Llucmajor (Spanien), 8. Dezember 2017 - Drei Buchstaben, eine VW-Legende: GTI. Zum "Gran Turismo Injection wurde der Polo erst 1998, also vor ziemlich genau 20 Jahren geadelt. Was damals mit vergleichsweise bescheidenen 120 PS begann, ist inzwischen bei 200 PS angekommen. Trägt der neue VW Polo GTI sein Kürzel noch zu Recht? Wir haben den Kraft-Kleinwagen auf Rennstrecke und Straße getestet.
Diskreter Power-Polo
Beim ersten Kontakt mit dem 4,05 Meter langen und ausschließlich fünftürigen Polo GTI fällt auf, dass er nur wenig auffallt. Wie schon seine Vorgänger pflegt die Neuauflage den dezenten Auftritt. Nur einige Details verraten, was hier auf mich wartet: Ein roter Streifen im Kühlergrill, das GTI-Logo auf dem vorderen Kotflügel, spezielle 17-Zoll-Felgen, ein Dachspoiler, dunkelrote Rückleuchten und ein Doppelendrohr. Farblich passt zu alledem gut die Farbe "Reef Blue Metallic, ein dunkles Blau.
Weniger ist mehr
Innen empfangen den Polo-GTI-Fahrer der typische Clark-Karostoff und auf Wunsch rote Zierelemente. Aus meiner Sicht zu viel des Guten für die Augen, ebenso das neue "Active Info Display. Dieser 11,7-Zoll-Monitor ersetzt auf Wunsch die normalen Instrumente. Klar ist es toll, die Landkarte direkt vor der Nase zu haben. Aber ich empfinde die dort angezeigte Informationsflut eher als kontraproduktiv. Hinzu kommt, dass die Tankanzeige und die Blinker sehr klein ausfallen. Sparen Sie sich daher lieber den Aufpreis von mindestens 840 Euro für andere nette Extras auf. In der Mittelkonsole befindet sich ein bis zu acht Zoll großer Touchscreen, der aber leider die Lüftungsdüsen und die Bedieneinheit der Klimaautomatik weit nach unten verdrängt.
Weniger ist zu wenig
Nun gut, das alles ist Gewöhnungssache. Eine Überraschung ist aber das eher bescheidene Platzangebot im Fond des Polo, dessen Basis der vielgepriesene Modulare Querbaukasten (MQB) ist. Mit Blick auf den nicht wirklich günstigen Preis des Fahrzeugs wundert man sich auch über fehlende Haltegriffe und das genarbte Hartplastik in den Türen.
Erstmal schalten lassen
Lassen Sie uns einen Blick unter die Haube des neuen Polo GTI werfen: Dort arbeitet ein zwei Liter großer Turbobenziner mit einer Leistung von 200 PS, das maximale Drehmoment von 320 Newtonmeter liegt bereits ab 1.500 Touren an. Klingt prima, aber es gibt einen Haken: Zum Marktstart gibt es den stärksten Polo ausschließlich mit 6-Gang-DSG, erst im zweiten Quartal 2018 folgt ein manuelles Schaltgetriebe. Etwas überraschend ist die Entscheidung für ein DSG mit sechs Gängen, gibt es seit kurzem doch auch eine Siebengang-Variante namens DQ381 im Audi A3 2.0 TFSI mit 190 PS, der wie der Polo auf dem MQB basiert.
Heiz-Hemmung
Leider wirkt der Polo GTI durch sein DSG angestrengter, als er ist. Besonders beim vehementen Tritt aufs Gaspedal wird das offensichtlich, den Sprintwert von 6,7 Sekunden mag man dem GTI kaum abnehmen. Besser wird es mit dem optionalen "Sport Select"-Fahrwerk. Hier ändert der Sport-Modus die Lenkung, die Motorkennlinie und die Getriebesteuerung. Mangels eines siebten Gangs bleibt der Motor auch auf der Autobahn verhältnismäßig präsent. Immerhin sorgt die Federung für einen guten Spagat zwischen Komfort und Straffheit.
Front-Erfahrungen
Um zu erfahren, was der neue Polo GTI im Grenzbereich drauf hat, begebe ich mich zur Rennstrecke von Llucmajor. Dort treffe ich Hans-Joachim Stuck, den Altmeister der flotten Fortbewegung. Bei meinen selbstgedrehten Runden merke ich trotz Sport-Modus die Hektik im Automatik-Modus des DSG, zugleich kommt der frontgetriebene GTI (Leergewicht: 1.355 Kilogramm) beim zügigen Herausbeschleunigen aus engen Kurven an seine Grenzen.
Mehr ist machbar
Aber "Strietzel" zeigt mir, was mit dem Polo GTI machbar ist. Als erste Amtshandung wählt er den manuellen Modus des DSG, um dann sauschnell, aber sehr linear um den kompakten Kurs zu heizen: "Hier, schau: Die Lenkung ist schon toll, sie macht genau das, was Du willst". Indes gesteht mir Meister Stuck, dass ihm ein Schaltgetriebe noch mehr Freude bereiten würde. Aber wie gesagt, hier naht demnächst Abhilfe. Und mit noch etwas hat Stuck recht: Dieses Auto hält keine bösen Überraschungen für dich bereit. Der Grenzbereich kündigt sich früh an.
Nicht günstig, aber im Rahmen
In welchen Bereich stößt der neue VW Polo GTI beim Preis vor? 23.950 Euro ruft Wolfsburg für die DSG-Variante auf, damit beträgt der Respektsabstand zum Golf GTI nicht nur 30 PS, sondern auch fast 9.000 Euro. Einige Polo-Konkurrenten wie der 2018er Ford Fiesta ST (auch mit 200 PS) lassen noch auf sich warten, andere wie der Renault Clio R.S. oder der Peugeot 208 GTi liegen auf einem vergleichbaren Preisniveau.
Gesamtwertung
Der neue VW Polo GTI hat durchaus fahrdynamische Qualitäten. Trotzdem bleibt der Eindruck zurück, dass dieses Auto weder Fisch noch Fleisch ist. Daran ist vor allem das DSG schuld, es zieht dem Polo GTI manchen Zahn und rückt die Komfort-Komponente in den Vordergrund. Künftige Konkurrenten wie der neue Ford Fiesta ST, der hauseigene Seat Ibiza Cupra oder ein möglicher Hyundai i20 N dürften dem Polo GTI sehr gefährlich werden.
+ ausgewogene Lenkung, kräftiger Motor
- nicht optimales DSG, mittelmäßiger Sound
Modell |
VW Polo GTI (2017) |
Motor
|
Bauart |
Benziner mit Turboaufladung |
Zylinder / Ventile |
4 / 4 |
Antrieb |
Frontantrieb |
Getriebe |
Doppelkupplungsgetriebe |
Gänge |
6 |
Hubraum |
1.984 cm³ |
Leistung |
147 kW bei 4.400 - 6.000 U/min |
max. Drehmoment |
320 Nm bei 1.500 - 4.400 U/min |
Fahrwerk
|
Radaufhängung vorn |
Einzelradaufhängung |
Radaufhängung hinten |
Verbundlenkerachse |
Räder vorn |
215/45 R17 |
Räder hinten |
215/45 R17 |
Spurweite vorn |
1.499 mm |
Spurweite hinten |
1.483 mm |
Maße
|
Länge |
4.053 mm |
Breite |
1.751 mm |
Höhe |
1.461 mm |
Radstand |
2.551 mm |
Leergewicht |
1.355 kg |
max. Zuladung |
425 kg |
Tank |
40 l |
Kraftstoffart |
Super |
Messwerte
|
Höchstgeschwindigkeit |
237 km/h |
Beschleunigung (0-100 km/h) |
6,7 s |
Verbrauch gesamt |
5,9 l/100 km |
CO2-Emission |
134 g/km |
Schadstoffklasse |
Euro 6 |
Kosten
|
Garantie |
2 Jahre |
Stand: Dezember 2017