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Neuer BMW M5 im Praxistest

Neuer M5 ist abartig performant. Aber geht er auch ins Herz?

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München, 5. Juli 2018 - Was sollst du als Motor-Schreiberling noch groß zur Diskussion um den neuen BMW M5 beitragen? Es handelt sich hier um eine 600 PS starke Luxus-Business-Limousine, die einen abschaltbaren Allradantrieb hat, damit du selbst entscheiden kannst, ob du sehr sehr schnell und sicher oder sehr sehr lustig, quer und nicht ganz so sicher fahren willst. Das beste aus allen Welten. Für jeden (mit einem prall gefüllten Bankkonto) genau das Richtige. Er wurde in so gut wie jedem Testbericht in den Himmel gelobt. Auf der Rennstrecke hat er seine Konkurrenz nahezu blamiert. Er ist laut einem großen deutschen Sportfahrer-Magazin auf der Nordschleife und in Hockenheim nicht wirklich langsamer als ein Ferrari 458. Das muss man sich mal vorstellen. Wir halten also fest: Der neue BMW M5 ist recht omnipotent und setzt seine absurde Kraft so effizient ein, dass es dabei fast schmerzt im eigenen Schädel. Aber ist er auch einer fürs Herz? Einer, den man wirklich lieben kann? Wir hatten ihn zwei Wochen lang und haben es ausprobiert.

Einer für die Bahn
Kaum war der M5 in der Redaktion gelandet, ging es gleich mal auf große Fahrt. Termin in Frankfurt und dann schnell wieder zurück. 800 Kilometer an einem Tag schüttelt der Business-Bomber so locker aus dem Ärmel wie eine Fahrt zum Supermarkt. Wäre ja auch irgendwie komisch, wenn nicht. Die meisten Kunden schrubben selbst auf einen M5 ordentlich Kilometer drauf, nutzen ihn eher Montag bis Freitag von 8 bis 18 Uhr, als am Sonntagmorgen um Fünf. Bemerkungen: Dass die irrsinnige Elastizität seines V8 auch auf der Bahn (und das dank optionalem Drivers Package bis 305 km/h) alles platt macht, ist wohl keine große Überraschung. Wie er selbst bei 240 km/h noch beinahe gewaltsam zusetzt, aber vielleicht schon. Ganz anders als beim Vorgänger: Aufgrund des Allrads bleibt angsteinflößender Wheelspin aus, wenn man bei 190 Sachen das Gas durchdrückt. Je nachdem, wie Sie sich gerne Ihre Kicks holen, kann das als Vor- oder Nachteil gesehen werden. Unbestritten aber: Er ist ein Auto für die großen Geschwindigkeiten. Die man jetzt noch weniger merkt. Natürlich ist das Fahrwerk straffer als bei einem normalen 5er, aber solange man die Dämpfer nicht auf "Sport Plus" befehligt, ist einigermaßen Wellness an der Wirbelsäule. Absolut hervorragend: Das Sportgestühl. Wenn auch für zartere Menschen fast ein bisschen die Gefahr besteht, in den Riesendingern verloren zu gehen. Ganz generell ist der 5er über die Jahre zu einem gewaltigen Schiff mutiert. Das Geborgenheits- und Wohlfühllevel ist unumstritten hoch. Nur fühlt man sich mittlerweile mehr wie ein einem Zelt als in einem Handschuh.

So. Verflucht. Schnell
Nächster Halt: Landstraße. Eher so eine, wo man gerne mal eine halbe Stunde Umweg in Kauf nimmt, um sie zu fahren. Der kleinere, leichtere Vorvorvorgänger E39, dieser Inbegriff der Sportlimousine mit seinen noch "überschaubaren" 400-Sauger-PS wäre hier vollstens in seinem Element gewesen. Der Neue, der F90, kann es auch noch. Wenn auch auf einem komplett anderen Level. Hier kriegst du das erste Mal eine Ahnung davon, dass der neue M5 wohl wirklich schneller ist als seine lächerlich schnelle Konkurrenz um AMG E 63, Panamera Turbo oder Cadillac CTS-V. Er kommt dabei ohne Schnickschnack wie Hinterradlenkung oder eine elektromechanische Wankstabilisierung aus. Trotzdem fühlt er sich an, als hätte er die Stabilität erfunden. Weniger kann sich so ein monumentaler Leib beim besten Willen nicht bewegen. Dieser Umstand plus Allrad-Grip plus wirklich sehr sehr gut aufgelegte 600 PS bedeuten: Man möchte sich bei den Zahlen auf dem Tacho eigentlich vor Angst in die Hose machen, aber der M5 lässt das Spektakel wirken wie ein Videospiel mit aktivierter Linienführung. Er durchfährt eine Kurve nicht, er macht sie kaputt. Eiskalt. Trocken. Hoffnungslos effizient. Das muss nicht jedem gefallen. Vor allem nicht, wenn man sich ein bisschen Theater wünscht von seiner dicke sechsstelligen Performance-Limousine. Tief beeindrucken ist es aber allemal. Und außerdem kann der Super-5er ja auch anders.

Der M5 kann auch anders
Man merkt ihm schon an, dass sein xDrive-Allrad noch ein bisschen hecklauniger ausgelegt ist als bei BMW ohnehin üblich. Bei deaktiviertem ESP oder selbst im M-Performance-Modus (mit seinem eher entspannt agierenden Rettungsanker) kann man selbst im 4WD-Betrieb schon ein bisschen Achterbahn fahren, das Heck des Dicken rutschen lassen. Tja, und wenn es noch ein wenig mehr sein soll, schickt man halt - ein Hoch auf die moderne Technik - ganz einfach die Vorderachse vom Platz. ESP aus, im Infotainment aufs M-Menü geklickt, das Häkchen bei "2WD" gesetzt und nicht vergessen, die Wochenration Mut-Pillen einzuwerfen. Jetzt kann man berechtigterweise fragen, für was das gut sein soll? Rauchiger Abbau von Alltagsfrust für gestresste Manager? Ein Zuckerl für ewig nörgelnde Autojournalisten, die um die Attraktivität ihrer Youtube-Clips fürchten? Vermutlich eher letzteres. Wobei: So ein M5, der nicht mehr in der Lage ist, seine Hinterreifen zu frittieren, ist doch irgendwie kein richtiger M5 mehr, oder? Wie sich das für seriöse Autotester gehört, haben wir die Effekte natürlich auf einer abgesperrten Strecke wirken lassen. Das Ergebnis: Ziemlich großes Kino.

Viel Elektronik statt Leichtbau
Trotz seiner optischen Fettleibigkeit schwänzelt der M5 mit dem Hintern relativ leichtfüßig hin und her. 750 Newtonmeter sei Dank. Viel Gas braucht es deshalb nicht. Das ist wohl die wichtigste Lektion, die man lernen muss: sanft ans Gas. Bei grobmotorischem Pedaltreten beginnt das Heck mit seitlichen Twerk-Bewegungen, die durch die Traktionsstärke der 285er Pirellis entstehen. Auch wenn das Auto gerne quer fährt, der Reifen hält dagegen. Zumindest in langsamen Kurven. Auf Wunsch reißt der Grip zwar ab, tut dies jedoch schlagartig. Bei hohem Tempo passiert es konstanter. Die Lösung: Einfach immer schnell fahren! Und die Lenkung auf Comfort stellen. In den anderen Modi wächst der Lenkwiderstand nämlich in solch unnatürlichem Maße, dass schnelles Gegenlenken kaum noch möglich ist. Es braucht also etwas mehr Herumgedrücke und Modi-Gewechsle als man vermuten würde, danach läuft es allerdings wie eh und je. Nach einigem ernsten, fundierten und professionellen Herumgeballere verwundert es nämlich nicht mehr, dass BMW mit dem M5 einen Weltrekord im Driften aufstellen konnte.

Es fehlt ein bisschen was fürs Herz
All das klingt, als wäre der neue BMW M5 die beste, schnellste, schönste, überragendste Limousine auf dem Erdball. Vermutlich ist er das nach allen Kriterien, die man messen kann, auch. Aber da ist noch was. Etwas anderes. Etwas, dass man nicht messen kann. Und da hat uns der Super-Bimmer - ich traue es mich kaum zu sagen - ein bisschen ratlos zurückgelassen. Warum? Weil es bei aller Power, Dominanz und unendlicher Dynamik einfach ein bisschen schwierig ist, dieses Auto zu fühlen. Die Lenkung ist absurd direkt und verbindlich, fühlt sich aber an, als hätte man eine Packung Radiergummis in ihr zwischengelagert. Der Biturbo-V8 - ein absoluter Berserker. Völlig drehzahlunabhängig. Unter 2.000 Touren? Über 6.000 Touren? Wen juckts, der M5 drückt wie etwas deutlich Leichteres mit deutlich exotischerem Namen. Ein Wahnsinns-Motor ist das. Im Schnitt mit zwölf, piano gerne auch mal mit zehn Liter fahrbar. Ein Charakterdarsteller aber ist er nicht. Er macht Vortrieb, kein Theater. Und so klingt er leider auch. Als wolle selbst der Sound effizient statt richtig aufregend sein. Ein 4,4-Liter-Achtzylinder, der irgendwie Lärm macht, aber keinen sehr schönen. Schade.

Weniger aufregend, aber wohl besser als der E 63
Ein Mercedes-AMG E 63 zum Beispiel nimmt dich von der ersten Sekunde an gefangen. Ist deftiger, gefühlsechter, ungehobelter. Er pöbelt, grölt, haut um sich und unterhält großartig. Der M5 schlägt leisere Töne an, wirkt sachlicher, analytischer. Damit ist er - zumindest für uns - das unemotionalere, weniger aufregende Auto. Die insgesamt bessere Performance-Limousine als der Daimler ist er aber wohl schon.

Gesamtwertung
Zwei Wochen M5 verzerren völlig dein Bild von Speed, von Kurvengeschwindigkeit, von der Leichtigkeit, mit der das alles vonstattengeht. Ein Effekitivitätsmonster, der Scharfschütze unter der großen Performance-Limousinen. Der auf Knopfdruck aber auch zum hecktrieblernden Driftkumpel mutiert. Ein selten gutes Auto, dass aber synthetischer und etwas künstlicher wirkt als bisher. Vor allem bei Lenkung und Sound. Vielleicht nicht das herzerwärmendste, aber sicher das beste Fahrzeug seiner Klasse. Ein Wort noch zum Preis: Der liegt bei mindestens 117.900 Euro. Dass unser Testwagen für 145.600 so gut wie keine Assistenzsysteme an Bord hatte, war uns in einem M5 zwar relativ egal, ein bisschen diskutabel ist eine solche Aufpreispolitik aber trotzdem.

+ beste Fahrdynamik der Klasse; brachialer V8-Schub; genialer Allradantrieb; im Alltag grandios

- künstliche Lenkung; insgesamt etwas synthetisch; enttäuschender Sound

Modell BMW M5
Motor
Bauart V- Motor, Biturbo
Zylinder / Ventile 8 / 4
Antrieb Allradantrieb
Getriebe Automatik
Gänge 8
Hubraum 4.395 cm³
Leistung 441 kW bei 5.600 U/min
max. Drehmoment 750 Nm bei 1.800 U/min
Kraftverteilung variabel
Fahrwerk
Bremsen vorn Carbon- Keramik- Scheiben
Bremsen hinten Carbon- Keramik- Scheiben
Lenkung elektromechanische Servolenkung
Radaufhängung vorn Doppelquerlenkerachse
Radaufhängung hinten Fünflenkerachse
Räder vorn 275/35 R20
Räder hinten 285/35 R20
Spurweite vorn 1.626 mm
Spurweite hinten 1.595 mm
Wendekreis 12,6 m
Maße
Länge 4.965 mm
Breite 1.903 mm
Höhe 1.473 mm
Radstand 2.982 mm
Leergewicht 1.930 kg
max. Zuladung 585 kg
Dachlast 100 kg
Kofferraumvolumen 530 l
Tank 68 l
Messwerte
Höchstgeschwindigkeit 305 km/h
Beschleunigung (0-100 km/h) 3,4 s
Verbrauch gesamt 10,5 l/100 km
Verbrauch innerorts 14,5 l/100 km
Verbrauch außerorts 8,2 l/100 km
Testverbrauch Minimum 12,2 l/100 km
Testverbrauch gesamt 13,1 l/100 km
CO2-Emission 241 g/km

Stand: Juni 2018


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