Hier fahren Sie besser!
Neu- und Gebrauchtwagen auf automobile.at

BMW 545e xDrive (2020): Plug-in-Limousine mit Sechszylinder im Test

Eindrücke von unserer Konvoi-Testfahrt im Norden Münchens

Motor1.com Deutschland: Auto-Tests, Auto-News und Analysen
Marke wählen

3er, 5er, 7er, X1, X3, X5: Inzwischen umfasst das Plug-in-Hybrid-Antrieb bei BMW schon fast alle Segmente. Das gehört zur Power-of-Choice-Strategie des Konzerns: Der Käufer soll in jeder Klasse die Wahl zwischen elektrifizierten und konventionellen Antrieben haben.

In der oberen Mittelklasse gab es bereits ein Plug-in-Modell, den 530e als Limousine und Kombi, jeweils mit Hinterrad- und Allradantrieb. Nun kommt der 545e xDrive als Limousine hinzu. Wir haben das Auto bereits getestet, wobei wir ihn etwa anderthalb Stunden lang im Konvoi im Münchner Umland fahren konnten.

Plug-in-Hybrid-Antrieb auf Basis des Reihensechszylinders

Während der 530e einen Vierzylinder unter der Haube, ist beim 545e ein Sechszylinder die Basis. Der 286 PS starke Benziner kommt im 5er nicht ohne Elektrounterstützung zum Einsatz; der 540i hat 333 PS. Doch der Antrieb ist ohnehin vom 745e und X5 xDrive45e bekannt.

In diesem Trio hat der X5 allerdings eine größere Batterie mit einer Speicherkapazität von 24 kWh brutto, während die Limousinen mit der Hälfte auskommen müssen. So ist die elektrische Reichweite beim X5 (fast schon unglaubliche 97 Kilometer nach NEFZ) auch deutlich größer als bei den Limousinen; der 545e xDrive schafft nach Norm 57 Kilometer.

Nach der Testfahrt zeigte der Bordcomputer sogar 66 Kilometer rein elektrische Fahrt an:

Auf unserer Testfahrt im Konvoi bewegten wir den Plug-in-5er in ganz unterschiedlichen Tempobereichen, vom Kriechtempo in der 30er-Zone bis hin zur (zugegebenermaßen leicht unbeherrschten) Fahrt im Reifenquietsch-Tempo auf der Landstraße.

Sportmodus mit Soundgenerator

Besonders viel Spaß macht der 5er natürlich bei der letztgenannten Gangart, vor allem im Sport-Modus. Dann hilft auch ein Sound-Generator durch rauen Klang aus den Lautsprechern bei der Emotions-Erzeugung mit - bei mir funktioniert es, Puristen stören sich vielleicht an der unnatürlichen Art der Erzeugung.

Der Vortrieb ist deutlich souveräner als beim X3 mit dem Vierzylinder-Plug-in-System, aber weil man weniger an die Grenzen der Motorisierung stößt, den Verbrenner seltener zum Schwitzen bringt, ist natürlich auch das Motor-Erlebnis kleiner. Dem wollte BMW offenbar mit dem Sound-Generator entgegenwirken.

Aufgeladen wird der 545e xDrive wie alle BMW-PHEVs über einen Typ-2-Ladeanschluss vorne links. Darüber kann man 3,7 kW Wechselstrom ziehen; eine Wallbox erübrigt sich wegen der geringen Ladeleistung oft. Dennoch dürfte sich der Wagen leicht über Nacht in der heimischen Garage an der Haushaltssteckdose laden lassen.

Der Spritverbrauch hängt natürlich in erster Linie davon ab, wie oft man den Wagen auflädt. Wenn man ausschließlich elektrisch fährt, braucht man logischerweise keinen Sprit. Und im umgekehrten Extremfall? Wenn man gar nicht auflädt? Nun, aus NEFZ-Normverbrauch und NEFZ-Reichweite kann man den NEFZ-Verbrauch im "ladungserhaltenden Modus" errechnen, also zum beispiel für den Fall, dass die Batterie leer ist. Dabei ergeben sich 6,9 Liter/100 km. Das heißt, man spart keinen Sprit im Vergleich zum 540i, der mit 6,7 Liter angegeben ist.

Fahrmodi: Wieder ganz anders als beim X3

Überhaupt, die Modi. Da geht es bei mir zugegebenermaßen etwas durcheinander, denn die Logik ist hier wieder eine komplett andere als beim (kurz danach, aber am selben Tag gefahrenen) X3 xDrive30e). Im Plug-in-X3 stehen die vom Verbrenner her bekannten Modi (Sport, Comfort und EcoPro) im Vordergrund; die drei Hybridmodi werden mit einer einzigen Taste (eDrive) aktiviert, die dann mehrmals gedrückt wird.

Ganz anders im 545e, hier gibt es Tasten für den Sport-Modus (mit Zusatz-Sound aus dem Lautsprechern), den Hybrid-Modus (automatischer Antriebsmix, entspricht Auto eDrive) und Electric (Elektomodus, entspricht Max eDrive). Dazu gibt es noch eine separate Taste mit Batteriesymbol für den Save-Battery-Modus:   

Offenbar hat BMW bei der Bezeichnung der Modi noch keine einheitliche Linie gefunden. Wenn man von einem PHEV auf ein anderes wechselt, fällt das unangenehm auf. Das mag ein Journalisten-Problem sein, aber wir Schreiberlinge müssen den ganzen Modus-Wirrwarr ja erklären, und das wird durch die wechselnden Bezeichnungen nicht einfacher. Sei's drum. Wir haben uns ohnehin damit abgefunden, bei PHEVs nicht alle Modi zu verstehen und schon gar nicht alle Wechselbeziehungen zu erklären.

Auch den Battery-Control-Modus haben wir ausprobiert. Damit wird ein Ladezustand festgelegt, der für später erhalten bleibt, was zum Beispiel für eine rein elektrische Stadtfahrt am Schluss sinnvoll sein kann. Eigentlich müsste die Restreichweite-Anzeige in diesem Modus dann stehenbleiben, hatte ich erwartet. Doch auf meiner Fahrt stieg die angezeigte Reichweite um zwei Kilometer. Der Grund ist offenbar die rekuperierte Energie.

Der Verbrenner wird aber normalerweise nicht genutzt, um per Generator Strom zu erzeugen. Das ist wegen der mehrfachen Energieumwandlungen ineffizient. Man kann das aber tun, wie mir Projektleiter Fritz Klein sagt. Dafür muss man allerdings etwas herumklicken, so Klein. 

 

Ein neues Feature ist offenbar die "adaptive Rekuperation". Sie erkennt Gefälle, Ampeln, Tempolimits und dergleichen und passt die Rekuperation daran an. Das bedeutet offenbar, dass vor dem Tempolimit dann eine stärkere Rekuperation aktiviert wird. Manuell eingreifen kann man bei der die Stärke der Rekuperation nicht.

Cockpit mit neuem Instrumentendisplay

Der erste Blick des Fahrers fällt auf das neue BMW-Instrumentendisplay, das mit seinen eckigen Formen immer noch etwas ungewohnt wirkt. Für meinen Geschmack ist auch etwas zu viel Information darauf; ich würde mir einen zweiten Anzeigemodus mit weniger Daten wünschen. Aber die Brillanz und Größe des Displays überzeugt.

Auch die Anzeigequalität des großen Infotainment-Displays in der Cockpit-Mitte überzeugt. Dort wird zum Beispiel die Navikarte gezeigt und man kann Details einstellen. Die Bedienung erfolgt per Fingertipp. Erst nachträglich, beim Betrachten der Bilder, fiel mir auf, dass der Wagen nach wie vor einen "Dreh-Drück-Steller" hat, auf den ich gut und gern verzichten könnte.

Assistenzsysteme: Automatisches Anfahren nach dem Stopp

In Sachen Assistenzsysteme probierte ich zuerst den Abstandstempomaten aus. Es dauerte eine Weile, bis ich mich zurechtfand; der Einsteiger tut sich damit nicht ganz so leicht. Wenn ich auf Set drücke, wird nicht das aktuelle Tempo eingefroren, sondern man landet bei einem geraden Wert, also zum Beispiel nicht 65 km/h, sondern 60 km/h. Erst nach Rücksprache mit Fritz Klein finde ich heraus, dass ich bei 65 km/h lande, wenn ich den deaktivierten Tempomaten bei diesem Tempo anschalte.  

Viele Abstandstempomaten verfügen inzwischen über eine Stop-and-Go-Funktion, sie halten also automatisch hinter dem Vordermann, wenn dieser bis zum Stand bremst. Bleibt der Vordermann aber länger als ein paar Sekunden stehen, fährt das Auto in der Regeln nicht automatisch wieder an. Das ist so Vorschrift, hieß es bislang immer, denn ein Fußgänger könnte inzwischen zwischen die Autos getreten sein; daher muss man als Fahrer selbst aktiv werden.

Nicht so beim neuen 5er; er fährt auch nach längerer Zeit wieder an. Kann der BMW etwa per Ultraschallsensoren ausschließen, dass ein Fußgänger vor dem Auto steht? Das geht oft nicht, weil es zu schnell passiert, erklärt mir Fritz Klein. Nein, beim 5er ist eine Kamera auf den Fahrer gerichtet. Diese erkennt, ob ich nach vorne blicke - dann fährt das Auto automatisch wieder an. Wenn ich an der roten Ampel meine Mails auf dem Handy checke, tut er es nicht. Wow, solche technischen Innovationen gefallen mir. Damit wird der Stop-and-Go-Abstandstempomat wohl viel nützlicher, vor allem im Feierabendstau.

Sogar rote Ampeln werden erkannt

Außerdem erkennt die Verkehrszeichenerkennung inzwischen auch Ampeln, wie das Head-up-Display auf diesem Foto zeigt:

Links neben dem Ampelsymbol steht "Set"; das lässt vermuten, dass der Wagen auch automatisch wieder anfährt, wenn die Signalanlage auf Grün umspringt. Überprüfen konnten wir das auf der Testfahrt nicht. Mein Wagen fuhr zwar in dieser Situation automatisch an, aber es stand immer ein anderes Fahrzeug vor meinem. Daher könnte das Losfahren auch dadurch verursacht worden sein.

Vermutlich hat BMW dieselbe Logik wie beim automatischen Wieder-Anfahren verwirklicht: Wenn man nicht nach vorne schaut, wird das Auto wohl auch bei Grün nicht losfahren. All das müsste man noch mal im Detail prüfen und erfragen; dazu war bei dem Testtermin nicht genug Zeit. Aber cool wäre dieses Feature schon; ich kenne es auch bisher von keinem anderen Auto.

Ebenfalls neu beim 5er, aber von anderen Autos bekannt, sind ein automatischer Spurwechsel (BMW-Bezeichnung: "Aktive Navigation") und die Unterstützung der Rettungsgasse im Autobahn-Stau:

Außerdem soll man künftig das Handy als "Digital Key" zum Entriegeln nutzen können. So kann man auch anderen (zum Beispiel der Werkstatt, dem Partner oder der Tochter) einen digitalen Schlüssel senden. Dabei kann man zum Beispiel auch ein Maximaltempo oder eine maximal nutzbare Leistung festlegen, wenn man sicher sein will, dass der 18-jährige Nachwuchs mit dem Wagen nicht gleich die Höchstgeschwindigkeit erprobt.

Cool, aber all das geht zunächst allerdings nur mit dem Apple iPhone, wie mir BMW-Expertin Tanja Klossek sagt. Das liegt an einem NFC-Chip, die bei Android-Handys noch nicht implementiert ist, soll sich aber demnächst ändern.   

Kofferraum: Dicke Stufe durch den Tank

Bei einer Pause auf der Testfahrt nahm ich auch den Kofferraum mal in Augenschein. Öffnet man nur die Klappe, dann sieht er recht ordentlich aus, man merkt auf den ersten Blick nicht, dass der Tank den Kofferraum verkleinert. Klappt man aber die Rücksitze um und sieht sich das Ganze vom Fond aus an, dann sieht man eine gewaltige Stufe von gut und gerne 10 Zentimeter Höhe.

Kurz zur Erläuterung für alle, die den Test des X3 xDrive30e nicht gelesen haben: Der Akku befindet sich bei diesen beiden BMW-PHEVs dort, wo normalerweise der Tank ist, während der Kraftstofftank über der Hinterachse die Höhe des Stauraums verringert. Der Kofferraum verkleinert sich von 530 auf 410 Liter; wie viel der Tank fasst, ist noch nicht bekannt.

Marktstart, Preis und Ausstattung

Der 545e xDrive kommt im November 2020 auf den Markt. Die Preise beginnen bei 68.235 Euro. Damit ist er rund 11.000 Euro teurer als das Vierzylindermodell 530e xDrive. Dazu kommt, dass der 545e xDrive die Förder-Obergrenze von 65.000 Euro netto überschreitet, womit sich die Preisdifferenz nochmal um fast 6.000 Euro erhöht. Das wäre dann fast schon ein Drittel mehr, als der entsprechende 530e kostet.

Beim 545e kann man anders als beim 530e weder Karosserieform noch Antriebsart wählen, es gibt ihn nur als Limousine mit Allradantrieb. Das kommt wohl einfach daher, dass die erwarteten Verkaufszahlen nicht so hoch sind wie beim Vierzylindermodell, vermute ich. "Auch der 540i verkauft sich ja nicht so oft wie der 530i", sagt Fritz Klein dazu und stimmt mir damit zu.  

Die Ausstattung des 545e ist offenbar im Prinzip die gleiche wie beim 530e (und den anderen 5ern). Sie umfasst unter anderem 17-Zoll-Alufelgen, LED-Scheinwerfer, Licht-und Regensensor, Parkpiepser vorne und hinten, elektrisch einstellbare und beheizte Außenspiegel, Tempomat, 10,3-Zoll-Touchscreen, Navigationssystem, DAB-Radio, elektrische Sitzverstellung und Zweizonen-Klimaautomatik. Das Instrumentendisplay kostet Aufpreis, Serie sind herkömmliche Instrumente. 

BMW 545e xDrive (2020): Eigene Bilder

Fazit: 8/10

Sie werden es erkannt haben: Am meisten beeindruckt hat mich am 545e nicht der Plug-in-Hybrid-Antrieb, sondern die Innovationen in Sachen teilautonomes Fahren. Beim Abstandstempomat fand ich bisher die Stop-and-Go-Funktion eher unnütz, weil das Auto nach dem Stopp im Stau nicht automatisch wieder anfuhr. Das scheint beim neuen 5er anders zu sein.

Der Antrieb ist souveräner als beim Vierzlinder-Plug-in-System des X3 xDrive30e. Ausfahren kann man so ein Auto aber sowieso eher selten, wie auch unsere Testfahrt zeigte: Meist ist das Tempo ohnehin beschränkt oder man hängt hinter einem LKW fest. So reichte es auf der anderthalbstündigen Ausfahrt nur für einen Adrenalinstoß von ein paar Minuten - das ist wohl symptomatisch für den heutigen Straßenverkehr. Mir leuchtet da die Notwendigkeit starker Motorisierungen immer weniger ein. Das mag bei Ihnen ganz anders sein, aber Sie sollten prüfen, ob das einen Mehrpreis von fast einem Drittel rechtfertigt.

Der 545e xDrive ist auch ungefähr 6.000 Euro teurer als der 540i xDrive. In diesem Vergleich lohnt sich das Plug-in-Modell allenfalls, wenn man öfter elektrisch fährt und damit Sprit spart, denn der 540i ist noch deutlich stärker. 

Einen Minuspunkt muss ich dem 545e auch in Sachen Kofferraum geben; die große Stufe nach dem Umklappen der Rücksitze ist schon ein gewisser Nachteil gegenüber einem 5er mit reinem Verbrenner-Antrieb. Alles in Allem käme für mich wohl eher der 530e Touring in Betracht.   

© Motor1.com