Wird das elegante Kompakt-SUV mit den Anpassungen zum Anpacker?
1997 war es, als Volvo den ersten Cross Country vorstellte. Mit dem Volvo V70 XC sollten sich Familien mit Hang zum Robusten nicht mehr zwischen Kombi und Geländewagen entscheiden müssen. Ein Crossover, das schnell seine Fans fand und Marken wie Audi, VW, Skoda und Mercedes diese Idee adaptieren ließ.
28 Jahre später ist aus dem Kürzel XC eine eigene Fahrzeug-Linie entstanden und SUVs haben das Revier der höhergelegten Kombis längst übernommen. Nun besinnen sich die Schweden auf ihre Outdoor-Wurzeln und basteln aus ihrem kleinsten SUV abermals einen Cross Country - den Volvo EX30 Cross Country.
Ein Elektro-Cross-Country Cross Country also? Da drängt sich zuallererst natürlich die Frage auf, sind SUVs etwa gar nicht wirklich geeignet für den ein oder anderen Abweg? Nun, diese Frage müssten wir individuell für jedes Modell neu beantworten. Der Volvo EX30 ist jedoch lediglich ein Kompakter mit SUV-Design-Applikationen - mit der höheren BEV-Plattform geeignet für den mühelosen Einstieg. Viel Gelände würde ich persönlich der Serie nicht zutrauen.
Und das dachte sich offensichtlich auch Volvo. Da die Schweden aber ihre Outdoor-Aktivitäten inklusive Jedermannsrecht lieben und Straßen im skandinavischen Land häufig mal unwegsames Gelände, Schnee oder in den nördlichen Regionen gar Eis bereithalten, ist die Idee des hochbeinigen Kompakten gar nicht mal so abwegig. Denn wie Volvo nicht müde wird zu betonen, werden ihre Autos trotz Geely-Übernahme noch immer mit einer gehörigen Portion schwedischer DNA, regionalen Innovationen und Materialien entwickelt. Da passt der sehr schwedische Volvo EX30 Cross Country eigentlich ganz gut ins Bild.
Technisch bietet er dieselbe Basis wie die Twin-Motor-Performance-Version. Heißt: insgesamt 315 kW (428 PS) und eine Beschleunigung von 3,7 Sekunden von 0 auf 100 km/h (EX30 Twin Motor Performance: 3,6 Sekunden).
Wie seine Urahnen vertraut der neueste im Bunde ebenfalls auf Allradantrieb. Jedoch steigt der Verbrauch nach WLTP auf 18,7 kWh an. Schuld daran sind größere Räder und der luftdurchlässigere Unterboden.
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Allein die um etwa neun Millimeter auf 19 Millimeter erhöhte Bodenfreiheit des Volvo EX30 Cross Country zeigt, dass vorher allein die Optik bestimmte Reize des SUV-Designs bedienen konnte. Diese entsteht durch eine Kombination aus modifiziertem Fahrwerk und einer neuen, größer dimensionierten Rad-/Reifenkombination in 19 Zoll. Mit der gewonnenen Höhe scheint der EX30 Cross Country gut vorbereitet für leichte Geländegänge.
Hinzu kommt eine robustere Beplankung ringsum mit dem Grill im topographischen Stil, der an die höchste Bergregion Schwedens rund um den 2.096 Meter hohen Kebnekaise (zu Deutsch: Kessel-Kamm) mit genauen Koordinaten erinnert. Die Grafik soll, ebenso wie der mattschwarze Einsatz zwischen den Heckleuchten, zusätzliche Kratzer, die im Geländegang unausweichlich scheinen, vertuschen können. Zudem tauchen Cross-Country-Schriftzüge an der C-Säule und an der unteren Heckschürze auf.
Wer es noch robuster braucht, kann optional auf 18-Zoll Felgen mit All-Terrain-Bereifung umsteigen. Ebenfalls steht ein Dachkorb in der Zubehörliste, der den EX30 Cross Country weiter in Richtung Anpacker-Mentalität schiebt und Platz für all die Dinge schafft, die im Offroad-Einsatz so sinnvoll erscheinen.
Im Gegensatz zu seinem Serien-Bruder verzichtet der Cross Country auf so peppige Farben wie gelb und bietet lediglich vier gedecktere Farboptionen: das serienmäßige Hellblau und die optionalen Farben Weiß, Schwarz und Grau.
Den Innenraum belässt Volvo bei der Serie. Das reduzierte Design mit dem zentralen Bildschirm ohne weitere physische Bedieneinheiten gibt es natürlich auch hier. Mit zusätzlichem Cross-Country-Firlefanz, der eine exklusive Abenteureratmosphäre heraufbeschwört, hält sich Volvo zurück. Keine Schriftzüge, keine extra Stickereien, Muster oder Applikationen.
Das ist wenig entdeckerisch, aber funktional. Immerhin haben die Schweden die beiden hellen Innenausstattungen Misty und Breeze aus dem Angebot der Cross-Country-Variante gekickt. Stellen sie sich vor, sie kämen mit matschigen Schuhen und verdreckter Hose von ihrem Waldabenteuer zurück und auf sie wartet ein helles Grau oder Blau. Kaum auszudenken!
Denn schon im normalen Gebrauch zeigte sich die helle Ausstattung in unserem Dezembertest des Twin Motor Performance als durchaus empfindlich. Deshalb setzt Volvo im EX30 Cross Country auf die dunkleren Ausstattungen Indigo und Pine mit nachhaltig erzeugten und recycelten, zum Teil auch regionalen Materialien.
Gewünscht hätte ich mir so etwas Praktisches wie die Plastikwanne unter dem Gepäckabteil im Ford Puma für verdreckte Klamotten, den Hund oder extra Aufbewahrungsfächer im Cockpit für das ein oder andere leicht zugängliche und brauchbare Equipment, statt der standardmäßigen offenen Design-Philosophie. Der äußerlich heraufbeschwörte Abenteuercharakter mit Hang zum Outdoor-Lifestyle fehlt im Inneren leider gänzlich. Zu schick, zu clean für einen ausgewiesenen Arbeiter.
Ganz anders sieht Volvos Herangehensweise wieder beim Fahrwerk aus. Die EX30-Fünflenker-Hinterachse wurde für den Cross Country noch einmal überarbeitet und bietet eine generell weichere Abstimmung. Die höhere Sitzposition, die mit der angehobenen Bodenfreiheit einhergeht, soll für bessere Kontrolle und Übersicht sorgen.
Gegenüber dem Standard-EX30-Twin-Motor-Performance schluckt der Cross Country Unebenheiten tatsächlich besser weg, verzeiht auch mal ein hartes Anfahren von Schlaglöchern. Auf dem Papier bekommen Sie also einen etwas weicheren und höheren Volvo EX30. Aber ganz ehrlich: Nach fünf bis acht Runden Schlitterpartie auf einem zugefrorenen See irgendwo in der Kälte von Nordschweden kann ich Ihnen kaum Nachhaltiges für Ihren Alltagsgebrauch mit an die Hand geben, außer:
In rutschigen Notsituationen wird das ESC Sie rechtzeitig wieder einfangen. Generell bleibt der Volvo EX30 Cross Country in Extremsituationen agil fahrbar und gutmütig. Mit einem leichten Hang zur locker tänzelnden Hinterachse, die elektronisch aber fix wieder eingefangen wird und in einem vorhersehbaren Untersteuern endet. Also gar kein so schlechter Begleiter für das eine oder andere unwegsame Gelände. Verschiedene Untersetzungen oder eine Crawl-Control hält er nicht bereit. Also Obacht beim Auswählen der Route.
Der Volvo EX30 Cross Country genehmigt sich einen Einstiegspreis von 57.290 Euro. Das sind happige 17.500 Euro mehr als für die ebenfalls nicht günstige Einstiegsvariante "Core" (39.790 Euro). Jedoch gibt es den Cross Country nur mit Twin-Motor-Performance-Antrieb in der "Ultra"-Ausstattung. Bereinigt sprechen wir also über einen Cross-Country-Aufpreis von gut 2.000 Euro gegenüber dem Twin-Motor-Performance-Ultra.
Viele Optionen bleiben da auf der Aufpreisliste nicht mehr übrig. Lediglich das Cross Country Experience Paket mit Dachkorb, 18-Zoll-All-Terrain-Rädern und Schmutzfängern vorne und hinten würde den Volvo EX30 Cross Country mit weiteren 2.990 Euro über die 60.000-Euro-Grenze hieven. Günstig ist der Anpacker-Look also keineswegs.
Wer sein Kajak gerne direkt am See auslädt oder mit einem Dachzelt an entlegene Orte fahren, im Alltag aber dennoch nicht auf Komfort und Kompaktheit verzichten will, für den ist der Volvo EX30 Cross Country als gehobener Allrounder wahrscheinlich gar keine schlechte Idee. Für schwedische Straßenverhältnisse scheint er gar sinnvoll, für deutsche Winter und entsprechend ausgebaute Straßennetze eher überdimensioniert. Für intensivere Offroad-Aktivitäten oder als ausgezeichnetes Arbeitstier gibt es ebenso bessere und vor allem günstigere Alternativen, wie für den regulären Alltagsgebrauch.
Ob der EX30 als Cross Country ebenso wie sein Uropa V70 XC einen Fankreis um sich scharen kann, bleibt fraglich. Auf seinen Urahnen setzten zudem viele Förster und Jäger, die sich für den beruflichen Gebrauch kein Extra-Fahrzeug anschaffen wollten. Dazu bietet der EX30 jedoch zu wenig Nutzungsfläche und einen zu gehobenen Standard. Das eine oder andere "Oha!" wird er Passanten vorm Ikea sicherlich entlocken können während Sie das Kallax-Paket auf den Dachkorb hieven.