Ist diese Variante sparsamer als ein Diesel?
Diesel raus, Hybrid rein: Nach dieser Devise verfährt Toyota bei seinen jüngsten Massenmodellen, dem Corolla und RAV4. Doch lohnt sich das wirklich? Wir haben den stärkeren Corolla 2.0 Hybrid mit 180 PS Systemleistung ausführlicher unter die Lupe genommen.
Seit Anfang 2019 ist der Toyota Corolla als Nachfolger des Auris auf den Markt. Damit kehrt ein berühmter Name zurück, in den vergangenen Jahren wurde lediglich ein mittelmäßiges Stufenheck als Corolla verkauft. Mittelmaß will der neue Kompaktwagen aber ganz und gar nicht sein. Und so gehen die Japaner technisch in die Vollen: Der neue Corolla teilt seine Plattform mit den jüngsten Generationen des Toyota Prius und des C-HR. Besagte Plattform hört auf den Namen "TNGA GA-C", dazu kommt eine komplett neue Mehrlenker-Hinterachse.
Optisch hat sich der 2019er-Corolla gegenüber dem Auris sichtbar verbessert, das Design vom Fünftürer und dem Sports Tourer genannten Kombi punktet mit Eigenständigkeit und Modernität. Innen wurden die verwendeten Materialien spürbar feiner, allerdings ist das Armaturenbrett ziemlich ausladend geraten. Als Fahrer gilt es aufzupassen, denn links zielt bei offener Tür ein Teil des Cockpits auf die Kniescheibe. Auch die Bedienung gelingt nicht eingängig, zuviele kleinteilige Knöpfe erfordern Nachhilfeunterricht im Stand. Besonders negativ fiel uns die Fummelei am recht lahmen Navi auf. So bleibt festzuhalten: Weniger wäre mehr. Immerhin: Schmalere A-Säulen, eine niedriger positionierte Instrumententafel und eine flachere Motorhaube verbessern die Rundumsicht für den Fahrer. Trotz 4,37 Meter Länge und 2,64 Meter Radstand ist das Platzangebot im fünftürigen Schrägheck (so nennt es Toyota) eher mäßig, ebenso 313 bis 1.024 Liter Kofferraum beim 2.0 Hybrid.
Da wir gerade von Hybrid sprachen: Die Devise lautet unter der Haube definitiv nicht "Weniger ist mehr". Der neue Corolla war das erste Modell von Toyota mit zwei Hybridantrieben: 1,8 Liter mit 122 PS oder ein neuer 2,0-Liter mit 180 PS. Hiruyuki Tsukashima, der Experte für diese Sorte Antriebe bei Toyota, teilt durch die Blume mit, dass beide Hybride auch Dieselkunden im Blick haben. "Das 1,8-Liter-System haben wir für Kunden entwickelt, die besonderen Wert auf einen niedrigen Kraftstoffverbrauch legen. Der 2,0-Liter-Antrieb richtet sich an Käufer, die sich mehr Leistung und Dynamik wünschen."
Sehen wir uns die Details an: Der Vierzylinder-Motor mit 1.987 ccm Hubraum verfügt über ein aufgewertetes Dual-VVT-i-System mit VVT-iE (Variable Valve Timing-intelligent Electric) auf der Einlassseite. Dies bedeutet: Die variable Ventilsteuerung wird nicht über den Öldruck, sondern über einen Elektromotor geregelt. Das steigert die Leistung, während Kraftstoffverbrauch und Abgasemissionen gleichzeitig sinken. Die Höchstgeschwindigkeit, die der Corolla mit 2,0-Liter-Hybridantrieb rein elektrisch erreicht, konnte Toyota so auf über 115 km/h erhöhen.
Die 2,0-Liter-Maschine liefert 132 kW (180 PS) und entwickelt 190 Newtonmeter Drehmoment. Der von einer Nickel-Metallhydrid-Batterie mit Strom versorgte 650-V-Elektromotor liefert weitere 80 kW und stellt ab der ersten Umdrehung ein zusätzliches Drehmoment von 202 Nm zur Verfügung. Da das 2,0-Liter-Hybridsystem im Vergleich zur 1,8-Liter-Variante über mehr Batteriezellen verfügt, kann es eine höhere Leistung entwickeln und auch mehr regenerative Energie speichern.
Tatsächlich schiebt der 2,0-Liter-Hybrid flott vorwärts, wenngleich man schon durch Spargedanken im Hinterkopf die 7,9 Sekunden auf 100 km/h selten in dieser Form ausnutzt. Dennoch ist aufschlußreich, dass der größere Hybrid seinem kleinen Bruder in dieser Disziplin glatte drei Sekunden abnimmt. Bei beiden ist aber nach Erreichen der 180-km/h-Marke das Ende der Fahnenstange erreicht.
Typisch für die Toyota-Hybridmodelle ist eine Art stufenloses Automatikgetriebe, das Reizwort CVT schwirrt durch die Luft. Doch an diesem Punkt grätscht Hiruyuki Tsukashima dazwischen: "Genau genommen verfügt das Hybridsystem nicht über ein Getriebe, sondern über eine Transaxle-Einheit. Der Unterschied zwischen beiden Varianten liegt in der Größe von Motor und Getriebe. Den 2,0-Liter-Hybridantrieb bieten wir mit Schaltwippen an, da sie dem Fahrer mehr Kontrolle geben".
In der Praxis fällt schnell auf, dass der einst oft bemäkelte Gummiband-Effekt kaum noch spürbar ist. Erst beim massiven Tritt auf das Gaspedal jagt die Drehzahl hoch. Kein Wunder, stehen doch die maximalen 190 Newtonmeter erst zwischen 4.400 und 5.200 Touren ab. Im normalen Betrieb hingegen ist die Fahrt in die oberen Stockwerke gar nicht nötig. Ganz im Gegenteil: Der Elektromotor hilft als Anschubhilfe bei grünen Ampeln. Wird die Ampel rot, rekuperiert der Antrieb je nach Stärke des Tritts auf die Bremse und speichert Energie zurück. Entspanntes, vorausschauendes Fahren ist die Domäne des Toyota Corolla 2.0 Hybrid. Doch auch bei Überholvorgängen oder auf der Autobahn verhungert der Wagen nicht, was ihn deutlich vom Auris Hybrid unterscheidet.
Blicken wir zunächst auf den Verbrauch, schließlich ist er der spannendste Aspekt beim Hybrid. 3,7 Liter gibt Toyota im Mittel für den 2.0 Hybrid an. Das wäre ein Wert, der sogar Dieselmodelle klar unterbietet. Doch was kommt in der Realität zustande? Wir ermittelten einen Schnitt von 4,8 Liter auf 100 Kilometer. Sehr respektabel mit Blick auf wechselnde Fahrer und Strecken. Wer regelmäßig die gleiche Route unter die Räder nimmt, könnte durchaus noch näher an die glatte Vier kommen.
Die Preise beginnen bei 29.290 Euro für die Comfort-Version, der Kombi ist 1.200 Euro teurer. Serienmäßig sind hier schon ein adaptiver Tempomat, Verkehrszeichenerkennung, ein Spurhalteassistent mit Lenkeingriff, 16-Zoll-Felgen und eine Zwei-Zonen-Klimaautomatik plus LED-Scheinwerfer. Privatkunden sei die Club-Ausstattung für 29.990 Euro ans Herz gelegt. Sie bietet 17-Zöller, Bi-LED-Scheinwerfer, Sitzheizung vorne und einen 7-Zoll-Touchscreen. Wer sich als Gewerbekunde für den Toyota Corolla 2.0 Hybrid interessiert, sollte sich die "Business Edition" näher ansehen. Für ebenfalls 29.990 Euro sind hier zusätzlich zum "Comfort" ein Navi, die Sitzheizung vorne, ein Regensensor, eine Lendenwirbelstütze für den Fahrer und Digitalradio inklusive.
Toyota hat den Hybrid clever zur Diesel-Alternative weiterentwickelt, wie der Corolla 2.0 Hybrid beweist. Hinzu kommen bei der ganzen Baureihe spürbare Verfeinerungen. Doch es braucht Autofahrer mit Köpfchen, um beim Verbrauch zu sparen. Wer nonstop auf dem Gaspedal steht, wird mit diesem Auto nicht glücklich.