Im Jahr 1985 ging der erste T3 Syncro in Serie. Doch die 4x4-Historie reicht länger zurück
Die Bremen Classic Motorshow öffnet am 31. Januar ihre Tore. Damit startet die automobile Klassik-Saison 2025. Volkswagen Nutzfahrzeuge Oldtimer wird dort einem frisch restaurierten und nur gute 60 mal gebauten T3 Syncro 16 Pritschenwagen und einem T4 Multivan Syncro Rekordwagen zeigen. Aus gutem Grund: Volkswagen Nutzfahrzeuge feiert 2025 "40 Jahre Allradantrieb".
Doch die Story der Allradabenteuer mit dem Bulli beginnt viel früher - in den 70er-Jahren mit dem damaligen Entwicklungschef der Transporter-Baureihe bei VW: Gustav Mayer (1925-2014). Der liebte das Reisen und die Herausforderung und deshalb zieht es ihn immer wieder mit einem T2 in die Sahara. Doch den T2 gab es bekanntlich ausschließlich mit Heckantrieb.
Da Mayer aber irgendwann keine Lust mehr hat, seinen Bulli in den Wüsten Nordafrikas vom Sand freizuschaufeln, konstruiert er mit seinem Team einfach einen Allrad-T2. Die Tests des ersten Prototyps, einige wieder in den Dünen der Sahara, verlaufen positiv. 1978 startet der Aufbau von fünf T2-Versuchsfahrzeugen mit zuschaltbarem Frontantrieb. Doch der T2 - 1967 eingeführt - steuert da bereits auf das Ende seines Lebenszyklus zu. Deshalb war es der T3, der als erster Bulli einen Allradantrieb erhielt.
1985 debütiert der T3 Syncro: Der T3 ist von Beginn an nicht nur als Nutzfahrzeug, sondern immer auch als Werkzeug für die ganz großen Reisen rund um den Globus gedacht. Weil es so ein Fahrzeug als geräumigen Bus einfach nicht gibt. Die Bodenstruktur des 1979 zuerst mit Heckantrieb vorgestellten T3 sieht deshalb von Beginn an Platz für eine Kardanwelle sowie ein Vorderachsdifferenzial und damit für einen Allradantrieb vor.
Für die Serienentwicklung und den Bau der Syncro-Varianten geht Volkswagen eine Kooperation mit Steyr-Daimler-Puch ein. Das Unternehmen gilt in der Branche als hoch kompetenter Spezialist für die Entwicklung und die Fertigung von Allradfahrzeugen. Deshalb erfolgt auch die Endmontage des T3 Syncro im Steyr-Daimler-Puch-Werk in Graz. Parallel zum Mercedes G übrigens.
Ein Bulli als Geländewagen: Im Gegensatz zu den T2-Versuchsfahrzeugen hat der T3 Syncro keinen zuschaltbaren Allradantrieb, sondern - viel komfortabler - eine via Kardanwelle permanent eingebundene Vorderachse. Für ihre Integration ist eine Viscokupplung zuständig. Sie erweist sich als sehr robust und zeigt unter nahezu allen Bedingungen eine perfekte Performance.
Ein weiterer Vorteil der Viscokupplung ist die Tatsache, dass auf das sonst übliche Zwischendifferenzial, das üblicherweise die Drehzahlendifferenzen zwischen Vorder- und Hinterachse ausgleicht, verzichtet werden kann, auch diesen Job übernimmt die silikonölgefüllte Kupplung. Ein mehrteiliger Unterfahrschutz bewahrt die Allradtechnik bei Offroad-Abenteuern vor Beschädigungen.
Zudem finden andere Federn und härtere Stoßdämpfer Verwendung. Damit steht die Karosserie der Syncro-Modelle 60 Millimeter höher. In Sachen Getriebe entscheiden sich die Ingenieure für ein 4+G-Getriebe, das vier klassische Vorwärtsgänge und einen sehr kurz übersetzten Geländegang für den Offroad-Einsatz besitzt. Optional gibt es zudem jeweils Differenzialsperren an der Vorder- und Hinterachse sowie ein Schlecht-Wege-Paket.
Letzteres beinhaltet unter anderem verstärkte Antriebswellen, einen Schwingungsdämpfer im Antriebsstrang und diverse Karosserieversteifungen. So ausgestattet, punkten die Syncro-Modelle mit einer Bodenfreiheit von 215 Millimetern vorn, einem Böschungswinkel von 22 Grad sowie einem Rampenwinkel von 24 Grad. Damit hat der Bulli antriebstechnisch das Niveau von Geländewagen erreicht - das allerdings mit sehr viel mehr Platz und Komfort an Bord für die großen Abenteuer des Lebens.
Für extremste Geländeeinsätze gibt es den T3 Syncro ab 1987 sogar mit 16 Zoll großen Rädern und umfangreichen Modifizierungen am Fahrwerk und an der Karosserie, größer dimensionierten Bremsen und einer serienmäßigen Hinterachssperre. Die Verstärkungen erhöhen die Nutzlast im Gelände auf eine Tonne. Die Bodenfreiheit wächst auf 246 Millimeter (plus 25 mm). 2.138 dieser Heavy-Duty-Allradler - von insgesamt 45.478 gebauten T3 Syncro - verlassen bis 1992 die Grazer Hallen und begleiten Expeditionen, Weltreisende, Forst- und Handwerksbetriebe.
Nur rund 60 dieser Volkswagen auf dem Level von Expeditionsfahrzeugen werden als Pritsche mit Ladefläche aufgebaut, beträgt doch der Mehrpreis für den Syncro-Antrieb und den 16-Zoll-Umbau rund 50 Prozent gegenüber der heckgetriebenen Pritschenvariante. Heute einen solch frühen Allrad-Pickup als Oldtimer zu finden, ist kaum mehr möglich.
1993 kommt der T4 Syncro auf den Markt: Ein echter Weltrekordler steht auf der Bremen Classic Motorshow direkt neben der Syncro-Pritsche. Es ist ein T4 Multivan Syncro aus dem Jahre 1999, mit dem ein Team von Volkswagen Nutzfahrzeuge vor 26 Jahren schneller und unproblematischer als jemals Reisende zuvor per Achse die legendäre Panamericana von Alaska nach Feuerland bewältigt. Doch bevor dieses Abenteuer starten kann, muss der T4 erst einmal entwickelt werden.
Rückblick: Als 1990 mit dem T4 die neue und nun vierte Transporter-Generation von Volkswagen debütiert, ist das eine technische Revolution: neues Design, neuer Antrieb, neue Motoren, neues Konzept. Der Boxer steigt aus dem Ring. An seine Stelle treten moderne, wassergekühlte Vier- und Fünfzylindermotoren, die nicht mehr im Heck, sondern im Bug arbeiteten und die Vorderräder antrieben - mit Vorteilen auf der ganzen Linie: Der Laderaum im T4 ist niedriger und besser zugänglich.
Vor allem befindet sich der Fahrer- und Beifahrersitz nun hinter der Vorderachse; und das verbessert die passive Sicherheit. 1993 komplettiert Volkswagen das Programm um den neuen T4 Syncro, dessen Viscokupplung jetzt für die Kraftübertragung von vorn nach hinten sorgte.
Dass Volkswagen Nutzfahrzeuge mit dem allradgetriebenen T4 erneut eines der weltweit besten Abenteuerfahrzeuge im Programm hat, manifestiert man im Jahr 1999 mit der Weltrekordfahrt von Alaska nach Feuerland. Zwei Teams brechen am 25. September des Jahres in Alaska von Prudhoe Bay im US-Bundesstaat Alaska auf, um über die längste Nordsüdverbindung des amerikanischen Kontinents - die Panamericana - das in Argentinien liegende Ushuaia zu erreichen. Bis auf einen größeren Tank, Zusatzscheinwerfer auf dem Dach sowie Plexiglasscheiben vor den Scheinwerfern entspricht die Technik der Fahrzeuge der Serie.
Zu den Herausforderungen für Mensch und Maschine gehört die Tatsache, dass der Zustand der Panamericana seinerzeit aufgrund eines Erdbebens in Mexiko und zahlreicher Unruhen in Südamerika alles andere als ideal ist. Gleichwohl erreicht der erste T4 Multivan Syncro - Kennzeichen WOB-AZ 152 - mit den professionellen Globetrottern Andreas Renz und Matthias Göttenauer an Bord nach exakt 15 Tagen, 14 Stunden und 6 Minuten und 22.880 Kilometern das Ziel und damit einen Eintrag in das "Guinness Buch der Rekorde".
Auch der zweite T4 Multivan Syncro erreicht - aufgrund schwerer Unwetter ein paar Tage später - das Ziel. Die Rekordfahrt des Multivan T4 Syncro ist für Volkswagen Nutzfahrzeuge der finale Anstoß, noch leistungsfähigere Allradfahrzeuge zu konzipieren. Damit werden der T4 Syncro zur Initialzündung für die Entwicklung der PanAmericana-Modelle - erst als Sondermodell (T4), dann als Sonderserie (T5) und seit dem T6 als Allterrain-Ausstattungsversion.
2004 kommt der T5 als 4Motion auf den Markt: 2003 stellt Volkswagen Nutzfahrzeuge als Weltpremiere den T5 vor. Stärkere Motoren und vor allem das elektronische Stabilitätsprogramm ESP verlangen nach einem neuen Allradsystem. Das steht ab 2004 mit der ebenfalls neuen Bezeichnung 4Motion bereit. Das zentrale Element des Systems ist eine in einem Ölbad laufende Lamellenkupplung, die axial zusammengedrückt wird.
Den Druck erzeugen zwei Pumpen. Je mehr Druck auf den Lamellen lasten, desto größer ist die Kraftübertragung und damit die Einbindung der Hinterachse. Dank der schnellen Reaktionszeit der Lamellenkupplung ist es nun möglich, die Hinterachse erst dann stufenlos einzubinden, wenn an einem der Vorderräder ein Traktionsverlust auftritt. Im Normalbetrieb haben die als Transporter, Caravelle, Multivan und California lieferbaren 4Motion-Modelle deshalb Frontantrieb. Und das spart Kraftstoff.
2010 debütiert eine weiterentwickelte 4Motion-Variante mit einer neuen Lamellenkupplung und einer nun elektronisch gesteuerten Hochdruckpumpe, die in einem Reservoir ständig einen Öldruck von 30 bar bereitstellt. Schlupf an der Vorderachse ist somit nicht mehr erforderlich, um die Hinterräder zur Mitarbeit zu überreden. Über die ESP-Sensoren erhält die Hochdruckpumpe ihre Information bereits dann, wenn die Räder quasi gerade beginnen wollten, Traktionsverlust zu zeigen.
Innerhalb einer hundertstel Sekunde steht nun die Kraft an den Rädern zur Verfügung, an denen sie gebraucht wird. Zudem kann das neue 4Motion-System so gut wie alle Fahrzustände souverän abdecken. Darüber hinaus geht es selbst dann vorwärts, wenn ein Rad in der Luft hängt - hilfreich ist dabei ein optionales Hinterachs-Sperrdifferenzial. Ab 2015 wird das System mit der elektronisch gesteuerten Lamellenkupplung für die sechste Generation der Baureihe (T6) adaptiert und ab 2019 im T6.1 eingesetzt.
Aufgrund völlig neuer Anforderungen an die Antriebsvielfalt und die Einsatzszenarien gliedert sich die siebte Generation des Bulli heute in drei Baureihen: den Multivan inklusive des darauf basierenden neuen California, den rein elektrischen ID. Buzz inklusive der Nutzfahrzeugversion ID. Buzz Cargo sowie den neuen Transporter inklusive des als Shuttle konzipierten Caravelle.
Volkswagen Nutzfahrzeuge bietet verschiedene Derivate aller drei Baureihen natürlich auch als Allradversionen an: Der Multivan und California sind seit Herbst 2024 mit dem neuen und ersten Plug-in-Hybrid-Allradantrieb (eHybrid 4Motion) erhältlich; hier wird die Hinterachse als Novum rein elektrisch angetrieben.
Per elektronisch gesteuertem Differenzial wird die Hinterachse der neu entwickelten Transporter TDI 4Motion und Caravelle TDI 4Motion eingebunden. Und im Fall der Allradmodelle ID. Buzz Cargo Pro 4Motion und ID. Buzz GTX werden alle vier Räder rein elektrisch angetrieben. Auch 2025 steht damit einem Trip im Bulli bis in die Sahara nichts im Wege.