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Volvos GLC-Konkurrent im ersten Test

Volvos neues SUV punktet mit Komfort und viel Sicherheit

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Barcelona,24. Mai 2017 - Ich höre die Auto-Enthusiasten bereits jammern: "Och nee, schon wieder ein neues Mittelklasse-SUV?" Und die Autojournalisten ebenfalls. In ihrem immer gleichen Duktus: "Wenn man in dieser Klasse ein neues Auto rausbringt, muss man förmlich verrückt sein. Bei DEM Wettbewerb!" Zugegeben, mir geht es da nicht viel anders. Aber das hier ist der neue Volvo XC60 und deswegen gelten komplett andere Spielregeln. "Was redet der Typ da für ein Zeug", werden Sie jetzt vielleicht denken. Aber glauben Sie mir, ich erzähle keinen Mist. Der alte XC60 war europaweit gesehen nämlich das meistverkaufte SUV seiner Klasse. Genau, DER fiesesten, kompetitivsten Klasse überhaupt. Mit Konkurrenten wie Mercedes GLC, Audi Q5, BMW X3 und wie sie nicht alle heißen. Hochkompetentes Zeug und trotzdem wollten sehr viele Menschen den Volvo. Der war neben seiner ungenommenen Volvoness zuletzt vor allem eins: ziemlich alt. Infotainment, einige Motoren, das leicht bockige Fahrwerk - alles nicht mehr ganz so knorke. Der neue XC60 möchte nun die offensichtlichen Schwächen ausbügeln, ohne das Momentum und die diversen Stärken des Vorgängers aufzugeben.

Eine Oase des inneren Friedens
Auf den ersten Blick scheint ihm das ganz gut zu gelingen. Er ist attraktiv und luxuriös und wiegt Sie in Sicherheit wie eine Meisterschaftswette auf den FC Bayern. Außerdem scheint er sehr genau zu wissen, was die Kundschaft von ihm verlangt. Übermäßige Offroad-Ambitionen sind ihm (trotz 22 Zentimeter Bodenfreiheit) ebenso fremd wie der neueste SUV-Rundenrekord auf der Nordschleife. Das bedeutet: In erster Linie ist auch der neue XC60 vor allem komfortabel, eine Oase der Ruhe und des inneren Friedens. Wie ein kleiner XC90 quasi. Und so sieht er auch aus. Distinguiert, auf eine kühle Art extrem nobel, aber spürbar kompakter, weniger SUVig, mehr wie ein aufgebockter Kombi. Innen verhält es sich ganz ähnlich: Volvo hat es glücklicherweise geschafft, den esoterisch angehauchten Skandi-Wellness-Schick eins zu eins nach unten zu verfrachten. Plattform, Motoren, Fahrwerk, Sitze, Infotainment? Sie ahnen es vermutlich. Der XC60 ist wie ein XC90-Burger mit einer Scheibe weniger Fleisch. Schmeckt also genau so gut, stopft aber nicht ganz so. Er wirkt handlicher, agiler, weniger mächtig.

Vier Motoren zum Start
Und das zum Start grundsätzlich mit Allrad und Achtgang-Automatik. Kombinieren können Sie wahlweise mit zwei 2,0-Liter-Dieseln (D4 mit 190 PS und Biturbo-D5 mit 235 PS) oder zwei 2,0-Liter-Benzinern (T5 mit 254 PS und T6 mit 320 PS). Ein paar Wochen später - also gegen Ende August - erscheint der Plug-In-Hybrid T8 mit einer Kombi aus 320-PS-Benziner an der Vorderachse und 87-PS-Elektromotor an der Hinterachse. Wenn Ihnen all das nach viel zu viel Leistung, Allrad und Automatik (sprich: nach viel zu viel Basispreis) aussieht, dann sei Ihnen zur Beruhigung gesagt: Schwächere Fronttriebler mit Schaltgetriebe, zum Beispiel ein D3 mit 150 PS, sind auf dem Weg. Nicht warten brauchen Sie auf ein ausuferndes Gelage an Sicherheitsfeatures. Der neue XC60 hat mehr passive und aktive Systeme an Bord als je ein Volvo (und damit vermutlich als jedes andere Auto dieser Welt) vor ihm.

Sehr komfortabel, nicht wirklich sportlich
Der XC60 nutzt die Fahrwerkskomponenten der 90er-Modelle. Mit Doppelquerlenkern vorne und einer Integralachse mit Verbundwerkstoff-Blattfeder hinten. Allerdings hat man Radstand und Spurweiten ein wenig eingedampft. Und ganz genauso fühlt sich das auf der Straße auch an. Wie sich der XC60 ganz generell bewegt, erinnert schon sehr an die großen Geschwister. Allerdings wirkt er vom Fahrersitz aus graziler, weniger sperrig. Mit der schieren Größe des XC90 kann man in einer Autobahnbaustelle schon mal die Flatter bekommen, der XC60 wird Ihnen dieses Schicksal weitestgehend ersparen. Erwarten Sie trotzdem keinen zackigen Sportler. Dieses SUV zu einem aufregend-involvierenden Fahrerauto zu machen, stand sicher nicht ganz oben auf der Fahrwerks-to-do-Liste. Peitschen Sie ihn also nicht wie irre durch enge Kurven, das mag er nicht sonderlich. Lassen Sie es lieber entspannt laufen und der XC60 führt Sie souverän und mit Würde durch die Biegung.

Leichter als die Konkurrenz
In den Testwagen war grundsätzlich das optionale Luftfahrwerk mit adaptiven Dämpfern verbaut. Und ja, dessen Komfort ist tatsächlich über den allergrößten Teil jeglicher Zweifel erhaben. Relativ galant über die kurzen gemeinen Stöße, ein einziger wohltuender Fluss bei allem, was die Straße Ihnen sonst so entgegenschmeißt. Ein himmelweiter Unterschied zum Vorgänger. Und wenn Ihnen der XC60 ein bisschen zu gemütlich wird (was durchaus passieren kann), dann macht der Dynamik-Modus die ganze Fuhre wenigstens ein kleines Eck straffer und wacher. Klar, richtig Wettkampfmodus ist auch das nicht, aber in den engen Ecken gibt es weniger Untersteuern und die teils recht üppigen Karosseriebewegungen, die man vom XC90 kennt, sind spätestens dann gar kein Thema mehr. Wenn Sie 2.270 Euro über haben, sind diese hier sicher nicht ganz schlecht angelegt. Weitere Fahrwerksoptionen sind ein passives Setup mit klassischen Stahlfedern sowie ein ebenfalls passives R-Design-Sportfahrwerk.

Antriebe eher Durchschnitt
Zu fahren gab es beim Termin übrigens nur dickes Gerät. Heißt: D5 und T6. Der 235-PS-Diesel ist grundsätzlich ein recht umgänglicher und leiser Typ, nöhlt und pöbel-akustikt lediglich, wenn Sie ihn richtig quälen. Performance? Ganz ordentlich, für einen Biturbo-Vierzylinder mit 480 Newtonmeter Drehmoment aber auch kein Magier des Vorwärtsdrangs. 0-100 km/h gehen in 7,2 Sekunden, maximal sind 220 km/h Höchstgeschwindigkeit drin. Um die Anfahrschwäche untenrum auszurotten, installiert Volvo neuerdings einen zwei Liter großen Druckluftspeicher, der bei voller Lotte im ersten und zweiten Gang zusätzlich Luft in den Turbo drückt. Eigentlich eine ziemlich simple, ziemlich coole Idee. Die vermutlich auch ganz gut funktionieren würde, wenn die Aisin-Achtgangautomatik ein bisschen besser aus dem Bett kommen würde. Sie schaltet weich, Geschwindigkeitsrekorde wird sie in diesem Leben aber eher nicht mehr aufstellen. Wechselt man selbst die Gänge, kann man die Anfahrschwäche deutlich mindern, aber wie oft werden Sie das schon tun in einem schwedischen SUV ohne Schaltpaddles? Eben. Und so bleibt es dabei: Volvos Drive-E-Motoren sind ohne Frage sehr angenehme Zeitgenossen, sonderlich leidenschaftlich oder ausgesprochen dynamisch wirken sie aber nicht. Das gilt auch für den 320 PS starken Turbo-plus-Kompressor-Benziner im T6. Natürlich ist er deutlich leiser und schneller als der Diesel (lediglich auf der Jagd nach den roten Bereich kann er etwas knurrig werden). Auf dem Papier ist er mit 0-100 km/h in 5,9 Sekunden auch mordsmäßig schnell. Aber irgendwie fehlt ihm so ein bisschen die Durchschlagskraft, das Souveräne, das ähnlich starke Turbo-Sechszylinder in der Regel auszeichnet.

Wunderschönes Interieur
Soll der neue XC60 also richtig fett punkten, müssen wir den Motor- in Richtung Innenraum verlassen. Mattes Holz, helles, weiches Leder, ein bisschen Aluminium an den richtigen Stellen und all das in verblüffender Qualität zusammengeschraubt. Auch im XC60 herrscht eine wohltuend eigene, sehr skandinavische Atmosphäre. Eine Mischung aus Designhotel und Morgenspaziergang in einem nordischen Nadelwald. Wenn es derzeit irgendjemand schafft, die deutschen Premium-Marken bei der Interieur-Güte auszustechen, dann ist es definitiv Volvo. Das Cockpit selbst erinnert ziemlich stark an die 90er-Modelle. Das Infotainmentsystem wurde nach Kunden- und Journalistenkritik ein wenig überarbeitet: Es gibt nun mehr Farben, die Integration von Apple Carplay/Android Auto sowie größere "Tasten", die man jetzt auch trifft, wenn man keine Stecknadeln als Finger hat. Was bleibt, ist die etwas sperrige Menüführung, die oft genutzte Optionen teils umständlich in Untermenüs vergraben hält. Die Sitze hingegen sind absolut großartig und auch auf der Rückbank findet man sehr ordentlich Platz. Die Beinfreiheit ist gut, die Kopffreiheit sogar überragend. Im Kofferraum herrscht mit 505 bis 1.432 Liter Ladevolumen für diese Klasse eher Raumnot. Die geteilte Rückbank klappt aber auf Knopfdruck ebenerdig um und für diverse Mountainbikes, Drachenfluggeräte oder was man eben sonst so in Premium-SUV-Broschüren findet, reicht der Platz im tiefen Ladeabteil allemal.

Noch mehr Sicherheit
Ganz unabhängig davon, wie draufgängerisch Sie Ihre Freizeit gestalten, werden Sie froh sein, wie unendlich sicher der neue XC60 ist. Zu der bereits vorhandenen Armada an Volvo-Sicherheitssystemen (auch dieses Auto fährt bis 130 km/h quasi eigenständig) gesellt sich hier eine neue Lenkhilfe für den Notbremsassistenten. Reicht eine Notbremsung nicht aus, unterstützt das System den Fahrer beim Umfahren des Hindernisses und dem anschließenden Stabilisieren des Fahrzeugs (zwischen 50 und 100 km/h). Die neue "Oncoming Lane Mitigation" soll Unfälle mit Gegenverkehr vermeiden. Wenn der Fahrer versehentlich auf die Gegenspur gerät, steuert der XC60 zwischen 60 und 140 km/h automatisch auf die eigene Fahrbahn zurück. Zudem wurde der Tote-Winkel-Warner um einen Lenkassistenten erweitert. Volvo hält nach wie vor an seiner Aussage fest, dass bis 2020 niemand mehr in einem Volvo getötet oder schwer verletzt werden soll. Mit den neuen Systemen rückt dieses Ziel definitiv näher.

Selbstbewusst eingepreist
Was letztlich vom neuen Volvo XC60 hängen bleibt, ist das, was wir uns größtenteils erwartet haben. Und das ist bei den Schweden mittlerweile eine ganze Menge. Der XC60 ist wirklich ein kleinerer, etwas agilerer XC90 geworden. Es gibt sicher sportlichere, fahrdynamisch aufregendere Mittelklasse-SUVs, aber wenige, die einen so mit Komfort, Sicherheit und dezentem, geschmackvollem Luxus umschmeicheln. Dieses Auto ist technisch und qualitativ absolut auf Augenhöhe mit Mercedes GLC oder Audi Q5. Wie Sie sich denken können, hat das ganze seinen Preis und der ist alles andere als klein. Der XC60 startet als D4 AWD mit 190-PS-Diesel bei 48.050 Euro. Der Top-Benziner T6 AWD mit 320 PS kostet mindestens 55.500 Euro und der 407-PS-Plug-in-Hybrid T8 liegt bei 69.270 Euro. Zum Vergleich: Der Mercedes GLC 250 d mit 204 PS ist ab 47.219 Euro zu haben, ein vergleichbarer Audi Q5 mit 190-PS-Diesel kostet ab 46.400 Euro. Marktstart ist am 13. Juli 2017.

Gesamtwertung
Wenn Sie auf gesteigerte Fahrdynamik Wert legen, dann sind Sie beim neuen Volvo XC60 vermutlich an der flaschen Adresse. Hier ist alles auf Komfort, modernen Luxus und Sicherheit ausgelegt. Design, Interieur und Assistenzsysteme sind absolute Weltspitze. Antriebe und die Bedienung des Infotainmentsystems sind dagegen ausbaufähig. Der XC60 hat seinen ganz eigenen Stil und das ist gut so. Insgesamt ist er absolut auf Augenhöhe mit der deutschen Premium-Konkurrenz. Das merkt man auch beim Preis

+ Design; Interieur; Komfort; Sicherheitsfeatures

- Antriebe; Fahrdynamik; Infotainmentsystem

Modell Volvo XC60 D5 AWD
Motor
Bauart Reihen- Dieselmotor, Biturbo
Zylinder / Ventile 4 / 4
Antrieb Allradantrieb
Getriebe Automatik
Gänge 8
Hubraum 1.969 cm³
Leistung 173 kW bei 4.000 U/min
max. Drehmoment 480 Nm bei 1.750 U/min
Kraftverteilung variabel
Fahrwerk
Bremsen vorn Scheiben, innenbelüftet, 345 mm
Bremsen hinten Scheiben, innenbelüftet, 320 mm
Lenkung elektromechanische Servolenkung
Radaufhängung vorn Doppelquerlenkerachse
Radaufhängung hinten Integrallenkerachse
Spurweite vorn 1.649 mm
Spurweite hinten 1.653 mm
Wendekreis 11,8 m
Maße
Länge 4.688 mm
Breite 1.902 mm
Höhe 1.658 mm
Radstand 2.865 mm
Leergewicht 1.990 kg
max. Zuladung 530 kg
Dachlast 100 kg
Kofferraumvolumen 505 l
Tank 71 l
Messwerte
Höchstgeschwindigkeit 220 km/h
Beschleunigung (0-100 km/h) 7,2 s
Verbrauch gesamt 5,5 l/100 km
Verbrauch innerorts 6,1 l/100 km
Verbrauch außerorts 5,2 l/100 km
Testverbrauch gesamt 8,0 l/100 km
CO2-Emission 144 g/km
Schadstoffklasse Euro 6

Stand: Mai 2017


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