Batterie könnte ab 2030 in Elektroautos eingesetzt werden, so die Hoffnung
Stellantis und Zeta Energy haben beschlossen, gemeinsam Lithium-Schwefel-Batterien für Elektrofahrzeuge zu entwickeln. Ziel ist eine Energiedichte, die mit heutigen Lithium-Ionen-Akkus vergleichbar ist. Eine entsprechende Entwicklungsvereinbarung wurde nun unterzeichnet.
Der Li-S-Akku soll sowohl bei der gravimetrischen Energiedichte (gemessen in Kilowattstunden pro Kilo) wie bei der volumetrische Energiedichte (kWh pro Liter) heutigen Akkus nahekommen. Vielleicht könnten die Akkus bei gleicher Speicherkapazität sogar leichter sein, so Stellantis in seiner Pressemeldung.
Darüber hinaus hat die Technologie das Potenzial, die Schnelllade-Geschwindigkeit um bis zu 50 Prozent zu erhöhen. Gute 400-Volt-Systeme können derzeit mit 2,1 bis 2,5 kWh/min geladen werden - Beispiele sind der 79-kWh-Akku des VW-Konzerns oder der 107-kWh-Akku aus dem Polestar 3. Demnach müsste ein Li-S-Akku über 3 kWh/min kommen und wäre damit so schnell wie heutige 800-Volt-Systeme.
Zudem werden Lithium-Schwefel-Batterien voraussichtlich weniger als die Hälfte kosten als heutige Lithium-Ionen-Batterien. Vermutlich sind damit NMC-Zellen gemeint, nicht die deutlich günstigeren LFP-Akkus. Nach Angaben des Batterie-Professors Dirk-Uwe Sauer kosten NMC-Zellen derzeit etwa 80 bis 100 Euro je kWh, bei LFP sind es sogar nur 60 Euro. Demnach müssten die anvisierten Li-S-Akkus bei 45 Euro je kWh landen. Diese Kosten beziehen sich auf die Zellen, auf Batterieebene sind es 20 bis 30 Prozent mehr.
Stellantis-Technikvorstand Ned Curic sagte, die Kooperation mit Zeta Energy sollte "saubere, sichere und erschwingliche Fahrzeuge" liefern. Optimale Reichweite, Leistung und Erschwinglichkeit für die Kundschaft seien die Ziele. Zeta-Energy-Chef Tom Pilette ergänzte: "Die Kombination der Lithium-Schwefel-Batterietechnologie von Zeta Energy mit der unübertroffenen Expertise von Stellantis in den Bereichen Innovation, globale Herstellung und Vertrieb kann die Leistung und das Kostenprofil von Elektrofahrzeugen erheblich verbessern und gleichzeitig die Ausfallsicherheit der Lieferkette für Batterien und Elektrofahrzeuge erhöhen."
Die Batterien werden "aus Abfallstoffen und Methan" hergestellt, so Stellantis. Dabei sollen die CO2-Emissionen deutlich geringer sein als bei aktuellen Batterien. Die Zeta-Energy-Batterien sollen in bestehenden Gigafactories herstellbar sein und eine kurze Lieferkette innerhalb Europas oder Nordamerikas haben. Die Zusammenarbeit umfasst sowohl die Vorserienentwicklung als auch die Planung für die zukünftige Produktion. Die Batterien sollen ab 2030 Elektrofahrzeuge von Stellantis antreiben können.
Schwefel gehört zu den häufigen chemischen Elementen und wird entweder als elementarer Schwefel abgebaut oder aus Erzen gewonnen; die größten Hersteller sind China, die USA und Russland, aber auch viele andere Länder. Die Kosten sind dementsprechend gering, die Quellen vielfältig, was die Lieferketten-Risiken reduziert. Zeta Energy verwendet unraffinierten Schwefel, ein Nebenprodukt aus verschiedenen Industriebranchen. Teure Metalle wie Nickel oder Cobalt werden nicht benötigt, und auch kein Graphit, der derzeit unseres Wissens hauptsächlich aus China kommt.
Bei Lithium-Schwefel-Akkus bestehen die Elektroden aus elementarem Lithium und elementarem Schwefel. Wie bei heutigen Elektroauto-Batterien wandern Lithium-Ionen zwischen den Elektroden hin und her, es handelt sich also ebenfalls um Lithium-Ionen-Akkus. Als Elektrolyten werden wasserfreie Flüssigkeiten, Feststoffe und Gels erforscht. Anders als an heutigen Graphitanoden tritt bei der Schwefel-Anode eine richtige chemische Reaktion auf, es bilden sich verschiedene Lithiumsulfide wie Li2S.
Da Schwefel elektrisch kaum leitet, wird er mit Kohlenstoff versetzt. Dazu können Graphit, Ruß, Kohlenstoff-Nanoröhrchen und andere Kohlenstoff-Formen genutzt werden. Vermutlich verwendet Zeta Energy das erwähnte Methan zur Herstellung solcher Stoffe.
Die Spannung von Li-S-Zellen ist mit 2,2 Volt deutlich niedriger als bei gängigen Lithium-Ionen-Zellen (3,6 bis 3,7 Volt), aber die erreichbare Energiedichte ist mehrfach so groß. Theoretisch sind mit den beiden Elementen bis zu 2,7 kWh pro Kilo möglich, praktisch wurden aber maximal 350 Wh/kg erreicht. Doch auch das ist mehr als gängige NMC-Zellen schaffen. Allerdings scheint die Zyklenfestigkeit noch ein Problem zu sein.
Bisher verwendet Stellantis größtenteils NMC-Batterien, im 44-kWh-Akku der Smart Car Platform (Citroen e-C3, e-C3 Aircross, Fiat Grande Panda oder Opel Frontera Electric) kommt LFP-Chemie zum Einsatz. Das bezeichnet Stellantis als "Dual-Chemistry-Ansatz". Darüber hinaus werden aber auch andere Technologien erforscht wie Festkörper-, Natrium-Ionen- und Lithium-Schwefel-Akkus. So hat der Konzern auch in den kalifornischen Lithium-Schwefel-Spezialisten Lyten investiert. Zudem forscht Stellantis zusammen mit Saft am IBIS-Projekt (Intelligent Battery Integrated System), bei dem die Leistungselektronik in die Batteriemodule integriert wird.
Unter dem Strich
Lithium-Schwefel-Akkus sind unsers Wissens noch weit von der Serienreife entfernt, doch gerade bei der Batteriechemie könnte sich die oft beschworene "Technologieneutralität" noch lohnen. Das Thema Energiedichte ist mit Elektroautos, die 600 km und mehr schaffen, größtenteils vom Tisch. Kosten und Ladegeschwindigkeit stehen nun eher im Fokus, und da kommt die Lithium-Schwefel-Batterie ins Spiel. Diese stellt aber ähnliche Anforderungen an den Elektrolyten wie andere Chemien mit einer hochreaktiven Lithium-Metall-Anode - vielleicht schneiden sich deshalb in Zukunft die Entwicklungslinien von Li-S-Batterie und Festkörperakku.