel höherer Leistung weniger als der APP-310-Motor im 50er und 60er.
In der Praxis heißt das: Mit dem vollgeladenen 85er fahre ich idealerweise ca. 520 km, bevor bei 10% SoC der Zeitpunkt zum Laden da ist, dann lade ich von 10 auf 80 Prozent in 28 min, bevor ich wieder 400 km fahren kann. Damit habe ich 920 km mit einer halbstündigen Ladepause geschafft - da kann man nicht meckern. Beim 60er sind mit einer Ladepause nur 640 km möglich. So ist für mich der 85er die attraktivste Variante des Elroq, und auch Skoda erwartet hier den höchsten Verkaufsanteil.
Mit einem Basispreis von 34.990 Euro ist der Elroq kaum teuer als das Verbrenner-Äquivalent Skoda Karoq, den es ab 33.140 Euro gibt. Beim Elektroauto gibt es einen 9-Sekunden-Sprintwert und 375 km Reichweite, beim Benziner nur einen 10,3-Sekunden-Sprint, dafür aber 860 km WLTP-Reichweite. Aber Verbrenner haben wir ja gedanklich weit hinter uns gelassen, oder?
Was die elektrische Konkurrenz angeht, so haben wir den Elroq schon mit dem Ford Explorer, VW ID.4, Hyundai Kona und Renault Scenic verglichen. Auch einen Daten-Vergleich zwischen Elroq 85 und Kia EV3 Long Range haben wir bereits durchgeführt. Hier nur die Ergebnisse für den 85er: Der entsprechende Explorer und ID.4 sind deutlich teurer, der Scenic ist zudem auch noch schwächer und lädt langsamer.
Der härteste Konkurrent ist wohl der Kia EV3. Für diesen sprechen die großzügige Garantie und der um 4.000 Euro niedrigere Preis, zudem ist der Wagen wegen der geringeren Länge leichter zu parken. Der Skoda bietet mehr Kofferraum, aber das kann man zur Not mit einer Dachbox ausgleichen. Das Rennen ist eng, hier darf man auch mal nach Design oder den persönlichen Gegebenheiten entscheiden.
Der Skoda Elroq ist ein Preisbrecher, er bietet fast das gleiche wie ein Enyaq, ist aber bei gleicher Motorisierung 5.000 Euro günstiger. So fallen mir nur mehr wenige Vorteile des größeren Modells ein, vielleicht der (nicht viel) größere Kofferraum oder die Optik des Coupés. So dürfte es der Elroq wie der Enyaq auf rund 25.000 verkaufte Autos in Deutschland bringen. Damit könnte sich Skoda vielleicht sogar nächstes Jahr auf Platz 1 der Elektroauto-Marken in Deutschland schieben - und damit Tesla das Nachsehen geben.
Aber auch der Kia EV3 ist ein Preisbrecher; er ist bei gleicher Ausstattung noch 4.000 Euro billiger ist als der Elroq. Für den Elroq spricht in diesem Vergleich das größere Kofferraumvolumen, allerdings wird der Ladeboden nicht ganz eben, was im Alltag stören kann. Alles in allem bleiben wir auch nach der Testfahrt bei unserer Antwort auf die im Titel gestellte Frage: Der EV3 Long Range ist noch etwas besser als der Skoda Elroq 85. Aber wie gesagt: Das Rennen ist eng.