Über das neue Infotainment-System der Katze lässt sich nicht mehr jammern ...
Jaguar ist momentan fleißig dabei, die gesamte Modellpalette zu erneuern. Und während wir vor Kurzem bereits eine Runde mit dem aufgefrischten F-Pace drehen konnten, war jetzt der kleinere Bruder dran: der Jaguar E-Pace. Was das Facelift dem Kompakt-SUV gebracht hat, ob der neue Plug-in-Hybrid-Antrieb eine Überlegung wert ist und ob Sie sich in Zukunft immer noch über das Infotainmentsystem ärgern müssen, klärt unser Test.
Rein formal ändert sich im Zuge der Modellpflege nichts. Länge, Breite, Höhe und Radstand bleiben identisch. Optisch fallen die Änderungen auch erst auf den zweiten Blick auf. An der Front sind die serienmäßigen LED-Scheinwerfer (Matrix-LED-Licht ist optional) mit doppelter J-Blade-Signatur und die veränderten Lufteinlässe die prägnantesten Facelift-Insignien. Am Heck erhält der E-Pace jetzt einen etwas tiefer gezogenen Stoßfänger und im unteren Bereich eine kontrastierende, dunkle Blende mit Gitterstruktur. Beim neuen Plug-in-Hybrid-Modell gibt es viereckige Fake-Auspuffenden dazu, während der eigentliche Abgasstrang unsichtbar bleibt.
Ihnen sind die schwarzen Details unseres Testwagens aufgefallen? Die rühren von dem R-Dynamic-Paket sowie dem Black Exterior-Pack. Und was sollen wir sagen ... so rein optisch ist der E-Pace nach wie vor ein Hingucker. Geschmacksache, klar, aber im Kompakt-SUV-Vergleich gehört das Modell der Briten schon zu den eher wohlgeformten Modellen.
Mit Ruhm bekleckert hat sich Jaguar hingegen nicht wirklich, wenn wir an das Vor-Facelift-Infotainmentsystem denken. Hier bestand Handlungsbedarf und den sah auch der Hersteller. Herzstück des neuen Cockpits ist deshalb ab sofort ein neuer 11,4-Zoll-Touchscreen, der das Pivi-Pro-Infotainmentsystem beheimatet. Der Bildschirm ist nicht nur 48 Prozent größer als zuvor, er bietet auch eine drei Mal höhere Auflösung, unterstützt Apple CarPlay und Android Auto und kann mit zwei Smartphones gleichzeitig via Bluetooth gekoppelt werden. Die Stromversorgung geschieht - für schnelle Einsatzbereitschaft - über eine Pufferbatterie. Soweit die Theorie.
In der Praxis sind wir froh, dass Jaguar hier nachgebessert hat. Das alte System war langsam, fehleranfällig und die Visualisierung sowie die Menüführung nicht wirklich schön. Jetzt ist alles anders und es macht richtig Laune, den Briten zu bedienen und flott durch die sinnvoll angelegten Menüs zu huschen. Und vor allem das Navi weiß endlich immer, wo wir uns gerade befinden. In Verbindung mit dem 12,3-Zoll-Instrumentendisplay (ab Ausstattungslinie SE) und dem optionalen Head-up-Display in der Windschutzscheibe ist der E-Pace dann vollkommen in den 2020er-Jahren angekommen. Uns fehlt jedenfalls nichts.
Eine weitere Änderungen im Innenraum betrifft den Gangwahlhebel. Der lange Stock wurde durch einen stummelartigen Knubbel ersetzt, der zusammen mit den Ziernähten an einen Kricketball erinnern soll. Nette Analogie. Viel wichtiger aber: Er liegt gut in der Hand.
Ansonsten bleibt alles wie gehabt und wir fühlen uns - bis auf die etwas durch das Exterieur-Design verhinderte Aussicht - wohl im E-Pace. Verarbeitung und die verwendeten Materialien sind eindeutig auf Premium-Niveau ... wenn man nicht so genau hinsieht. Denn es gibt sie immer noch: Die kleinen Details, wo Jaguar weiterhin auf Hartplastik setzt. Das mag zwar widerstandsfähig sein, aber manchmal kommen wir einfach nicht drum herum und denken: Ah, nice, Suzuki?!
Kommen wir zum Unterbau: Der E-Pace basiert auf der Premium-Transverse-Architektur von Jaguar, die elektrifizierte Antriebe ermöglicht. Dies ist der Grund dafür, dass unser Testwagen das Lable "P300e AWD" auf die Heckklappe geklebt bekommt. Hinter dem kryptischen Kürzel verbirgt sich der neue Plug-in-Hybrid-Antrieb, der einen 1,5-Liter-Dreizylinder-Benziner (200 PS) mit einem 80 kW (109 PS) starken E-Motor an der Hinterachse kombiniert. Dazu gesellt sich dann noch ein 15 kWh (brutto) fassenden Lithium-Ionen-Akku und schon hat der Hersteller das Kompakt-SUV teilelektrifiziert ... und sagenhafte 2,2 Tonnen schwer gemacht. Geht das gut?
In Sachen Antrieb vermissen wir tatsächlich nichts und die Kombination der beiden Motoren zu 309 PS Systemleistung gelingt Jaguar sehr gut. Die Achtgang-Automatik passt ebenfalls hervorragend zu dem System. Über einen Extra-Knopf lassen sich die E-Modi einstellen. "EV", "Hybrid" oder "Save" stehen zur Wahl. Die klassischen Fahrprogramme heißen weiterhin "Eco", "Comfort" und "Dynamic". Darüber werden dann die Einstellungen der Lenkung, der Automatik-Schaltkennlinien, der Gaspedal-Empfindlichkeit und - falls vorhanden - der adaptiven Dämpfer beeinflusst.
Wir wählen zu Beginn die Standard-Konfiguration und kombinieren "Hybrid" mit "Comfort". Sofort fällt auf, dass es eigentlich immer total ruhig im E-Pace bleibt. Eine verbesserte Steifigkeit der vorderen Achsaufhängungspunkte sorgen für einen harmonischeren Abrollkomfort und auch in Sachen Vibrationen hat sich der E-Pace verbessert. Satt und komfortabel war er aber auch schon vorher. Jetzt ist er halt noch satter und noch komfortabler. Zusammen mit den gut funktionierenden Assistenzsysteme haben Sie hier also einen tollen Langstrecken-Wagen vor sich.
Der Akku ist voll und die EV-Reichweite zeigt knappe 50 Kilometer an. Wenn Sie es jetzt nicht übertreiben, lässt Sie der Jaguar auch in diesem Modus extrem lange komplett elektrisch fahren. Und zwar bis 135 km/h. Obwohl wir im Hybrid-Modus sind. Wenn sich der Dreizylinder dann doch mal ins Geschehen einmischt, geschieht das fast unmerklich und so schnell er seine Power zugesteuert hat, so schnell schaltet er sich auch wieder ab. Unter sechs Liter Verbrauch schaffen wir so auf unserer Testrunde.
Etwas anders wird das Bild, wenn Sie es wirklich drauf anlegen. Bei Vollgas würden wir zwar den attestierten Sprint auf Tempo 100 in 6,5 Sekunden unterschreiben, die erste Sekunde, bis sich der Benziner dann doch zum Start bequemt, fühlt sich bei der hohen Erwartungshaltung aber an wie eine Ewigkeit. Und auch bei hohem Tempo jenseits der 150 km/h wird es mit dem Dreizylinder irgendwann zäh. Ruhig bleibt es im Innenraum aber weiterhin. Vielleicht liegt diese allgemeine Trägheit im Extrembereich am Modus?! Wir schalten also auf "Dynamic" und stellen fest: Es liegt nicht am Modus.
Das ist schon ein bisschen Schade und der einstige Marketingspruch von Jaguar müsste beim E-Pace also eher "The Art of Performance ... mit Abzügen" lauten. Die Lenkung ist zwar weiterhin ein Genuss und deutlich präziser als die Konkurrenz das hinbekommt. Bei schnellen Manövern und Richtungsänderungen hat der E-Pace (und vor allem der noch schwerere Plug-in-Hybrid) aber immer mit seinem bereits erwähnten Leergewicht zu kämpfen. Da kann auch der gut balancierte Allradantrieb und der gegenüber dem Vierzylinder 37 Kilogramm leichtere Dreizylinder nichts dran ändern.
Ebenfalls gewichtig und nicht wegdiskutierbar ist der Preis. Mindestens 58.340 Euro sind für das Plug-in-Hybrid-Modell namens P300e AWD nötig. Und nach Abzug der jeweiligen Förderungen bleiben davon immer noch rund 50.000 Euro übrig. Okay ... zu 95 Prozent ist der E-Pace ein Premium-Modell, aber der Basispreis ist eben auch noch nicht das Ende der Fahnenstange. Und ob man wirklich bis zu 65.000 Euro für ein Kompakt-SUV ausgeben will/muss/kann, bleibt mal dahingestellt.
Ganz nüchtern betrachtet, hat der Jaguar E-Pace auch als PHEV-Modell noch so seine Schwächen. Der wichtigste Kritikpunkt - das Infotainmentsystem - wurde mit dem Facelift allerdings beseitigt. Schön war das Kompakt-SUV auch schon vorher. Schön ist er weiterhin. Wenn Sie sich jetzt also einen Jaguar statt einem VW Tiguan wünschen und das nötige Kleingeld mitbringen, muss Ihnen trotzdem klar sein, dass - auch der auf dem Datenblatt ziemlich potente P300e AWD - eher auf Komfort als auf Performance getrimmt ist. Dafür fahren sie überaus bequem in einem ansprechenden Ambiente und - bei vollen Akkus - mit einem ziemlich guten Verbrauch.