Der Golf-Gegner wird richtig schick. Ist er auch richtig gut?
Sie kennen das Prinzip vielleicht von Tinder oder Instagram: Die Optik entscheidet über die Beliebtheit. Auch Mazda sammelt immer mehr Likes respektive Kaufverträge durch ansprechendes Design. In Deutschland stieg die Zahl der Neuzulassungen seit der Premiere des aktuellen Mazda 6 im Jahr 2012 von rund 40.000 auf fast 67.500 im Jahr 2018 an. "Unsere Begehrlichkeit hat sich deutlich vergrößert", sagt Geschäftsführer Bernhard Kaplan. Jetzt legt die Marke mit dem neuen Mazda 3 nach. Wir haben ihn getestet.
Der neue Mazda 3 ist definitiv kein Auto, an dem man achtlos vorbeigeht. Insbesondere der Fünftürer übernimmt einige Designelemente der Studie RX-Vision von 2015. Langer Vorderwagen, kurzes Heck: Diese Proportionen wirken in der Realität besser als auf den Bildern. Mögen muss man die mächtige C-Säule trotzdem, der Blick aus dem Auto nach hinten ist bescheiden. Nur gut, dass es für den neuen Mazda 3 auch eine 360-Grad-Kamera gibt.
Besonders gelungen ist die Farbe "Magmarot Metallic" (Aufpreis 900 Euro), bei der das Licht förmlich über das Auto fließt. Eine klassische Limousine wird das Mazda-3-Programm ab Sommer 2019 in Europa ergänzen. Mir persönlich gefällt sie prima, zumal aufgrund des Platzangebots, doch das Stufenheck lieben vor allem Märkte wie die USA. Hierzulande wird es die Limousine ausschließlich mit dem neuen Skyactiv-X-Motor geben.
Zurück zum Fünftürer: Leider hat er vom Vorgänger die Marotte geerbt, aus relativ viel Länge (4,46 Meter) und Radstand (2,72 Meter) wenig zu machen. Sowohl auf den vorderen als den hinteren Plätzen ist das Raumangebot zwar ausreichend, aber nicht so üppig wie etwa beim kürzeren Skoda Scala. Gleiches gilt für den Kofferraum: Ein Gepäckvolumen von 358 bis 1.026 Liter ist für ein solch großes Auto recht mau.
Hinzu kommt eine subjektive Verknappung des Platzes im Fond durch die kleinen Seitenfenster. Eine Reihe weiter vorne fühlt man sich in einem feinen Maßanzug. Das liegt vor allem am hervorragend verarbeiteten Cockpit samt schicken Materialien. Im Kombiinstrument blickt man auf ein Sieben-Zoll-TFT-Display, hinzu kommt ein Head-up-Display. Und zwar ein richtiges HUD statt der Plexiglasscheibe im Vorgänger. Die fast schon Bauhaus-artige Reduzierung des Armaturenbretts ist eine Meisterleistung von Mazda. Anstatt dort wie manch andere Marke unzählige Bildschirme hineinzupacken, haben die Japaner das Cockpit vorzüglich funktional und gleichzeitig edel gestaltet. Alles, was dort nach Metall aussieht, fasst sich auch so an.
Bestimmt haben Sie schon vom Skyactiv-X-Motor gehört. Unter dieser Bezeichnung hat Mazda den ersten serienreifen Benzinmotor mit Kompressionszündung entwickelt. Es handelt sich um einen Zweiliter-Vierzylinder mit über 180 PS Leistung und einem hohen Verdichtungsverhältnis von 16,3:1. Zwar ist anders als beim Diesel noch eine Zündkerze an Bord, doch sie optimiert lediglich die Zündung. Lange Rede, kurzer Sinn: Der Verbrauch und die CO2-Emissionen sollen auf Dieselniveau und darunter fallen. Optional wird es den Motor auch mit Sechsstufen-Automatik geben. Im zweiten Halbjahr 2019 kommt der Skyactiv-X im Mazda 3 auf den Markt. Nur mit ihm unter der Haube bekommt man übrigens den Fünftürer als Allradversion.
Zum deutschen Marktstart des Mazda 3 Fünftürers am 22. und 23. März 2019 stehen zwei Aggregate zur Wahl: Ein Zweiliter-Saugbenziner mit 122 PS, Zylinderabschaltung und Mildhybrid sowie ein 1,8-Liter-Diesel mit 116 PS Leistung und NOx-Speicherkat. Meine erste Testrunde drehe ich im Benziner mit Automatikgetriebe. Auffallend ist die Laufruhe des Motors mit Steuerkette, die aber spätestens beim Kickdown futsch ist. Dann dreht er lange hoch. Aus gutem Grund, denn das durchaus großzügige maximale Drehmoment von 213 Newtonmeter steht erst ab 4.000 Touren zur Verfügung. Insgesamt drängt sich hier die Automatik nicht als zwingender Kaufgrund auf, die 2.000 Euro Aufpreis können Sie sich getrost sparen.
Umstieg in den Benziner mit Sechsgang-Schaltung: Diese Kombination passt viel besser, leichtgängig und exakt flutscht der Hebel durch die Schaltgassen. Allerdings sollte man nicht allzu schnell hochschalten, denn mit Blick auf die Sauger-Charakteristik verhungert der Mazda 3 sonst am Berg. Wer schaltfaules Surfen auf der Turbo-Welle gewohnt ist, muss hier umdenken und dem Affen ordentlich Zucker geben. Doch das macht viel Spaß, auch wegen der präzisen Lenkung und der weiterentwickelten Fahrdynamik-Regelung G-Vectoring Control Plus.
Zackig schneidet der neue Mazda 3 durch Kurven, wenngleich gut 1,4 Tonnen Leergewicht aus ihm natürlich keinen MX-5 machen. Ein Pluspunkt ist das straff abgestimmte, aber gut austarierte Fahrwerk. Selbst mit den 18-Zöllern unseres Testwagens wird der Mazda 3 nicht zum Rückenmörder.
Was ist mit dem Diesel? Rund jeder zehnte in Deutschland verkaufte neue Mazda 3 soll den Selbstzünder mit 1,8 Liter Hubraum und 116 PS Leistung intus haben. Pluspunkt hier sind eine gute Geräuschdämmung und das bereits zwischen 1.600 und 2.600 Touren bereitstehende maximale Drehmoment von 270 Newtonmeter. Zudem harmoniert das Aggregat besser mit der Automatik.
Explosiv stark sind die beiden konventionellen Motoren allerdings nicht: Handgeschaltet liegen sie beim 0-auf-100-Sprint bei 10,3 respektive 10,4 Sekunden. Wer es flotter mag, muss auf den Skyactiv-X warten. Ein scharfes MPS-Modell wird es hingegen nicht geben.
Nur auf den ersten Blick. Mazda verzichtet beim neuen 3 auf eine Basisversion als mager ausgestatteten Lockvogel. So etwas habe bereits beim Vorgänger kaum jemand gekauft, sagt man. Ganz im Gegenteil griff die Hälfte aller Kunden zur Topversion Sports-Line. Künftig gibt es nur noch ein namenloses Grundmodell, darüber den "Selection" und für diesen diverse Ausstattungspakete.
Deshalb liegt der Basispreis des Mazda 3 (2019) mit dem 122-PS-Benziner bei 22.990 Euro. Ein schönes Sümmchen, doch mit Gegenwert: Inklusive sind unter anderem ein adaptiver Tempomat, eine Verkehrszeichenerkennung, ein Totwinkelwarner, 16-Zoll-Leichtmetallfelgen, Voll-LED-Scheinwerfer, das Head-up-Display und ein Navi. Schon hier bleiben kaum Wünsche offen, aber Mazda sieht zu Recht die Kundenmehrheit beim "Selection" für 24.290 Euro. Hinzu kommen hier noch eine Zwei-Zonen-Klimaautomatik, Einparkhilfe vorne, Rückfahrkamera, Sitzheizung vorne, Lenkradheizung und ein schlüsselloser Zugang. All-Inclusive quasi. Ein zwingendes Muss ist deshalb keines der zusätzlichen Pakete, hier entscheidet eher der persönliche Geschmack.
Ziemlich günstig wird der neue Mazda 3, wenn sein Startpreis in Relation zur Konkurrenz gesetzt wird. Ähnlich ausgestattet liegt ein VW Golf 1.5 TSI mit 130 PS bei rund 28.000 Euro, ein Mercedes A 160 mit 109 PS gar bei knapp 31.000 Euro. Da kann man schon mal ins Grübeln kommen.
Fein gemacht: Der neue Mazda 3 punktet innen wie außen mit einem klasse Design, hinzu kommt das Armaturenbrett auf Premium-Niveau. Trotzdem bleiben die Preise fair und deutlich unter der deutschen Konkurrenz. Abzüge gibt es für das mittelmäßige Raumangebot und die nur zart zupackenden Motoren. Beim letzten Punkt kann der Skyactiv-X die Karten wieder neu mischen. Mein Urteil: So wie den neuen Mazda 3 würde ich mir den kommenden 1er-BMW mit Frontantrieb wünschen.