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Opel Omega B (1994-2003) im Fahrbericht: Voll auf die Sechs

Der einstige Ober-Opel wird 30. Wir fahren die 3,0-Liter-V6-Topversion und finden schlagende H-Kennzeichen-Argumente ...

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Gleich zwei Klopperei-Anspielungen in der Headline und der Subheadline? Warum zur Hölle, Herr Lehbrink? Ganz einfach: Genau dieser Opel Omega B aus genau diesem Fahrbericht mit genau diesem HH-MS-2900-Kennzeichen gehört einst dem Boxweltmeister Max Schmeling (1905-2005), der sich nicht nur zwischen 1930 und 1932 die Schwergewichtstitel sichern kann, sondern auch zeitlebens großer Opel-Fan ist.

Und weil die Haudrauf-Legende des deutschen Profisports bis ins hohe Alter mobil sein will, gönnt sie sich Mitte der 1990er-Jahre noch einmal einen vollausgestatteten Opel. Und zwar einen Omega B mit 3,0-Liter-V6-Benziner. Mehr geht in Rüsselsheim damals nicht. Denn: Ein Über-Omega mit 5,7-Liter-V8 ist zwar in Planung, aber das Projekt wird kurz vor der Markteinführung aufgrund nicht lösbarer Getriebeprobleme eingestellt.

Opel Omega B (1994-1999) im Test

Deshalb: Wie fährt sich die damalige Blitz-Konkurrenz zur Mercedes-Benz E-Klasse (ab 1995 als W210), der brandneuen A6-Baureihe von Audi (ab 1994 als C4) oder dem BMW 5er (ab 1995 als E39) nach genau 30 Jahren? Und ist das bis dato letzte Modell des Herstellers aus der oberen Mittelklasse des H-Kennzeichens würdig? Auf geht's ...

Rekord, Commodore und Senator werden Omega

Jetzt geht es aber erst einmal noch weiter zurück. Nach 1986. In diesem Jahr erscheint der Omega A, der als Nachfolger des sehr erfolgreichen Rekord E (rund 1,4 Millionen Exemplare wurden produziert) und des schon vier Jahre zuvor eingestellten Commodore C die obere Mittelklasse mit Windschnittigkeit neu besetzen soll.

Das zu Beginn nur als Stufenheck erhältliche "Auto des Jahres 1987" (später folgt ein Kombi namens Caravan) hat ein neu konstruiertes Fahrwerk mit hinterer Schräglenkerachse und Scheibenbremsen an allen vier Rädern. Die Karosserie weist einen niedrigen Luftwiderstandsbeiwert von 0,28 auf, was zusammen mit dem relativ geringen Gewicht (nur 1.150 bis 1.370 kg bringt dieser Opel auf die Waage) sehr gute Fahrleistungen bei gleichzeitig niedrigem Verbrauch ergibt. Angeboten wird der A auch mit Sechszylindermotoren. Wer bis 1993 aber noch mehr will, kann in guter alter KAD-Tradition zum parallel laufenden Senator B greifen.

Im Mai 1993 endet dann die Produktion des Senator B nach sechsjähriger Bauzeit und nur 69.943 hergestellten Exemplaren. Der Omega A soll im Sommer des gleichen Jahres in den Ruhestand geschickt werden. Und so entscheidet man sich in Rüsselsheim, die obere Mittelklasse künftig unter nur einem neuen Modell zusammenzufassen - dem Opel Omega B. Dem namentlich passenden Anfang vom Ende in diesem Fahrzeugsegment für den Hersteller.

Alte Schule trifft moderne Optik

Am 29. April 1994 erscheint dann also die Omega-Neuauflage. Die noch runderen Formen des Wagens erinnern dabei stark an die von Cadillac im Jahr 1990 vorgestellte Studie namens Aurora. (Nicht ahnend, dass es den Omega B später sogar als Cadillac Catera geben wird.) Und so wirkt das Modell auch nach 30 Jahren irgendwie noch ziemlich modern. Was nicht nur an der keilförmigen Silhouette, sondern auch an den weißen Blinkergläsern vorne sowie den getönten und roten Rückleuchten liegen mag.

Im Vergleich zum Vorgänger wächst der B vor allem in der Länge. So werden aus 4,74 stolze 4,90 Meter. Die Breite vergrößert sich um zwei Zentimeter auf 1,78 Meter und die Höhe nimmt um rund einen Zentimeter zu. Lediglich der Radstand bleibt bei konstanten 2,73 Meter.

Und wenn Radstände sich nicht ändern, ist technisch meist ziemlich viel identisch. So wurde beim Generationswechsel erst einmal nur das Fahrwerk verstärkt und ein serienmäßiges Airbag-System verbaut. Ansonsten ist der B alte Opel-Schule und das letzte Modell des Herstellers mit Hinterradantrieb.

Abmessungen & GewichtOpel Omega BLänge x Breite x Höhe4.898 mm x 1.776 mm x 1.456 mmRadstand2.730 mmLeergewicht1.475 - 1.733 kg

Als Basismotorisierung dient weiterhin der bisher eingebaute 2,0-Liter-Vierzylindermotor mit 116 PS. Dazu kommt eine 16-Ventil-Variante mit 136 PS. Die bisherigen Reihensechszylinder-Ottomotoren werden allerdings durch neu entwickelte V6-Motoren ersetzt. Zunächst gibt es die 2,5-Liter-Maschine mit 170 PS, außerdem das jetzt gefahrene 3,0-Liter-Aggregat mit 211 PS im Spitzenmodell MV6 von Max. Interessant: Als Diesel kommt zu Beginn ein von BMW zugekaufter 2,5-Liter-Turbodiesel vom Typ M51-D25 mit 131 PS zum Einsatz. Der Sechszylinder wird erst ab 1997 von weiteren Selbstzündern ergänzt.

Leder, Leistung, Laufruhe und Luxus

Jetzt aber ab hinters Lenkrad. Im Innenraum des Schmeling-Schlittens erwartet uns trotz voller Oberer-Mittelklasse-Hütte der gewohnt etwas biedere Charme von Opel-Modellen der 1990er. Und so erinnern die einen oder anderen Bauteile auch gerne mal an einen Corsa B oder einen Astra F. Allerdings umgarnt der Omega mit deutlich mehr Leder, Wurzelholz und der für diese Zeit typischen Armada an Knöpfen auf dem Armaturenbrett und der Mittelkonsole.

Die Ausstattungshighlights damals? Eine Zwei-Zonen-Klimaautomatik mit digitalen Anzeigen, eine Vorbereitung für das Autotelefon, ein Heckscheiben-Rollo, Sitzheizung, eine geteilt umlegbare Rückbank, elektrisch verstellbare Sitze mit Memory-Funktion und ein Bordcomputer. Letzterer kann aber nicht viel mehr als das Datum, die Uhrzeit und den Verbrauch oder die Reichweite anzeigen.

Antrieb & FahrleistungenOpel Omega B MV6Motor2.962 ccm / V6-DOHC / 24V / BenzinerGetriebe4-Gang-AutomatikAntriebHinterradantriebLeistung211 PS bei 6.200 U/minDrehmoment270 Nm bei 3.400 U/min0-100 km/h8,5 - 9,3 Sek.Höchstgeschwindigkeit240 km/hVerbrauch9,6 - 10,4 l/100km (NEFZ)

Wir lassen uns auf die weichen Ledersessel fallen und finden schnell eine sportlich-bequeme Position. Die Außenspiegel sind ebenfalls flott und elektrisch arretiert, aber dann der erste Dämpfer ... das Lenkrad. Es ist weder in der Höhe noch in der Tiefe anpassbar. Heutzutage kaum mehr vorstellbar.

Spätestens vergessen geht dieser Umstand sowieso, nachdem man den Schlüssel umgedreht hat. Mit sonorem und äußerst angenehmem Brummen erwacht der V6 mit Leichtmetallköpfen und vier Ventilen pro Zylinder zum Leben. Wir schieben den Wahlhebel der 4-Gang-Automatik auf "D" und ein Rucken geht durch das ganze Fahrzeug. So signalisiert einem der Top-Omega unmissverständlich: Ich bin abfahrtbereit.

Also los. Wir drehen ein paar Runden über die doch teils sehr schlechten Straßen des Opel-Werksgeländes und stellen zu unserem Erstaunen fest, dass man damals in Rüsselsheim ziemlich gute und komfortable Fahrwerke bauen konnte. Schläge hat der Boxerhintern in diesem Schiff jedenfalls fast keine abbekommen.

Und auf die Ohren gibt es auch nichts, denn selbst nach fast 30 Jahren, die dieses Modell auf dem Buckel hat, poltert oder knarzt nichts im Innenraum. Bei der Servolenkung braucht es übrigens kaum Muskeln. Sie ist schön leichtgängig und übermittelt trotzdem erstaunlich viel Asphaltgeschehen in die Hände und Arme.

Wir wagen uns schließlich über den Stadtverkehr und die Bundesstraße in Richtung Autobahn. Jetzt noch den Sportknopf des Getriebes kurz vor der Auffahrt drücken und dann ... Kickdown. Der Automat schaltet in den zweiten Gang zurück, der Motor wird laut (aber nicht unangenehm) und die 211 PS und 270 Nm zeigen eindrucksvoll und nach zwei weiteren sehr komfortablen Gangwechseln, wie man sich vor der Jahrtausendwende bei über 200 km/h als Vize-Chef der Autobahn fühlt. Erstaunlich entspannt fühlt man sich, denn es bleibt immer ruhig und komfortabel. Ruhe bewahren heißt es auch beim Verbrauch: Mit rund 12 bis 15 Liter sollte man schon rechnen.

Das Ende von Omega

Im Juni 2003 stellt Opel die Produktion des Omega B ein. In neun Jahren entstehen 797.011 Exemplare. Der von Februar 2003 bis Juli 2008 angebotenen Signum sollte den Omega ersetzen, doch unter anderem wegen seiner Plattformgröße und der kombiähnlichen Silhouette wurde er als ein neuer Fahrzeugtyp wahrgenommen.

Der Omega B Caravan wird durch den Vectra C Caravan ersetzt, der wie auch der Signum einen im Vergleich zur Vectra-Limousine um 13 Zentimeter vergrößerten Radstand hat. Das KBA ordnet beide Fahrzeuge trotzdem nur der Mittelklasse zu.

Mit der Modellstudie Insignia zeigt Opel im Herbst 2003 dann eine weitere Lösung zur Nachfolge des Omega, die aber wieder verworfen wird. Erst ab November 2008 wird der Name Insignia dann für den Nachfolger des Vectra verwendet, der sich nun auch als Limousine in seiner Größe dem Omega genähert hat und trotzdem ein Mittelklasse-Modell bleibt.

Da tut sich bei uns folgende Frage auf: Welches aktuelle Opel-Modell würde Max Schmeling wohl heute fahren? Bis 2022 wäre es wohl ein Insignia B Grand Sport in der 2.0 Turbo 4x4 GSi-Ausführung mit 230 PS gewesen. Und jetzt ... vermutlich ein Grandland. Vollelektrisch. Mit 213 PS. Also ... vermutlich.

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