Hier fahren Sie besser!
Neu- und Gebrauchtwagen auf automobile.at

Hyundai Nexo: Wasserstoff-SUV mit 666 km Reichweite im Test

Wir haben das Brennstoffzellen-Auto rund um Alzey gefahren

InsideEVs.de: Elektroautos, Plug-in-Hybride: News, Tests
Marke wählen

Wasserstoff-Autos gibt es nicht allzu viele. Uns fallen nur der Toyota Mirai und der Hyundai Nexo ein. Ach ja, und den Mercedes GLC gibt es auch in einer Fuel-Cell-Version, doch die ist als Plug-in-Hybrid-Auto mit Auflademöglichkeit schon ein Zwitter. Aber sonst? Fehlanzeige. Man den Eindruck, dass die batterieelektrischen Autos das Rennen gemacht haben. Der Kas is bissn, wie der Bayer sagt, wenn eine Sache entschieden ist. 

Aber was solls, Hyundai hat uns eingeladen, und wir haben noch nie einen Nexo gefahren, also haben wir ihn getestet. Die Optik gefällt uns schon einmal, zumal mit der mattgrauen Lackierung. Mit einer Länge von 4,67 Metern ist der Wagen ein großes Kompakt-SUV oder ein kleines Mittelklasse-SUV. Es ist etwas größer als der kompakte Ford Kuga und etwas kleiner als ein Audi Q5 oder BMW X3 (die wir in die Mittelklasse einstufen).

Hyundai Nexo (2021)

Antrieb: Ein E-Motor vorne mit 32 bis 135 kW

Angetrieben wird der Nexo von einem Elektromotor an der Vorderachse. Die  Permanentmagnetmaschine (PSM) gibt 120 kW ab und holt sich den Strom aus einem Brennstoffzellensystem unter der Fronthaube, das 95 kW liefert. Als Puffer gibt es zudem noch eine kleine Batterie mit 1,6 kWh, die maximal 40 kW zuliefern kann.

95 kW aus dem Stack und 40 kW aus der Batterie ergeben zusammen die Systemleistung von 135 kW. Die kann aber nur kurzzeitig abgegeben werden, da der Elektromotor eben nur eine Nennleistung von 120 kW hat. Mit der Leistung ist es bei E-Motoren ohnehin so eine Sache: Die Peakleistung des E-Motors liegt offenbar bei mindestens 135 kW, angegeben ist er mit 120 kW, aber die 30-Minuten-Leistung des Motors liegt laut Datenblatt bei nur 31,5 kW.

Brennstoffzellen-System: Wasserstoff für 666 km

Der Stack holt sich den Wasserstoff aus drei rundlich-zylindrischen Glasfaser-Tanks an der Hinterachse. Sie speichern zusammen 6,3 Kilo Wasserstoff. Um dem Druck von 700 bar zu widerstehen, sind die Wände (fast schon unglaubliche) 4,5 Zentimeter dick. Bei einem WLTP-Verbrauch von 0,95 Kilo pro 100 Kilometer reicht das für 666 km: eine Reichweite, wie sie nur die besten batterieelektrische Autos besitzen. Und das Auftanken dauert nur etwa fünf Minuten, während man bei vielen E-Autos eine halbe Stunde zum Aufladen investieren muss.

Kuriosität am Rande: Laut Hyundai kann der Nexo die Außenluft von Feinstaub reinigen. Für den Betrieb der Brennstoffzelle braucht sie neben Wasserstoff auch Sauerstoff. (Zur Erinnerung an den Chemieunterricht: H2 + 1/2 O2 -> H2O). Den holt sie sich aus der Außenluft, die dazu gefiltert wird. Nach dem Abzweigen des Sauerstoffs wird der Rest der Luft dann gesäubert abgegeben.

Das Bordsystem gibt sogar an, wie viel Luft man damit reinigt. Die Anzeige, wie zum Beispiel "2,6 kL" konnte uns Hyundai allerdings auf Anhieb auch nicht erklären. Sollen das 2,6 Kiloliter sein, also 2.600 Liter Luft? Das wäre etwas viel, denn diese Zahl liest man schon nach etwas mehr als 4 Kilometern. 

Fahrgefühl: Etwas wackelig

Den WLTP-Verbrauch von 0,95 Kilo pro 100 km hätten wir bei unserer Testfahrt über die rheinhessischen Landstraßen rund um Alzey vielleicht gerade noch geschafft, aber die Autobahnfahrt am Schluss (mit maximal 130 km/h) versaute uns den Schnitt.

Am Schluss meldete der Bordcomputer 1,1 Kilo pro 100 Kilometer; wir hätten so also etwa 570 km geschafft - immer noch sehr ordentlich, zumindest im Vergleich mit Elektroautos.

Was den Vortrieb angeht, so ist der Nexo völlig in Ordnung, und wer vom Benziner kommt, wird nichts vermissen. Im Vergleich zu den kurz zuvor gefahrenen Elektro-BMWs (iX und i4) freilich lässt es der Nexo dann aber doch etwas an Temperament fehlen.

Beim Fahren ertönt ein sehr dezentes, säuselndes Geräusch, das der Fahrerin oder dem Fahrer vielleicht das Gefühl geben soll, dass etwas passiert, wenn man aufs Gaspedal drückt. Störend fanden wir das nicht. Wir erwähnen es nur, weil ein Kollege sich bei uns über das laute Fahrgeräusch des Mirai beschwerte.

Das Fahrgefühl erschien uns etwas wackelig, was wohl daher kommt, dass hier keine sackschwere Batterie im Boden liegt, die das Auto auf die Straße zwingt. Wenn man Elektroautos gewöhnt ist, fehlt einem das. Zu dem etwas fickerigen Gefühl mag die leichtgängige Lenkung beitragen. Ein Grund, das Auto nicht zu kaufen, wäre für uns keins von beidem. 

Cockpit: Viele Knöpfe, schöne Displays, kein One-Pedal-Driving 

Als Fahrer guckt man auf ein schönes Instrumentendisplay, das zwei Rundinstrumente anzeigt; konfigurieren kann man allerdings nur den Bereich dazwischen. Rechts daneben schließt sich ein Touchscreen im Querformat an. Zwischen den Vordersitzen gibt es eine hohe Mittelkonsole mit einer Unzahl an Tasten. So mussten wir ein bisschen suchen, bis wir den Knopf für den Systemstart gefunden hatten: Er liegt da, wo sich bei älteren Autos das Zündschloss befindet (direkt rechts neben dem Lenkrad).

Los geht es, sobald man die D-Taste drückt. Ansonsten gibt es noch einen Knopf für den Drive Mode, wobei man die Wahl zwischen Normal, Eco und Eco+ hat. Je nach Modus reagiert das Gaspedal etwas anders, und die Optik der Rundinstrumente wird modifiziert. 

Zudem gibt es wie bei vielen BEVs noch Wippen am Lenkrad zum Einstellen der Rekuperationsstärke. Drei Stufen gibt es, die Unterschiede sind deutlich spürbar, aber auch bei maximaler Energierückgewinnung ist kein One-Pedal-Driving möglich, und der Nexo kommt auch nicht zum völligen Stillstand, wenn man das Gas loslässt.

Fond und Kofferraum: Überraschend viel Platz

Im Fond bietet der Nexo sehr viel Platz vor den Knien, aber auch über dem Kopf. Auch der Kofferraum überraschte uns positiv: Wir hatten wegen der Gastanks mit einem eingeschränkten Platzangebot gerechnet. Aber nichts da, der Kofferraum wirkt groß und gut nutzbar, beim Umklappen der Fondlehnen entsteht ein schön ebener Ladeboden. Allerdings liegt die Kofferraumkante etwas hoch über dem Boden.

Preis: Ab 77.290 Euro

Letzter Punkt: Der Nexo ist mit einem Preis von 77.290 Euro nicht gerade günstig. Dafür bekommt man auch einen BMW iX xDrive40 - mit deutlich mehr Power  allerdings nur etwa 400 Kilometer Reichweite. Auch für den etwa gleich großen Hyundai Ioniq 5 mit der großen Batterie (und rund 450 km Reichweite) zahlt man nur etwa 45.000 Euro.

Das Problem mit dem Wasserstoff

Aber selbst wenn der Nexo günstiger wäre, würden wir ihn nicht kaufen. Zugegeben, die Reichweite ist höher als bei den meisten BEVs, auch ist man beim Nachtanken viel schneller als beim Nachladen von Strom. Aber es gibt gerade mal 70 Wasserstofftankstellen in Deutschland - im Vergleich dazu ist die Strom-Infrastruktur geradezu dicht.

Dazu kommen noch zwei grundsätzliche Probleme: Erstens, heutiger Wasserstoff ist zum größten Teil grauer Wasserstoff, das heißt: Er wird aus Erdgas (Methan, CH4) durch Dampf-Reformation gewonnen, und dabei entsteht CO2. Und zweitens, wenn grüner Wasserstoff verwendet wird, also Wasserstoff aus der Elektrolyse von Wasser mit Hilfe von regenerativem Strom, dann ist die Effizienz gering. Erst recht, wenn der regenerative Wasserstoff tiefgekühlt bei -270 Grad mit dem Tanker aus Afrika oder gar Australien kommt.

Fazit

Den Hyundai Nexo hat unsere Ansicht zum Thema Wasserstoff nicht geändert: Wir haben prinzipielle Bedenken, vor allem wegen der heutigen Wasserstoff-Erzeugung und wegen der Effizienzverluste. Dazu kommt die geringe Tankstellenzahl. 70 Tankstellen reichen wohl nur dann, wenn man direkt daneben wohnt und einen geringen Aktionsradius hat oder immer zwischen zwei Tankstellen hin- und herpendelt.

Ansonsten fährt sich der Nexo gut, das Beschleunigungsgefühl ist ähnlich wie bei einem Elektroauto. Ein wenig mehr Temperament könnte er haben, aber da sind die Bedürfnisse unterschiedlich. Im Unterschied zum BEV wirkt der Nexo jedoch eher etwas wackelig, weil die schwere Batterie im Boden fehlt.

Ein Akku mit Strom für 600 km Reichweite würde mehrere hundert Kilo wiegen. Im Vergleich dazu ist der Wasserstoff an Bord mit etwa 6 Kilo ein Leichtgewicht, auch wenn noch das Gewicht der Tanks dazu kommt. Allerdings brauchen die Wasserstoff-Tanks doch etwas Platz. In Anbetracht von knapp 160 Liter Tankvolumen ist es bemerkenswert, wie viel Innen- und Kofferraum beim Nexo übrig geblieben sind.

© InsideEVs.de