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Mercedes EQS mit Festkörperbatterie soll 1.000 km schaffen

Akku mit Zellen von Factorial wird bereits von Mercedes getestet - mit Passivkühlung und einer ungewöhnlichen Ausdehnungs-Technologie

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Mercedes testet bereits eine Festkörperbatterie in einem Demonstratorfahrzeug auf Basis des EQS. Das Testauto soll über 1.000 km Reichweite haben. Die Batteriezellen stammen vom US-Partner Factorial. Das Batteriepack wurde zusammen mit der britischen Mercedes-Tochter High Performance Powertrains (HPP) entwickelt, die sich auf Formel-1-Technik spezialisiert hat und auch beim EQXX mithalf.

Nach Tests auf verschiedenen Prüfständen wurde der Prototyp der Festkörperbatterie Ende 2024 in einen EQS integriert. Das Fahrzeug wurde leicht modifiziert, um die Festkörperbatterie aufzunehmen. Die ersten Labortests am Fahrzeug wurden bereits Ende 2024 in Stuttgart durchgeführt. Dies geschah in Vorbereitung auf die Straßentests, die im Februar 2025 gestartet sind. Laut Mercedes handelt es sich um den ersten von einer Lithium-Metall-Festkörperbatterie bestückten Pkw auf der Straße

Festkörperbatterien haben keinen flüssigen Elektrolyten wie gängige Lithium-Ionen-Akkus, sondern einen festen. Das erhöht die Zellsicherheit und ermöglicht die Verwendung einer Lithium-Metall-Anode - während bei gängigen Batteriezellen Graphit eingesetzt wird. Die aus elementarem Lithium bestehende Anode erhöht die Energiedichte. Mit Flüssigelektrolyten kann sie wegen der hohen Reaktivität von Lithium nicht kombiniert werden, mit einem Festkörperelektrolyt geht es.

Der Festkörperakku soll die Energiedichte auf bis zu 450 Wattstunden pro Kilogramm auf Zellebene zu erhöhen. Für alle, denen Energiedichte und der Zahlenwert nichts sagen: Die Reichweite soll sich um 25 Prozent erhöhen, und das bei gleichem Volumen und gleichem Gewicht.

mercedes-festkorperbatterie Chart vom Capital Market Day 2025 zur Festkörperbatterie im EQS-DemonstratorBild von: Mercedes-Benz

Zur Speicherkapazität machte Mercedes keine Angaben, aber der Serien-EQS hat 118 kWh. 25 Prozent mehr wären fast 148 kWh. Mit dem Serienakku schafft der EQS bestenfalls 821 km; 25 Prozent mehr wären 1.026 km - das passt also zusammen. 

Die Festkörperbatterie verfügt laut Mercedes über einen "innovativen, schwimmend gelagerten Zellträger", für den bereits ein Patent erteilt wurde. Denn beim Aufladen (an der Säule oder beim Rekuperieren) dehnen sich die Zell-Materialien aus, und beim Entladen (das heißt beim Fahren) ziehen sie sich zusammen. Um die Zellen bei diesen Volumenänderungen zu unterstützen, ist der Mercedes-Festkörperakku mit pneumatischen Aktuatoren ausgestattet, so Mercedes. Das klingt, als würden die Kompartimente oder Module, aus denen der Akku zu bestehen scheint, von Motoren vergrößert oder verkleinert. Das könnte auch die schwimmende Lagerung der Zellen erklären.

Jedenfalls wird die Batterie nur passiv gekühlt, das heißt: nicht wie üblich durch ein Kühlmittel, das per Pumpe umgewälzt wird. Vermutlich bedeutet das, dass der Akku mit Luftkühlung auskommt. Der Wegfall der üblichen Kühlplatte spart Gewicht und führt so zu weiteren Verbesserungen bei der Reichweite. In den nächsten Monaten soll die Festkörperbatterie in umfangreichen Labor- und Straßentests weiter geprüft werden.

Der US-amerikanische Festkörperspezialist Factorial Energy arbeitet bereits seit 2021 mit Mercedes zusammen. Im Sommer 2024 lieferte Factorial erste Lithium-Metall-Festkörperzellen als sogenanntes B-Muster an Mercedes aus. Dabei handelte es sich um Zellen mit der FEST-Technologie (Factorial Electrolyte System Technology). Dabei wird ein halbfester Elektrolyt mit einer Lithium-Metall-Anode und einer Kathode mit hoher Energiedichte kombiniert. Daneben arbeitet Factorial noch an den Solstice-Batterien, wie der Firmenwebsite zu entnehmen ist. Hier wird ein völlig fester Elektrolyt verwendet; die Zellen sollen über 90 Grad Hitze aushalten. 

Unter dem Strich

Die Festkörperbatterie macht Fortschritte, aber wann sie wirklich in Serie geht, bleibt weiter offen. Mercedes testet immerhin schon einen kompletten Akku in einem entsprechend umgebauten EQS und behauptet, es wäre der allererste Pkw mit Lithium-Metall-Festkörperakku auf der Straße.

Allerdings hat auch Nio schon ein Auto mit Festkörperakku zusammengebaut und damit 1.000 km geschafft, und zwar sogar auf öffentlichen Straßen - während die Bilder von Mercedes offenbar eine abgesperrte Teststrecke zeigen. Außerdem sind die FEST-Zellen eigentlich nur die Grundlage für Semi-Solid State Batteries (SSSBs), nicht für echte Solid State Batteries (SSBs).

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