Der direkte Vergleich mit dem alten M4 zeigt die Unterschiede auf
Im Prinzip ist die Situation wie gemalt. Ich gurke am Freitag Abend die knapp drei Stunden von München zum Sachsenring und freue mir dabei gut 37 Löcher in den Bauch. Den Grund für den imaginären Schweizer Käse in meiner Körpermitte liefert die M GmbH.
Ich werde morgen früh einen Prototypen des kommenden BMW M4 fahren. Und dazu noch - um meinem müden Hirn den Vergleich zu erleichtern - einen M4 Competition der letzten Generation (interner Code F82).
Schön, wenn man als Autojournalist mal nicht nur Hotelkosten verursacht und Buffets niederfräst, sondern ernsthaft als Testfahrer für ein künftiges Performance-Gerät gefragt ist. Zumindest bittet Carsten Wolf, Projektmanager Fahrzeugeigenschaften M3/M4, am Samstag morgen in der Box um schonungslose Meinung. Es sei noch Zeit, um Änderungen in die Serie einfließen zu lassen. Das Problem ist nur: In Oberlungwitz regnet es seit Stunden in Strömen und so ein klatschnasser Sachsenring limitiert den Erkenntnisgewinn bei einem 480 PS starken Hecktriebler dann doch ein wenig.
Sicher sind Sie auch gerade an der schönen Zahl 480 hängengeblieben. Diese markiert den neuen Einstieg in die Welt von M3 und M4. Und zwar exklusiv in Kombination mit einem Sechsgang-Schaltgetriebe. Inzwischen ein absolutes Alleinstellungsmerkmal in diesem Segment.
Als waschechter Enthusiast können Sie nun also auch offiziell den Partyhut aufsetzen und Ihre verdutzten Nachbarn zu einer spontanen Polonaise auffordern. M-Entwickler Jörg Weidinger sagt mir noch im Vorbeigehen: "Ob das aus wirtschaftlicher Sicht Sinn macht ist erstmal nicht so wichtig. Das Schaltgetriebe gehört zu unserer DNA und wir kämpfen hart dafür." Worte, so wohlig wie eine laue Sommernacht.
Wer Schalten langsam und nervig findet, darf künftig zu M3 und M4 Competition greifen. Hier kommt der erstmals in X3 M und X4 M eingesetzte 3,0-Liter-Biturbo-Sechszylinder mit einer M-spezifischen ZF-Achtgang-Automatik. Er leistet dann 510 PS und laut BMW "bis zu 650 Nm". Das wären 50 Nm mehr als bisher.
Später schieben die Garchinger dann auch noch einen Competition mit M xDrive-Allradantrieb nach. Zum ersten Mal überhaupt im M3/M4. Das System ist seit 2016 aus dem großen Bruder M5 bekannt und liefert einen sehr heckbetont arbeitenden Vierradantrieb, den man per Knopfdruck auch zum reinen Hinterradantrieb machen kann.
Also keine Sorge, liebe Fans des exaltierten Heckschwenks, die Youtube-Corner auf der Nordschleife bleibt weiterhin fest in BMW-Hand.
Apropos: Inzwischen hat man mich in den 450 PS starken M4 Competition der letzten Generation gepackt. Der F82 markierte 2014 nach vier M3-Saugern (mit vier, sechs und acht Zylindern) den Beginn der Sechszylinder-Biturbo-Ära. Oft wurde in diesem Zusammenhang moniert, dass seine 550 Nm etwas arg euphorisch über die arme Hinterachse herfallen und er - gelinde gesagt - ein recht widerspenstiges Biest sei. Gerade bei Nässe.
Meine Handvoll Runden auf einem Sachsenring, der noch immer einer Badewanne mit kaputtem Ablauf gleicht, bestätigen das größtenteils. Viel kannste natürlich nicht sagen, wenn du mit Schleichgas über die Strecke rollst, aber meistens reicht ein wenig zu viel Zuckung im rechten großen Zeh und prompt geht der Hobel quer.
Ansonsten stelle ich fest, dass der alte M4 noch immer fürchterlich begehrenswert aussieht und sich auch beim Fahren absolut up to date anfühlt. "Wir haben ja bis zuletzt die Vergleichstests gewonnen, da ist es schon eine Herausforderung, den Nachfolger in allen Belangen nochmal ein gutes Stück besser zu machen", sagt Fahrwerksentwickler Wolf.
So richtig viel will man mir beim heutigen Termin über die Feinheiten des neuen Fahrwerks allerdings noch nicht verraten. Im Vergleich zum Chassis der Vorgänger-Modelle ist natürlich alles neu. "Der neue 3er bietet uns hier mit seiner wesentlich steiferen Struktur eine hervorragende Basis", erklärt Wolf.
Wie man das inzwischen gewohnt ist, erhalten M3 und M4 komplett eigenständige und wesentlich breitere Achsen. Entsprechend wächst auch die Karosserie um gut 5 Zentimeter in die Breite. Dazu kommen ein umfangreiches Strebenpaket für noch mehr Steifigkeit und breitere Reifen, die das Auto stabiler machen sollen. Erstmals werden M3 und M4 auf Rädern mit Mischbezollung stehen, sprich: 19 Zoll vorne und 20 Zoll hinten.
Natürlich gilt auch für einen M3/M4, dass er schneller sein muss als sein Vorgänger, aber Wolf betont, dass es ebenso um eine Steigerung in puncto Alltagstauglichkeit geht. Da spielen Dinge wie Geräuschentwicklung und Langstreckenkomfort ebenso eine Rolle wie Beherrschbarkeit und Stabilität im Grenzbereich.
Ob die schlauen M-Köpfe in dieser Hinsicht sauber gearbeitet haben, darf ich jetzt herausfinden. Erfrischenderweise hat BMW zur ersten Probefahrt je einen M3 und einen M4 mit Handschalter aufgefahren. Der erste Blick in den nach wie vor stark getarnten M4 löst gleich mal heftigen Alarm in der Augengegend aus, denn das Sportgestühl trägt knallhart schlumpfblaues Leder mit neongelben Nähten (in der unten angehängten Galerie leider nicht zu sehen).
"Das Auto wirkt stabiler und hat in Sachen Traktion mehr Reserven. Gefühlt kann man ein gutes Stück mehr pushen, bevor der Grip an der Hinterachse abreißt."
Allerdings ändert die Flamboyanz der Polsterung nichts am typisch sachlichen Charme des Cockpits. Gut so. Die Bedienung der M-spezifischen Performance-Einstellungen, Fahrmodi, Instrumenten-Grafiken und der beiden M1- und M2-Taster am Lenkrad übernehmen M3 und M4 von den jüngsten M-Modellen wie dem M5 Facelift.
Das Lenkrad ist wie gewohnt stark aufgepolstert, der Schalthebel fast sich ordentlich an, rastet jedoch ein wenig gummig ein und gibt einem nicht unbedingt das Gefühl absoluter Klarheit und Präzision, wie das etwa bei Porsche der Fall ist.
Ansonsten fallen auf der leider weiterhin pitschnassen Strecke vor allem zwei Dinge auf: Das Auto wirkt stabiler und hat in Sachen Traktion mehr Reserven. Gefühlt kann man ein gutes Stück mehr pushen, bevor der Grip an der Hinterachse abreißt.
Außerdem ertönt aus den vier monströs anmutenden Auspuffendrohren ein verdammt guter Klang. Ehrlich gesagt war das künstlich aufgeblasene Aggro-Geschwurbel des Vorgängers mit seinem unaufhörlichen und nervigen Schubbrabbeln eine mittelschwere Zumutung. Jetzt klingt das Auto wesentlich natürlicher und doch voller, mehr nach Rennsport.
Würde ich Ihnen jetzt noch erzählen, wie unglaublich gierig der neue Dreiliter durchzieht oder wie feinfühlig und präzise das Handling nahe des Grenzbereichs ist, dann wäre das schlichtweg frei erfunden. Wenn das Wasser auf der Strecke steht, fährste halt leider nicht besonders schnell, sorry.
Was bessere Fahreindrücke angeht, müssen wir uns also noch ein wenig gedulden. Vermutlich bis Anfang 2021, denn obwohl die offizielle Premiere in knapp drei Monaten über die Bühne geht, dauert es bis zum Marktstart des neuen M3/M4 tatsächlich noch ein wenig länger.
Wissen Sie, über was wir jetzt noch gar nicht gesprochen haben? Stimmt, die Riesen-Zahnspange, den Monster-Grill, die XXL-Niere. Der M3 kriegt das Ding übrigens auch, dafür leg ich meine Hand ins Feuer. Aber bisher hat noch jede Generation der Ikone auf ihre Weise absolut episch ausgesehen. Die Hoffnung bleibt, dass sie es auch dieses Mal wieder hinbekommen.