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Opel Rekord D (1972-1977) im Fahrbericht: Die goldene Mitte

Als 1,7 Liter, 83 PS und Automatik noch glücklich machten ...

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1972: Olympische Sommerspiele in München, der bislang letzte Mensch steht auf dem Mond, ABBA nimmt die erste Single auf, die ersten Taschenrechner kommt auf den Markt. Und ein Auto, dass viele Deutsche über Jahrzehnte mobil gemacht hat: der Opel Rekord D.

Zu seiner Premiere vor 50 Jahren musste er in große Fußstapfen treten, war doch sein direkter Vorgänger mehr als 1,2 Millionen Mal vom Band gerollt - was bis dato ein Achtel aller in sieben Jahrzehnten Opel-Automobilbau produzierten Fahrzeuge ausmachte.

Im Gegensatz zum Rekord C, dessen "Coke-Bottle"-Design vor der C-Säule von der Formensprache der amerikanischen Schwestermodelle beeinflusst war, trägt der neue Opel Rekord D beinahe italienische Züge. Klare und funktionale Linien, glatte Flächen sowie große Fenster und eine niedrige Gürtellinie bestimmen das zeitlos gezeichnete Äußere.

Opel Rekord D (1972-1977)

Die Italien-Connection kommt nicht ohne Grund, denn der damalige Opel-Designchef Chuck Jordan hat ein Faible für das Land. Der Rekord D kommt auf den Markt "wie ein unerwarteter Besucher zu einer Party, (…) der frischen Schwung in die Gesellschaft bringt", schwärmt seinerzeit der Pressetext.

Die Produktion des Rekord D beginnt bereits im Dezember 1971 in Rüsselsheim. Zunächst nennt man ihn offiziell "Rekord II", um Verwechslungen mit dem Diesel-D zu vermeiden, bis es dann tatsächlich einen Diesel in der Baureihe gibt.

Wie beim Vorgänger stehen drei Karosserievarianten zur Wahl: die klassische Stufenheck-Limousine mit zwei oder vier Türen, das sportliche Coupé und eine Caravan-Version mit drei oder fünf Türen. Für den gewerblichen Einsatz - und in bester Tradition des legendären "Schnelllieferwagens" der 1950er- und 1960er-Jahre - bietet Opel außerdem den Rekord als Lieferwagen an (einen dreitürigen Kombi ohne Seitenfenster im Fond). Doch diese Version bleibt selten.

4,57 Meter ist die Limousine lang, der Radstand beträgt 2,67 Meter. Bei meiner ersten Begegnung mit dem 1974er-Modell, welches mir Opel zum Fahren ausleiht, fällt natürlich das knallige Blau im Stil der Zeit auf. Und sofort die klare, recht kantige Linienführung, die sich grundlegend vom barock-bulligen Ford Consul/Granada unterscheidet, der ebenfalls 1972 erscheint. Klarheit herrscht auch innen: Beste Sicht durch riesige Scheiben ohne Dreiecksfenster und ein übersichtliches Cockpit, das sich nahe an die Windschutzscheibe schmiegt.

Während man heute in vielen Autos als Fahrer eingemauerter sitzt als im Cockpit eines Airbus, geht es im Rekord D herrlich luftig zu. Für die Sicherheit gibt es immerhin Knautschzonen und Seitenaufprallschutz. Verstärkungen in den Flanken und im Dach bieten Schutz im Falle eines Seitenaufpralls oder Überschlags.

Die Benzinmotoren des Rekord D sind Weiterentwicklungen der bewährten, bis zu seinem Debüt bereits über zwei Millionen Mal gebauten Vierzylinder-Aggregate mit seitlich liegender Nockenwelle (cih = camshaft-in-head). Die Basis bildet ein 1,7-Liter-Triebwerk mit 66 PS, die S-Maschine liefert 83 PS, das 1,9-Liter-Aggregat 97 PS. 1975 werden daraus 60 PS, ein 1900 N mit 75 PS und 90 PS, hinzu gesellt sich der 2.0 S mit 100 PS.

Im September 1972 wird der Rekord D dann wirklich zum D: Der erste Pkw-Diesel in der Geschichte von Opel sein Serien-Debüt: 2100 D heißt der neue Selbstzünder, er leistet 60 PS, verbraucht im Schnitt 8,7 Liter Diesel auf 100 Kilometer und sorgt für 135 km/h Spitze. Zu erkennen ist der Rekord 2100 D an seiner in der Mitte gewölbten Motorhaube, die viel später Opel-Altblech-Fans ausschlachten, weil sie einfach cool aussieht. Doch der Buckel hat einen technischen Hintergrund: Durch die Konstruktion mit obenliegender Nockenwelle und geändertem Zylinderkopf baut der Dieselmotor höher als die Benziner.

Bereits ab März 1972 erweitert der Commodore B die Baureihe nach oben. Als Vertreter der oberen Mittelklasse schließt er die Lücke zwischen dem Rekord und den Oberklasse-Modellen Admiral und Diplomat. Die Karosserieform übernimmt er vom Rekord - zugleich ist der Commodore B aber luxuriöser ausgestattet und wird ausschließlich mit Sechszylindermotoren und deutlich mehr Power angeboten. Der 2,5-Liter-S leistet 115 PS. Darüber ist der 130 PS starke Commodore GS positioniert. In einer weiteren Entwicklungsstufe erhält die GS-Variante später einen 2,8 Liter mit zwei Registervergasern und 142 PS.

Im September 1972 erscheint das Top-Modell der Commodore-Familie: der 160 PS starke GS/E. Sein mit elektronischer Einspritzung ausgerüsteter 2,8-Liter-Motor sorgt für eindrucksvolle Fahrleistungen: Das Coupé erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von 200 km/h, die viertürige Limousine 195 km/h. "Der GS/E spricht die Liebhaber leistungsstarker Tourenwagen an, die selbst weite Strecken mit hohen Durchschnittsgeschwindigkeiten zurücklegen wollen", erklärt Opel.

Mit Raserei hat mein Rekord D hingegen nicht viel am Hut. Immerhin handelt es sich um den 1700 S mit 83 PS, der Basis-1700 wird schon damals meist von Behörden gewählt. Als Temperamentbremse ist eine Dreigang-Automatik an Bord. Zumindest erwarte ich das.

In der Tat erweist sich der Wagen als arg gemütlich, spürbare Rucke künden bei 50 und 80 km/h von den Gangwechseln. Doch so lahm ist der Rekord zumindest bis Tempo 100 nicht einmal, wenngleich offiziell 18,5 Sekunden als Beschleunigungswert zu Buche stehen. Aber damals waren Autos deutlich leichter. Nicht einmal 1,1 Tonnen sind es beim 1700 S.

Was mir noch auffällt, ist das gute Fahrwerk. Zwar werkelt hinten eine schlichte Starrachse, doch sie ist aufwendig geführt mit Doppel-Längslenkern und Drehstab-Stabilisator. "Tristabil-Fahrwerk" taufte Opel das Resultat, tatsächlich wankt der Rekord nur wenig, obwohl der Hersteller schon Ende 1972 das als zu straff monierte Fahrwerk komfortabler abstimmte.

Als "besten BMW, den Opel je baute" bezeichneten Journalisten einmal den Opel Rekord D. Ich würde es so formulieren: Der 5er-BMW des kleinen Mannes. Schließlich erschien auch dieser anno 1972. Und war es reiner Zufall, dass GM- und Opel-Manager Bob Lutz kurz zuvor zu BMW wechselte?

Wie dem auch sei, der Rekord D ist in den 1970er-Jahren die Mittelklasse für die Mittelklasse. Einzig ein Konjunktureinbruch nach der Ölkrise von 1973 verhindert Rekord-Stückzahlen für diesen Rekord.

Anfang September 1976 läuft eine goldene Rekord D-Limousine als einmillionstes Modell der Baureihe vom Band. Anlässlich des damaligen Jubiläums geht eine Kleinserie des Sondermodells "Millionär" mit dem 100 PS starken 2,0 Liter-S-Motor und feiner "Berlina"-Ausstattung in den Verkauf. Als im September 1977 die letzte Rekord-Generation startet, sind in Rüsselsheim 1.128.196 Einheiten des Rekord D und 140.827 Commodore B vom Band gelaufen.

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