Was hat das große Facelift dem beliebten Kompaktwagen gebracht? Fazit: 8/10
20. Mai 2022
Oft wird jede noch so kleine Modellpflege zur großen Weltneuheit aufgeblasen. Motto: Seht her, wie dynamisch jetzt das LED-Tagfahrlicht aussieht. Ford hingegen bringt eines seiner populärsten Modelle recht diskret mit wirklich neuer Optik auf den Markt. Wir sind den 2022er-Focus mit 155-PS-Benziner gefahren.
Jedoch nur kurz, ergo betrachten wir uns bis zu einem ausführlichen Test die wichtigsten Maßnahmen. Was ändert sich beim Facelift des Ford Focus? Optisch gibt es mehr Schärfe an Front und Heck, die Ford-Pflaume wandert in den Grill, stets flankiert von LED-Scheinwerfern (LED-Matrix optional).
Im Innenraum fällt vor allem der deutlich gewachsene Touchscreen mit nun 13,2 Zoll großer Diagonale auf. Sie ist auch notwendig, denn viele bisher per Knopf erfolgte Funktionen laufen nun über den Bildschirm. Ein reduziertes Cockpit ist die Folge, dennoch steht man nicht so auf dem Schlauch wie etwa bei einem VW Golf. Die grundsätzliche Bedienung hatte ich schnell drauf. Und auch Materialanmutung und Verarbeitung sind besser als bei VW.
Was gibt es noch zu verkünden? Wie gehabt bleibt es bei Fünftürer und Turnier. Ich konnte den Fünftürer fahren: Vor allem hinten überrascht das Platzangebot, trotz meiner 1,88 Meter Körpergröße blieb richtig viel Luft für die Beine. Kein Wunder bei 2,70 Meter Radstand. Und auch der Kofferraum überzeugt mit 392 bis 1.354 Liter Volumen.
Kommen wir zu den Motoren: Es entfallen der 1,5-Liter-Diesel mit 120 PS in Verbindung mit manuellem Getriebe, mit 8-Gang-Automatik gibt es ihn weiterhin. Beim ST entfällt der 190-PS-Turbodiesel. Indirekt entfällt beim Focus auch der Basisbenziner mit 100 PS, weil die dazugehörige Ausstattungsvariante "Cool & Connect" entfällt. Los geht es künftig beim "Titanium" mit 125 PS.
Diese Version des 1,0-Liter-Dreizylinder-Turbobenziners gibt es auch mit 48V-Mildhybrid-Technik, bei der Ausführung mit 155 PS ist 48V stets mit von der Partie. Genau diese Kombination habe ich für meinen Ausflug gewählt. Und zwar samt manueller Sechsgang-Schaltung. Sie gefällt mit kurzen Wegen, könnte aber präziser geführt sein. Zudem bedarf es gewisser Sensibilität beim Anfahren, um den Wagen nicht abzuwürgen.
Drehzahlen knapp über 1.000 U/min mag der Motor-Getriebe-Verbund nicht so sehr, weshalb ich zum optionalen 7-Gang-DKG (plus 2.000 Euro) raten würde. Denn ansonsten ist die 155-PS-Maschine eine ausgezeichnete Wahl: Der typische Dreizylinder-Klang dringt nur bei starker Beschleunigung ans Ohr, im Normalbetrieb ist der Focus hervorragend gedämmt. Selbst bei Tempo 160 blieb es angenehm leise.
Ebenso so schön austariert sind die Lenkung wie auch das Fahrwerk in der ST-Line. Sportliche Note, aber kein verkappter Rennwagen. Apropos: 9,0 Sekunden brauchen die 155 PS handgeschaltet auf 100 km/h, als Doppelkuppler sogar nur 8,4 Sekunden. Spitze? Um 210 km/h.
Und was kostet der neue Focus? Etwas mehr als bislang, da es nun erst bei "Titanium" losgeht. Mit dabei sind noch "Active" im Pseudo-SUV-Look und die erwähnte "ST-Line" mit sportlicher Note. Jede diese Ausstattungslinien kann Upgrades bekommen: Erst "X", dann folgt "Vignale" als Maximum.
Aber bereits der Titanium ist gut ausgestattet, etwa mit Navi und Klimaautomatik. Los geht es bei 28.250 Euro mit manuellem Getriebe und 125 PS ohne Mildhybrid. "Mein" Focus mit 155 PS und Schalter beginnt bei 30.550 Euro. Damit ist der überarbeitete Ford Focus nicht weit weg vom Golf. Aber in so manchen Bereichen ist er die bessere Wahl.
Natürlich schläft die Konkurrenz nicht, insbesondere der neue Opel Astra mischt die Kompaktwagen-Szene auf. Doch mit dem Facelift präsentiert sich der Ford Focus frisch und bestens gerüstet. Köln hat es mit Digital und Displays nicht übertrieben, zugleich fährt sich der Focus agil wie kaum ein anderer Wettbewerber. Mal unter uns: Warum eigentlich einen BMW 1er kaufen?