Was kann die Neuauflage besser als der Vorgänger?
Ja, ich gebe es zu: Ich bin befangen. Zumindest bei diesem Auto. Drei Jahre lang diente mir ein hellblauer Hyundai i10 als fahrbarer Untersatz. Jetzt bringt Hyundai die Neuauflage an den Start. Das erstaunt, wo sich doch immer mehr Hersteller aus dem A-Segment der Kleinstwagen zurückziehen.
Doch der i10 verkauft sich wie geschnitten Brot: Pro Jahr gut 20.000 Exemplare in Deutschland, womit er zu den beliebtesten Modellen der Marke zählt. Und so gibt es nach rund sieben Jahren einen Nachfolger. Lohnt sich die koreanische Kurzware aus türkischer Produktion?
Schick steht er da, der neue Hyundai i10. Radikal umgekrempelt wurde das Design nicht, wozu auch? Besonders an der Frontpartie präsentiert sich der i10 jetzt schärfer, hinzu kommen mehr Blechfalze an der Seite. Die Heckpartie wirkt nun nicht mehr ganz so kahl, schön ist die große Griffmulde. Was mir aber auffiel: Wie schon bei meinem i10 haben Marder und Co. die Dachantenne zum Knabbern gern.
Zum Anbeißen sind jedoch auch die inneren Werte des i10. Mit 3,67 Meter Länge bleibt er erfreulich kurz, der Radstand wächst um 40 Millimeter auf 2,43 Meter. Auch in der Breite hat der kleinste Hyundai leicht auf nun 1,68 Meter zugelegt.
Beide Maßnahmen spürt man innen: Unendliche Weiten sind es zwar nicht, aber im Fond gibt es überraschend viel Platz. Fahrten zu viert sollten ohne Proteste machbar sein. Pluspunkte sammelt auch der 252 Liter große Kofferraum, empfehlenswert ist der variable Laderaumboden.
Auch hier fiel mir etwas auf: Hyundai verzichtet auf Schnüre an der Hutablage, sie muss per Hand hochgeklappt werden. Früher gab es die Schnüre zwar, aber die Kofferraumklappe schloss oft nicht richtig. Dann doch lieber diese Lösung ...
Ich begebe mich auf den Fahrersitz und staune. Nicht so sehr über das Platzangebot, das bleibt okay, ein luftiges Gefühl stellt sich aber kaum ein. Vielmehr ist es die Aufmachung des Armaturenbretts: Hartplastik dominiert, doch alles ist ohne irgendeinen Hauch von Armut appetitlich gestaltet. In der Mitte prangt ein Acht-Zoll-Touchscreen, den Hyundai schön mit den Instrumenten arrangiert hat. Bedienung? Kinderleicht.
Unter der Haube des neuen Hyundai i10 arbeiten zunächst zwei alte Bekannte: Der 67-PS-Dreizylinder für absolute Asketen und wie in unserem Testwagen ein Vierzylinder mit 84 PS. Beides Saugmotoren, wohlgemerkt, im Sommer 2020 folgt dann ein 100-PS-Turbo im i10 N-Line.
In heutigen Zeiten ist man beinahe schon Sauger-entwöhnt, weshalb die ersten Meter eine Umstellung bedeuten. Kein Leberhaken in Runde 1, sondern ein Herumtänzeln vor dem Stich. Der laufruhige und gut gedämmte Vierzylinder (eine Ausnahme in dieser Klasse) liefert erst bei 4.200 Umdrehungen seine maximalen 118 Newtonmeter ab.
Eine Wanderdüne ist der Hyundai i10 1.2 weiß Gott nicht, bis etwa 80 km/h schiebt er munter vorwärts. Erst dann wird es zäh, Überholvorgänge sollten gut vorausgeplant werden. Eine Zahl veranschaulicht das: 22,2 Sekunden dauert der Sprint von 80 auf 120 km/h. Wer also häufiger auf der Autobahn fährt, sollte den 100-PS-Turbo abwarten.
Ansonsten macht der neue i10 einen runden Eindruck. Agil und flink wetzt der Kleine um die Kurven, dabei hilft eine direkt ansprechende Lenkung. Auch das Fahrwerk ist manierlich, grobe Unebenheiten werden eher zum akustischen Problem.
Bei der Fünfgang-Schaltung würden wir uns kürzere Wege wünschen. Geblieben ist ein nerviges i10-Leiden: Oft lässt sich der Rückwärtsgang erst nach mehreren Versuchen einlegen. Wer gar nicht kuppeln mag, sollte sich das automatisierte Fünfgang-Getriebe (700 Euro Aufpreis) zu Gemüte führen.
Offiziell gibt Hyundai den Verbrauch für den 84-PS-Sauger mit 4,6 bis 4,9 Liter an. Wer dem Motor hingegen viel abverlangt, um flott unterwegs zu sein, wird mit deutlich mehr Verbrauch bestraft. 7,1 Liter flossen bei uns im Testmittel durch die Düsen. Wer aber gemäßigt etwa zur Arbeit fährt, kann auch Werte unter sechs Liter erreichen.
Weil die Sicherheitsvorschriften zunehmend mehr Assistenzsysteme fordern, ist auch der i10 jetzt stets mit autonomer Notbremsung, aktiver Spurhaltung sowie Assis für automatisches Fernlicht und Aufmerksamkeit ausgestattet. Ein Tempomat ist ebenfalls bei jedem i10 inklusive.
Los geht es bei 10.990 Euro für das absolute Basismodell mit 67 PS. Den größeren Motor gibt es erst ab "Trend", Kostenpunkt 15.690 Euro. Hier ist die Ausstattung aber bereits ziemlich komplett. Das Topmodell "Style" (siehe Bilder) bietet nichts zwingend Notwendiges mehr, nur das Auge wird hier verwöhnt. Apropos: Gratis gibt es die Lackierung "Tomato Red". Besser als das aufpreispflichtige Weiß ist sie allemal ...
Mein Tipp: "Trend" reicht. Serienmäßig sind dann beheizbare Außenspiegel mit integrierten Blinkleuchten, Parkpiepser hinten, Sitzheizung vorne und ein beheizbares Lenkrad, dazu 15-Zoll-Alufelgen. Prima auch das Acht-Zoll-Audiosystem mit DAB-Radio, Apple CarPlay und Android Auto. So kann die Navigation über das eigene Smartphone laufen.
Empfehlenswert ist das 500 Euro teure Komfort-Paket. Inklusive sind eine Klimaautomatik, der höhenverstellbare Gepäckraumboden, eine Armlehne am Fahrersitz und eine Ablage zum kabellosen Laden des Smartphones.
Als dicken Pluspunkt bietet Hyundai darüber hinaus stets fünf Jahre Neuwagen-Garantie ohne Kilometerbegrenzung.
Der neue Hyundai i10 ist eines der besten, wenn nicht gar das beste Auto in seinem Segment. Hier fühlt sich nichts nach Verzicht an. Im Gegenteil: Der Cityflitzer lässt sich bei Bedarf zum Luxus-Zwerg aufrüsten. Einen Minuspunkt gibt es für den hakeligen Rückwärtsgang, den Motor mag mancher als zu schlapp empfinden. Doch hier naht bald Abhilfe.
Das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt beim neuen i10. Mit Vollausstattung wie bei unserem Testwagen (20.350 Euro) kommt man aber in Regionen, in denen es auch schon einen größeren i20 mit 100-PS-Turbo gibt. Viele i10-Kunden wollen jedoch bewusst solch ein Format fahren und handeln nach der Devise "Klein, aber fein".