Kleine Batterie, großer Erfolg?
Den Wankel zum Millionending perfektionieren. Einen kleinen Roadster bringen, als die Fahrzeuggattung praktisch tot ist. Benziner und Diesel in einem Motor kombinieren. Mazda ist immer für ungewöhnliche Ideen gut. So wie jetzt auch wieder: Der im September 2020 startende MX-30 ist kein Elektroauto von der Stange nach Schema F.
Wir hatten nun die Gelegenheit, den Mazda MX-30 bereits fahren zu können. Ist der erste reine Serien-Stromer des Konzerns innovativ oder doch zu zaghaft? Spannend ist die erste Begegnung allemal.
Das beginnt schon beim Design: Der gut 4,40 Meter lange MX-30 mixt eine schnittige Dachlinie mit SUV-Optik und einer ausgeprägten Nase. Das Ergebnis kann sich sehen lassen, sogar ohne das farblich abgesetzte Dach. Kein Stück Seife auf Rädern, aber auch kein bekanntes Modell mit lediglich neuer Technik.
Besonders ungewöhnlich sind die Türen: Die hinteren Portale öffnen nur, wenn die Vordertüren offen stehen. "Also wie beim BMW i3!" wird der E-Auto-Kenner rufen. Richtig. Aber Mazda-Sympathisanten dürften sich an den RX-8 erinnert fühlen.
Innen geht es mit dem Retro-Zitaten weiter: Kork auf der freischwebenden Mittelkonsole verweist auf den Ursprung von Mazda. Vor genau 100 Jahren entstand die Firma Toyo Kogyo zwecks der Produktion von künstlichem Kork. Insgesamt glänzt das Cockpit durch tolle Materialien und eine vorzügliche Verarbeitung. Jenseits von Bentley, Rolls-Royce und Co. macht Mazda derzeit die schönsten Innenräume. Einziger Minuspunkt beim MX-30: Sein Klima-Touchscreen ist schlecht ablesbar.
Vorne sitze ich bequem auf einem Stoff-Leder-Mix, hinten muss man aber das Wort "bequem" in Klammern setzen. Der Zugang ist relativ beschwerlich, auch wenn sich der Fahrersitz vom Fond aus elektrisch verstellen lässt. Einmal Platz genommen, stoße ich mit meinen Beinen an die Lehne des Vordersitzes. Zugegeben, ich bin auch 1,88 Meter lang, diese Liga sollte man im MX-30 nicht allzu oft mitnehmen. Über dem Kopf habe ich noch Luft, aber die beiden kleinen Seitenfenster unterstützen ein eher klaustrophobisches Gefühl.
Man kann bei Bedarf durchaus zu Viert im Mazda MX-30 fahren, zumal der Kofferraum mit 366 bis 1.171 Liter durchaus geräumig ausfällt. Wer aber hinten sitzt, sollte 1,70 Meter nicht überschreiten. Trotz eines Radstands von 2,65 Meter bleibt festzuhalten: Geräumig? Jein.
Kommen wir zum wesentlichen Punkt des MX-30: Seine Batterie. Viel wurde dazu bereits geschrieben, meist nicht schmeichelhaft. 35,5 kWh Kapazität seien viel zu wenig, die Reichweite als Folge lächerlich und überhaupt: Warum?
Mazda verteidigt den Angeklagten mit folgenden Argumenten: Die Batteriegröße sei optimal in Sachen Herstellung, Gewicht und Lebenszyklus. Die Forschung habe gezeigt, dass EVs mit kleineren Batterien über ihren gesamten Lebenszyklus tendenziell geringere CO2-Emissionen verursachen. Zudem ist der Akku "nur" 300 Kilogramm schwer, man schleppt also keinen virtuellen Wohnwagen mit sich herum.
Auf 107 Kilowatt gleich 145 PS bringt es der Elektromotor im MX-30, hinzu kommen 271 Newtonmeter maximales Drehmoment. Viel Kraft trifft also auf eine kleine Batterie. Maximal 262 Kilometer Reichweite innerorts gibt Mazda nach WLTP-Zyklus an, bei meinem Testwagen standen vollgeladen 212 Kilometer bereit.
"Aber da kann ich mir doch gleich einen günstigeren VW e-Up kaufen! Der hat 32,3 kWh und schafft auch 260 Kilometer." Das stimmt schon. Nur ist er kleiner, kein brandneues Konzept und bei weitem nicht so fein ausgestattet wie der MX-30. Hinzu kommt, dass der Mazda sich sehr präzise fahren lässt. Möglich macht es die Fahrdynamikregelung G-Vectoring Control, kurz GVC.
Jetzt aber los! Meine Teststrecke sind insgesamt 120 Kilometer mit viel Autobahnanteil. Dort hält der MX-30 gut mit, wenngleich 9,7 Sekunden auf 100 km/h keine brutale Beschleunigung darstellen. Aber das überlässt Mazda gerne anderen. Auf der Autobahn schwimme ich problemlos mit, viele Baustellen bremsen mich auf 80 ab. Apropos Bremsen: Den Grad der Rekuperation kann ich über Wippen am Lenkrad einstellen.
Dort, wo die Bahn frei ist und kein Tempolimit herrscht, reize ich die Kraft voll aus. Bei Tempo 140 wird der MX-30 abgeregelt, auf dem Tacho stehen dann 147 km/h. Typisch Mazda ist die feinfühlige Lenkung, das manchmal harsche Abrollverhalten ist den 18-Zöllern geschuldet, leer wiegt der MX-30 übrigens gut 1,7 Tonnen.
Nun denken Sie und ich bestimmt: Bei dem Streckenprofil ist das Auto schneller leergesaugt als ein alter Game Boy. Doch der Verbrauch des MX-30 überrascht positiv. 17,3 kWh gibt Mazda als Werksangabe nach dem alten, optimistischen NEFZ-Zyklus auf 100 Kilometer an, sogar 19,0 nach WLTP. Ich erreichte gute 16,1 kWh, auch Werte um 15 kWh sind machbar.
Kommen wir zum Preis: Bei 33.490 Euro ging es nach bisheriger Planung los, im Gegenzug ist die Serienausstattung bereits umfangreich. Richtig üppig wird es für nur 500 Euro mehr mit dem First-Edition-Paket.
Unser aller Bundesregierung hat aber bis Ende 2020 die Mehrwertsteuer auf 16 Prozent gesenkt, macht also 32.645,71 Euro für das Grundmodell des MX-30. Teuer? Nun gut, ein kleinerer Opel Corsa-e mit etwas mehr Reichweite liegt ohne Prämie auch bei gut 30.000 Euro. Vom Honda e will ich gar nicht erst anfangen.
Gleichzeitig haut der Staat aber nun auch noch mehr Umweltbonus für E-Autos raus, nämlich mit Herstelleranteil satte 9.480 Euro. So bleiben 23.654 Euro beim MX-30 übrig. Am 25. September 2020 rollt der Elektro-Mazda zu den Händlern, rund 2.500 Exemplare möchte man in diesem Jahr noch verkaufen. Und wohl ab nächstem Jahr führt Mazda seine technophile Tradition fort: Dann nämlich wandert ein Wankelmotor als optionaler Range Extender in den MX-30.
Eines steht fest: Kühle Rechner und rationale E-Auto-Käufer werden den neuen Mazda MX-30 nicht verstehen. Er ist eine kühne Antithese zum ewigen "Größer und Weiter" bei den Batterien. Entweder man will dieses Auto oder nicht. Unsere These: Der MX-30 wird genügend Liebhaber finden.