Volvo EX30 Twin Performance (2024): Schnellster Schwede im Test

Der Kompakte kommt mit einer Beschleunigung von 3,6 Sekunden und massig Kohldampf

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"Aus großer Kraft folgt großer Hunger", sagte Ben Parker zu Peter Parker und zeigte mahnend auf sein Portemonnaie, während der junge Spider-Man das Prospekt des Volvo EX30 Twin Performance anhimmelte. Fleißig nachrechnend, wie viele Fotos er wohl monatlich für den "Daily Bugle" (die Zeitung, für die er arbeitet) schießen müsste.

Was ist das?

Ja, wer Spaß haben will, muss leiden, um mal weitere Sprichwörter zu zerstören. Das wissen Autoliebhaberinnen mit Hang zur Knallbüchse wohl am Besten. Das gilt für hochgejazzte Elektroversionen ebenso wie für feingetunte fossile Antriebe. Doch genau die kitzeln ein wenig Faszination, weshalb sich selbst Sicherheitsvorreiter wie die Schweden in der Kommunikation zum EX30 Twin Performance zu solch Sätzen wie "das bisher schnellste Volvo-Modell" hinreißen lassen.

Volvo EX30 Twin Performance (2024) im Test

Aber passt das zur eigentlichen Philosophie von Volvo in 3,6 Sekunden auf 100 km/h zu stürmen? Der Hersteller, der schon 2021 aus Sicherheitsgründen all seine Fahrzeuge mit einer elektronisch abgeregelten Höchstgeschwindigkeit von 180 km/h ausgerüstet hat? Nun, die Frage darf zumindest vorab einfach mal mitgegeben werden, denn wie es eigentlich heißt: "Aus großer Kraft folgt große Verantwortung." Und das nicht nur beim Schnellfahren, sondern auch beim Beschleunigen.

Aber große Kraft erzeugt eben auch große Faszination, weshalb Volvo jetzt sein EX30-Twin-Performance-Topmodell auf die Straße schickt. Auch wenn 428 PS und 543 Nm in der Elektroautowelt nurmehr ein anerkennendes Nicken hervorrufen, für einen kurzen Kompakten sind das noch immer beeindruckende Zahlen, die abseits der Auto-Bubble für große Augen sorgen, wie ich selber feststellen durfte.

Schnelle DatenVolvo EX30 Twin PerformanceAntrieb2 x Permanentmagnet-Synchronmaschine (Front: 115 kW (156 PS), Heck: 200 kW (272 PS)) / AllradantriebLeistung / max. Drehmoment315 kW (428 PS) / 543 Nm0-100 km/h3,6 SekundenHöchstgeschwindigkeit180 km/hWLTP-Stromverbrauch17,5 kWh/100 kmWLTP-Reichweite449 kmAkku (netto)65 kWh (400-Volt-Lithium-Ionen)Max. Ladeleistung (DC) / 10-80 Prozent175 KW / 26,5 MinutenPreisab 53.590 Euro

Für Vortrieb sorgen im Volvo EX30 Twin Performance zwei Permanentmagnet-Synchronmaschinen. Eine vorne mit 115 kW (156 PS), eine hinten mit 200 kW (272 PS). Das ergeben insgesamt also Allradantrieb und eine Systemleistung von 315 kW (428 PS).

156 PS und ein Motor mehr als die Standard-Single-Motor-Version. Laut WLTP soll die ganze Chose damit nur 0,5 kWh extra auf 100 Kilometern benötigen. Klingt nach einem guten Deal? Schauen wir mal, ob der Top-EX30 dieses Versprechen halten kann.


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Exterieur

Außen ist dem Volvo EX30 Twin Performance die Leistung absolut nicht anzusehen. Hier gibt es nichts, was es nicht auch schon bei der Single-Motor-Variante geben würde. Keine extra aufgeplusterten Backen, keine überdimensionalen Lufteinlässe, die selbe Bodenfreiheit. Eine offensichtlich sportliche Exklusivität eines Twin-Performance-Clubs gibt es nicht. Und daher im Exterieur auch keine muskelprotzende Faszination - Understatement pur Marke Sleeper-Car.

Wer jedoch maximal unauffällig unterwegs sein will, schafft das mit diesem Antlitz. Ansonsten bleiben die markanten Hammer-Scheinwerfer an der Front, die zweigeteilten Leuchten am Heck, Bügelgriffe und eine ausladende C-Säule. Im komplett schwarzen Einheitslook gehen zudem einige äußere Details wie der Leuchtleistenrahmen am Heck verloren - wer Gimmicks sehen will muss suchen.

Auf mich wirkt das farblich eintönige Gesamtbild ohne abgesetztes Dach, Schweller und untere Schürzenelemente hingegen fast noch stimmiger. Mit den kurzen Überhängen, der kompakten Bauweise und der grimmigen Front schaut der EX30 aber ohnehin schon recht dynamisch aus. Also doch nur eine leistungstechnische Anpassung zum bereits vorhandenen Design?

Interieur

Es war der Innenraum, der bei der Vorstellung des EX30 die Gemüter spaltete. Vollkommen reduziert mit zentraler Infotainment-Einheit - keine Schalter, keine Knöpfe, aber immerhin mit Blinkerhebel und ein paar Auswahltasten am Lenkrad. Und ganz ehrlich, wenn ein Infotainment-System derart klar strukturiert ist, wie die auf Google Automotive basierende Volvo-Oberfläche, bin ich da absolut fein mit.

AbmessungenVolvo EX30 Twin PerformanceLänge x Breite x Höhe4.233 x 1.549 x 1.837 mmRadstand2.650 mmGewicht1.960 kgZuladung375 kgKofferraumvolumen318 - 904 Liter (+ 7 Liter Frunk)Anhängelast1.600 kgMax. Stützlast100 kg

Denn auf einer unteren Leiste gibt es permanenten Direktzugang zu wichtigen Funktionen wie Klimatisierung, Warnblinker und Fahrzeugeinstellungen. Dazu eine weitere Leiste mit den zuletzt verwendeten Apps - vermutlich also die, die Sie regelmäßig nutzen. Eine leicht verständliche Struktur vereinfacht die Handhabung. Lediglich ein Head-up-Display wird von meiner Seite aus vermisst, da der regelmäßige Blick in die Mitte zur Geschwindigkeitskontrolle ablenkt.

Was natürlich auch der Aufmerksamkeitswarner umgehend bemerkt und mit aufgeregtem Bimmeln quittiert. Das natürlich ebenso, wenn Einstellungen vorgenommen werden. Der kann zwar recht simpel abgeschaltet werden, sollte seitens Volvo jedoch etwas bedachter eingestellt werden - gerade, wenn sämtliche Bedienungen und Infos mittig platziert werden. Ansonsten wird damit sogar vom Auto selbst suggeriert, dass diese Form der Platzierung wohl doch zu sehr ablenkt.

Was definitiv ablenkt, ist die Reflektion der Soundbar in der Frontscheibe. Zudem produziert diese den halligsten Klang, den ich seit langem in einem Auto gehört habe. Nicht nett ist auch, dass mich der tastenlose Schlüssel manches Mal ums Auto schleichen ließ, bevor der EX30 diesen erkannte und öffnete.

Gewöhnungsbedürftiger als das Infotainment empfand ich die helle Ausstattung "Breeze" unseres Testwagens. Was auf Fotos auf der Armaturenvertäfelung nach leichtem Schneegestöber aussieht, wirkt in Natura wie die Oberfläche eines Malervlies aus dem Baumarkt. Schauen Sie sich das vor Auswahl besser im Autohaus an, zumal der dazugehörige helle Stoff der Polsterung sehr anfällig für bleibende Flecken ist.

Ansonsten gibt es clever ausgearbeitete und zuweilen neu gedachte Gimmicks, wie der nach vorne ausfahrbare Becherhalter in der Mittelarmlehne. Insgesamt ein durchgestylter moderner Innenraum mit gutem Komfort in der ersten Reihe und eingeschränkter Körperfreiheit in der zweiten Reihe. Zusätzlicher Raum ist sowieso nicht ganz das Thema des Volvo EX30. Bei lediglich 318 bis maximal 904 Litern Kofferraumvolumen, muss bei dem ein oder anderen Stück nachgerechnet werden, ob es passt. Immerhin hält Volvo fürs Beladen eine knuffige Grafik an der Heckklappe bereit.

Fahrbericht

Wer die Twin-Performance-Power spüren will, muss zu aller erst ausparken. Rein visuell ist das aufreibender, aufgrund der kleinen Heckscheibe und den ausladenden C-Säulen. Mit der 360-Grad-Kamera klappt das jedoch souverän. Wer dann aber beim EX30 Twin Performance einen richtig knackigen Punch erwartet, wird wirklich nur aus dem Stand und im Performance-Mode belohnt.

Schon ab 30-40 km/h, geht es zwar schnell, aber geschmeidig regelnd vorwärts. Eine nette Abwechslung zu den sonstigen brutalen Elektro-Kicks. Daumen hoch! - denn so entsteht eine natürlich flüssige Bewegung, die zudem ohne unvorhergesehene Fahrwerksauswüchse klar kommt. Nervös wird der EX30 lediglich bei nasser Fahrbahn oder in Kurven, wenn der Pin unvermittelt durchgetreten wird. So schnell regelt dann auch das ESP nicht mehr.

Wir erinnern uns: große Kraft, große Verantwortung. Mit dem recht neutralen und gut händelbar gestalteten Fahrverhalten ist Volvo dieser Stunt geglückt. Wer es drauf anlegt, kann mit dem EX30 Twin Performance natürlich dennoch unendlichen Unfug betreiben.

Mit sinkendem Batteriestand verabschiedet sich jedoch immer mehr Energie, die für diese spaßigen Beschleunigungsorgien freigegeben wird. Die ein oder andere sportliche Kurve verkraftet der Kompakte mit seiner direkten Wendigkeit zudem recht gut. Um diese auszukosten, fehlt mir jedoch ein wenig Griffigkeit am Lenkrad, die auch der gewöhnungsbedürftigen und schlanken Form dessen geschuldet ist.

Laden und Verbrauch

Ja, zur Testphase war es Dezember mit Temperaturen um den Gefrierpunkt und ja, das Ding hat einen Motor mehr zu versorgen. Die werksseitig angegebenen 17,5 kWh auf 100 Kilometern habe ich auch daher nie gesehen. Im Schnitt stand dort eine ... kurz festhalten ... 25,1. Damit schrumpft die Reichweite auf unter 300 km nach dem Motto: doppelte Power, doppelte Ladung!

Das beste, was ich auf städtischer Kurzstrecke erhaschen konnte, war eine 22,9. Ziel also um 7,5 kWh gerissen. Im Frühjahr sollten je nach Fahrweise Werte um 20-22 kWh möglich sein. Das ist aber immer noch nen ganzer Batzen im Rucksack der Unterhaltskosten für einen Kompakten. Das ist fast ID.-Buzz-GTX-Niveau. Aber der kleinste Volvo wiegt halt auch zwei Tonnen. Masse, die bewegt werden will.

Die Ladegeschwindigkeit kam den Angaben ebenfalls nicht annähernd nach. Das schnellste waren nach langer Autobahnfahrt und deshalb wohl recht warmem Akku 125 der 175 möglichen kW, die normalerweise für eine Aufladezeit über 26,5 Minuten von zehn auf 80 Prozent sorgen sollten. Ich machte zumeist bei 70 Schluss, da bereits ab 60 die Geschwindigkeitswerte wieder einknicken, wartete aber bis dahin schon gute 35 Minuten. Ein Referenzwert aus dem Sommer müsste hier nochmal zum Vergleich herangezogen werden.

Preise und Konkurrenz

Der Volvo EX30 als Twin Performance ist ab der mittleren Plus-Ausstattung erhältlich. Kostenpunkt: 51.689 Euro aufwärts. Unser Testwagen stand in der Topausstattung Ultra vor der Tür. Hier werden mindestens 55.289 Euro fällig. Zum Vergleich: Der Einstieg in den EX30 beginnt in der Core-Ausstattung mit dem Single Motor bei 39.790 Euro.

Die Konkurrenz steht mit dem Geely-Plattform-Bruder Smart #1 Brabus mit derselben Leistung beispielsweise ab 48.990 Euro zur Verfügung. Dort sind derzeit (Stand Januar 2025) jedoch noch 8.000 Euro Prämie rauszuholen, weshalb der kleinste sportliche Smart bei 41.000 Euro um Käufer buhlt. Den etwas zahmeren VW ID. 3 GTX mit 326 PS gibt es ab 47.225 Euro (auch VW spendiert derzeit 3.570 Euro Kaufprämie, macht 43.655 Euro).

Fazit

Der Volvo EX30 Twin Performance ist ein angenehm komfortabler Kompakter mit guten Fahrwerten, zugänglicher Bedienung und extremer Beschleunigung. Im Vergleich zu seiner Konkurrenz und was er letztendlich unter einem Performance-Label bietet, ist der kleinste Volvo mit die teuerste Variante. Sportlicher geht es zudem ebenfalls woanders zu.

Hinzu kommt der enorme Energieverbauch und überschaubare Raumnutzungswerte. Wer auf den Spaß für Zwischendurch verzichten kann, ist mit dem Single Motor Extended Range und ebenfalls stattlichen 5,3 Sekunden auf 100 um rund 6.000 Euro günstiger beraten. Wem es der Extraspaß im Sleeper-Car jedoch wert ist und wer fleißig Fotos für den Daily Bugle knippst: go for it! Der Volvo EX30 Twin Performance versprüht eine ganz eigene Understatement-Faszination.

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