Beim X3 verwirklicht BMW erstmals die "Power of Choice"
The Power of Choice: Unter dieser Maxime sollen BMW-Kunden künftig in den einzelnen Modellreihen die Wahl zwischen fossilem Verbrenner-Antrieb, Plug-in-Hybrid-Antrieb sowie reinem Elektroantrieb haben.
Der X3 ist der erste BMW, bei dem diese Maxime bereits verwirklicht ist: Mit Benziner und Diesel gibt es das Mittelklasse-SUV ohnehin, im Frühjahr 2020 kam ein Plug-in-Hybrid hinzu und demnächst noch der rein elektrisch angetriebene iX3. Wir haben nun die Plug-in-Hybrid-Variante X3 30e xDrive getestet.
Der Antrieb des X3 xDrive30e ist der gleiche wie beim BMW 330e und 530e: Ein Vierzylinder-Benziner mit 184 PS werkelt unter der Haube; das dürfte der Motor aus dem X3 xDrive20i sein. Zusammen mit dem Elektromotor (80 kW/109 PS) erzeugt er eine Systemleistung von 292 PS. Dabei befindet sich der Elektromotor zwischen dem Verbrenner und dem Achtgang-Automatikgetriebe, das die Kraft beider Motoren auf die beiden Achsen verteilt - so ergibt sich ein Allradantrieb (xDrive).
Die Batterie ist dort untergebracht, wo sich sonst der Kraftstofftank befindet, also vor der Hinterachse. Der Tank wandert daher nach hinten und befindet sich nun über der Hinterachse, was den Kofferraum verkleinert - aber dazu später mehr.
Auf unserer kurzen Testfahrt rund um Garching (bei München) ließ der Antrieb keine Schwächen erkennen. Das war angesichts der Daten auch nicht zu erwarten: 420 Newtonmeter Drehmoment und ein Normsprint in 6,1 Sekunden stehen im Datenblatt. So geht es flott vorwärts; negativ fielen nur die im Vergleich zu einer Limousine deutlich stärkeren Windgeräusche auf.
Rechts neben sich neben dem Automatikhebel findet der Fahrer vier Knöpfe, mit denen die vom Verbrenner bekannten Fahrmodi Comfort, Sport und Eco Pro aktiviert werden. Außerdem gibt es dort die eDrive-Taste, mit der der Hybridmodus gewählt wird. Wenn man sie betätigt, erscheinen drei Optionen zur Wahl, nämlich Auto eDrive (normaler Hybridmodus), Max eDrive (Elektromodus) und Battery Control:
Im Battery-Control-Modus lässt sich ein Ladezustand (SoC) in Prozent einstellen, der nicht unterschritten wird. Liegt der SoC unter dem Zielwert, wird der Akku sogar aufgeladen, was natürlich nicht effizient ist, weil man zuerst chemische Energie (aus Benzin) in elektrische Energie (Strom für den Akku) wandelt, und später wieder zurück. Aber wenn man es möchte, kann man es tun.
Normalerweise lädt man den X3 xDrive30e über den Ladeport links vorne. Und zwar an der normalen Haushaltssteckdose, eine Wallbox ist eigentlich nicht nötig. Das führt bei 16 Ampere zu einer Ladeleistung von 3,7 kW, was auch ausreicht, denn der 12 kWh (brutto) große Akku in weniger als drei Stunden wieder zu 80 Prozent voll. Auch wenn die vorhandene Steckdose in der heimischen Garage nicht ganz so viel Strom liefert, lädt sich der Wagen über Nacht leicht wieder voll auf.
Und wenn man nicht lädt? Dann spart man auch keinen Sprit. Aus der elektrischen Reichweite nach NEFZ von 55 Kilometern und dem NEFZ-Verbrauch von 2,1 Litern kann man den NEFZ-Normverbrauch bei leerer Batterie errechnen; er beträgt 6,7 Liter. Das ist sogar minimal mehr als der xDrive20i (6,6 Liter) verbraucht. Die nominale Mehrleistung (292 PS beim xDrive30e gegenüber den 184 PS des reinen Benziners) dürfte allenfalls kurzzeitig zur Verfügung stehen. Also: Wer sich den Plug-in-X3 kauft, sollte auch aufladen.
Der Fahrer guckt auf das neue Instrumentendisplay von BMW, das mit seinen eckigen Formen etwas ungewohnt wirkt. Vielleicht stört sich mancher auch an der Fülle dicht gedrängter Informationen; hier würde ein zweiter, vereinfachter Anzeigemodus helfen. Die Anzeigequalität ist jedoch prima, und wir fanden uns auf Anhieb zurecht.
Rechts daneben, in der Mitte des Cockpits, gibt es ein großes Infotainmentdisplay im Querformat mit ebenfalls brillanter Anzeige:
Der Automatik-Wahlhebel ist der neue elektronisch bediente, die traditionelle "Kulissenschieberei" (das Bewegen des mechanischen Hebels durch eine Kulisse) entfällt also. Wer will, kann über Lenkradwippen in die Gangwahl eingreifen.
Daneben befindet sich nach wie vor ein "Dreh-Drück-Steller", also ein Bedienrad, über das sich das Geschehen auf dem Infotainmentdisplay steuern lässt. Darauf könnte ich gut und gerne verzichten, da es sich um einen Touchscreen handelt.
Wenn ich BMW-Pressesprecher wäre, würde ich dazu sagen: Es gibt halt Kunden, die das bevorzugen, zumal es manchmal sicherer ist, als mit dem Finger bei Tempo 200 auf dem Monitor herumzusuchen. Das mag sein, aber bei Tempo 100 würde ich sowieso die Finger von solchen Einstellungen lassen. Ehrlich gesagt, mir ist das Bedienrad erst auf den selbstgemachten Bildern aufgefallen, so unnötig ist es ...
Im Fond habe ich mit meinen 1,76 Meter Körpergröße mehr als genug Platz, vor den Knien genauso wie über dem Kopf.
Auch der Kofferraum ist sehr alltagstauglich, lässt auf den ersten Blick nicht erkennen, dass er kleiner ist als sonst beim X3. Sogar nach dem Umklappen der Rücksitze ergibt sich ein ziemlich ebener Ladeboden. Guckt man genauer, erkennt man eine kleine Stufe (siehe Bildergalerie), die den Gebrauchswert kaum schmälert.
Doch da sich der Tank über der Hinterachse befindet, wie anfangs erwähnt, ist das Volumen kleiner als bei einem normalen Modell -wie bei Plug-in-Hybriden üblich. Statt 550-1600 Liter wie bei den fossilen Modellen stehen hier nur 450 bis 1.500 Liter zur Verfügung. Auch der Tank schrumpft, und zwar von 65 auf 50 Liter. Beides lässt sich wohl verschmerzen.
Allerdings liegt das Ladekabel (in einem Beutel) im Gepäckabteil, da es keinen eigenen Platz dafür gibt. Unter dem Ladeboden befindet sich nur ein Stauraum für das Gepäckraum-Trennnetz.
Den X3 mit Plug-in-Hybrid-Antrieb gibt es ab 56.148 Euro. Damit liegt er zwischen 40.000 und 65.000 Euro Nettolistenpreis und qualifiziert sich damit für eine Förderung von 5.625 Euro (3.750 Euro vom Staat und 1.875 Euro von BMW), man landet also bei 50.523 Euro. Damit liegt der Preis zwischen den konventionellen Versionen 20i und 30i in der gleichen Ausstattung (Version Advantage): Den xDrive20i gibt es ab 46.303 Euro, den 252 PS starken xDrive30i ab 53.029 Euro.
Die Serienausstattung ist schon recht umfassend. Dazu gehören 18-Zoll-Aluräder, LED-Scheinwerfer, automatische Heckklappenbetätigung und Parkpiepser vorn und hinten. Innen finden sich 5,7-Zoll-Instrumentendisplay, 8,8-Zoll-Infotainmentdisplay, Dreizonen-Klimaautomatik und DAB-Radio.
Der X3 xDrive30e bietet viel Power und ließ zumindest auf unserer kurzen Ausfahrt keine Schwächen erkennen. Der deutlich höhere Preis als beim konventionellen Benziner lohnt sich jedoch nur, wenn man den Akku auch regelmäßig auflädt. Sonst profitiert man weder vom elektrischen Boost noch von den Spritsparfähigkeiten. Ansonsten beeindruckt das gegenüber dem konventionellen X3 kaum geschmälerte Raumangebot in Fond und Kofferabteil.