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Opel Astra L (2022) im Test: Besseres Handicap als der Golf?

Das Duell um die Krone im Kompaktwagen-Segment geht in die nächste Runde ...

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Vorweg möchten wir eine Triggerwarnung aussprechen. Wenn Sie nämlich heißblütiger VW-Fan sein sollten und den Golf 8 trotz seiner Schwächen immer noch extrem gut finden, könnte Ihnen die folgende Abhandlung über den neuen Opel Astra nämlich schwer bekommen. Der Grund? Im Zuge unseres ersten Test des neuen Kompaktwagens konnten wir erfahren, dass die Rüsselsheimer ein ziemlich großartiges Produkt auf die EMP-2-Architektur von PSA gestellt haben.

Spielen wir Autoquartett ...

Zuerst die Eckdaten: Der Astra L hat mit 4,37 Meter in der Länge und 1,86 Meter in der Breite schon einmal eine größere Grundfläche als das Produkt aus Wolfsburg. Mit knapp 2,68 Meter ist auch der Radstand gut 5 Zentimeter länger. Dadurch erhält man im Astra einen geräumigen Innenraum.

Kopffreiheit und Beinfreiheit fühlen sich sehr gut an und der Kofferraum würde in einem Autoquartett mit 422 gegen 380 Liter ebenfalls den Stich gewinnen. Damit wir uns jetzt hier aber nicht in Details verzetteln: Drin gesessen haben wir ja bereits bei der Weltpremiere vor einigen Monaten. Den Artikel zum Eindruck des stehenden Astra finden Sie deshalb HIER.

Wenn Sie sich die Zeit genommen haben und dem Link gefolgt sind, dürfte Ihnen aufgefallen sein, dass wir damals ein wenig an der Materialwahl und Verarbeitungsqualität herumgenörgelt haben. Mittlerweile sind diese Mängel des damaligen Showcars aber weitestgehend ausgemerzt. Nichts wackelt oder fühlt sich irgendwie billig an.

Natürlich baut man in Rüsselsheim jetzt nicht plötzlich Innenräume auf Audi A3-Niveau, aber vor einem Golf braucht man sich künftig nicht mehr zu verstecken. Vor allem dann nicht, wenn es um die Anordnung und die Bedienung geht. Wo sich welche Funktion befindet? Alles macht vom ersten Eindruck her Sinn ...

Alles über die Antriebe

Bei den Antrieben bleibt es beim Astra L überschaubar. Es gibt zwei Benziner (110 und 130 PS), einen Diesel (130 PS) und vorerst nur einen Plug-in-Hybrid (180 PS). Später folgt noch ein stärkerer Teilzeitstromer mit 225 PS und 2023 startet dann auch noch der vollelektrische Astra-e. Schließlich sollen bis 2028 alle Modelle der Marke ohne Verbrenner auskommen. Zumindest in der EU.

Gemeinsam haben alle Astra-Derivate, dass sie mit Frontantrieb klarkommen müssen, Diesel und Benziner sind serienmäßig mit einer Sechsgang-Schaltung ausgestattet, eine Achtgang-Automatik ist für alle Versionen (bis auf die mit 110-Benziner-PS) optional.

Übrigens: Den fünf Motoren des Astra stehen insgesamt 14 Versionen beim VW Golf gegenüber. Wenn Sie also die Qual der Wahl haben wollen (und auch in Zukunft mehr als 225 PS haben möchten), muss es dann doch VW sein. Die Spannweite reicht hier von 90 bis 320 PS. So fürs Protokoll.

Da es sechs Generationen gedauert hat (sogar zwölf, wenn man die Kadett-Modelle mitzählt), bis erstmalig ein Plug-in-Hybrid in einem Astra erhältlich ist, ist dieser Antrieb natürlich besonders spannend.

Hier wird - wie schon beim Schwestermodell, dem Peugeot 308 - ein 1,6-Liter-Vierzylinder-Benziner mit einem E-Motor kombiniert, der seine Power aus einem 12,4 kWh großen Akku bezieht und gemeinsam mit dem Verbrenner für eine Systemleistung von 180 PS in unserem Testwagen sorgt. Dazu gesellen sich noch 360 Nm Drehmoment. Motorisiert ist der knapp 1,7 Tonnen schwere Wagen damit also mehr als ausreichend.

Und jetzt ab auf die Straße

Dabei fällt im normalen Fahrbetrieb auf, dass die Antriebe aus den verschiedenen Welten immer an einem Strang ziehen wollen und sich in der Regel immer einig sind, wer gerade wann wie viel Kraft über die Achtgang-Automatik abgeben soll. Wenn man also nicht gerade mit einem Auge auf der Anzeige hängt, die den Kraftfluss auf einem Teil des wunderbar anzusehenden 2x 10 Zoll großen Pure Panels visualisiert, fällt es schwer zu sagen, wann sich was zu- oder abschaltet.

Und selbst wenn der Akku nach bis zu 60 km (WLTP-Reichweite, realistisch sind etwa 45 km) komplett leer ist, müssen Sie keine Einschränkungen bei der Leistungsentfaltung erwarten.

Und das ist auch gut so, denn schließlich wollen die bereits erwähnten 1,7 Tonnen ja auch bewegt werden. Wirklich leichtfüßig kann ein Kompaktwagen mit zwei Antriebsherzen und einem zusätzlichen Lithium-Ionen-Akku zwar nie werden, aber die Ingenieure haben sich allerlei Mühe gegeben, um die Extra-Kilos bestmöglich zu kaschieren.

Grip ist trotz Frontantrieb immer ausreichend vorhanden, die Lenkung und das Fahrwerk machen die neue Generation zudem agiler, komfortabler, fahrstabiler und kontrollierbarer. Einzig der Druckpunkt der Bremse wirkt etwas zu synthetisch und erfordert etwas Übung in der Dosierung.

Noch leben die Verbrenner

Aber Opel hat für die L-Generation ja auch noch einmal reine Verbrenner im Programm. Ein letztes Mal. Denn wenn wir uns die Lebensdauer eines Astra-Modells im Hinterkopf behalten, wird dieser Rüsselsheimer wohl der letzte Kompaktwagen sein, der auch lokal Kohlendioxid emittieren darf. Schade, denn sowohl der 1,5-Liter-Diesel mit vier Zylindern als auch der knurrige 1,2-Liter-Dreizylinder-Benziner machen richtig Spaß. Jeweils auf ihre Art und Weise.

Beginnen wir mit dem Benziner: Hier hatten wir jetzt das 130 PS starke Modell mit Sechsgang-Schaltgetriebe in unseren Fingern. Er ist mit gut 1,3 Tonnen Leergewicht rund 350 kg leichter als sein PHEV-Pendant. Zusammen mit der leichtgängigen Schaltung ergibt sich dadurch der wohl agilste Astra im L-Programm. Wenn Sie trotzdem die großartige Achtgang-Automatik wünschen, wird das Modell 30 kg schwerer ... und 2.400 Euro teurer.

Der Diesel wirkt dann noch einmal etwas schwerfälliger als der Benziner. Dafür lag der Durchschnittsverbrauch bei unserer Testfahrt mit 5,5 Liter/100km aber gut einen Liter unter dem des Benziners. Gerade als Langstrecken-Wagen auf geraden Autobahnen und ohne große Ansprüche an die Agilität die bessere (aber in der Anschaffung auch teurere) Wahl.

Komfort, Komfort, Komfort

Beim Fahrkomfort sind übrigens alle Astra-Derivate extrem laufruhig geworden. Er rollt satt ab und liegt stets sehr gut auf der Straße. Nur bei Querfugen kann es durch die auf unseren Testfahrzeugen montierten 18-Zoll-Felgen und das schön straffe Fahrwerk zu der einen oder anderen Erschütterung im Innenraum kommen.

Die AGR-Sitze (auf Wunsch mit Heizung und Kühlung) halten dabei aber allzu unangenehme Stöße von der Wirbelsäule fern und im Vergleich mit dem VW Golf bewegt sich der Astra in Sachen Komfort sowieso auf ähnlichem Niveau.

Noch ein paar Worte zur Assistenz und Bedienung des Astra. Denn hier kann - wieder mit Blick nach Niedersachsen - bei einem Generationswechsel und dem Drang zu immer mehr Autonomie und Konnektivität einiges schief gehen.

Sowohl das Infotainment-System als auch die Assistenzsysteme funktionieren aber (bis auf eine kleine Unstimmigkeit des Onboard-Navis im Stadtverkehr von Lissabon) schnell und reibungslos. Was Opel hier mit dem Stellantis-Baukastenprinzip also auf Anhieb hinbekommt, muss beim Golf 8 das Facelift richten.

Was kostet er?

Und dann ist da ja noch der Preis. Den günstigsten Astra gibt's für 22.465 Euro. In Wolfsburg verlangt man für ein etwas kleineres Auto schon mindestens 28.500 Euro in der Basis. 6.000 Euro Unterschied. Und dabei sind die Grundausstattungen relativ identisch. So viel zum Vergleich.

Wenn Sie jetzt ins Astra-Preisdetail gehen wollen, können wir diesen LINK hier empfehlen. Dort haben wir alle Zahlen den erhältlichen Motorisierungen und Ausstattungslinien zugeordnet. Interessant für gewerbliche Kunden sind übrigens die "Business"-Lines. Und keine Sorge: Über 40.000 Euro kann man auch für einen kompakten Opel ausgeben. Für einen PHEV. In der GS Line. Die Förderung allerdings noch nicht abgezogen.

Fazit: 9/10

Der erste Eindruck überzeugt. Durch die Nutzung von EMP2 in der dritten Version ist Opel mit der sechsten Astra-Generation nicht nur optisch ein großer Wurf gelungen. Wir würden uns nicht wundern, wenn es der Kompaktwagen dem kleineren Corsa gleich tut und wieder zum echten Erfolgsmodell der Marke avanciert. In Zukunft lohnt sich der Blick auf den Neuzugang aus Rüsselsheim also umso mehr. Auch wenn Ihr Herz vielleicht für Produkte aus Wolfsburg schlägt oder geschlagen hat. 

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