1967 gründen Hans-Werner Aufrecht (A) und Eberhard Melcher (M) in Großaspach (G) ihr "Ingenieurbüro, Konstruktion und Versuch zur Entwicklung von Rennmotoren". 50 Jahre später zählt AMG zu den weltweit bedeutendsten Namen, wenn es um Motorsport und Performance-Automobile geht. Zahllose Formel-1- und DTM-Triumphe, legendäre Autos wie die "Rote Sau", "The Hammer" oder der SL 65 AMG Black Series und immer dieser unnachahmlich brachiale Sound. Zum runden Geburtstag blicken wir zurück auf ein halbes Jahrhundert AMG und zeigen die wichtigsten Autos der Firmengeschichte. Viel Spaß beim Klicken
In den Anfangsjahren beschäftigt sich AMG mit dem Aufbau von Rennwagen auf Basis des Mercedes 300 SE und nimmt an europäischen Tourenwagenrennen teil. Hier sehen Sie Gründer Eberhard Melcher beim Schrauben
1971 gelingt der erste Durchbruch: Mit einem an sich viel zu großen und schweren Mercedes 300 SEL, von 6,3 auf 6,8 Liter aufgebohrt, holt man beim 24-Stunden-Rennen in Spa völlig überraschend den Klassensieg und den zweiten Gesamtplatz. Die "Rote Sau" (unter diesem Namen wird die legendäre Rennlimousine bis heute verehrt) leistet schon damals über 400 PS. Sie ist quasi der erste echte AMG und ein gewichtiger Teil des Markenmythos.
Ab Mitte der 1970er steigt das Interesse an veredelten Mercedes-Fahrzeugen rapide. AMG spezialisiert sich auf Leistungssteigerungen und Fahrwerkstuning für verschiedenste Mercedes-Modelle. Ein Meilenstein gelingt 1986 mit dem 300 E 5.6 AMG. Sein Vierventil-V8 leistet 360 PS und 510 Newtonmeter und katapultiert die Familienkutsche auf 300 km/h Spitzengeschwindigkeit. Es ist sozusagen der Startschuss für die heute so populäre Performance-Limousine, die Sportwagen-Fahrleistungen mit perfekter Alltagstauglichkeit verbindet. Amerikanische Fans taufen den mordsmäßigen Viertürer voller Ehrfurcht "The Hammer".
Bereits 1986 kann AMG mit dem Mercedes 190 E 2.3-16 zwei DTM-Siege einfahren. 1988 beginnt die offizielle Motorsport-Partnerschaft von Mercedes und AMG. Zwischen 1989 und 1992 dominiert AMG die DTM mit dem 315 bis 330 PS starken 190 2.5-16 Evolution. Klaus Ludwig holt 92 den ersten DTM-Fahrertitel für die Schwaben. Ellen Lohr gewinnt als erste Frau einen DTM-Lauf. Der 190er siegt bis 1993 in insgesamt 50 Rennen.
1990 kommt es für AMG auch außerhalb des Motorsports zum Kooperationsvertrag mit Mercedes-Benz. AMG wird zum OEM (Original Equipment Manufacturer). AMG-Teile werden nun auch über Mercedes-Niederlassungen vertrieben, was der Marke einen gewaltigen Schub verpasst. 1993 geht der C 36 AMG als erstes gemeinsames Fahrzeug aus der Kooperation hervor. Sein 3,6-Liter-Sechszylinder leistet 280 PS und 385 Newtonmeter. Von 0-100 km/h geht es in 6,7 Sekunden. Der Einsteigspreis im September 1993 beträgt 95.450 D-Mark.
Auf gewisse Weise markiert der E 50 AMG den Anfang von dem, was gerade erst im völlig abstrusen neuen E 63 4Matic mit 612 PS und Driftmodus gegipfelt ist. Er ist die erste AMG-Topversion einer E-Klasse. Wenn auch noch eine ziemlich zahme. Sein 5,0-Liter-V8 leistet dank etwas Bearbeitung 347 PS und 480 Nm. Von 0-100 km/h geht es in 6,2 Sekunden. Grundpreis Mitte der Neunziger? Etwa 150.000 D-Mark. Bei der aktuellen E-Klasse gibt es für das umgerechnet gleiche Geld (75.000 Euro) mittlerweile die AMG-Light-Version E 43 mit 400 PS.
Nach dem Aus der alten DTM im Jahr 1996 fokussiert Mercedes seine Rennsport-Bemühungen auf die FIA-GT-Meisterschaft. In lediglich 128 Tagen Entwicklungszeit entstand der CLK GTR mit 600 PS starkem Mittelmotor-V12. Er hatte nicht wirklich viel mit dem als Vorbild dienenden Mercedes-Coupé CLK gemein, aber das war in dieser Serie auch nicht wichtig. Bereits 1997 gelang der Gewinn der Meisterschaft. 1998 dominierte der GTR nach Belieben. Die vom Renn-Reglement geforderten 25 Straßenversionen des Fahrzeugs wurden 1998 und 1999 nachgereicht.
Und dieses Straßenfahrzeug sehen sie hier. Die Karosserie besteht aus Carbon, der 6,9-Liter-V12 leistet 631 PS und 731 Newtonmeter. Über ein sequentielles Getriebe geht die Kraft ausschließlich nach hinten. Einige wenige Fahrzeuge werden auch mit dem 664 PS starken 7,3-Liter-V12 gebaut. Insgesamt entstehen 20 Coupés und fünf Roadster. Der Kaufpreis liegt damals bei über drei Millionen D-Mark. Damit ist der CLK GTR seinerzeit das teuerste Serienauto der Welt.
1999 verkauft Hans-Werner Aufrecht die Mehrheit seiner Firmenanteile an Mercedes-Benz. Im gleichen Jahr kommt der leicht debile Mercedes SL 73 AMG auf den Markt, seinerzeit der stärkste Roadster der Welt. Als Basis dient der 6,0-Liter-V12 aus dem S 600. Eine Hubraumerweiterung auf 7,3 Liter und weitere Optimierungen steigern die Leistung auf 525 PS und 750 Newtonmeter. Von 0-100 km/h geht es in 4,7 Sekunden. Offiziell taucht dieser SL nie in den Preislisten auf. Der 7,3-Liter-V12 wird auch im CLK GTR und im Pagani Zonda eingesetzt.
AMG widmet sich erstmals der G-Klasse. Der 5,5-Liter-V8 leistet 360 PS und 530 Newtonmeter. Das ist insofern interessant, da die AMG-G-Klassen heute zu den beliebtesten Affalterbacher Modellen überhaupt zählen. Über die Jahre geht es über diverse G55s und G 63s bis hin zum G 65 mit 630 PS-V12. Aktuell haben über 50 Prozent aller neu verkauften G-Klassen ein AMG-Signet auf dem Heckdeckel. Wenn man so will, ist der 1999er G 55 auch das erste AMG-SUV. Eine Sparte, die inzwischen nicht mehr aus Affalterbach wegzudenken ist. Im AMG-Portfolio befinden sich derzeit gleich zehn SUVs.
2002 bringt AMG seinen ersten und bisher einzigen Diesel auf den Markt. Basis für den C 30 CDI AMG (auch im T-Modell und C Sportcoupé zu haben) ist der 2,7-Liter-Fünfzylinder-Turbodiesel. Er wird komplett auf links gedreht, hat nun drei Liter Hubraum und leistet beachtliche 231 PS und 540 Newtonmeter. In 6,8 Sekunden geht es von 0 auf 100 km/h, der Verbrauch liegt bei 7,5 Liter. Aber irgendwie spricht die leistungsverliebte Kundschaft nicht so recht an auf die Idee eines Diesel-Sportwagens. Das könnte auch am damaligen Luxus-Preis von mindestens 49.590 Euro liegen. Für knapp über 50.000 Euro gibt es immerhin schon einen Audi S4 mit 344-PS-V8-Benziner. Der C 30 wird 2004 eingestellt.
Im Jahr 2004 baut Mercedes-AMG mal wieder den stärksten Serien-Roadster der Welt. Der SL 65 hat einen 6,0-Liter-Biturbo-V12 mit 612 PS und 1.000 Newtonmeter Drehmoment. Letzterer Wert ist elektronisch begrenzt. Aus Angst um Getriebe und Antriebskomponenten. In 4,5 Sekunden geht der mehr als 200.000 Euro teure Spaß auf 100 km/h. Der 2004er SL 65 ist das erste einer ganzen Reihe an 65er-AMG-Modellen. Inzwischen ist der Mega-Zwölfzylinder in diversen S-Klassen und in der G-Klasse zu haben.
Eine ganz besondere Verrücktheit ist der CLK DTM, den AMG anlässlich der erfolgreichen DTM-Saison 2003 kreiert. Er basiert auf dem normalen CLK, übernimmt jedoch optisch einige Merkmale des Rennautos, wie man unter anderem an den massiven Kotflügelverbreiterungen erkennen kann. Er leistet 582 PS, kriegt Semislick-Reifen und schafft 320 km/h. Der Grundpreis liegt bei 236.000 Euro. Noch absurder: 2005 erscheint der CLK DTM auch als Cabrio.
Im Jahr 2005 übernimmt Mercedes-Benz 100 Prozent der AMG-Anteile. Zwei Jahre später freuen sich Performance-Fans über die Geburt des Black-Series-Labels. Die "Black Series"-Modelle sind hinsichtlich Fahrdynamik und Leistung nochmal deutlich extremer als die AMG-Autos, auf denen sie aufbauen. Bis heute sind nur vier Fahrzeuge in den Genuss einer Black-Series-Behandlung gekommen. Den Anfang macht 2007 der CLK 63 AMG Black Series. Sein 6,2-Liter-V8 leistet 507 PS. Er ist deutlich breiter als der normale CLK 63, Fahrwerk, Bremsen und Reifen sind optimiert. Er gilt unter Sportfahrern als der erste AMG, der nicht nur längsdynamisch begeistert.
Mit seinen 670 PS holt sich der SL 65 Black Series den Titel des stärksten je gebauten Mercedes-Serienfahrzeugs. Er hält ihn bis heute. In Anbetracht seiner Kraft und der barbarischen Optik (Umbau zum Coupé; fast jedes sichtbare Karosserieteil wurde geändert) scheint der alte Witz, AMG stehe ja eigentlich für "Alles mit Gewalt", mehr als angebracht. Aber der große alte Mann überzeugt auch fahrdynamisch auf ganzer Linie. Nur 350 Exemplare werden gebaut. Der Preis damals: knapp 330.000 Euro. Bis heute folgen nur zwei weitere Black-Series-Modelle, der C 63 Black Series und der SLS Black Series.
Der SLS stellt für AMG einen echten Meilenstein dar, ist er doch das erste komplett in Eigenregie entwickelte Auto der Affalterbacher. Der Flügeltürer kommt mit einem 571-PS-V8 und beschleunigt in 3,8 Sekunden auf 100 km/h. 2011 folgt der SLS Roadster. Auch eine Elektrovariante ist ab 2013 zu haben. Der SLS Electric Drive hat gleich vier E-Motoren, die zusammen 751 PS leisten. Stärkster SLS ist der Black Series mit 631 PS. Die Produktion endet 2014.
Ein wichtiger Baustein des AMG-Geschäfts ist seit 2010 auch der Kunden-Motorsport. Mit dem SLS AMG GT3 und seit 2016 mit dem AMG GT3. Beide nutzen den 6,2-Liter-V8-Sauger. 2013 siegen die AMG-GT3-Fahrzeuge bei allen wichtigen Langstrecken-Rennen der Saison. 2016 holt der neue Mercedes-AMG GT3 in seiner Debüt-Saison einen historischen Vierfach-Sieg beim 24-Stunden-Rennen am Nürburgring.
2010 kehrt Mercedes in die Königsklasse des Motorsports zurück. 2012 nimmt man AMG mit ins Boot und ändert den Teamnamen in Mercedes AMG Petronas F1 Team. Mit dem Mercedes F1 W03 erringt Nico Rosberg in der gleichen Saison den ersten Formel-1-Sieg seit der Rückkehr des Teams. Ab der Saison 2014 ist man quasi unaufhaltsam, holt mit der Fahrerpaarung Nico Rosberg und Lewis Hamilton die letzten drei WM-Titel in Folge.
Mit dem A 45 präsentiert AMG seinen ersten Kompaktsportler. Ganz ungewöhnlich für die Schwaben werkelt unter der Haube ein 360 PS starker Vierzylinder-Turbomotor. Außerdem gibt es den A 45 ausschließlich mit Allradantrieb. Der immense Schub und der extrem kernige Klang des verhältnismäßig winzigen Motors überzeugen auch Kritiker recht schnell. Manche wünschen sich jedoch eine etwas enthemmtere Querdynamik. Es folgen auf gleicher Basis der CLA 45 und der Crossover GLA 45. Die sportlichste A-Klasse mausert sich zum Verkaufsschlager und wird zum wichtigen Wachstumstreiber für AMG.
Der GT ist die zweite echte AMG-Eigenentwicklung. Nach Jahren mit dem großartigen 6,2-Liter-V8-Sauger erhält er einen komplett neuentwickelten 4,0-Liter-Biturbo-V8, anfangs mit 462 oder 510 PS. Allen Befürchtungen zum Trotz sind Leistungsabgabe und Klang absolut großartig. 2017 folgen der Roadster und die Performance-Variante GT R (vorne in Grün) mit 585 PS und diversen Anleihen am Kundensport-Rennwagen.
Warum der neue E 63 in dieser Liste auftaucht? Weil er in gewisser Weise die Performance-Limousine (und den Performance-Kombi) verändert hat. Aufgrund von 612 PS und 900 Newtonmeter nachvollziehbarerweise nur noch mit Allradantrieb erhältlich, besitzt der Mega-E nun einen Drift-Modus. Hier kann das elektronische Allradsystem auf Knopfdruck die Vorderachse abkoppeln. Für die spontane Lust am Reifen frittieren quasi. Das System hat es vorher so noch nicht gegeben. BMW wird beim nächsten M5 nachziehen.
Mehr als 1.100 MItarbeiter sind aktuell bei AMG beschäftigt. Im Jahr 2016 verkaufte Mercedes-AMG fast 100.000 Autos. Gegenüber 2014 ist das nahezu eine Verdreifachung. Das liegt vor allem an der immens gewachsenen Modellpalette.
Inlusive diverser SUVs und den 2014 neu eingeführten AMG-Sport-Modellen (ein weniger radikaler, günstigerer Einstieg) umfasst die AMG-Modellpalette inzwischen über 40 Modelle.
Zum 50-jährigen Firmenjubiläum macht man sich selbst wohl das schönste Geschenk: Ein neues Hybrid-Hypercar mit 1,6-Liter-V6-Formel-1-Motor und über 1.000 PS. Es soll noch 2017 vorgestellt werden.