Spanischer Golf-Bruder mit 150-PS-Mildhybrid
Er brachte die Wende für Seat: Seit 2012 wurden rund eine Millionen Fahrzeuge der dritten Generation des Leon verkauft. Mit schickem Design luchste der Leon dem technisch ähnlichen VW Golf so manchen Kunden ab. Kurz nach dem neuen Golf 8 geht nun der Leon IV an den Start. Wiederholt sich die Geschichte? Wir haben den Seat Leon 1.5 eTSI mit 150 PS getestet.
Richtig. Seat hat die gelungene Formensprache des bisherigen Leon weiterentwickelt. Von vorne ähnelt der neue Leon dem Tarraco, hinten fällt das durchgehende Leuchtenband auf. Zu den optischen Kniffen zählen die Sicken in der Motorhaube und der vordere Stoßfänger der FR-Ausstattung. Generell setzt der Leon wie gehabt auf eine sportliche Note. Ob schnittig oder beliebig, liegt im Auge des Betrachters.
Wenden wir uns lieber den handfesten Daten zu: Der Radstand wächst um 5 Zentimeter auf 2,69 Meter. Die Länge der vierten Generation erreicht 4,36 Meter oder 8,6 cm mehr als beim bisherigen Leon, während das Kofferraumvolumen des Fünftürers unverändert 380 Liter beträgt.
Das Plus bemerkt man vor allem im Fond, dort ist das Platzangebot sehr gut. Selbst lange Beine bekommt man luftig unter. Allenfalls mäßig ist hingegen die Sicht nach hinten. Auf den vorderen Sitzen entsteht das Gefühl von Geräumigkeit auch durch das stark reduzierte Cockpit.
Digitale Instrumente (immer Serie) plus ein 10-Zoll-Touchscreen (8,25 Zoll an der Basis) in unserem Testwagen vereinen so gut wie alle Bedienfunktionen. Echte Knöpfe entdeckt man wie im VW Golf und Skoda Octavia kaum noch. Stattdessen links neben dem Fahrer ein Touchpad fürs Licht, berührungsempfindliche Reglerleisten für die Klimatisierung und der winzige Schalt-Pinöpel des DSG.
Klassische USB-Anschlüsse gibt es übrigens nicht mehr, dafür USB-C. Anders als im Ibiza hingegen gibt es im Seat Leon aber noch Haltegriffe über den Türen. Das minimalistische Armaturenbrett hat durchaus seinen Reiz. Zwei Kritikpunkte müssen aber angesprochen werden.
Erstens: Die Materialgüte ist in unserem rund 36.000 Euro teuren Testwagen zwar okay, aber auch nicht so sehr viel besser als in einem halb so teuren Ibiza. Das deckt sich mit den im VW Golf 8 gesammelten Eindrücken, der innen im Vergleich zum Vorgänger keinen solch wertigen Eindruck mehr vermittelt.
Zweitens: Die digitale Bedienung ist gewöhnungsbedürftig und nicht intuitiv. Software und Hardware scheinen sich noch nicht zu vertragen. So muss man das aufgeheizte Auto starten und gefühlt eine halbe Ewigkeit warten, ehe das System hochfährt. Erst dann wird die Klimatisierung aktiv. In unserem Fall musste zudem bei jedem Neustart des Autos die Temperatur neu eingestellt werden, ebenso die Einstellung der Klimaautomatik.
Kurz gesagt: Die Absicht der Entwickler war sicherlich lobenswert, die Theorie klingt toll, die Praxis hat aber ihre Macken.
Mit Blick auf alle klassischen Komponenten löst der neue Seat Leon das sportliche Versprechen ein, das seine Optik ankündigt. Der mit 48-Volt-Technik verstärkte 1,5-Liter-Turbobenziner mit 150 PS geht flott zur Sache, bleibt dabei aber akustisch stets dezent. Dazu passt das unauffällig schaltende DSG.
Die Mildhybridtechnik mit Riemen-Startergenerator und einer kleinen Lithium-Ionen-Batterie ermöglicht neben einer kurzfristigen Boost-Funktion auch das Segeln mit komplett ausgeschaltetem Verbrenner. Zudem ist eine Zylinderabschaltung mit an Bord.
Gut austariert zeigt sich die optionale Progessivlenkung des neuen Seat Leon (815 Euro im Dynamik-Paket mit adaptiver Fahrwerksregelung DCC), während die Fahrwerksabstimmung speziell beim "FR" recht straff geraten ist. Serienmäßig ist nämlich hier ein Sportfahrwerk. Im Verbund mit den 18-Zoll-Alufelgen (675 Euro) rollt der Leon selbst im Comfort-Modus nicht gerade geschmeidig ab.
Kommen wir zunächst zum Verbrauch: 6,4 Liter waren es im Durchschnitt, das Werk gibt zwischen 5,8 und 6,1 Liter nach WLTP-Zyklus an. Eine Fünf vor dem Komma sollte problemlos machbar sein.
29.050 Euro kostet der neue Seat Leon FR 1.5 eTSI ACT, so sein vollständiger Name, mit recht ordentlicher Serienausstattung und DSG. Hinzu kann, wie bei unserem Testwagen, noch Sonderausstattung für 7.000 Euro kommen. Wer nicht so sehr auf Sport steht, bekommt zum gleichen Grundpreis den 1.5 eTSI auch als "Xcellence".
Im Vergleich zum VW Golf sparen Leon-Kunden dennoch: Bei ungefähr ähnlicher Ausstattung und gleichem Antriebsstrang sind es über 3.000 Euro. Der Basis-Leon mit 90 PS und gar nicht so schlechter Serienausstattung (LED-Scheinwerfer, Klimaautomatik, etc.) kostet übrigens 20.820 Euro.
Er fährt unbestritten gut, der neue Seat Leon, zumal als eTSI-Mildhybrid. Auch das Platzangebot überzeugt auf ganzer Linie, ebenso der Verbrauch. Nur am digitalen Bedienkonzept samt Software und der Materialqualität sollte der Konzern noch feilen.