Tolle Optik innen und außen, aber enttäuschendes Innenraumangebot
Keine Zielgruppe ist so vielfältig wie die von Kleinwagen, sagt Peugeot-Sprecher Antoine Aubert. Sie sind männlich oder weiblich, alt oder jung, es sind Singles, Pärchen oder Familien, Erst- oder Zweitwagenkunden, manche ziehen sogar einen Anhänger damit. Genauso wandelbar sollte ein B-Segment-Auto denn auch sein. Wie steht es damit beim neuen Peugeot 208? Wir haben das Auto als Benziner, Diesel und Elektroauto getestet.
Die Ahnenreihe reicht zurück bis 1983, als der 205 eingeführt wurde. Es folgten 206, 207 und im Jahr 2012 der 208 der ersten Generation. Nun startet die zweite Generation. Sie basiert auf der neuen Plattform CMP (im Fall des Elektroautos e-CMP genannt) und ist mit 4,06 Meter stolze acht Zentimeter länger als der Vorgänger; der Radstand ist allerdings praktisch gleich geblieben. Der 208 II ist stets ein Fünftürer, es gibt ihn mit Saugbenziner (75 PS), zwei Turbobenzinern (101 und 131 PS), mit Diesel (102 PS) und erstmals auch als Elektroauto. Neben Schaltgetrieben wird auch eine Achtgang-Automatik angeboten. Die Ausstattungen heißen Like, Active, Allure und GT, wobei es den Allure auch mit GT-Line-Paket gibt. Man kann GT Line auch als fünfte Ausstattung bezeichnen.
Er sieht so schick aus wie auf den offiziellen Bildern. Beim Karosseriedesign hat Peugeot derzeit einen Lauf, auch der 508 ist ja sehr gelungen. Dazu kommen die tollen Farben. Gelb gefällt mir persönlich am besten, und paradoxerweise kostet es noch nicht einmal Aufpreis. Aber auch das Rot und das Blau sind schön.
Die vertikalen "Eckzähne" hat das Auto in jeder Ausstattung, aber bei der Basisversion leuchten sie nicht. Außerdem haben die unteren Versionen normale Doppelscheinwerfer, die Drei-Streifen-Optik der Scheinwerfer gibt es nur, wenn LED-Licht an Bord ist. Die schwarzglänzenden Radlaufverkleidungen (die dem Auto ein wenig SUV-Charakter geben) sind ab GT Line dran.
Genauso schick wie außen. Das Cockpit sieht (bei der gehobenen GT Line) aus wie im Premiumsegment. Besonders toll ist das 3D-Instrumentendisplay:
Die Dreidimensionalität wird erreicht durch eine Glasscheibe vor dem Display, auf die von unten Informationen projiziert werden können. So guckt man als Fahrer auf Zahlen und Grafiken in zwei verschiedenen Ebenen. Das gibt es sonst nirgends und sieht schicker aus als auf unseren Bildern. Dieses Display ist Serie ab Allure, die beiden Grundversionen haben traditionelle Instrumente:
Optisch und von der Materialqualität brilliert der Innenraum auch sonst. So ist das Armaturenbrett mit einer Art Carbonmaterial belegt, das nicht so prollig wirkt wie bei manchen Tuningautos, sondern dezent und edel. Außerdem gibt es Ambientelicht -- im Kleinwagensegment kein sehr weit verbreitetes Element. Nach wie vor setzt Peugeot auf sein (gewöhnungsbedürftiges und vielleicht nicht für jeden passendes) Cockpit-Layout mit kleinem, oben und unten abgeflachtem Lenkrad, das man so niedrig einstellen sollte, dass man die Instrumente darüber ablesen kann.
In der Mitte des Cockpit gibt es ein Display im Breitformat, das in der Topversion 10 Zoll groß ist. Darunter gibt es schicke Toggle-Schalter und darüber nochmal sieben Touch-Buttons. Darüber werden die einzelnen Funktionen des Infotainmentsystems abgerufen, zum Beispiel Klimaeinstellungen, Navigation, Radio. Die gewünschte Temperatur muss dann aber über den Touchscreen eingestellt werden. Seltsam hier: Obwohl sich mit der Klimaautomatik nur eine Temperatur einstellen lässt, erscheint die gewählte Temperatur zweimal auf dme Bildschirm wie bei einer Zweizonen-Klimaautomatik.
Auf dem Bild oben ist die Version mit Automatik zu sehen; der schicke Wahlhebel arbeitet elektronisch, man bewegt ihn also nicht durch eine Kulisse -- prima. Was den Schalthebel angeht, so ist er bei den gehobenen Versionen arg klobig und zu lang; der schlichtere und kürzere Schaltknüppel von Active ist angenehmer:
Ein schönes Detail ist die Handy-Halterung bei den gehobenen Versionen: Man kann das Smartphone quer aufstellen und so Google Maps zur Navigation nutzen:
Ebenso durchdacht ist die Ausstattung mit zwei USB-Anschlüssen in der Mittelkonsole, einer nach neuem USB-C-Standard für topaktuelle Handys, der andere ein traditioneller für ältere Ladekabel oder auch USB-Sticks zum Musik-Hören. Optional gibt es auch hinten zwei USB-Anschlüsse:
Tja, das Innenraumangebot ist die größte Schwäche des neuen 208. Das Platzangebot reicht für einen 1,75 Meter großen Sitzriesen gerade so aus:
Auch nicht gut. Das Volumen (265 bis 1.106 Liter) ist deutlich kleiner als beim Klassenbestseller VW Polo (351 bis 1.125 Liter). Außerdem ist der Stauraum nicht gut nutzbar, was man auf diesem Bild gut erkennt:
Am Kofferraumeingang (im Bild rechts) gibt es eine hohe Schwelle, außerdem stehen die umgelegten Sitze hoch. Warum hat Peugeot nicht einfach ein Brett drübergelegt? Ein Kofferraumeinlegeboden wäre weder teuer noch schwer zu konstruieren. Produktmanager Nicolas Bonnardon sagt, durch die Höhe des Einlegebodens und durch die Nasen zum Einlegen gingen ein paar Liter verloren. Da wird er recht haben, aber ich würde gerne fünf oder zehn Liter opfern, wenn ich dafür einen Bierkasten einfach aus dem Kofferraum herausziehen könnte. Definitiv eine Idee für ein Facelift! Viel Hoffnung auf Besserung habe ich diesbezüglich aber kaum, denn so sieht der Kofferraum schon seit Ewigkeiten aus, gegenüber dem 206 und 207 scheint sich hier nicht viel geändert zu haben.
Gern. Allgemein wirkt der neue 208 sehr solide. Das liegt hier nicht am Gewicht, denn die Basisversion wiegt nur fünf Kilo mehr als die alte, beim Diesel sind es nur zehn Kilo mehr. Das Fahrwerk ist ziemlich straff, will sagen: etwas hart und unkomfortabel, zumindest auf den teils schlechten Belägen Portugals. Peugeot hat sich längst von den "typisch französischen", weichen Fahrwerken verabschiedet.
Positiv fällt auf: Selbst Grobmotoriker wie ich müssen keine Angst haben, den handgeschalteten 208 abzuwürgen. Ich habe es versucht, aber der Motor springt so schnell wieder an, dass man fast nichts mitkriegt von der eigenen Fehlleistung. Bei den Autos des VW-Konzern ist es ebenso, aber abgesehen davon hast sich diese Tugend noch nicht überall verbreitet.
Zuerst war der 101-PS-Diesel mit 1,5 Liter Hubraum dran. Er ist eher ein Spritsparmobil als ein Spaßauto. Was war der 206 und der 207 mit dem altbekannten 1.6 HDi und 109 PS für ein Gute-Laune-Auto! Damit quietschten nicht selten die Reifen. Das wird mit dem 208 BlueHDi 100 kaum gelingen. Trotz des stattlichen Drehmoments von 250 Newtonmeter ist diese Motorisierung in Sachen Fahrspaß eine Enttäuschung. Nach wie vor hat der Selbstzünder ein Adblue-System und erreicht damit Euro 6d-Temp, in Kürze soll das Auto die schärfere Norm Euro 6d schaffen. Der Spritverbrauch wird mit 3,7 Liter angegeben. Doch der Mehrpreis von 1.900 Euro gegenüber dem 100-PS-Turbobenziner dürfte sich nur bei extremen Vielfahrern amortisieren.
Der nächste Testwagen war der 131-PS-Turbobenziner mit serienmäßiger Achtgang-Automatik. Überraschenderweise ist auch dieser kein Temperamentsbolzen. 230 Newtonmeter für 1,2 Tonnen klingen eigentlich nicht schlecht, doch subjektiv ist davon wenig zu spüren. Kollegen, die die 101-PS-Version mit Handschaltung fuhren, sagten, diese würde sich quirliger anfühlen. Demnach liegt es am Getriebe. Wer Fahrspaß sucht, ist jedenfalls auch mit dieser Motorisierung eher schlecht beraten. Das ändert sich auch nicht, wenn man mit der Taste in der Mittelkonsole in den Sport-Modus wechselt. Angeblich wirkt die Modus-Taste auf die Lenkung, die Schaltcharakteristik der Automatik, die Klimatisierung (geringere Wirkung im Eco-Modus) und auf den Motorsound. Mir fiel nur der rauere Sound im Sportmodus auf.
Mit der Elektroversion genehmigte mir Peugeot etwa 20 Minuten, plus 20 Minuten als Beifahrer. Eine Aussage zur Reichweite (im WLTP-Zyklus sollen es 340 Kilometer sein) lässt sich damit natürlich nicht machen. Zunächst war ich etwas enttäuscht vom Beschleunigungsverhalten des 136 PS starken e-208. Nicht zu vergleichen mit dem kürzlich gefahrenen Kia e-Soul zum Beispiel. Doch dann schalte ich in den Sportmodus, und jetzt entwischt mir einmal ein irres Lachen, so verrückt ist der Vorwärtsdrang. An der nächsten Querstraße ist ein Stop-Schild. Als ich danach nach links abbiege, quietscht es deutlich. Da haben wir ihn endlich, den Temperamentsbolzen! Kaum zu glauben, dass das Maximaldrehmoment nur 260 Nm beträgt, das ist fast der gleiche Wert wie beim fast 400 Kilo leichteren Diesel. Aber die Power steht ab Start zur Verfügung, was sich gerade beim Losfahren bemerkbar macht. Der Unterschied zwischen den Modi ist hier gewaltig, was man deutlich spürt. Man kann es aber auch in kW ausdrücken: Im Modus Eco stehen 60 kW zur Verfügung, in Normal 80 kW und in Sport die vollen 100 kW. In Sachen Drehmoment lauten die Zahlen 180, 220 und 260 Nm.
Der e-208 lässt sich durch Gas-Wegnehmen allein nicht bis zum Stand abbremsen -- anders als zum Beispiel der e-Soul, bei dem man das per Lenkradpaddles erreichen kann und anders als beim BWM i3, der beim Gas-Wegnehmen immer bis zum Stand herunterbremst. Egal in welchem Rekuperationsmodus (D oder B): Der e-208 verlangsamt nur bis 8 km/h und kriecht mit diesem Tempo weiter. Anne Lise Richard, die Elektifizierungsexpertin von Peugeot, sagt dazu, dass man versucht habe, es dem Kunden möglichst einfach zu machen. Das vielzitierte One-Pedal-Feeling (also das Fahren nur mit Gaspedal) ist beim e-208 also nicht drin. Schade.
Bemerkenswert auch, dass der e-208 nicht immer rekuperiert. Wer mit knallvollem Akku losfährt, wird feststellen, dass das Auto beim Gas-Wegnehmen weitersegelt. Bei voller Batterie wird die Schubrekuperation abgestellt (vermutlich auch die Bremsrekuperation). Bei anderen Herstellern erwärmt die elektrische Energie in diesem Fall das System, das heißt, sie landet als Wärme im Kühlkreislauf.
Interessanterweise hat der e-208 exakt das gleiche Norm-Kofferraumvolumen wie die Benzin- und Dieselversionen, und de rKofferraum sieht exakt genauso aus. Allerdings gibt es beim e-208 nur wenig Platz unter dem Laderaumboden, so dass man hier kein Reserverad bestellen kann. Auch das Ladekabel hat dort keinen Platz.
Geladen wird der e-208 entweder mit Wechselstrom oder mit Gleichstrom. Dafür hat er einen CCS-Anschluss. Mit Gleichstrom geht es schneller, aber dazu muss man eben auch eine passende Ladesäule finden. Derzeit gibt es in Deutschland etwa 20.000 öffentliche Ladepunkte (die Statistiken reichen von 18.500 bis 20.500), wovon nur etwa zehn Prozent Schnellladesäulen sind. Im Optimalfall schafft der e-208 100 kW Ladeleistung und braucht dann etwa 30 Minuten (bis 80 Prozent). 90 Prozent der Ladevorgänge werden laut Peugeot aber zu Hause ablaufen, und dann idealerweise an der Wallbox. Dann schafft der Wagen 11 kW Ladeleistung und braucht 5:15 Stunden für eine Komplettladung. Das reicht, würde ich sagen. Der Renault Zoe kann auch mit 22 kW laden. Elektroexpertin Richard sagt dazu: Erstens gibt es keine Wallboxen mit 22 kW Ladeleistung, in der Garage bringt das also nichts. Bei Wechselspannung hat der Zoe jedoch die Nase vorne, er kann auch öffentliche 22-kW-Ladesäulen optimal nutzen. Bei Gleichspannung ist dagegen der Peugeot besser, er kann mit 100 statt nur mit 50 kW laden.
Auf die Batterie gibt Peugeot acht Jahre oder 160.000 Kilometer Garantie, was sich auf 70 Prozent der Speicherkapazität bezieht.
Die Basisaussttatung Like gibt es nur in Kombination mit dem drehmomentschwachen Saugbenziner, daher ist für uns Active die erste interessante Version. Den Puretech 100 mit Handschaltung, auf den die meisten Verkäufe entfallen sollen, gibt es in dieser Variante für 17.950 Euro. Den Polo 1.0 TSI Comfortline mit 95 PS bekommt man für praktisch den gleichen Preis (18.020 Euro). Den e-208 kriegt man ebenfalls schon als Active, wenn auch mit mehr Ausstattung. Er kostet dann 30.450 Euro. Den Renault Zoe R135 52 kWh (mit praktisch gleicher WLTP-Reichweite von 342 km) gibt es erst ab 33.990 Euro.
Bestellbar ist der 208 bereits, und zwar auch als Elektroauto. Die konventionellen Versionen stehen ab 23. November 2019 beim Händler, die Elektroversion erst ab Februar 2020. Allerdings ist das für Deutschland bestimmte Kontingent des e-208 mit den bisher eingetroffenen Vorbestellungen schon ausgeschöpft. Ob man das Auto im Jahr 2020 also wirklich kriegt, ist unsicher; es hängt davon ab, ob die Peugeot-Zentrale in Paris weitere Exemplare nach Deutschland schickt.
Wie so oft, gibt es auch in puncto Peugeot 208 II Licht und Schatten. Zu den Pluspunkten gehören die schicke Optik, die tollen Farben, der edle Innenraum mit dem eigenständigen und äußerst ansprechenden 3D-Instrumentendisplay. Auf der Negeativseite steht vor allem das bescheidene Raumangebot -- das war beim 206 und 207 auch schon ein Kritikpunkt. Noch akzeptabel ist das etwas harte Fahrwerk. Bei der Motorisierung muss man vorsichtig sein. Vom Diesel und vom Saugbenziner würden wir abraten, auch der Puretech 130 EAT8 ist nicht sehr dynamisch. Vielleicht ist der Puretech 100 mit Handschaltung die beste Wahl. Am meisten Fahrspaß bietet natürlich das Elektroauto. Dass der e-208 keine Option zum Geldsparen ist und für lange Fahrten eher weniger geeignet, brauchen wir wohl nicht zu betonen.