Laut dem kontroversen Ex-Nissan-Chef pusht die japanische Regierung Honda zum Wohl der Wirtschaft zu dem Deal
Nissan und Honda sorgten durchaus für Erschütterung in der Automobilwelt, als am Dienstag die Nachricht von einer möglichen Fusion bekannt wurde. Noch ist nichts offiziell, aber das hält den ehemaligen Nissan-Chef Carlos Ghosn nicht davon ab, seine Gedanken zu dem möglichen Deal zu äußern. In einem Interview mit Bloomberg ließ der umstrittene Ex-CEO kein gutes Haar an der möglichen Allianz zwischen Nissan und Honda und er nannte die Gründe dafür.
"Meiner Meinung nach ist es ein verzweifelter Schritt", sagte Ghosn. "Es ist kein pragmatischer Deal, denn offen gesagt, sind die Synergien zwischen den beiden Unternehmen schwer zu finden. Es gibt praktisch keine komplementären [Eigenschaften] zwischen den beiden Unternehmen. Sie sind auf denselben Märkten tätig. Sie haben die gleichen Produkte. Die Marken sind sehr, sehr ähnlich."
Darüber hinaus ist Ghosn sicher, dass die Idee zur Fusion der beiden japanischen Marken nicht auf natürlichem Weg entstanden ist. Er glaubt, dass das japanische Ministerium für Wirtschaft, Handel und Industrie (METI) die Fusion vorantreibt, um die japanische Wirtschaft zu stützen. Und er glaubt auch, dass Honda darüber nicht glücklich ist.
"Da ich so viele Jahre in Japan gelebt habe, weiß ich, wie einflussreich das METI sein kann", erklärte Ghosn. "Meiner Meinung nach gibt es dafür keine industrielle Logik, aber es gibt einen Moment, in dem man zwischen Performance und Kontrolle wählen muss. Wenn man beides haben kann, ist es natürlich besser. Aber es gibt Momente, in denen man sich entscheiden muss, und bei METI und allem, was ich darüber weiß, bevorzugen sie zweifellos Kontrolle vor Performance. Also haben sie Honda zu dem Deal gedrängt, ohne jeden Zweifel."
Ghosn ist vor einigen Jahren in einer waghalsigen, Hollywood-reifen Aktion aus Japan geflohen, wo er unter Hausarrest stand und auf einen Prozess wegen zahlreicher Anklagen wegen angeblicher Finanzverbrechen während seiner Zeit bei Nissan wartete. Er leitete das Unternehmen 16 Jahre lang und war wohl sein erfolgreichster CEO. Angesichts der Art und Weise, wie seine Beziehung zu Nissan endete, ist es wahrscheinlich keine Überraschung, dass er sich in seinem Gespräch mit Bloomberg kritisch über das Unternehmen äußerte.
"Man kann das Team an den Ergebnissen messen, die es erzielt, nur so weiß man, ob jemand zu etwas fähig ist", sagte er. "Ehrlich gesagt, wenn man sich die letzten fünf Jahre [bei Nissan] ansieht, sind die Ergebnisse kein gutes Zeugnis für die Stärken des Teams."
Weder Nissan noch Honda äußern sich derzeit zu einer möglichen Fusion, allerdings arbeiten die Autobauer bereits seit einigen Monaten zusammen. Im August wurde eine Absichtserklärung unterzeichnet, um künftige Projekte zu prüfen. Eine Fusion geht jedoch weit über den Austausch von Ideen hinaus. Wenn sie vollzogen wird, würde das Konglomerat zu einem der größten Automobilunternehmen der Welt werden. Laut Ghosn wäre dies jedoch kein leichtes Unterfangen.
"Sie müssen verstehen, dass Honda ein technisches Unternehmen ist, das sehr stark in der Technik ist. Und Nissan ist sehr stolz auf seine eigene Technik. Der Kampf hier besteht also darin, zu entscheiden, welche Technologien von dem neuen Unternehmen übernommen werden - wenn es sich um eine Fusion handelt - oder von der neuen Allianz. Ich kann Ihnen sagen, dass das sehr schwierig werden wird."