Ein fähiges Muscle Car, dass sich ein bisschen zu vertraut anfühlt
Anmerkung der Redaktion: Unsere amerikanischen Kollegen von Motor1.com USA konnten den Ford Mustang Mach 1 bereits auf Straße und Strecke fahren. Wann dies in Deutschland möglich sein wird, ist derzeit noch nicht abzusehen. Aus diesem Grund teilen wir gerne schon jetzt ihre Eindrücke. Wir hoffen, dass ein Test auf hiesigen Straßen in Bälde folgen wird.
Als Ford Mitte der 1960er feststellte, was für ein Verkaufszugpferd sie mit dem Mustang erschaffen hatten, machte man sich schleunigst an die Entwicklung heißerer, Performance-orientierter Varianten, um die eigene Reputation unter den Enthusiasten zu steigern.
Caroll Shelby und seine Ingenieure hievten den Mustang mit ihrem GT350R und dem straßenzugelassenen Homologationsmodell GT350 schnell in deren Blickfeld und noch vor dem Ende des Jahrzehnts zog auch Ford selbst mit dem Boss 302 und dem Boss 429 nach.
Zu diesem Zeitpunkt hatte sich der Shelby bereits in einen schnellen, aber eher edel ausgestatteten Grand Tourer verwandelt, während die neuen Boss-Modelle zur Speerspitze von Fords eigenen Rennstrecken-orientierten Designs avancierten. Was beide vereinte, war ihr überaus ambitioniertes Preisschild.
Die Konkurrenz schlief nicht und um die Angriffe der stylishen und brachialen Maschinen von GM, Chrysler und Co. abzuwehren, brauchte das Blaue Oval ein leichter zugängliches Modell. Einen günstigeren Mustang, der gleichermaßen Köpfe verdreht und Reifen frittiert.
Der fürs Modelljahr 1969 eingeführte Mach 1 war genau dieses Modell. Sein Look war muskulös und selbst im Basistrimm hatte er genug Dampf an der Kette. Er hatte Style und untermauerte diesen mit Substanz. Das Ganze, ohne reihenweise Bankkonten zu sprengen. Das Ergebnis: Gleich in seinem ersten Jahr verkaufte er sich 14 mal besser als der Mustang GT.
Eine Rückkehr feierte der Mach 1 im Jahr 2003, damals mit Teilen des Bullitt und des SVT Cobra. Nun, mehr als 17 Jahre später, holt Ford erneut die Heritage-Keule raus. Das Rezept liest sich ziemlich ähnlich, auch dieser Mach 1 leiht sich den Großteil seiner Performance-Hardware vom aktuellen Bullitt und dem Shelby GT350. Bei beiden wurde die Produktion kürzlich beendet.
Die Zeiten allerdings haben sich drastisch geändert. Die Welt der High-Performance-Sportwagen ist eine ganz andere geworden und aus der Masse der schnellen Maschinen herauszustechen ist ein ganz anderes Kaliber als dies noch vor fast zwei Jahrzehnten der Fall war.
Seit der Einführung des S550-Mustang im Jahr 2015 hat Ford Performance ein ganzes Arsenal an Schnellermachern entwickelt. Der Mach 1 hat also eine reichhaltige Quelle an Komponenten aus denen er schöpfen kann. Mit Teilen des Bullitt, des GT350, des GT500 und der Performance Packs müht er sich um eine Balance zwischen den Straßenmanieren des GT und den Track-Fähigkeiten der Shelbys. Optisch verneigt er sich dabei vor den früheren Mach 1-Modellen.
Für adäquate Motivation soll der 480 PS starke 5,0-Liter-V8 des Bullitt sorgen, in diesem Fall jedoch angereichert mit dem Ansaugtrakt und dem Ölkühler des Shelby GT350, was vor allem der Ausdauer auf der Strecke zugute kommen soll.
Der Mach 1 ist mit zwei Getriebe-Optionen verfügbar. Der Sechsgang-Handschalter ist die bewährte Tremec-Einheit aus dem GT350, hier allerdings erweitert um die automatische Zwischengas-Funktion und die No-Lift-Schalt-Option aus dem Bullitt.
Auch der 10-Gang-Automatik schenkte man ein wenig Extra-Aufmerksamkeit. Sie erhält einen optimierten Drehmomentwandler und eine stärker auf Performance ausgelegte Kalibrierung. Unabhängig davon, ob Sie sich für zwei oder drei Pedale entscheiden, gibt es im Mach 1 eine eigene Kühlung fürs Getriebe und das Torsen-Hinterachs-Sperrdifferenzial.
In Sachen Chassis punktet das Auto mit neu abgestimmten MagneRide-Adaptivdämpfern, steiferen Stabis und vorderen Federn sowie einer überarbeiteten Lenkung. Dazu kommen der optimierte Bremskraftverstärker aus dem nicht mehr erhältlichen GT Performance Pack 2 sowie der hintere Hilfsrahmen, die steiferen Buchsen und die Gelenkstangenköpfe aus dem Shelby GT500.
Eine erweiterte Unterbodenverkleidung, die sich von der Front des Autos gut 50 Zentimeter weiter nach hinten erstreckt, ist laut Ford die signifikanteste aerodynamische Verbesserung am Mach 1. Sie soll Luftverwirbelungen unter der Front des Auto reduzieren und somit den Auftrieb vermindern.
Serienmäßig steht der Mach 1 auf speziellen Magnum 500-Style-19-Zöllern mit Michelin Pilot Sport 4S-Gummis. Wer das optionale Handling Package ordert, kriegt klebrigere Michelin Pilot Sport Cup2-Reifen und breitere Räder. Mit 10,5 Zoll vorne und 11 Zoll hinten messen sie je ein Zoll mehr. Das Handling Pack umfasst zudem weiter geschärfte MagneRide-Dämpfer, einstellbare Domlager, einen Abtrieb fördernden Frontsplitter und den Heckflügel des GT500.
Die ästhetischen Änderungen am Auto halten sich in Grenzen. Neben den optionalen mattschwarzen Streifen an Seiten und Haube gibt es einen eigenen Grill und eine geänderte Schürze mit größeren Lufteinlässen. Innen ist es das gleiche Spiel. Gegenüber einem normalen Mustang GT erkennen Sie den Mach 1 an serienmäßigen Recaro-Stühlen, Mach 1-Plaketten an Einstiegsleisten und Armaturenbrett sowie dem Schaltknauf aus dem Bullitt.
Los geht es südwestlich des Willow Springs Race Way in Kalifornien mit der 10-Gang-Variante. Das Bellen des Mach 1 ist identisch zum Mid-Range-Brabbeln des Bullitt. Hier aber verwendet Ford eine eigens angefertigte Abgasanlage mit perforierten 110-mm-Endrohre. Sie soll die höheren Frequenzen eliminieren, die in weniger Sound-toleranten Märkten (der Mach 1 wird weltweit in gleicher Konfiguration vermarktet) für Schwierigkeiten sorgen könnten.
Die Folge: Der Klang ist nach wie vor ein Traum - und spätestens im Track Mode auch noch immer reichlich laut -, allerdings nicht ganz so konstant brutal wie im Bullitt.
Die 10-Gang-Automatik macht in dem Sinn einen guten Job, dass sie schön verlässlich im fetten Bereich des V8-Drehzahlbands bleibt. Auf der anderen Seite kann das auch nerven. In Sport und Track etwa, wenn sie wirkt, als wäre sie bei gleichbleibender Geschwindigkeit nie in der Lage, sich für einen speziellen Gang zu entscheiden. Das Hin- und Hergehopse wirkt oft ziemlich wirr .
Nimmt man die Paddles selbst in die Hand, holt sich das Getriebe aber definitiv ein paar Punkte zurück, etwa in dem es die Gänge beim Ausdrehen hält oder je nach Fahrmodus merklich differenzierbare Schaltvorgänge zum Besten gibt.
Auf den oft recht schlechten Autobahnen bügelten die adaptiven Dämpfer die Unebenheiten sehr pflichtbewusst weg. Auf den technischeren Abschnitten der Route hätte ich mir allerdings ein Fahrwerkssetup gewünscht, dass den Mach 1 flacher kurven lässt und insgesamt mehr Vertrauen erweckt. In der Standard-Spezifikation würde ich das Auto in puncto Fahrkomfort und Handling irgendwo zwischen einem Mustang GT mit Performance Pack 1 und Performance Pack 2 einstufen.
Leider gab es keine Möglichkeit, einen Mach 1 mit Handling Package auf der öffentlichen Straße zu fahren. Auf der anderen Seite wissen wir von den GT350Rs und den GTs mit Performance Pack 2, dass Mustangs mit Cup 2-Bereifung Spurrillen hinterherlaufen wie die Bekloppten. Für viele dürfte es den Kompromiss nicht wert sein.
Für die Stints auf dem Streets of Willow Road Course stellte Ford Autos mit Handschalter und Automatik zur Verfügung. Alle hatten erwähntes Handling Package. Nun ist Streets of Willow ein ziemlich enger, technischer Kurs, der eher die Stärken der Cupreifen und des aggressiveren Chassis herausstellt als die V8-Power und die optimierte Aerodynamik des Mach 1.
Was direkt auffiel, war die Klasse des Tremec-6-Gang-Handschalters mit seinen kurzen, präzisen Schaltwegen. Definitiv die spaßigere Variante, nicht nur auf der Strecke.
"Der Mach 1 taugt durchaus als anmutiger Tanzpartner, wenn man sich die Zeit nimmt, ihn kennenzulernen."
Nach Stunden eng getackteter Track-Action (es dauert schließlich, bis alle Journalisten dran waren) erreichten die Cup2s unter dem fast 1.800 Kilo schweren Auto in etwa die Konsistenz eines in der Sonne vergessenen Weichkäses. Spätestens jetzt merkte man auch, dass die Lenkung des Mach 1 zwar schön gewichtet ist, aber gerne etwas brauchbareres Feedback liefern dürfte. Jedes Mal, wenn das Auto vorne zu schieben anfing oder das Heck begann, sich zu verabschieden, kriegte man das weniger durch die Info vom Lenkrad als vielmehr durch den Blick aus der Windschutzscheibe mit.
Aber man muss auch mal das Schöne an völlig überhitzten Reifen sehen. Für schnelle Rundenzeiten mögen sie vielleicht nicht mehr taugen, dafür kann man sich umso besser auf seriöse Chassis-Erkundungstour begeben. Fazit: Der Mach 1 taugt durchaus als anmutiger Tanzpartner, wenn man sich die Zeit nimmt, ihn kennenzulernen.
Die Menge an Kraft und Grip reicht völlig, um auch Spaß an härter gefahrenen Runden zu haben, auf der anderen Seite sind die Limits nicht so hoch, dass man fahren muss wie ein Geisteskranker, um sie ausfindig zu machen.
Betrachtet man ihn unabhängig von den anderen modernen Performance-Mustangs, ist der Mach 1 ein absolutes Tier. Er klingt gut, ist schnell, anständig komfortabel und auf der Strecke unterhaltsam ist er obendrein. Das sind ja nun wirklich alles Attribute, die man sich wünscht von einem Mustang mit Track-Fokus.
Das Problem ist nur, dass der Mach 1 halt nicht in einem Vakuum existiert. Und am Ende des Tages fühlt er sich einfach nicht so speziell an wie der Bullitt oder der GT350. Er hat nicht den unaufdringlichen Swag und das Boulevard-Gen des McQueen-Tributs und selbst mit Handling Package fehlt ihm das Instinktive, das Dramatische des Shelby.
Stattdessen fühlt sich der Mach 1 stark nach einem Mischmasch an, dass man sich aus den anderen Modellen zusammengepflückt hat. Und das Ergebnis ist, dass es ihm ein wenig an einer eigenen Identität fehlt. Bedenkt man den teils ikonischen Charakter seiner Vorfahren, auf die er sich ja sehr stolz bezieht, wirkt er ein bisschen wie eine verpasste Chance.