Automatik mit 100 PS oder besser 120 PS?
Bereits Mitte Juli 2020 hatten wir die Gelegenheit, den neuen Hyundai i20 noch als Vorserienfahrzeug fahren zu können. Nun steht im Oktober der Marktstart des Kleinwagens an. Wie fühlt sich das fertige Serienmodell an? Und lohnt sich der Griff zum stärksten Motor mit 120 PS? Diese Fragen wollen wir im Fahrbericht klären.
Äußerlich zum Glück nichts: Der 4,04 Meter lange Hyundai i20 der dritten Generation ist richtig schick geworden. Auffallend sind die in den Grill übergehenden Scheinwerfer (Voll-LED bei den gehobenen Versionen) und die umlaufenden Rückleuchten. Beim Heck mag sich manch Betrachter an den Skoda Scala erinnert fühlen, doch Hyundai setzt auf wesentlich mehr Schärfe.
Apropos scharf: In den nächsten Monaten kommen noch der dynamisch auftretende i20 N Line und als Krönung der tatsächlich sportliche i20 N. Hier munkelt man über einen PS-Wert, der mit einer 2 beginnt. Doch soweit ist es noch nicht. Der normale i20 bietet einen 84-PS-Sauger sowie einen Turbo mit 100 respektive 120 PS. Einen Diesel gibt es nicht mehr.
Besonders innen zeigt sich das Serienmodell im Vergleich zum Prototypen vom Juli deutlich hochwertiger: Appetitlich angerichteter Kunststoff schmückt das Cockpit. Hingucker ist die "Wellblech-Form" (oder Rimowa-Koffer, das klingt edler) in den Türverkleidungen, die sich visuell im Armaturenbrett fortsetzt.
Manchmal indes sticht der Hartplastik-Anteil ins Auge, etwa bei den Lenkradspeichen. Ich würde diesen Punkt eher unter "Geschmacksfrage" verbuchen, zumal es ein Seat Ibiza auch nicht viel besser macht. Die Bedienung funktioniert ohne Fehl und Tadel, Hyundai erteilt richtigen Tasten kein Hausverbot im i20.
Ab der Trend-Ausstattung ist das digitale 10,25-Zoll-Cockpit serienmäßig. Die Anzeigen könnten einen Hauch größer sein, wer es partout nicht digital mag, muss sich ausstattungstechnisch in Bescheidenheit üben.
Bescheidener ist auch der Kofferraum, sobald die 48V-Mildhybrid-Technik an Bord ist. Statt 352 bis 1.165 Liter sind es dann nur noch 262 bis 1.075 Liter. Abgeknapst wird das aber von der Tiefe, nicht von der Länge. Trotzdem sollten das potenzielle i20-Kunden im Hinterkopf behalten. Im Fond hingegen überrascht die Beinfreiheit positiv.
Für meine Testfahrten wählte ich den 1.0 T-GDI, ergo den 1,0-Liter-Turbobenziner mit drei Zylindern. Es gibt ihn mit 100 respektive 120 PS. Die kleinere Stufe ist bei Bedarf auch komplett ohne 48-Volt-Mildhybrid erhältlich. Wer aber eine Automatik möchte, im Fall des neuen i20 ist das ein Doppelkupplungsgetriebe mit sieben Gängen (7DCT), bekommt die 48-Volt-Technik immer dazu.
Mit gutem Grund: Sobald ich den Fuß vom Gas nehme, setzt im Eco-Fahrmodus das "Segeln" ein. In einer Art Freilauf gleitet der i20 dahin, der Motor ist aus, die Drehzahl auf 0. Wäre nicht der Drehzahlmesser - man würde es nicht bemerken.
Im übrigen wird das DCT keinesfalls eine Nebenrolle im neuen i20 spielen: Auf 46 Prozent beziffert Hyundai den prognostizierten Automatik-Absatz. 72 Prozent aller verkauften i20 werden mit 100 PS durchs Land fahren, orakeln die Koreaner.
Das erscheint plausibel, denn diese Leistungsstufe geht kultiviert ihrer Arbeit nach. Gleiches gilt für den 120-PS-i20, selbst bei Tempo 160 bleibt es im Wageninneren bemerkenswert leise. Aber zurück zum 100-PS-Wagen: Untermotorisiert fühle ich mich in keiner Sekunde. Flott geht es voran, dazu schaltet das DCT-Getriebe unauffällig.
Erst nach dem Umstieg auf 120 PS merke ich gefühlt eine etwas bessere Beschleunigung. Einen Hauch besser, wie auch die Zahlen belegen: 10,3 Sekunden auf 100 km/h gegenüber 11,4 Sekunden bei der schwächeren Maschine. Diesen Unterschied von 1,1 Sekunden spürt man bei normaler Gangart in der Praxis nicht, ebenso 200 statt 172 Newtonmeter maximales Drehmoment.
Was gibt es noch abseits von dieser Thematik anzumerken? Eine direkte Lenkung mit sehr guter Rückmeldung weckt die Vorfreude auf den i20 N. Auch mit 17-Zoll-Bereifung federt der normale i20 weitgehend gut, doch auf schlechter, grobfugiger Fahrbahn rollt er harsch ab. Hier agieren die 16-Zöller möglicherweise netter.
Los geht es derzeit mit 16 Prozent Mehrwertsteuer bei 13.637,31 Euro für die absolute Basis mit 84 PS ohne Klimaanlage. Wer seinen i20 mit DCT möchte, muss auf jeden Fall zu "Select" greifen. Hier ist die Klimaanlage serienmäßig, hinzu kommen ein Digitalradio und ein Lederlenkrad. Kostenpunkt: 19.486,05 Euro.
"Trend" markiert die goldene Mitte und soll laut Hyundai auch zur beliebtesten Ausstattungslinie werden. Inklusive: Digitalcockpit, 8-Zoll-Touchscreen mit Android Auto und Co., Rückfahrkamera, Einparkhilfe hinten, 16-Zoll-Alus, Lenkrad- und Sitzheizung. Klimaautomatik? Gut 731 Euro im Paket mit Sitzheizung hinten (!). 21.240,67 Euro berechnet Hyundai mindestens für den i20 mit 100 PS und DCT.
Nicht gerade ein Megaschnäppchen, obgleich die Ausstattung gut ist. Überhaupt erst ab Trend gibt es die 120-PS-Version mit DCT, sie notiert bei 22.020,50 Euro. Knapp 800 Euro mehr also, die man hier zum Beispiel beim schwächeren Motor in die Klimaautomatik investieren kann.
Noch üppiger geht es in der Topversion "Prime" zu: Hier ist die Klimaautomatik Serie, auch LED-Scheinwerfer und 17-Zoll-Alufelgen gesellen sich dazu. 23.190,25 Euro (100 PS) respektive 23.970,08 Euro (120 PS) sind aber schon recht gesalzen. Mit vielen Assistenzsystemen und Navi ist die 25.000-Euro-Marke locker übersprungen. Tipp: Die LED-Scheinwerfer gibt für 731,09 Euro auch beim "Trend".
Wo liegt die Konkurrenz? Mehr als 1.000 Euro teuer ist vergleichbarer VW Polo mit 95 PS und DSG, der Ford Fiesta mit 125 PS und 7-Gang-Automatik rangiert gut 800 Euro über seinem i20-Pendant. Pluspunkt Hyundai: 5 Jahre Garantie!
Auch mit DCT-Automatikgetriebe bleibt der neue Hyundai i20 ein sehr gutes Auto respektive einer der besten Kleinwagen auf dem Markt. Allerdings ist er im Klassenvergleich kein absolutes Schnäppchen mehr. Trotzdem kommen Hyundai-Kunden günstiger weg als bei deutschen Mitbewerbern. Abzüge gibt es für das mäßige Kofferraumvolumen und die teils arg straffe Federung, Pluspunkte für die vielen Assistenzsysteme.