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Dacia Sandero TCe 100 ECO-G im Test: Der G-Punkt

Ist LPG alias Flüssiggas eine interessante Auto-Alternative?

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Ist Geiz geil? Nun, für Schwaben vielleicht. Aber für immer mehr Autofahrer wird er angesichts stetig steigender Spritpreise zur bitteren Notwendigkeit. Und so rücken Alternativen zu Benzin oder Diesel ins Blickfeld. Elektroautos sind (noch) zu teuer, doch wie wäre es mit Gas im Tank?

Was ist das?

Hier müssen wir unterscheiden: Auf der einen Seite gibt es CNG, landläufig als "Erdgas" bekannt. Diese Autos bietet neu derzeit nur der Volkswagen-Konzern an. CNG kommt dem, was man gemeinhin als "Gas" versteht, am nächsten und wird mit hohem Druck in den Tank gepresst.

Auf der anderen Seite steht LPG alias "Liquified Petroleum Gas" alias Flüssiggas. Es fällt bei der Erdölraffinierung und bei der Förderung von Erdöl und Erdgas an. Nicht zu verwechseln ist es mit LNG, das ist verflüssigtes Erdgas. LPG kennen viele von Ihnen aus dem Camping-Bereich, zudem wird es gerne bei älteren Autos mit großem Hubraum nachgerüstet. Auch in einem Gasfeuerzeug kommt der Brennstoff zum Einsatz. 

Bei der Verwendung als Bi-Fuel im Auto kann der Motor dank zweier getrennter Tanks sowohl mit Benzin als auch mit LPG betrieben werden. Der Fahrer kann frei wählen, welchen Kraftstoff er verwenden möchte. LPG-Kraftstoff stößt im Durchschnitt 10 Prozent weniger CO2 aus als Benzin. In Europa ist LPG-Kraftstoff an 32.000 Tankstellen erhältlich, das ist ein Viertel des gesamten Tankstellennetzes.

Hierzulande gibt es LPG nicht an jeder Ecke, obwohl der Kraftstoff preislich interessant ist: Zwischen 85 und 90 Cent werden aktuell (Ende Februar 2022) pro Liter fällig. Bis Ende 2022 wird der Liter Autogas mit lediglich 17,15 Cent besteuert, ab 2023 sind rund 22 Cent zu entrichten. Zum Vergleich: Bei Superbenzin fallen alleine 65 Cent Energiesteuer an, hinzu kommt die Mehrwertsteuer. Laut Experten dürfte LPG auch nach 2023 sich nicht stark verteuern. Der Abstand zu Super und Diesel wird wohl spürbar bleiben.

Ab Werk bekommt man in Deutschland aktuell nur einige Modelle aus dem Renault-Konzern mit LPG-Antrieb. Es handelt sich um den Renault Clio und Captur sowie den Dacia SanderoJogger und Duster. Bei allen steckt der sogenannte TCe 100 ECO-G unter der Haube. Er bietet 101 PS im Gas-Betrieb. 

Wir haben uns nun den Dacia Sandero TCe 100 ECO-G näher angesehen. Aus gutem Grund: Im Januar 2022 sind die LPG-Neuzulassungen in Deutschland um 367 Prozent gestiegen, es waren exakt 1.586 Fahrzeuge. Klar, mordsmäßig viel ist das immer noch nicht, es zeugt aber von steigendem Interesse. Hinzu kommt, dass der LPG-Antrieb bei Sandero und Jogger ein wenig den fehlenden Diesel kompensieren soll.

Wie Sie auf den Fotos sehen, war "unser" Gas-Sandero recht spartanisch ausgestattet. "Essential" heißt die Version über der völlig nackten Basis, erst hier gibt es den ECO-G. Los geht es dann ab 11.550 Euro. "Arktis-Weiß" ist als Lackierung gratis, leisten sollte man sich dennoch die manuelle Klimaanlage (800 Euro) und das Komfortpaket mit Parkpiepsern hinten und 8-Zoll-Media-Touchscreen zur Smartphone-Kopplung (600 Euro). 12.950 Euro stehen dann auf der Rechnung.

Manuell einstellbare Außenspiegel, ein Schlüssel mit Bart oder eine schlichte Klimaanlage sind heute fast schon eine Seltenheit. Aber soll ich Ihnen etwas verraten: Das klappt alles auch gut. Doch zum exakt selben Preis gibt es schon den optisch schickeren Sandero Comfort mit höhen- und tiefenverstellbarem Lenkrad sowie Klimaanlage inklusive. Bucht man hier zudem noch alle verfügbaren Extras (ohne Metallic-Lackierung) hinzu, landet man bei 14.700 Euro.

Die gut 1.700 Euro mehr sollte man sich also gönnen, zumal der Sandero dann mit Klimaautomatik, Totwinkelwarner, Sitzheizung und Navi fast schon luxuriös ist. Das werkseitige Navi empfehle ich auch deswegen, weil die Smartphone-Kopplung zwar funktioniert, aber bei der Anzeige von Navi-Apps häufiger mal aussetzt. 

Am Preis können wir also schon einen Haken machen. Was bekommt man für sein Geld? Ein gutes Platzangebot. Innen regiert naturgemäß Hartplastik, doch Dacia hat die Einrichtung durchaus geschmackvoll entworfen, selbst an der Basis. Beim neuen Sandero schreit es nicht "Armut" aus allen Poren. Im Gegenteil: Man kann sich damit sehen lassen.

Apropos sehen: Die Ladekante des Kofferraums glänzt mit nackten Blech, hier rate ich dringend zu einem Schutz aus dem Zubehör. Unter der Matte im mit 328 Liter ordentlich bemessenen Abteil stößt man in der Reserveradmulde auf den 32-Liter-Tank für das LPG. Leider kann die Betankung recht fummelig sein, was aber eher an den Tankstellen liegt. Mal ist ein Adapter nötig, mal ist die Beschreibung des Zapfvorgangs völlig unzureichend. Einigt Euch bitte auf einen Standard! Der Benzintank mit 50 Liter Volumen des Sandero ist wie gewohnt zusätzlich vorhanden.

Wie fährt er sich?

Wesentlich erfreulicher ist der Blick auf die Tankquittung: In unserem Fall 25,69 Euro für 27,95 Liter Flüssiggas. Um mit LPG zu fahren, muss ich links vom Lenkrad einen Knopf drücken, die ersten Minuten läuft der Motor im Benzinbetrieb. Munter, aber durchaus präsent treibt der 1,0-Liter-Turbo den nur gut 1,2 Tonnen schweren Sandero ECO-G an.

170 Newtonmeter zwischen 2.000 und 3.500 U/min stehen auf dem Papier, in der Praxis bedeutet das, dass der Sandero kein allzu untertouriges Fahren mag. So muss man häufiger im leider nicht allzu präzisen Sechsgang-Schaltgetriebe rühren. Auch eine Anfahrschwäche ist nicht von der Hand zu weisen.

Wo Dacia gespart hat, merkt man nach einiger Zeit: Zum einen sind die Sitze zwar verbessert, aber immer noch nicht bequem. Zum anderen ist die Dämmung nicht so fein wie etwa beim teureren Renault, Motor und Wind dringen deutlicher ans Ohr. Auch die Federung ist akustisch präsent, wenngleich der Sandero sauber abrollt.

Trotz alledem lässt es sich im Dacia prima aushalten, zumal er ohne Display- und Touchtasten-Seuche noch viel ungefiltertes Fahrerlebnis bietet. Wer als Erstwagen das Modell einer sogenannten Premiummarke fährt, wird den Unterschied fraglos spüren. Wer diesen Vergleich nicht hat, muss sich in keinster Weise grämen. Munter marschiert der LPG-Sandero auf der Autobahn voran, auch bei Tempo 130 herrscht innen kein Krawall. 

Und der Verbrauch? Wir rechnen zusammen und kommen im LPG-Betrieb auf 6,35 Liter auf 100 Kilometer. 91,9 Cent betrug bei uns der Literpreis, macht also 5,83 Euro auf 100 Kilometer. Nicht schlecht, zumal wir sogar unter der Werksangabe blieben: Sie nennt 6,5 bis 6,6 Liter LPG gegenüber 5,1 bis 5,2 Liter Super. Der Mehrverbrauch bei LPG erklärt sich durch den etwas schlechteren Brennwert. 

Fazit: 8/10

Mehr Auto braucht eigentlich kein Mensch. Zumindest nicht jene Kunden, die günstig von A nach B kommen wollen und sich nicht viel aus Autos machen. Zwar fehlt es dem Sandero am letzten Feinschliff, doch dafür ist er unschlagbar günstig und inzwischen optisch durchaus ansehnlich.

Lediglich 300 Euro beträgt der LPG-Aufpreis, dafür bekommt man aber 10 PS, 10 Nm Drehmoment mehr und einen einwandfreien Umbau direkt am Fließband. Je höher der klassische Spritpreis und die eigene Fahrleistung, desto interessanter wird der Dacia Sandero Eco-G. Er ist nicht der beste Kleinwagen. Aber der cleverste. 

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