Was kann der schickere Bruder des elektrischen Volvo XC40?
Ein schöner Rücken kann auch entzücken. Woher dieses Sprichwort stammt, lässt sich nicht genau ermitteln. Zumindest hat man es sich wohl bei Volvo zu Herzen genommen, wie der neue C40 zeigt. Im ersten Moment dachte auch ich: Ein elektrischer XC40 Recharge in anderer Verpackung. Gänzlich falsch ist das nicht und doch verfolgt der C40 eine eigene Linie im wahrsten Wortsinne.
Es beginnt schon beim Namen: C40. Das aktuell einzige C-Auto im Modellprogramm von Volvo. Und C stand bei den Schweden stets für besondere Konzepte. Hier der kompakte C30 in Shooting-Brake-Optik, dort der offene C70. Darüber hinaus wird es den C40 anders als den XC40 ausschließlich als Elektroauto geben. Verbrenner? Niemals!
Werfen wir einen Blick auf die Optik. In der Realität steht der C40 wirklich gelungen da, wenngleich die historische Verbindung zum P 1800 von 1961 arg bemüht wirkt. Volvo verweist auf die Form der hinteren Fenster, wie auch das folgende Foto zeigt. Als Oldtimer-Kenner sehe ich eher Parallelen des Hecks zum "Buckel-Volvo" PV 444 und PV 544.
Passend dazu ist der C40 exakt 4,44 Meter lang und trotz der schnittigen Linienführung immer noch 1,60 Meter hoch. Beim Einstieg in den Fond gilt es dennoch, den Kopf einzuziehen. Dort angekommen, ist das Platzangebot sehr ordentlich. Auch das Kofferraumvolumen bewegt sich mit 413 bis 1.205 Liter im grünen Bereich.
Zusätzlichen Stauraum bietet der Volvo C40 Recharge Pure Electric (so sein vollständiger Name) unter der Fronthaube. Wo sonst üblicherweise der Verbrennungsmotor montiert ist, besitzt das Elektrofahrzeug ein zweigeteiltes Staufach mit 31 Litern Fassungsvermögen.
Nicht unwichtig: Die Zuladung gibt Volvo mit 413 Kilogramm an, ziehen darf der C40 1.800 Kilogramm gebremst und 750 Kilogramm ungebremst. Doch wenn wir schon bei Gewichten sind, dürfen die 2,2 Tonnen, die der C40 leer auf die Waage bringt, nicht unerwähnt bleiben. Immerhin reden wir hier von einem Auto im ungefähren Format eines Opel Astra.
Zwei Spoiler optimieren die Aerodynamik: einer an der Dachkante und einer unten an der Heckklappe. Zusammen reduzieren sie den Luftwiderstand und steigern die Reichweite bei höherem Tempo um bis zu vier Prozent; bei kombinierter Fahrweise sind es zwei Prozent. Der untere Spoiler erhöht zudem den Abtrieb und trägt damit zur Verbesserung der Fahrstabilität bei höheren Geschwindigkeiten bei.
Neu ist auch die Gestaltung der LED-Rückleuchten. In klassischer Volvo-Manier laufen sie vertikal entlang der Heckscheibe, sind dabei aber stark geneigt und in einzelne Segmente unterteilt. Im Bereich der unteren Heckklappe ziehen sich die Leuchten in Richtung Fahrzeugmitte.
Weitere Designmerkmale sind der Volvo-Schriftzug unter der Heckscheibe und der optische Unterfahrschutz in Hochglanzschwarz. Detail am Rande: Die Spur ist hinten 25 mm breiter ist als an der Vorderachse.
Mit seinem Bruder, dem XC40 Recharge teilt sich der C40 die CMA-Plattform, den Radstand von 2,70 Meter sowie das Cockpit. Beide 40er laufen im belgischen Gent vom Band. Gemeinsam hat das Duo aber auch die nicht immer schlüssige Bedienung über den 9 Zoll großen Hochkant-Touchscreen. Fast alle Funktionen außer der Lautstärke müssen ertippt werden, das Infotainment basiert auf dem Android-Betriebssystem. An all das gewöhnt man sich irgendwann, dennoch bekommen es andere Marken weniger umständlich hin.
Speziell sind auch die Materialien: Der C40 soll der erste komplett lederfreie Volvo sein. Mir fällt der blaue Teppichboden auf. Und der etwas schlichte Kunststoff an den Türen. Gemessen an dem Premium-Anspruch von Volvo und dem Preis des Wagens ist hier noch Luft nach oben.
Wie fährt sich der C40 nun? Sehr flott und leichtfüßiger, als das Gewicht erwarten lässt. Einen nicht unberechtigten Anteil daran haben die zwei verwendeten Elektromotoren mit jeweils 150 kW (204 PS), die zusammen 660 Newtonmeter Drehmoment an die Räder schicken. 4,7 Sekunden auf 100 km/h sprechen für sich und sorgen für Fahrspaß auf der Autobahn, aber auch im Stadtgewusel.
Was sich aber auch schnell zeigt: Kurvenkratzende Sport-Absichten liegen dem C40 nicht in den Genen, dafür ist er zu hoch und zu schwer. Seine Domäne sind lange Autobahnetappen mit 130er-Schnitt, auf denen man bequem seine Spotify-Playlist durchhört.
Genügt dafür denn die Reichweite? Nun, 444 Kilometer nach WLTP gibt Volvo offiziell an. Dazu ein Durchschnittsverbrauch von 22,0 KWh auf 100 km. Ich kam mit hohem Autobahnanteil auf 22,9 kWh. Ein Pluspunkt ist die gut austarierte Rekuperation, das One-Pedal-Fahren gestaltet sich angenehm. Und da wir gerade beim Lob sind: Auch mit 20-Zöllern rollt der C40 ausgewogen ab.
Und das Aufladen? 75 kW beträgt die nutzbare Speicherkapazität, mit bis zu 150 kW kann geladen werden. Dann soll man 37 Minuten von 10 auf 80 Prozent benötigen, 68 Minuten bei 50 kW. Wer AC, also Wechselstrom nutzt, muss sich gedulden: Hier nennt Volvo Zeiten zwischen 8 Stunden (dreiphasig, 16 A) bis 72 Stunden (einphasig, 240 V, 6 A). Auf die Batterie gibt Volvo 8 Jahre oder 160.000 Kilometer Garantie.
Kommen wir zum Schluss und den Preis. Der C40 Recharge wird ausschließlich online verkauft und ist zur Zeit nur zweimotorig als "1st Edition" inklusive CARE-Programm erhältlich. Bedeutet: Kaum Extras außer Farben, Felgen und Stoffen. Außerdem Versicherung, Service, Wartung und Verschleiß inklusive. So relativieren sich die 62.050 Euro ein wenig, bleiben aber eine Stange Geld für ein gar nicht mal so großes Auto.
Werfen wir einen kurzen Blick auf die Konkurrenz: Beim Design wäre der neue Kia EV6 zu nennen, beim Format der Mercedes EQA. Der EV6 mit ähnlich großen Akku, Allrad und 325 PS wirkt auf dem Papier etwas billiger, kommt dem Volvo aber ausstattungsbereinigt nahe. Ähnlich verhält es sich auch beim EQA 350 4matic mit 292 PS. Er wandert bei Bedarf mühelos über die 60.000-Euro-Marke.
Optisch ist der neue Volvo C40 definitiv ein Hingucker. Trotz seiner besonderen Formgebung bietet er innen gute Platzverhältnisse. Allerdings ist er in der Topversion eigentlich übermotorisiert und zu teuer. Hier hoffen wir wie beim XC40 auf eine Einstiegsversion mit 170 kW (231 PS) an der Vorderachse und einem Preis von unter 50.000 Euro. Am gelungenen Design ändert das nichts.