Haar, 22. Juli 2009 - Sei es als Sieger bei der Rallye Dakar mit Jacky Ickx und Claude Brasseur im Jahre 1983, als Fortbewegungsmittel für den Papst bei offiziellen Anlässen, als Expeditionsfahrzeug in Sibirien bei bis zu minus 53 Grad Celsius oder als Militärfahrzeug - die Mercedes G-Klasse ist das Chamäleon unter den Autos. Gerne wird das Gelände-Urgestein auch von wohlhabenden Förstern als Dienstfahrzeug und von US-Rappern als Statussymbol gekauft. Wir sind das aktuelle Facelift der seit 1979 optisch beinahe unverändert gebliebenen und damit dienstältesten Baureihe der Stuttgarter als G 500 gefahren. Lesen Sie wie sich das Urvieh im Asphaltdschungel und im Gelände schlägt.
Stabile Leiterrahmenkonstruktion
Der Beginn des langen Lebens der G-Klasse war eine Kooperation von Mercedes und der Steyr-Daimler-Puch AG aus dem österreichischen Graz. Aus der Liaison sollte ein leichtes Geländefahrzeug mit Allradantrieb für den privaten Nutzer entstehen. Als Basis dient damals wie heute ein Leiterrahmen. Der Vorteil der aus zwei Längsträgern und mehreren Querträgern bestehenden Konstruktion ist die Robustheit und der Schutz bei Kollisionen im Gelände. Des Weiteren kommen für den Offroadeinsatz absolut unverzichtbare Starrachsen zum Einsatz. Dank des technisch einfachen Aufbaus sind sie äußerst stabil, bieten eine stets gleich bleibende Bodenfreiheit und verschränken in extremen Geländepassagen besonders gut. Für einen Geländewagen unabdingbar ist ein permanenter Allradantrieb mit Differenzialsperren. In der aktuellen G-Klasse sind davon gleich drei an Bord. Eine vordere und eine hintere Differenzialsperre sowie eine Mitteldifferenzialsperre sorgen für eine überragende Traktion des 2,4-Tonnen-Gefährts. Die Untersetzung erleichtert das Anfahren in schwerem Gelände und im Betrieb mit Anhänger.
Beinahe unverändert
Rein optisch hat sich in all den Jahren so gut wie gar nichts getan. Die kastenförmige Grundform mit den ungewöhnlich steilen Fenstern besteht bis auf einige Änderungen am Kühlergrill sowie an Front- und Heckschürze seit 30 Jahren. Ganz anders dagegen der enge, aber fast schon wieder kuschelige Innenraum: Hier mussten das schnöde Armaturenbrett mit wenigen Knöpfen und aus heutiger Sicht kitschigem Wurzelholzimitat sowie die karierten Sitzbezüge aus Stoff weichen. In unserem Testwagen dominiert schwarzes und braunrotes Leder das Cockpit. Ein Relikt aus der Vergangenheit hat aber alle Modifikationen überstanden: der Haltegriff für die zartbesaitete Beifahrerin über dem viel zu klein geratenen Handschuhfach.
Kein Kind von Traurigkeit
Der bärenstarke 5,5-Liter-V8-Motor im G 500 bringt eine Leistung von 388 PS. Damit beschleunigt der 2.380-Kilogramm-Koloss in 5,9 Sekunden auf Tempo 100. Die Sounduntermalung beim Normsprint ist für einen Achtzylinder mehr als standesgemäß. Das tiefe Grummeln der Abgasanlage sorgt ohne Frage für Gänsehaut. Der Tritt aufs Gaspedal wird ohne große Umschweife in Vortrieb umgewandelt. Durch die hohe Sitzposition kommt den Insassen die Beschleunigung noch imposanter vor. Die Höchstgeschwindigkeit ist bei beachtlichen 210 km/h erreicht. Mehr als beachtlich ist allerdings auch der Durst des Schwaben. Laut Mercedes begnügt sich der G 500 mit durchschnittlich 14,7 Liter. Bei normal flotter Fahrweise ließ sich der Verbrauch von uns aber nicht unter 17,9 Liter bringen. In der Stadt oder bei betont sportlicher Fahrweise genehmigt sich der Veteran sogar deutlich mehr als 20 Liter aus dem 96 Liter großen Tank. Nach oben sind der Trinklaune also beinahe keine Grenzen gesetzt.
Zu weiches Fahrwerk
Das Fahrwerk passt für den Normalkunden, der zu 95 Prozent auf Asphalt unterwegs ist, schlichtweg nicht zu dem überpotenten Triebwerk. Zwar schlucken die langen Federwege jede Bodenunebenheit, in Kurven neigt sich die G-Klasse jedoch bedrohlich zur Seite. In engen Kurvenfolgen schaukelt sich das Fahrzeug regelrecht auf. Spontane Ausweichmanöver bei höherem Tempo sorgen bei den Insassen für einen erhöhten Adrenalinspiegel. Autobahnfahrten mit Geschwindigkeiten über 130 km/h müssen mit größter Konzentration und festem Lenkradgriff absolviert werden.
Überlegener Kraxler
Ihre ganze Stärke kann die G-Klasse allerdings im Gelände ausspielen. Hier lässt sie sich nichts vormachen und wühlt sich dank der drei Differenzialsperren durch den weichsten Schlamm und die steilsten Anstiege hinauf. Sollte es doch einmal gar nicht mehr weitergehen, hilft immer noch die zuschaltbare Untersetzung weiter. Auf unserem Testwagen waren normale Straßenreifen aufgezogen, wer noch mehr Geländetauglichkeit sucht, sollte Stollenreifen montieren lassen.
Umfangreiche Geländeausstattung
Zur Serienausstattung des G-Boliden gehören unter anderem 18-Zoll-Leichtmetallfelgen, ein permanenter Allradantrieb, drei Differenzialsperren, vier Airbags, Bi-Xenon-Scheinwerfer, Nebelscheinwerfer, ein Navigationssystem und eine Klimaautomatik. Als Sonderausstattung besitzt unser G 500 beispielsweise ab der B-Säule abgedunkelte Scheiben, ein Schiebedach, eine Sitzklimatisierung, eine Sitzheizung im Fond, Parksensoren hinten und ein Surround-Soundsystem.
Ab 93.653 Euro
Der Grundpreis des Mercedes G 500 liegt bei 93.653 Euro. Unser Testwagen schlägt inklusive Extras mit 99.674 Euro zu Buche. Eine stolze Preisvorstellung, die die Schwaben für ihren Geländewagen haben. Angesichts der gebotenen Leistung und der Vielfältigkeit, die der Schwabe bietet, durchaus vertretbar. In Anbetracht der unkomfortablen Schnellfahreigenschaften aber auch wieder zuviel.