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VW Golf Variant 1.5 TSI (2021) mit 130 PS im Test

Inzwischen ist der Kompakt-Kombi größer als früher ein Passat Variant

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Früher war alles überschaubarer - bis auf die Langnese-Tafel an der Eisbude. Drei Fernsehprogramme, die gleichen Politiker, Sommerferien am immer gleichen Ort. Auch mein Vater mochte es kleinbürgerlich-unspektakulär und orderte alle sechs Jahre einen neuen VW Passat, meist als Variant. Zuletzt im Jahr 1991 einen B3 in GL-Ausführung mit 90 PS in "maritimblau". Finanzierung oder gar Leasing? Das kam gar nicht in die Tüte, eher hätte er DKP gewählt.

Warum ich Ihnen hier meine Memoiren ausbreite? Nun, Vadderns Variant war 4,58 Meter lang. Und für mich als Kind so geräumig wie die S-Klasse von Helmut Kohl. 30 Jahre später stehe ich vor dem neuen Golf Variant, den mir VW in "Delfingrau Metallic" (wann starb eigentlich Maritimblau?) mit 1,5-Liter-Turbobenziner und 130 PS hingestellt hat. Und dieser ist mit 4,63 Meter länger als damals der Passat Variant. 

Was ist das?

In Zeiten von grassierender SUVeritis (Vaddern kannte höchstens mal Suff, den gab es in der "Bauernschenke") hatte man nach der Premiere des normalen Golf 8 schon gemunkelt, ob es überhaupt noch einen neuen Golf Variant gäbe. Aber VW bleibt standhaft, schon allein deswegen, damit nicht der Skoda Octavia Combi und der Seat Leon ST den Kombikunden-Teich leerfischen. Ein wenig hat man wohl auch Kunden des alten Golf Sportsvan und des Touran im Blick.

Optisch unterscheidet sich der Golf 8 Variant wie auch sein fünftüriger Cousin gar nicht so sehr vom Vorgänger. Um 35 Zentimeter ist der Variant länger als das Steilheck, in den Kofferraum passen 611 bis 1.642 Liter Gepäck, eine Verbesserung zu Nummer 7 um maximal 22 Liter.

Schon eher punktet die Neuauflage, nachdem ich die breiten hinteren Türen öffne: 2,69 Meter Radstand sorgen für großzügige Platzverhältnisse im Fond. Oder in Zahlen ausgedrückt: 941 mm Beinraum. Da fragt man sich dann schon, wozu es eigentlich noch einen Passat Variant braucht.

Letzterer ist aber innen höherwertiger gemacht und verlangt einem überdies kein Informatik-Studium ab. Die knopfarme Bedienung und die Logik des Zentralmonitors bleiben die Schwachstelle des neuen Golf. Auch die Software arbeitet nun zwar besser als noch vor Jahresfrist. Dennoch waren nach einem morgendlichen Anlassen plötzlich alle gespeicherten Radiosender weg.

Wie fährt er sich?

Beinahe überrascht stelle ich fest: Ein Golf mit Schaltgetriebe! Seltener Anblick. Dazu der 1.5 TSI mit 130 PS Leistung. Das hört sich genauso unauffällig an, wie der Testwagen aussieht. Und es fährt sich auch so. Keine Rakete, aber auch keine lahme Ente, VW-typisch mit einem Hauch von Anfahrschwäche, den die Hand am etwas knorpelig geführten Knüppel kompensieren kann.

Ein Wort zum Verbrauch: Wir kamen laut Bordcomputer im Schnitt auf 6,1 Liter bei normaler Fahrweise, mit Autobahn auf 6,9 Liter. VW nennt offiziell nach WLTP eine Spreizung zwischen 4,8 und 7,7 Liter sowie 5,6 Liter im Durchschnitt. 

9,4 Sekunden auf Tempo 100 und 214 km/h Spitze sind natürlich Werte, von denen mein alter Herr nur träumen konnte. Heutzutage empfinden wir das als normal. Aber ist es auch normal, dass wir uns an gut 40.000 Euro für einen Golf Kombi gewöhnt haben? Unser Testwagen kostete exakt 40.196 Euro. Wohlgemerkt reden wir hier nicht von 200 PS und mehr.

Ein teures Vergnügen

Natürlich ist schon in der Basisausstattung des Golf Variant namens "Life" bereits mehr inklusive als früher in einer S-Klasse: LED-Scheinwerfer- und Rückleuchten, eine Klimaautomatik, Parkpiepser vorne und hinten, Radio Composition mit App-Connect. 28.200 Euro notiert dann der Händler für die 130-PS-Maschine, als "Style" mindestens 30.205 Euro.

Was braucht es darüber hinaus wirklich noch? Das Head-up-Display? Die elektrische Schließung der Heckklappe? Kann man machen, muss aber nicht. Definitiv überflüssig aus meiner Sicht: 17-Zoll-Felgen Ventura mit 225er-Bereifung und "sportlicher Fahrdynamik" (665 Euro) und das Discover-Pro-Navi für deftige 1.910 Euro. 

Viel problematischer für den neuen VW Golf Variant ist die Konkurrenz im eigenen Konzern. "Das Gleiche in Grün" gibt es auch günstiger in Gestalt des Seat Leon ST oder zum gleichen Preis, aber mit 150 PS, beim Skoda Octavia Combi.  

Fazit: 7/10

Der neue VW Golf ist auch als Variant ein gutes Auto, zumal hier äußerst geräumig. Anders als beim Vorgänger stehen die hohen Preise aber in viel stärkerer Diskrepanz zu dem, was geboten wird. Diverse Materialien im Innenraum und das Infotainment sind nicht 40.000 Euro wert. Ein Selbstläufer ist der Golf so nicht mehr. An Sie, verehrter Leser, geht der Tipp: Weniger ist mehr. Golf 8 entweder mit überschaubarer Ausstattung oder als Jahreswagen oder einen guten gebrauchten Golf 7.  

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