Ossuccio (Italien), 23. Juni 2016 - Vom Küchenmesser bis zum Auto: Die meisten Alltagsgegenstände werden inzwischen als Lifestyle-Produkte aufgefasst. Es geht nicht mehr darum, wie gut das Ding schneidet oder fährt, sondern darum, ob es zum eigenen (möglichst schicken) Lebensstil passt, und ob es Selfie-geeignet ist. Bei Kleinstwagen kann man zwei Typen unterscheiden: einerseits die urban-hippe Schiene à la Fiat 500 und andererseits die praktische à la Fiat Panda mit viel Innenraum. Wo ist der VW Up einzuordnen? Wir haben die gerade geliftete Version mit dem neuen 90-PS-Turbobenziner getestet.
Facelift-Modell mit vier Neuheiten
Der kleinste VW kam 2011 auf dem Markt, als dritter Anlauf der Marke im Kleinstwagen-Sektor nach dem Lupo und dem Fox. In Deutschland mauserte sich das Auto zum Bestseller im A-Segment, mit deutlichem Abstand zur Nummer zwei, dem Fiat 500. Dieser Vorsprung verringerte sich 2015 deutlich. Um wieder etwas Boden gutzumachen, startet Anfang September 2016 eine verbesserte Version. Die Neuheiten: ein dritter Motor, eine Smartphone-Integration, ein dynamischeres Styling und mehr Individualisierungsmöglichkeiten.
"Fahrwerte wie beim ersten Golf GTI"
Wenn man die Erdgas- und die Elektroversion beiseite lässt, wurde der Up bisher mit einem 60 PS und einem 75 PS starken Saugbenziner angeboten. Hinzu kommt nun ein weiterer Einliter-Dreizylinder, allerdings mit Turbo und Direkteinspritzung. Der im Golf TSI Bluemotion eingeführte 1.0 TSI leistet hier 90 PS. Sie beschleunigen das Auto in 9,9 Sekunden auf Tempo 100 und ermöglichen 185 km/h. Daten, die denen des ersten Golf GTI von 1976 ähneln, wie VW vermerkt. In der Stadt braucht man sowas natürlich nicht. Wichtiger ist wohl der Normverbrauch: 4,4 Liter stehen im Datenblatt. Auf den Straßen zwischen Mailand und dem Lago di Como legte ich die erste Etappe laut Bordcomputer mit 6,1 Liter zurück, nach der zweiten (Autobahn mit maximal 120 km/h) standen nur noch 5,0 Liter im Display.
Viel Schwung und das typische Knurren
Während der Normverbrauch kaum höher als bei den Saugbenzinern ist, fällt das Drehmoment (160 statt 95 Newtonmeter) deutlich höher aus, entsprechend viel Schwung hat der Up 1.0 TSI. Da dieser Wert dank Turbo schon ab 1.500 Touren anliegt, kann man niedrigtouriger als bei den Saugmotoren fahren. In diesem tiefen Tourental sollte man nicht grundlos Gas geben, denn da klingt das Motörchen arg dumpf und gequält. Aber es hilft, wenn man mal das Herunterschalten vergessen hat. Akustisch ist der Wagen nicht unangenehm. Das von mir geliebte, typische Dreizylinder-Knurren ist bei hoher Last Gott sei Dank noch deutlich zu hören. Schaltung und Lenkung funktionieren problemlos, das Fahrwerk ist klassentypisch. Was positiv auffällt: Der Schalthebel bleibt bei Gaswechseln und im Leerlauf völlig ruhig.
Gute Sitze, viel Innenraum
Die Vordersitze sind bemerkenswert straff, die integrierten Kopfstützen sind kein Nachteil. Im Fond sitzt man ebenfalls gut, Kopf- und Kniefreiheit sind für ein nur 3,60 Meter langes Auto bemerkenswert. Nur bei der Frischluftzufuhr hapert es: Wie gehabt, hat der Dreitürer hinten feststehende Fenster, beim Fünftürer lassen sie sich nur ausstellen. Der 251 bis 959 Liter große Kofferraum ist gut nutzbar: Die beiden Rücksitze sind bei den höheren Versionen einzeln umklappbar. Bei diesen Varianten macht ein Einlegeboden auch den Ladeboden eben - sehr praktisch und leider überhaupt nicht Standard. Im Up lässt sich das kaputte Mountainbike von Sohnemann sicher viel leichter heimschaffen als in einem Fiat 500.
Enttäuschende Smartphone-Navigation
Wer ein günstiges Stadtauto kauft, nutzt lieber das eigene Smartphone, als ein teures Einbaunavi zu bestellen. Deswegen bietet VW eine Halterung fürs Handy an. Dazu muss man eine kostenlose App installieren. Über einen USB-Anschluss wird es geladen, die Sprachanweisungen gelangen via Bluetooth zur Audioanlage und dann durch die Lautsprecher ans Ohr. Zur Zieleingabe kann man sogar Buchstaben aufs Display malen, wenn man will. Klingt gut, doch das System stürzt oft ab, und ich verpasste zwei Abzweigungen, weil die falsche Position angezeigt wurde. Tempolimits meldet das System auch nicht. Die alte Lösung - ein Mobilnavi von Navigon inklusive Halterung - funktionierte besser, kostete allerdings 390 Euro. Das neue System ist günstiger, aber auch 170 Euro sind noch viel für ein schlecht arbeitendes Navi.
Dynamischer und farbiger
Soviel zum neuen Motor und zur Smartphone-Integration. Fehlen noch Optik und Individualisierungsmöglichkeiten. Äußerlich sieht der Up nun ein winziges bisschen dynamischer aus: Die Motorhaube ist jetzt konturiert und der vordere Lufteinlass hat künftig ein Wabengitter. Es betont mehr die Breite, als einen lächelnden Mund zu mimen. Innen sind die Dashpads (die teils farbigen Armaturenbrett-Auflagen) nun kantiger und es gibt ein Multifunktionslenkrad. Von den 13 Außenfarben sind sieben neu, außerdem kann man verschiedene Dach-, Außenspiegel- und Felgenfarben wählen.
Die Preise
Den neuen Up gibt es ab 9.850 Euro. Für die getestete Version mit Turbobenziner sind mindestens 12.350 Euro zu zahlen, dafür erhält man die Ausstattung move up. Der Aufpreis gegenüber einer entsprechenden 60-PS-Version mit Start-Stopp-Automatik beträgt rund 1.000 Euro. Als Stadtauto würde ich stattdessen den 60-PS-Benziner mit BlueMotion-Technology-Paket für 10.375 Euro wählen. Bestellt man noch die Fondtüren (480 Euro) dazu, eine Klimaanlage (560 Euro) und ein Radio (360 Euro), landet man bei knapp 12.000 Euro. Eine Alternative wäre ein fünftüriger Kia Picanto Edition 7 mit 66 PS, den es mit dem Emotion-Paket (CD-Radio und Klimaanlage, 990 Euro) schon für 10.430 Euro gibt.
Gesamtwertung
Der neue Turbomotor im VW Up ist gut, aber für ein Stadtauto genügt meiner Ansicht nach der 60-PS-Antrieb: Trotz deutlich schlechterer Fahr- und Drehmomentwerte kommt man sich damit nicht langsam vor. Nur wer öfter Autobahn oder bergauf fährt, profitiert vom Turbo. Auch die schlecht funktionierende Smartphone-Integration würde ich nicht bestellen, mir lieber ein Mobilnavi an die Scheibe kleben. Optisch hat sich der Up ebenfalls nicht wesentlich verbessert. Trotz dieses Facelifts ist der Up für mich immer noch einer der besten Stadtwagen, denn er kombiniert eine gefällige Optik mit einem guten Innenraumangebot. Aber vor allem kommt es natürlich auf den persönlichen Lifestyle an: Die junge Latte-Macchiato-Mutter fährt vielleicht lieber einen hellblauen Fiat 500, der gegelte Jung-Macho vom Lande einen getunten Opel Corsa mit Rallyestreifen und der am liebsten unauffällig bleibende Rentner einen dunkelblauen Dacia Sandero für das gleiche Geld ...
+ guter 90-PS-Turbo (den man aber für den typischen Stadteinsatz nicht braucht), gute Vordersitze, viel Platz im Fond, gut nutzbarer Kofferraum
- wenig überzeugende Smartphone-Integration
Modell |
VW Up 1.0 TSI |
Motor
|
Bauart |
Otto- Reihenmotor mit Turbolader und Direkteinspritzung |
Zylinder / Ventile |
3 / 4 |
Antrieb |
Frontantrieb |
Getriebe |
Schaltung |
Gänge |
5 |
Hubraum |
999 cm³ |
Leistung |
66 kW bei 5.000 U/min |
max. Drehmoment |
160 Nm bei 1.500 - 3.000 U/min |
Maße
|
Länge |
3.600 mm |
Breite |
1.641 mm |
Höhe |
1.910 mm |
Radstand |
2.407 mm |
Leergewicht |
1.003 (dreitürig) kg |
max. Zuladung |
359 kg |
Kofferraumvolumen |
251 l |
Messwerte
|
Höchstgeschwindigkeit |
185 km/h |
Beschleunigung (0-100 km/h) |
9,9 s |
Verbrauch gesamt |
4,4 l/100 km |
Verbrauch innerorts |
5,5 l/100 km |
Verbrauch außerorts |
3,8 l/100 km |
CO2-Emission |
101 g/km |
Schadstoffklasse |
Euro 6 |
Stand: Juni 2016
Modell |
VW Up 1.0 TSI move up |
Grundpreis |
12.350 € |
Ausstattung
|
Automatikgetriebe |
- |
elektr. Fensterheber vorn |
Serie |
elektr. Schiebedach |
950 € |
elektr. verst. Außenspiegel |
405 € (beheizbar, im Paket mit Nebelscheinwerfern, Abbiegelicht, Sitzheizung vorne) |
Klimaanlage |
560 € |
Klimaautomatik |
895 € |
Leichtmetallfelgen |
ab 630 € (15 Zoll) |
Metalliclackierung |
465 € |
Sitzhöheneinstellung |
Serie (Vordersitze) |
Zentralverriegelung |
Serie |
2 Fondtüren mit Ausstellfenstern |
480 € |
geteilt umklappbare Rücksitzlehne |
Serie |
Einlegeboden für Kofferraum |
Serie |
Drehzahlmesser |
Serie |
Radio mit USB-Schnittstelle |
Serie |
Dashpad in Schwarz |
Serie |
Drive-Paket Plus (City-Notbremsfunktion, Licht- und Regensensor, Tempomat) |
390 € |
Smartphone-Halterung "maps + more dock" (nur mit Radio "Composition Phone") |
170 € |
Radio "Composition Phone" |
130 € |
Parkpiepser hinten |
300 € |
Rückfahrkamera |
200 € |
Stand: Juni 2016