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Seat Ronda (1982-1986): Kennen Sie den noch?

Mit dem umgestalteten Fiat Ritmo startete die Marke 1983 in Deutschland

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Man kennt Sie. Und irgendwie auch wieder nicht. Die Rede ist nicht von den eigenen Nachbarn, sondern von Autos, die so unauffällig blieben, dass sie heute nur eingefleischte Fans noch kennen. Solche Modelle müssen nicht zwangsläufig zu Lebzeiten Flops gewesen sein.

Aber sie liefen unter dem Radar des gewöhnlichen Autokäufers. In unregelmäßiger Folge wollen wir ab sofort unter dem Titel "Kennen Sie den noch?" so manchen Old- und Youngtimer aus dem Nebel des Vergessens holen.

Die Lektüre alter Autozeitschriften ist stets ein Fest für Liebhaber alten Blechs. Und zwar nicht nur Vorstellungen. Vergleichstests oder Fahrberichte, sondern auch die unzähligen Anzeigen. Von Alkohol über Zigaretten bis hin zu natürlich Autos: Früher wurde noch richtig Geld damit verdient. Über eine besondere Anzeige stolperte ich neulich: Sie stammt aus dem September 1983, kurz vor der IAA. Eine hierzulande unbekannte Marke namens Seat stellt sich vor. Halle 9, Stand 9062.

Auf einer Doppelseite wird dem ahnungslosen deutschsprachigen Autofan erklärt, wer oder was dieses Seat eigentlich ist: Der größte spanische Automobilhersteller (nun gut, viele andere gibt es auch nicht), der in 30 Jahren über fünf Millionen Fahrzeuge gebaut hat. Und sich nun auf den Rest Europas ausdehnt. Gleichzeitig betont man, ohne den Namen zu erwähnen, dass VW im Seat-Werk in Pamplona den Polo bauen lässt. (Erst 1986 kam Seat unter das Dach des Volkswagen-Konzerns.)

Jetzt sei der Zeitpunkt gekommen, "um seine eigenen Modelle den anspruchsvollen deutschen Autofahrern nicht länger vorzuenthalten." Okay, zunächst nur eins: den Seat Ronda. 4,01 Meter lang, 1,65 Meter breit, Radstand 2,45 Meter, stets fünftürig und zwischen 880 und 950 Kilogramm schwer. Versehen mit Kampfpreisen zwischen 11.111 und 15.111 DM. Zum Vergleich: Ein Basis-VW Polo mit 40 PS und zwei Türen weniger notiert zeitgleich bei 12.230 Mark. 

Ronda? Noch nie gehört. Das ist auch fast 40 Jahre später so. Überlebende Fahrzeuge gibt es bestenfalls noch in Spanien. Erst der Blick auf die Bilder bringt Licht ins Dunkel. Diese Form kennt man doch irgendwo her ... 

Richtig: Vom Fiat Ritmo. Und tatsächlich liegen die Wurzeln des Ronda im Seat Ritmo, der baugleich zu seinem italienischen Bruder ab 1978 auch in Spanien vom Band lief. Allerdings für den spanischen Markt. Wenn es einmal Seat-Modelle nach Westeuropa schafften, dann unter dem Fiat-Logo wie etwa der 133. Das Problem: Anfang 1981 möchte Seat expandieren. Was Fiat ein Dorn im Auge ist. Durchaus nicht zu Unrecht, schließlich sind die Produktionskosten damals in Spanien niedriger als in Italien. 

So wäre ein exakt gleich aussehender Seat Ritmo in Deutschland billiger als sein Fiat-Bruder. Im Sommer 1981 unterzeichnen Seat und Fiat einen Vertrag, der nach gut 30 gemeinsamen Jahren die Trennung bedeutet. Die Anteile von Fiat übernimmt die staatliche INI. Aber es wird noch eine Bedingung in Artikel 5.1. vermerkt: Wenn Seat an den Modellen 127, 131 und Ritmo Modifikationen vornehmen möchte, muss das gesamte Auto optisch auf links gedreht werden. 

Aus dem Fiat 127 wird der Fura, 1984 geht als sein Nachfolger der Ibiza als erstes eigenständiges Seat-Modell in die Geschichte ein. Der Seat Panda, den es auch noch gibt, wird 1985 zum Marbella, erst dann beginnt dessen Export. Und der Ritmo? Er wird im Auftrag von Seat von der italienischen Firma Rayton Fissore massiv optisch überarbeitet. Ob Front, Heck oder Interieur: Was ohne großen Aufwand veränderbar ist, wird verändert. 1982 kommt der Seat Ronda in Spanien auf den Markt.

Nun schrillen bei Fiat die Alarmglocken. Eigentlich unterscheidet sich der Ronda unübersehbar vom Ritmo, der ohnehin kurz vor einem massiven Facelift steht. Doch genau dieses Facelift würde beide Autos wieder einander ähnlicher machen. Der günstigere Ronda ist plötzlich ein gefährlicher Konkurrent, gegen den alle Tricks aufgefahren werden. Man versucht, die Typprüfung zu verhindern, in Italien gibt es Hausdurchsuchungen bei Seat. 

Doch auch Seat ist mit allen Wassern gewaschen: Anstelle die EG-Homologation in Deutschland, Frankreich oder gar Italien durchzuführen, geht man nach Luxemburg, der belgische Importeur fungiert als Strohmann. Als das klappt, zündet Fiat die ultimative Bombe und zieht vor Gericht bei der internationalen Handelskammer in Paris. 

Aber die Richter entscheiden recht schnell zugunsten von Seat, als ihnen ein wild lackierter Ronda präsentiert wird: Schwarz sind alle vom Ritmo übernommenen Karosserieteile, gelb die Änderungen. 

1983 ist der Weg für den Export endgültig frei. In Deutschland notiert der günstigste Ronda trotz neun PS mehr 1.500 Mark günstiger als der Fiat Ritmo. Viele Ronda verkauft Seat jedoch hierzulande nicht, das Auto hilft aber dabei, den Namen der Marke zu etablieren. Das Motorenangebot besteht zunächst aus Benzinern mit 1,2 und 1,6 Liter Hubraum mit 64 respektive 92 PS Leistung. Hinzu kommt ein 1,7-Liter-Diesel mit 56 PS, der den Ronda in langen 19,1 Sekunden auf Tempo 100 entschleunigt.

Dafür gibt es ihn schon für 15.111 DM, der 1.6 SX mit sportlichen roten Zierleisten kostet sogar nur 13.611 Mark. (Erinnern Sie sich an den Polo-Basispreis!) Dafür bietet der "GTI Light" immerhin "Spezial-Sportsitze", einen Frontspoiler mit zusätzlichen Nebellampen, Metallic-Lackierung, Zentral-Verriegelung, Digitaluhr und mehr Geräuschdämmung. Unterschlagen wollen wir nicht die "sportliche Fahrwerksabstimmung".

Zeitgleich mit dem neuen Seat Ibiza kommt auch der Ronda im Herbst 1984 in den Genuss von Motoren und Getriebe, die mit Hilfe von Porsche in Weissach entwickelt wurden. Damit wird der Ronda zum "Ronda P" und deutlich moderner. Jetzt im Angebot: 63 PS (1.2), 85 PS (1.5) und sogar 120 PS im Ronda P Crono (Bild oben), der jedoch nicht in den Export geht. Der 1,7er-Diesel bleibt unverändert.

Bis 1986 baut Seat rund 178.000 Ronda. Den Nachfolger auf gleicher Basis gibt es da schon ein Jahr: Der Malaga sieht zwar aus wie ein Ibiza mit Stufenheck, ist aber technisch gesehen noch ein Ronda. Letzterer war übrigens das erste nach einem spanischen Ort benannte Modell der Marke. 

Der Ronda mag Seat gerettet haben, aber kaum einer hat den Ronda gerettet. Wenn Sie noch einen besitzen sollten oder einen entdeckt haben: Melden Sie sich gerne bei uns ... 

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