Wir haben die Neuauflage des Pick-up in Thailand getestet
23. Mai 2022
Unvermeidliche Umsteigeverbindungen, schlechtes Wetter und eine kurze dreitägige Reise - das sind nicht gerade die perfekten Voraussetzungen für einen tropischen Urlaub auf der schönen Insel Phuket in Thailand. Doch es war die beste Kulisse, um die neue Generation des Ford Ranger auf Herz und Nieren zu prüfen.
Zusammen mit einer Handvoll Medienvertretern aus Asien und Südafrika hatte ich die Gelegenheit, den neuen Ford Ranger auszuprobieren, bevor er in über 180 Märkten weltweit, darunter auch in den USA, auf den Markt kommt - die zweite Generation des mittelgroßen Pick-ups, seit Ford ihn 2011 zu einem globalen Modell zusammengefasst hat.
In Deutschland soll der neue Ranger Anfang 2023 zu den Händlern kommen. Bis auf eine Version. Dazu am Ende mehr. Technisch eng mit dem Ranger verwandt ist der nächste VW Amarok. Optisch gibt es aber markante Unterschiede.
Zurück zum Ranger: Ganz neu ist ein 3,0-Liter-V6-Turbodiesel, der an eine 10-Gang-Automatik gekoppelt ist. 250 PS und 600 Newtonmeter lauten seine Eckdaten. Dazu kommt der bekannte 2,0-Liter-Vierzylinder-Biturbo-Diesel, vermutlich wieder mit 213 PS und 500 Nm. Er ist mit der 10-Gang-Automatik oder einer manuellen 6-Gang-Box zu haben.
Eher bei Gewerbetreibenden und Firmenflotten sieht Ford den wirtschaftlicheren Vierzyinder-Diesel mit einem Turbo. Hier sind ein 6-Gang-Schaltgetriebe oder eine 6-Gang-Automatik erhältlich. Spitzenmodell ist der Ranger Raptor: Dessen Twin-Turbo-V6 wurde für Europa aufgrund strikterer Emissionsvorgaben auf 288 PS und 491 Nm gedrosselt. Nun geben wir aber wieder ab zu Jacob ...
Der Ranger basiert auf einer stark modifizierten Version der bewährten T6-Plattform von Ford, die den Namen T6.2 trägt und die Modularität des Leiterrahmen-Fahrgestells erhöht. Die dreiteilige Konstruktion ermöglichte Modifikationen wie eine breitere Spur, überarbeitete Einrohr-Stoßdämpfer vorne und eine neu positionierte Hinterradaufhängung außerhalb der Rahmenträger für mehr Stabilität auf der Straße, Geländegängigkeit und Fahrkomfort.
Eine Form der Elektrifizierung durch ein (Plug-in)-Hybridsystem wurde mit der Neuauflage ebenfalls ermöglicht - hier müssen wir uns aber noch gedulden. Fest steht: Das neu gestaltete Fahrwerk sorgt für bessere Fahreigenschaften sowohl auf befestigten als auch auf unbefestigten Straßen.
Der Ranger ist ein machohaft aussehender mittelgroßer Pick-up, aber Ford wollte seine Robustheit beim neuesten Modell mit einer kantigeren Frontpartie und stärker ausgeprägten Kotflügeln noch verstärken. Von der Front bis zum Heck finden sich überall am Fahrzeug ausgeprägte Linien, die den Pick-up noch muskulöser wirken lassen als bisher.
Das Gesicht des Ranger mit den markanten C-förmigen Leuchten hat eine auffällige Ähnlichkeit mit dem kleineren Maverick. Der Ranger Double Cab Wildtrak bleibt mit der grauen Zierleiste am unteren Stoßfänger, die an den Maschengrill anschließt, unverwechselbar. Ford behauptet, dass die neuen Matrix-LEDs intelligent sind. Im Gegensatz zum automatischen Fernlicht können sie die ganze Zeit über hell leuchten, sind aber in der Lage, bestimmte Dioden, die den Gegenverkehr blenden können, zu erkennen und abzuschalten.
Der verkürzte vordere Überhang ist bei dem neuen Modell in der Seitenansicht deutlich zu erkennen, was dadurch erreicht wurde, dass die Vorderräder zwei Zentimeter nach vorne versetzt wurden, um den Radstand zu verlängern. Dadurch ergibt sich ein besserer Anfahrwinkel, aber dazu später mehr.
Die silbernen Schienen auf dem Ladebett wahren nicht nur die Designkontinuität mit der silbernen Dachreling und den Trittbrettern, sondern dienen bei Bedarf auch als funktionale Verzurrpunkte. Die uninspirierten Block-Rückleuchten des Vorgängermodells sind verschwunden; die Lichter sind jetzt mit LED-Details ausgestattet.
Eine funktionale Pritsche sollte immer ein Thema sein, wenn man über Pick-ups spricht. Beim Ranger hat Ford erfreulicherweise dafür gesorgt, dass das Heck so praktisch wie möglich ist und als Arbeitsplatz dienen kann.
Genau wie der größere F-150 verfügt die Heckklappe des neuen Ranger über Schlitze für C-Klammern. In der Nähe befinden sich auch Steckdosen, was bei der Einweisung vor der Fahrt durch das Aufladen eines Laptops demonstriert wurde, während ein Holzklotz auf die geöffnete Heckklappe geklemmt wurde. Die Heckklappe ist übrigens mit einem Dämpfer ausgestattet, so dass sie sich mit nur einem Finger öffnen lässt.
Der Wildtrak ist serienmäßig mit einer grauen Ladeflächenauskleidung versehen, während der obere Teil der Ladefläche zum Schutz des Blechs eine Kunststoffauskleidung erhält. Die Kunststoffteile können als Bohrpunkte für die Anbringung von Zubehör dienen. Ford hat außerdem ein praktisches Trittbrett für das Bett angebracht, das in den Stoßfänger integriert ist und den Ein- und Ausstieg erleichtert. Raffiniert.
Künftig verzichtet der Ranger auf analoge Bedienelemente und Anzeigen und setzt stattdessen auf ein volldigitales Kombiinstrument und einen riesigen 12,0-Zoll-Infotainment-Bildschirm im Hochformat mit Sync 4 - zumindest in der Wildtrak-Ausführung. Die Anzeigen sind gut lesbar und der Farbkontrast lässt den Text hervorstechen, während die kapazitive Funktion des mittleren Touchscreens schnelle Reaktionen ermöglicht.
Aber wie bei den meisten vertikalen Infotainmentsystemen, bei denen die meisten (wenn nicht sogar alle) Bedienelemente in einem riesigen Bildschirm integriert sind, ist die Lernkurve steil. Ich brauchte einige Zeit, bis ich mich mit den Menüs vertraut gemacht hatte - um den Rundumsichtmonitor und die Offroad-Menüs zu finden, musste ich rechts ranfahren und mich in das System vertiefen.
Das Erlebnis wäre besser gewesen, wenn es mit einem einzigen Tastendruck möglich gewesen wäre. Auch die Navigation durch das Drehmenü der Fahrmodi verlief nicht reibungslos. Es gab eine beträchtliche Latenzzeit und der Drehknopf fühlte sich billig an, was das Gesamterlebnis beeinträchtigte.
Das größte Problem mit diesem digitalen System, zumindest während meiner Offroad-Touren, war die Tatsache, dass die hintere Differenzialsperre im Infotainment-Bildschirm untergebracht ist. Zugegeben, die Steuerung war auch beim Vorgängermodell digital, aber die Anordnung war früher besser, als eine physische Taste für die Differentialsperre zusammen mit den Allradmodi angeordnet war.
Gott sei Dank hat sich Ford dafür entschieden, die Zwei-Zonen-Klimaanlagensteuerung auf eine Gruppe von Tasten und Knöpfen aufzuteilen, was eine Bedienung ohne Blickkontakt auch während der Fahrt ermöglicht. Die 360-Grad-Kamera hat außerdem eine der klarsten (und genauesten) Anzeigen, die ich bisher gesehen habe - etwas, das während des Offroad-Parcours sehr nützlich war.
Apropos Offroad-Parcours: Ford hatte in der Provinz Krabi, Hunderte von Kilometern von Phuket entfernt, ein künstlich angelegtes Gelände vorbereitet, um die wiedererstarkten Offroad-Fähigkeiten des Ranger zu demonstrieren. Ranger-Ville, wie Ford es nannte, bestand aus steilen felsigen Hängen, einer Wasserdurchquerung, schlüpfrigen schlammigen Pfaden, knietiefen Spurrillen, felsigen Kriechstrecken und sehr losem Sand.
Im Grunde genommen wollte Ford, dass wir über alles außer Schnee fahren, was durch die voreingestellten Fahrmodi des Ranger abgedeckt werden sollte, nämlich Normal, Eco, Tow/Haul, Slippery, Mud/Ruts und Sand. Diese Modi passen alles in Abhängigkeit von den Parametern an, einschließlich des Getriebes, der Gasannahme, der Traktions- und Stabilitätskontrolle, der Bremsen und mehr.
Die Anpassungen an Spur und Radstand des Ranger ermöglichen bessere Parameter in Bezug auf das Fahren im Gelände. Der Böschungswinkel wurde von 28,5 Grad auf 30 Grad und der hintere Böschungswinkel von 21 Grad auf 23 Grad vergrößert.
An den steilen Hängen stand die Bergabfahrkontrolle des Ranger im Mittelpunkt des Interesses. Die Bergabfahrt war kontrolliert und fühlte sich nicht unsicher an, und die 360-Grad-Kamera half beim Manövrieren durch die recht enge Passage. Auch der verbesserte Anfahrwinkel kam hier zur Geltung, da ich kein einziges Mal spürte, dass der vordere Unterboden während der Begegnung schrammte.
Das Waten im Wasser war natürlich ein Kinderspiel, da der Ranger bis zu einer Tiefe von 80 cm fahren kann. Auf den rutschigen Pisten, die aufgrund des zeitweiligen Regens besonders rutschig waren, schalteten wir in den Schnee-/Glätte-Modus, der eine variable Verteilung des Drehmoments auf alle vier Räder je nach Schlupf ermöglicht.
Ich spürte, wie das Heck ein wenig herausrutschte, aber es war kontrolliert und machte trotz der Bäume in unmittelbarer Nähe viel Spaß. Das Gleiche gilt für tiefe Spurrillen, felsige Kriechstrecken und sehr lockere Sandpisten; der Ranger hat bewiesen, dass er sich mit Hilfe der Technologie mehr denn je im Gelände zu Hause fühlt.
Ian Foston, der leitende Plattformingenieur, sagte, dass der Ranger den Offroad-Parcours auch ohne die voreingestellten Fahrmodi bewältigen kann, und ich glaube ihm.
Auf dem Rückweg nach Phuket wurden wir mit einem weiteren Parcours überrascht, der aus all dem bestand, was wir im Ranger-Ville erlebt hatten, wenn auch in natürlicher Form. Ich benutzte keinen der Fahrmodi, sondern wechselte nur zwischen 4H und 4L und schaltete die Differentialsperre je nach Bedarf ein und aus. Die 360-Grad-Kamera spielte eine wichtige Rolle bei der Bewältigung der Aufgabe, zumal ich zum ersten Mal auf der rechten Seite eines Fahrzeugs fuhr, noch dazu auf einer anspruchsvollen Offroad-Strecke.
Nach den Schotterpisten ging es auf eine lange Fahrt durch die Berge von Krabi und auf die Strecken des Phang Nga Highways, um zurück nach Phuket zu gelangen. Das unbarmherzige Wetter hielt an, was die Fahrt auf kurvenreichen Straßen besonders gefährlich machte.
Der Ranger ließ sich leicht durch die Kurven von Krabi manövrieren. Angesichts meiner Unerfahrenheit mit dem Rechtsverkehr war die Spurhaltefunktion, die den Fahrbahnrand erkennen kann, mein Leitfaden. Auch die Lenkung fühlte sich straff und entschlossen an und vermittelte selbst in den engen Kurven des Bergpasses mehr Vertrauen.
Auf der Autobahn und auf Landstraßen spürte ich, dass der Ranger ein angenehmes Fahrverhalten hat. Für einen Pick-up war das Fahrverhalten sehr angenehm, und das Rollen in Kurven war vorhersehbar und progressiv. Das Fahrverhalten war wie bei einem Auto, wie viele Journalisten zu sagen pflegten.
Aber was der Ranger an Raffinesse gewonnen hat, fehlte ihm an Schwung und Durchzug. Der von mir getestete Ranger Wildtrak wurde von einem 2,0-Liter-Bi-Turbo-Reihenvierzylinder-Diesel angetrieben, der 213 PS und 500 Nm Drehmoment bietet. Es gab Momente, in denen ich überholen musste, um mit dem Konvoi Schritt zu halten, und ich hatte das Gefühl, dass ich mir mehr Durchzug von den Hinterrädern wünschte.
Bei diesen Versuchen spürte ich das Gewicht des Wagens von über 2,2 Tonnen, was dem sonst schon kräftigen Ölbrenner einiges abverlangte. Der Silberstreif am Horizont war, dass das 10-Gang-Automatikgetriebe dezent im Hintergrund agierte und die Gänge flüssig wechselte.
Wie gut, dass es in Europa Abhilfe für dieses Problem gibt. Ford wird den neuen Ranger Raptor mit EcoBoost-Antrieb ab Spätsommer in Europa ausliefern, der Diesel folgt im kommenden Jahr. Auch der Basispreis für das neue Topmodell steht bereits fest. Er liegt mit 77.338 Euro rund 6.500 Euro über dem Mindestpreis des aktuellen Raptor.
Damit ist der Raptor die erste Version der neuen Ranger-Generation, die in Europa zu den Händlern rollen wird. Die Verkaufspreise der weiteren Ranger-Varianten werden rechtzeitig bekannt gegeben. Sie kommen ab Frühjahr 2023 auf den Markt.
Ich kann nicht leugnen, dass die Verbesserungen am neuesten Ford Ranger relativ erfolgreich sind. Trotz aller Unzulänglichkeiten legt er die Messlatte für seine Konkurrenten höher - in Bezug auf Raffinesse, Fahrdynamik, Geländegängigkeit und technologische Fortschritte.
Ford muss nun daran arbeiten, dass die Technik im Innenraum noch besser zusammenspielt, um das Paket abzurunden.
Nach diesem Test ist jedoch klar, dass der neue Ranger intelligenter und leistungsfähiger ist, vor allem, wenn es darum geht, im Gelände zu fahren. Das dürfte ihn zu einem noch beliebteren Angebot für Kunden in Asien, Europa und ja, auch in Nordamerika machen.