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Opel Tigra A (1994-2001) im Fahrbericht: Klein, aber oho!

Der Flitzer auf Corsa-Basis wird 30 Jahre alt. Wir blicken zurück und drehen eine Runde ...

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1994 brachte Opel ein Auto auf den Markt, das die Aufbruchstimmung der 1990er einfach perfekt einfängt: den Tigra A. Es handelt sich um ein kleines Sportcoupé, das jugendlichen Charme mit erschwinglicher Großserien-Technik kombinieren soll. Jetzt ist das heute schon unfassbare 30 Jahre her. Ja, der erste Tigra hat das Oldtimer-Alter erreicht und qualifiziert sich für das H-Kennzeichen. Zeit für einen Rückblick. Und für eine Testfahrt.

Ausgefallene Optik mit einfacher Technik

Die erste Vorstellung erfolgt 1993 auf der IAA in Frankfurt am Main. Neben dem Coupé zeigt Opel damals eine Roadster-Studie, die leider nie in Serie geht. Der Tigra A basiert technisch auf dem Opel Corsa B, unterscheidet sich aber optisch durch seine dynamisch-runde Form, die markante Glasheckklappe und das Design von Hideo Kodama.

Abmessungen & GewichtOpel Tigra ALänge x Breite x Höhe

3.922 mm x 1.604 mm x 1.340 mm

Radstand2.429 mmLeergewicht980 - 1.075 kg

 

Mit einer Länge von knapp 4 Metern wirkt der Tigra heute sogar noch kleiner als damals. Aber immer noch schnittig und attraktiv. Damals vor allem für ein junges Publikum. Entweder als klassisches "Frauenauto" mit Tribal- und Abi-1998-Aufklebern oder als Basis für ein "Tuningobjekt" mit Um- und Anbauten direkt aus der Zubehörkatalog-Hölle.

Opel Tigra A (1994-2001) im Test

Unter der Haube sorgen zwei aus dem Corsa bekannte Motoren für Vortrieb: Ein 1,4-Liter-Vierzylinder mit 16 Ventilen und 90 PS oder ein 1,6-Liter-Vierzylinder mit 106 PS und ebenfalls 16 Ventilen sind in dem weniger sportlicher gestalteten Kleinwagen damals das Maß der Dinge. Die Saugbenziner reichen im Tigra für 190 beziehungsweise 203 km/h in der Spitze. Die Beschleunigung von 0 auf 100 km/h liegt bei respektablen 9,4 Sekunden (1.6er) oder 11,5 Sekunden (1.4er).

Antrieb & FahrleistungenOpel Tigra A 1.4 16VOpel Tigra A 1.6 16VMotor1.389 cm³-Vierzylinder-DOHC-Reihenmotor (X14XE)1.598 cm³-Vierzylinder-DOHC-Reihenmotor (X16XE)Getriebe5-Gang-Schaltgetriebe / 4-Gang-Automatik (optional)5-Gang-SchaltgetriebeAntriebFrontantriebFrontantriebLeistung66 kW (90 PS) bei 6.000 U/min78 kW (106 PS) bei 6.000 U/minDrehmoment125 Nm bei 4.000 U/min148 Nm bei 4.000 U/min0-100 km/h11,5 Sek.9,4 Sek.Höchstgeschwindigkeit190 km/h203 km/hVerbrauch7,3 l/100km (kombiniert)7,7 l/100km (kombiniert)

 

Heutzutage fast unvorstellbar? Das Gewicht! Es liegt zwischen 980 und 1.075 kg und soll den Tigra zu einem agilen Begleiter machen, wobei sein Fahrwerk - mit Gasdruckstoßdämpfern und Verbundlenkerhinterachse - ausgestattet ist. Der Frontantrieb und das manuelle 5-Gang-Getriebe sind serienmäßig. Optional ist für das 1,4-Liter-Modell auch eine 5-Gang-Automatik erhältlich, die ihn sogar irgendwie alltagstauglich machen soll.

Außen aufregend, innen nüchtern

Das Cockpit übernimmt Opel damals ebenfalls fast unverändert aus dem Corsa B. Um die Kosten niedrig zu halten. In Kombination mit dem optionalen ABS und Nebelscheinwerfern sowie einer Klimaanlage bleibt der Preis für das kleine Coupé deshalb attraktiv: 1995 liegt er bei rund 26.000 DM.

Aber so viel Pfennigfuchserei hat ihren Preis. Wirklich aufregend sitzt es sich im Tigra A nämlich nicht, denn bis auf die etwas Körper-umfassenderen und schön tief angeordneten Sitze schreit einfach jeder schwarze Plastikschalter, jeder billige Drehknopf, jeder einfach Hebel und jede nüchterne Anzeige: "Ich wurde eigentlich für einen biederen Corsa entwickelt!"

Klingt irgendwie auch nach den 90ern. Man denkt am Anfang, jetzt sei alles möglich, aber dann macht sich doch irgendwann und irgendwie eine gewisse Ernüchterung breit. Aber egal ... Sachlichkeit und eine gewisse Vertrautheit kann auch Vorteile haben, denn so kann man sich heute viel besser auf die Fahreigenschaften konzentrieren.

Zusammenfalten und Abfahrt

Die Türen des Tigra sind groß und ausladend. Fast schon majestätisch für ein so kleines Coupé. Nach dem Einsteigen dreht man den für die damalige Zeit sehr Opel-typischen Schlüssel. Das Motorgeräusch ist leise und ruhig.

Unser Testfahrzeug ist der 1.4er. Quasi ein Neuwagen aus der Opel-Sammlung, der im Standgas fast schon zu brav läuft. Doch der Saugmotor dreht beim Druck aufs Gas freudig hoch - ein klarer Hinweis, dass der Tigra seine Sportwagen-Ambitionen nicht nur im Design versteckt.

Beim Fahren merkt man sofort, dass die Pedale eher wenig Platz für die Füße bieten. Wer größere Stiefel trägt, wird hier ein wenig ins Grübeln kommen. Den ersten Gang (und alle anderen Gänge auch) legt man mit einem knackigen Getriebe ein.

Und ab gehts - mit einem Fahrwerk, das einem so gar nicht den Eindruck vermittelt, dass es irgendwie Rücksicht auf Rücken nehmen möchte. Schlaglöcher? Spürt und hört man. Der Tigra will uns in jeder Fahrsituation daran erinnern, dass Komfort bei ihm keine Priorität hat.

Dafür ist er aber ein kleines, wendiges Kraftpaket. Die Lenkung ist so direkt, dass der Wagen um jede Kurve tanzt. Das Federgewicht ist damit so agil, wie ein Mini es laut Marketing heute noch gerne wäre. Auf der Geraden fehlt es dem Tigra dann zwar an Raketenantrieb, aber durch die tiefe Sitzposition, die schlechte Geräuschdämmung und die hohen Drehzahlen fühlt sich eh alles schneller an, als es eigentlich ist.

Und mal ehrlich: Wer braucht schon üppige Leistung und Drehmoment, wenn man so flott durch die Straßen wackelt? Trotzdem wird auch von Opel selbst an mehr Power geforscht. Dazu gleich mehr ...

Und sonst so?

Der Tigra wird weltweit unter den verschiedensten Marken vermarktet: als Vauxhall in Großbritannien, Chevrolet in Brasilien und Mexiko sowie Holden in Australien. Geplant ist auch ein Export in die USA unter der Marke Pontiac, der aber wegen der geringen Größe des Fahrzeugs scheitert.

Und der Tigra leidet unter Kritik. Die geringe Übersichtlichkeit, der winzige Innenraum - vor allem die praktisch unbrauchbare Rückbank des 2+2-Sitzers - und der kleine Kofferraum (225 Liter) werden häufig bemängelt. Trotzdem findet das Auto eine treue Fangemeinde und Opel verkauft bis 2001 weltweit 256.392 Exemplare, davon rund 60.000 Einheiten in Deutschland.

Ein Erfolg, der Opel zu weiteren Experimenten während des Produktionszeitraums verleitet: So entsteht 1995 ein Tigra V6. Mit Mittelmotor, Hinterradantrieb und einem 3,0-Liter-V6 mit 210 PS. Allerdings bleibt dieses Power-Coupé ein Einzelstück, das heute im Konzeptauto-Keller der Marke sein Dasein fristet. Ebenfalls selten, aber mit Straßenzulassung: Irmscher ergänzt die Palette mit einem skurrilen Pick-up-Umbau namens "Fun". Seriennah werden außerdem limitierte Sondereditionen wie die auffällige "Cinema Edition" in Pink.

Nach dem Produktionsende im Juli 2001 verschwindet der Tigra A dann aber allmählich aus dem Straßenbild. Viele Modelle fallen dem jugendlichen Leichtsinn, dem Rost oder hierzulande der Verschrottung durch die Umweltprämie zum Opfer. Zudem machten Elektronikprobleme und mittelmäßige Verarbeitung den kleinen Besitz zu einer großen und kostenintensiven Aufgabe.

Wer heute einen Tigra fahren möchte, sollte nicht nur rostfreie Exemplare ohne Verbastelungen suchen (außer man steht natürlich auf teilweise billigen Aftermarket-Look), sondern am besten ein zweites Fahrzeug als Ersatzteilspender bereithalten. Die Preise sind durchaus human. Entsprechende Spenderfahrzeuge gibt es bereits für unter 1.000 Euro und selbst gut ausgestattete Exemplare mit geringer Laufleistung, wenigen Vorbesitzern und im Originalzustand liegen preislich bei maximal 8.000 Euro (Stand: Ende 2024).

Fazit: Vom Nischenauto zum Klassiker

Der Opel Tigra A ist heute eine Hommage an die Experimentierfreude der 1990er und bleibt als zeitloses Coupé in Erinnerung. Mit seinem H-Kennzeichen feiert er 2024 den Eintritt in den Oldtimer-Status - ein würdiger (und immer noch erstaunlich günstiger) Abschluss sowie gleichzeitig ein Neuanfang für ein Auto, das immer ein bisschen anders, jünger und frecher war als der Kleinwagen-Einheitsbrei von damals.

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