Das kleine Polo-SUV ist gelungen
Verschiebbare Rückbänke und umklappbare Beifahrersitze sind offenbar wieder in. Sie finden sich in immer mehr SUVs. Nähern sich die SUVs also beim Innenraum wieder mehr den alltagstauglicheren aber völlig unpopulär gewordenen Vans an? Schon möglich. Beim VW T-Cross jedenfalls ist die Sitzanlage erstaunlich variabel. Wir haben das neue kleine SUV getestet.
Beginnen wir bei den Basics: Der 4,11 Meter lange T-Cross ist das kleinste SUV von VW, er ist 12 Zentimeter kürzer als der T-Roc. Man kann ihn vereinfacht als Polo-SUV bezeichnen, er basiert wie dieser auf dem Modularen Querbaukasten in der Kleinwagenversion MQB-A0. Ist der T-Cross damit ein reiner Klon von Seat Arona und Skoda Kamiq? Keineswegs, sagt mir VW-Marketing-Projektleiter Felix Kaschützke. Beim Arona hat man einfach den Polo genommen oder den Ibiza und ihm einen höheren Hut aufgesetzt. Der T-Cross dagegen wurde von Anfang an als SUV entwickelt. Das merken Sie an der Sitzposition. Man sitzt besser im T-Cross, man sieht die Motorhaube. Recht hat er. Der Arona hat mir ausnehmend gefallen, aber der T-Cross ist in der Tat noch besser. Vor allem auch optisch: Beim Arona stimmen die Proportionen nicht so recht, finde ich.
Versionen mit Bicoloroptik, wie sie bei kleinen SUVs fast schon üblich ist, bietet VW zumindest anfangs noch nicht an. Die eher konservativen Kunden sind hier eher zögerlich, glaubt Kaschützke. Ganz konsequent ist VW hier aber nicht. Denn ein Wagen mit schwarzem Dach ist doch wesentlich weniger knallig als die orangefarbene Variante mit orangen Felgen (gibt es wirklich) und orangefarbenen Streifen am Armaturenbrett:
Das Raumgefühl ist eher so wie im Golf als wie im Polo. Die Optik ähnelt aber doch deutlich dem Polo. So gibt es eine Plastik-Zierblende am Armaturenbrett, die Handbremse ist traditionell als Hebel (nicht als Schalter) ausgeführt. VW hat an den meisten Stellen Hartplastik eingebaut, hinterschäumte Materialien finden sich nicht. Am Gebrauchswert ändert das aber nichts. Ich sitze gut auf den Möbeln, und in der gefahrenen Top-Ausstattung Style gibt es auch ein nettes Streifenmuster auf der Zierblende vor dem Beifahrer. Viel zu krass finde ich die Version mit knalligem Orange (und dann auch orangefarbenen Streifen am Armaturenbrett).
Serienmäßig werden traditionelle Instrumente eingebaut und ein 6,5-Zoll-Farbdisplay in der Mitte. Im Testwagen gucke ich auf ein Active Info Display (400 Euro Aufpreis), das mit 10,25 Zoll die gleiche Größe hat wie beim Polo (beim Golf misst es 11,2 Zoll). Mit der View-Taste am neuen Multifunktionslenkrad (beim Polo trägt sie noch die völlig unpassende Bezeichnung OK) lässt sich festlegen, was gezeigt wird. Ich kann die Navigationskarte auf die gesamte Bildschirmbreite angucken, oder sie zwischen zwei Rundinstrumenten anzeigen lassen. Ich kann sogar in die Karte hinein- und herauszoomen.
Für meine Zwecke ist es aber am sinnvollsten, die Navigationskarte auf das 8,0 Zoll große Infotainmentdisplay in der Mitte des Cockpits zu legen und zwischen den Rundinstrumenten nur einfache Richtungspfeile anzeigen zu lassen (Bild oben rechts). Was beim T-Cross (anders als bei den größeren Brüdern) nicht geht, ist, die Karte gleichzeitig auf beiden Displays zu zeigen. Muss ja auch nicht sein, könnte man sagen, aber eine gewisse Einschränkung ist es doch.
Die Sitzanlage ist erstaunlich variabel. Die Rücksitzbank lässt sich (im Ganzen) um 14 Zentimeter längs verschieben, man kann also wahlweise den Kofferraum oder die Kniefreiheit vergrößern. In der vordersten Stellung haben meine (eher kurzen) Oberschenkel gerade noch Platz, in der hintersten Position bleiben vor den Knien fast zehn Zentimeter. Man sitzt gut, auch die Kopffreiheit überzeugt.
Je nach Position der Rückbank bietet der Wagen 385 bis 455 Liter. Die Sitzlehnen sind geteilt umklappbar. So lässt sich der Kofferraum auf bis zu 1.281 Liter vergrößern. Das sind hervorragende Werte, mit denen der T-Cross den VW Golf (380 bis 1.270 Liter) überholt. Dazu kommt, dass sich die Beifahrersitzlehne umklappen lässt. So kann man bis zu 2,40 Meter lange Gegenstände einladen. Leute wie Du und Ich bringen den Ikea-Kleiderschrank Pax hinein, die cooleren Leute, wie die Dutt und gelbe Pullover tragenden Leute von den VW-Werbebildern laden ihr Surfbrett ein. Wie beim Polo gibt es einen variablen Einlegeboden, den wir beim Testwagen allerdings nicht in die tiefere Position legen konnten, weil dort der Subwoofer des Beats-Soundsystems (500 Euro) eingebaut ist. Wenn er in der Reserveradmulde säße, wäre das möglich. Aber in Märkten wie Südafrika wollen die Leute sowohl coolen Sound hören als auch ein echtes Reserverad haben, erklärt mir Kaschützke.
Stärker ins Gewicht fällt die Spalte, die sich auftut, wenn man die Fondbank nach vorne schiebt. Hier fehlt die hilfreiche Klappe, die es zum Beispiel im VW Sportsvan gibt. Haben wir leider nicht durchgekriegt, sagt Kaschützke. Der Sportsvan hat das noch, aber der Tiguan nicht mehr. Was der Tiguan nicht hat, darf der kleine T-Cross auch nicht kriegen. Schade, aber das ist halt Modellpolitik, und vielleicht ändert sich etwas bei der nächsten Modellpflege.
Sorry. Zum Anfang gibt es den 1.0 TSI mit drei Zylindern mit 95 oder 115 PS. Kurz nach dem Marktstart im April 2019 folgt der 1.6 TDI mit 95 PS. Erst im Herbst trudelt der 1.5 TSI mit 150 PS ein.
1.0 TSI 70 kW/95 PS175 Nmab 17.975 Euro (T-Cross)1.0 TSI85 kW/115 PS200 Nmab 19.400 Euro (T-Cross)1.5 TSI110 kW/150 PS250 Nmk.A. (ab Herbst 2019)1.6 TDI85 kW/115 PS250 Nmk.A.
Über eine Erdgasversion ist noch nicht entschieden, sie hat aber offenbar keine Priorität, da die Nachfrage doch eher gering ist. Allradantrieb gibt es (anders als beim T-Roc) nicht. Als Alternative zur Schaltung (fünf Gänge beim 95-PS-Benziner, sechs beim 115-PS-TSI) gibt es ein DSG. Alle haben einen Partikelfilter, der Diesel dazu eine SCR-Abgasreinigung. Was ich in Bezug auf die CO2-Diskussion bemerkenswert finde: Selbst dieses kleine Auto emittiert im Fall der 1,0-Liter-TSI-Motoren noch mindestens 111 Gramm pro Kilometer. Die 95 Gramm Flottenemission, die die EU von Neuwagen ab 2020 verlangt, ist also noch weit weg.
Kurz gesagt: Sehr ordentlich. Der gefahrene 115-PS-Benziner ist klasse, wie wir spätestens seit den Seat Arona wissen. Nur wer akustisch sehr anspruchsvoll oder empfindlich ist, stört sich an dem scharrenden Geräusch bei Drehzahlen jenseits von etwa 4.500 U/min. Die Höchstgeschwindigkeit von 193 km/h dürfte wohl jedem Kunden reichen. Ich sehe daher keinen triftigen Grund, auf den 1.5 TSI zu warten, eher würde ich überlegen, ob nicht die 95-PS-Variante reicht. Das Drehmoment ist dort (175 statt 200 Newtonmeter) nicht viel geringer, und auch die Basisversion schafft schon 180 km/h. Wir verbrauchten übrigens bei durchaus forscher Fahrweise auf den Landstraßen Mallorcas 6,2 Liter je 100 Kilometer. Die Bordcomputer-Angabe liegt nicht viel über dem Normverbrauch von 4,9 bis 5,1 Liter.
Der Wagen ist eher komfortabel abgestimmt, wer vom Polo kommt, wird das stärkere Wanken in der Kurve bemerken. Die fast 14 Zentimeter größere Höhe hat halt nicht nur Vorteile. Aber störend finde ich die eher weiche Abstimmung keineswegs. Die Lenkung ist im Sport-Modus angenehm direkt, wer ein weniger nervöses Lenkverhalten bevorzugt, stellt eben auf Normal um. Übrigens: Der Modus bleibt praktischerweise auch nach dem Abstellen erhalten. VW hatte für uns gleich Sport voreingestellt, die Presseabteilung weiß offenbar, was deutsche Autojournalisten schätzen. Die Handschaltung fühlt sich für mich sehr angenehm an, irgendwie leicht knorpelig, aber nie hakelig.
Für das B-Segment ist ganz schön viel bestellbar. Möglich macht das der MQB - neben dem üppigen Platzverhältnissen ist das der größte Vorteil, den der Baukasten bringt. Zu den Highlights gehören LED-Scheinwerfer, radarbasierte Assistenten wie Abstandstempomat oder Antikollisionssystem, dazu Totwinkelwarner und aktiv eingreifender Spurhalteassistent. Eine Verkehrszeichenerkennung soll mit der nächsten Modellpflege nachgereicht werden, denn dann wird eine bessere Kamera eingebaut.
Ganz neu ist VW Connect. Das ist ein Dongle, der in die OBD-Schnittstelle gesteckt wird. So kann man über eine Bluetooth-Verbindung Fahrzeugdaten auf sein Smartphone übertragen. Die entsprechende App ermöglicht es zum Beispiel, den eigenen Spritverbrauch zu ermitteln, das Auto im Straßengewirr einer fremden Stadt wiederzufinden, den Tankfüllstand aus der Ferne abzufragen und dergleichen mehr. Den Dongle gibt es beim Kauf eines T-Cross mit dazu, und das wird auch bei kommenden Modellen so sein. Eine nette Idee!
Den T-Cross gibt es ab 17.975 Euro. Dafür bekommt man die 95-PS-Benziner in der Grundausstattung T-Cross. Natürlich gibt es günstigere City-SUVs. Als beliebig gewähltes Beispiel sei nur der Renault Captur TCe 90 zu Preisen ab 16.290 Euro genannt. Aber für einen VW ist der T-Cross nicht teuer. Die gefahrene 115-PS-Version für 19.400 Euro (1.425 Euro Aufpreis) ist praktisch genauso günstig wie der VW Polo mit 115-PS-TSI (19.285 Euro), dort bekommt man aber mehr Ausstattung (Comfortline).
Bei der Basisversion fehlt die Klimaanlage. Ich persönlich würde sie trotzdem nehmen und die Klimaanlage für 560 Euro dazubestellen. Ansonsten reicht die Ausstattung nämlich aus, die Stahlräder würden mich nicht abschrecken. Besonders lobenswert ist die Ausstattung mit Sicherheitsassistenten: Serie sind das radarbasierte Antikollisionssystem mit City-Notbremsfunktion, der ultraschallbasierte Totwinkelwarner (Blind Spot-Sensor Plus, der radarbasierte heißt bei VW Side Assist, wie mir Kaschützke erklärt) sowie ein Querverkehrswarner. Auch die verschiebbare Rückbank und ein Lichtsensor sind dabei. Die nächsthöhere Ausstattung bietet neben der Klimaanlage vor allem Parkpiepser vorn und hinten, Aluräder, die umklappbare Beifahrersitzlehne und den variablen Kofferraumboden.
Alternativen gibt es in Hülle und Fülle, für einen ersten Überblick empfehlen wir Ihnen dazu unsere Fotostrecke. Im Auge behalten sollten Sie vielleicht auch, dass 2019 auch die neuen Generationen des Peugeot 2008 (auf Basis des eben präsentierten 208) und des Renault Captur (auf Basis des neuen Clio) debütieren. Mir hat der Wagen sehr gefallen. Zu den dicksten Pluspunkten gehören das gute Innenraumangebot, die hohe Variabilität, der große Kofferraum, die gute Ausstattung mit Assistenzsystemen und nicht zuletzt die gute Konfigurierbarkeit: Bei Kia und Hyundai gibt es meist nicht die Möglichkeit, einzelne Extras zu bestellen. Dafür gibt es dort verlockende Herstellergarantien. Wer mit spitzem Stift rechnet, findet bei Importeuren natürlich günstigere Alternativen.
+ gute Alltagstauglichkeit, ansprechende (eher dezente) Optik, viel serienmäßige Assistenten
- klaffender Spalt im Kofferraumboden wenn die Fondbank vorne ist, teurer als Importeursfahrzeuge