Toyota Corona MK II (1975): Unterwegs im Japan-Fastback

Der X10 sollte dem Nissan Skyline GT die Stirn bieten ...

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Ich weiß nicht, wie es bei Ihnen aussieht, aber ich hatte so richtig Bock auf Corona. Nein nein, ich rede natürlich nicht von der Pandemie. Der Corona, um den es heute geht, sorgt eher für ein breites Grinsen bei Fahrenden und Passanten.

Die Sprache ist vom Toyota Corona. Eines der Modelle, mit denen der japanische Hersteller in den 1970er Jahren auf dem europäischen Markt startete - unter anderem zusammen mit einem gewissen Corolla. Ein Name, der sich in die Automobilhistorie gebrannt hat. Hierzulande also ganz im Gegenteil zum Corona.

Toyota Corona Mark II (1975)

Der war in Deutschland nur einige Jahre zu Gast, denn schon bald übernimmt hier der Name Carina. Wohl auch deshalb ist die Erinnerung an unser gefahrenes Stück noch ein wenig mehr verblasst. Ein guter Grund sie aufzufrischen. Wir waren unterwegs im Toyota Corona Mark II (X10).

1967 startet dessen Produktion zuerst als T60. Mit dem Anhängsel Mark II platziert er sich in der Modellpalette oberhalb seines Namensgebers Corona und unterhalb des Crowns. Hergestellt als Limousine, Schräghecklimousine, Kombi und Pick-up. 1972 löst dann der von uns gefahrene X10 den T60 ab. Der soll sich als Alternative zum Nissan Skyline GT auf dem Markt etablieren.

Zur Auswahl steht in Deutschland lediglich ein Vierzylinder-Benziner mit 1.968 ccm und 65 kW (89 PS) in einer viertürigen Limousine und einem zweitürigen Fastback. Der etwas kräftigere Sechszylinder mit 125 PS schafft es leider nie nach Europa.

"Ist das ein Muscle-Car?"

Dabei hätte dieser Motor dem Corona Mark II so richtig gut gestanden. Denn der lässt sich mächtig von den US-Muscle-Cars der 1960er Jahre inspirieren. Viel Chrom, klare Proportionen und ein ausladendes Fließheck lassen den Japan-Cruiser so richtig stattlich aussehen ... selbst als viertürige Limousine. Wohl auch deshalb werfen mir so einige Passanten ihr schönstes Lächeln entgegen oder fragen gleich, ob ich ihn eventuell veräußern würde.

"Sorry, geht nicht. Ist leider nicht meiner" murmele ich im besten Manta-Klausi-Deutsch, denke jedoch gleichzeitig: plötzlich wollen sie alle Corona ... ja, zumindest diesen Corona. Denn der sieht schon echt schick aus und vor allem wesentlich exklusiver als europäische Modelle oder US-Äquivalente der Zeit.

Ein in Chrom eingefasster Kühlergrill, Doppelscheinwerfer, eine stattlich lang gezogene Motorhaube, eine flach abfallende Dachlinie und dieses knackige Heck mit der durchgehenden Lichtleiste. Das ist schon stark, was die Japaner da in den 1970er gezaubert haben. Auch wenn dieser Corona eher nach 1960er Jahre aussieht und ... Spoiler ... auch genauso fährt.

Vermutlich hatte es der Corona Mark II auch deshalb nicht ganz so leicht am Markt. Denn hierzulande wurde längst die Zeit der klaren markanten Golf-Linien und strafferen Fahrwerke eingeläutet. Stellt man beispielsweise einen Scirocco I daneben, ist klar in welche Richtung der Zeitgeist abbiegen würde.

Is dat noch ein Auto oder schon Ommas Couch?

"Ich sehe rot!", sagt nicht nur mein Konto, während ich eine gewisse Automarkt App aufrufe (muss es gar nicht, denn ich finde keinen), sondern auch meine Farbrezeptoren. Mit der Signalfarbe wurde hier nicht gespart. Fast Ton in Ton geht es von Außen nach Innen.

Rote Polster, rote Türverkleidung, rote Teppiche: immerhin hat Toyota dem Cockpit ein dunkles grau mit fein verzierten Chrom-Applikationen spendiert, sonst würden hier alle nach dem Aussteigen ein Antiaggressionstraining brauchen.

Was jedoch keines braucht, sind all die kleinen Details im Innenraum des Corona Mark II. Hier eine filigrane Chromeinfassung, dort ein detailreiches Logo und hier noch ein kleines Schleifchen am Schaltsack.

All das hat Stil. Und den hat auch die Polsterung. Es sitzt sich unglaublich weich und gemütlich. Scheiß auf Seitenhalt und orthopädisch korrekte Haltung. Im Corona Mark II wird das Fläzen zelebriert. Demnach: Tür zu, den Zweiliter-18R-Vierzylinder angeschmissen und losgecruist mit dem Ding.

Das große Lenkrad mit dem schmalen Ring hält von Griffigkeit nicht allzu viel. In seiner Kernaufgabe agiert es eher nach Schätzeisen-Gusto, weshalb sich Fahrende wohl eher an Deck eines Ausflugdampfers wähnen könnten. Beim Rangieren muss zudem mit ordentlich Kraft gekurbelt werden, was kontraproduktiv zum fehlenden Lenkradgrip wirkt. Willkommen beim Autofahren - hier gibt es noch viel zu tun.

Bremsen zum Beispiel, denn das sollte auch frühzeitig und kräftig eingeleitet werden, um etwaige mechanische Verzögerungen auszugleichen. Schade eigentlich, denn der Zweiliter-Benziner macht durchaus einen freudigen Job. Jedoch scheinen alle anderen Mechaniken gegen ihn zu arbeiten. Wie das aufschaukelnde, wankende Fahrwerk, das seine US-Vorbilder doch etwas zu ernst nimmt.

Aber wissen Sie was? All das stört überhaupt nicht. Denn zum einen passt das zur Optik des frühen Japaners und wer zum anderen mit dem Toyota Corona Mark II bei Sonnenschein über die Landstraße gleitet oder an der örtlichen Eisdiele heranrollt, wird leuchtende Augen ernten. Daher ist umso mehr entspanntes Gleiten angesagt.

Und natürlich bereitet dieses Ursprüngliche auch Freude, weil es inzwischen soweit von unserer aktuellen Fahrzeugtechnik entfernt ist. Ein rollendes Museum mit Schmunzelgarantie. Jedoch weit weg von etwaigen Semi-Sportlern der Zeit.

Der Toyota Corona Mark II wird in Deutschland von 1972 bis 1977 angeboten. Zwar stellt Toyota Ende 1976 einen Nachfolger vor, der kommt jedoch nicht mehr nach Deutschland. Hier übernimmt ab Juni 1977 der Toyota Cressida das Segment, 1984 lässt der Corona Mark II international seinen Ursprungsnamen komplett fallen und firmiert bis 2004 nur noch unter Toyota Mark II.

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