Hier fahren Sie besser!
Neu- und Gebrauchtwagen auf automobile.at

Kia Niro EV (2022) im Test: EV6-Light ohne Abzüge

Neue Optik, neue Größe, neue Plattform, neuer Fahrkomfort ...

InsideEVs.de: Elektroautos, Plug-in-Hybride: News, Tests
Marke wählen

Seit seiner Markteinführung vor sechs Jahren hat der Kia Niro eine interessante Entwicklung erfahren. Ab September 2016 wurde er vorerst nur mit Vollhybrid-Antrieb angeboten. Ein Jahr später folgte eine Plug-in-Hybrid-Version. Und wieder ein Jahr später (ab Dezember 2018) ergänzte schließlich der e-Niro als vollelektrisches Derivat die Baureihe. Erfolgreich verkauften sich alle Modelle. Aber der e-Niro wurde zum unerwarteten Shootingstar.

70 Prozent wollen ihn vollelektrisch

Das kompakte Elektro-SUV war so erfolgreich, dass der koreanische Hersteller der nun gestarteten zweiten Generation des mittlerweile in Kia Niro EV umbenannten Fahrzeugs einen Verkaufsanteil von rund 70 Prozent prognostiziert.

Macht das Modell also wirklich so viel mehr Sinn? Unser Test kennt die Antwort! Und wenn Sie mehr über unsere Probefahrt mit dem Niro HEV oder dem Niro PHEV erfahren wollen, besuchen Sie über diesen Link unseren entsprechenden Testbericht auf unserer Schwesterseite Motor1.com.

Beginnen wir mit der Optik: Beim Design macht der Niro nämlich einen gewaltigen Sprung und fortan ist der eindeutig von der 2019 vorgestellten Habaniro-Studie beeinflusst. Auffälligstes Merkmal ist die optionale Bicolor-Lackierung der C-Säule und der Seitenschweller. Die Front zeichnet sich jetzt durch eine U-förmige Lichtsignatur aus und auch die typische "Tigernase" wurde weiterentwickelt. Am Heck gibt es ab sofort bumerangförmige Rückleuchten.

Länger, breiter, höher. Läuft ...

Auch bei den Abmessungen gibt es Veränderungen. Mit 4,42 Metern ist der Niro EV um 65 mm länger als sein Vorgänger. Leicht zugelegt hat er auch in der Breite (1.825 mm, + 20 mm) und in der Höhe (1.570 mm, + 10 mm). Der Radstand wuchs um 20 mm auf nun insgesamt 2.720 mm an.

Den Zugewinn merkt man vor allem beim Platz im Fond, der auch für erwachsene Menschen mehr als ausreichend ausfällt. Aber auch auf der Straße spüren Sie die läppischen zwei Zentimeter mehr zwischen den Achsen. Länge läuft und so.

Ansonsten punktet der Innenraum mit deutlich hochwertigeren Recycling-Materialien. Nachhaltigkeit und so. Papierfasern, Eukalyptusblätter und so weiter. Verarbeitet wurde alles sehr gut, aber die eigentliche Hauptrolle spielen eigentlich eher die beiden nebeneinander platzierten 10,25-Zoll-Displays.

Über dem Zwei-Speichen-Lenkrad (das aussieht wie im EV6) verbaut Kia jetzt endlich auch ein 10-Zoll-Head-up-Display für die wichtigsten Fahrinformationen direkt in der Windschutzscheibe.

Das Armaturenbrett mit der schicken Multifunktions-Bedienleiste kennen wir ebenfalls aus dem EV6. Oder dem neuen Kia Sportage. Genau wie die Grundform der etwas asymmetrischen Mittelkonsole mit dem blau beleuchteten Drehrad zur Auswahl der Getriebemodi.

Alles schreit förmlich nach EV6. Aber das ist okay. Nur bei der aus dem größeren Elektro-Crossover bekannten Relax-Funktion müssen Sie Abstriche machen. Die gibt's nämlich nur für den Beifahrersitz. Und hier fällt dann der Unterschied auf: Der Kia Niro EV basiert nicht auf E-GMP, sondern auf der dritten Überarbeitung der K-Plattform.

Der Akku wurde etwas größer

Heißt: An den Leistungsdaten hat sich nicht wirklich etwas verändert. Es bleibt bei 150 kW und 255 Nm Drehmoment. Einer 0-100-km/h-Zeit von 7,8 Sekunden und einer Höchstgeschwindigkeit von 167 km/h. Die Reichweite bleibt ebenfalls trotz neuer Aerodynamik-Maßnahmen (schauen Sie sich mal die Löcher in der C-Säule an) und dem um 0,8 kWh auf 64,8 kWh vergrößerten Akku annähernd identisch.

Aus 455 werden 460 km. Geladen werden kann weiterhin mit maximal 75 kW an den entsprechenden CCS-Säulen. Aber das reichte der ersten Generation (wie unser 3-monatiger Dauertest zeigt) und das wird auch in der zweiten Generation reichen.

Neu ist jedoch die Funktion "Vehicle-to-Device" womit der Niro EV per Adapter externe Geräte mit bis zu 3 kW Leistung aus der eigenen Batterie mit Strom versorgen kann. Außerdem verfügt das Elektro-SUV jetzt über eine serienmäßige Vorkonditionierung des Akkus. Damit wird der Lithium-Ionen-Speicher schon vor Ladebeginn auf Wohlfühltemperatur gebracht und im Zweifel kann so doch ein Tick schneller geladen werden als zuvor.

Bei Fahrwerk, Bremsen, Lenkung und der Karosserie an sich hat Kia aber kaum ein Stein auf dem anderen gelassen. Letzteres Beispiel weist etwa im Vergleich zur bisherigen Karosserie eine höhere Verwindungssteifigkeit auf. Mehr hochfester und formgehärteter Stahl (plus 22 Prozent) macht eine höhere Stabilität bei gleichzeitiger Gewichtseinsparung von 20,3 Kilogramm möglich.

Ein Leichtgewicht wird der Niro EV dadurch zwar immer noch nicht, aber die Richtung stimmt und im Klassenvergleich sind 1,7 bis 1,8 Tonnen Leergewicht durchaus vertretbar. Über 400 kg entfallen dabei übrigens auf die tief im Fahrzeugboden verbauten Akku.

Eco, Normal, Sport ... und sparsam

Aber jetzt endlich ab auf die Straße. Wir starten im "Eco"-Modus und stellen über die sich wertig anfühlenden Wippen am Lenkrad die Rekuperation auf "i-Pedal". So ausgerüstet geht es zuerst auf eine Etappe durch die Stadt.

Das Bremspedal lassen wir dabei unberührt und weil der für andere Verkehrsteilnehmer wichtige Fahrsound bis etwa 25 km/h deutlich weniger präsent im Innenraum ist als zuvor, ist es richtig leise in der Kabine. Wir erreichen auf dieser Etappe einen Verbrauch von unter 12 kWh/100km. Wahnsinn.

Und der "Eco"-Modus würde eigentlich auch für alle anderen Fahrsituationen immer locker ausreichen. Trotzdem gibt es aber eben noch "Normal" und "Sport", die subjektiv eigentlich nicht viel mehr machen, als die Lenkung stufenweise mit etwas mehr Gegendruck zu versorgen, die Gasannahme spitzer und direkter zu gestalten und die Reichweite und den Verbrauch zu erhöhen. Wir überspringen also "Normal" und wechseln direkt über den nicht so schön platzierten Knopf am Lenkrad auf "Sport".

Weniger Wanken, mehr Präzision

Die Optik der Anzeigen hinter dem Lenkrad ändern sich, aber sportlich-agiler wird der Niro EV dadurch nicht. Dieses Kompakt-SUV will vor allem komfortabel sein. Dafür sprechen auch die zahlreichen Assistenzsysteme, die alle einen sehr seriösen Eindruck machen. Sportlich zugute halten muss man dem neuen Modell aber, dass die Wankbewegungen und das nervöse Lenkverhalten nachgelassen haben.

Das Fahrwerk wirkt deutlich ausgewogener und kommt vor allem mit langen Bodenwellen sehr gut zurecht. Kurze Stöße merkt man immer noch, aber auch hier gibt die Geräuschdämmung ihr bestes, nicht allzu viele Fahrbahninformation in den Innenraum weiterzuleiten.

Komfortabel wird es auch beim Blick in die Ausstattungsliste. Eine große Auswahl was Sie haben möchten und was nicht, stellt sich beim Niro EV nämlich nicht. Es gibt die Linie "Inspiration" ab 47.590 Euro.

Und da ist eigentlich so gut wie alles drin. Assistenz- oder Relax-Pakete, besondere Lackfarben, unterschiedliche Innenraum-Varianten oder ein Glasdach lassen sich noch zusätzlich ordern, aber ansonsten ... kostet der Niro EV in der fetten Basis einfach 600 Euro mehr als die magere Basis des EV6.

Fazit: Alles gleich und doch alles neu ...

Im direkten Vergleich zwischen Niro EV, Niro HEV und Niro PHEV hinterlässt das vollelektrische Modell den besten Eindruck. Sowohl technisch als auch auf der Straße. Denn auch wenn die Antriebstechnik und die K-Plattform nicht so State of the Art sind wie die dem EV6 zugrunde liegende E-GMP-Basis, hat Kia im Rahmen der Möglichkeiten das beste aus der Niro-Neuauflage herausgeholt und ein mehr als nur konkurrenzfähiges Elektro-SUV auf die Beine gestellt. Ein vollausgestatteter EV6 mit Abzügen bei der Ladetechnik zum Preis eines Basis-EV6. Passt.

© InsideEVs.de