Coupé am Übergang von Handarbeit zur rationellen Fertigung
In der Ära direkt vor und nach dem Zweiten Weltkrieg bewältigte Alfa Romeo den Wandel von der Manufaktur zur Serienproduktion. Beim Concorso d‘Eleganza 1949 in der Villa dEste sorgte eine von der Carrozzeria Touring entworfene Variante des Alfa Romeo 6C 2500 für Aufsehen.
Bald wurde der Wagen regulär angeboten - als 6C 2500 Villa dEste. Er begeisterte zahlreiche Prominente von Fürst Rainier III. von Monaco über die Schauspielerin Rita Hayworth bis hin zur Präsidentengattin Evita Peron. Wir erinnern an eines der schönsten Autos aus der Alfa-Historie, den 6C 2500 Villa d'Este.
Der Wagen war nicht nur eines der schönsten Autos seiner Ära, er markierte auch den Übergang von der Handfertigung von Einzelstücken zu einer modernen Fertigung. Verantwortlich dafür war Ugo Gobbato aus Treviso. Nach einem Maschinenbau-Studium an der Technischen Universität Zwickau und dem Militärdienst wurde er erster Direktor des Fiat-Werks in Lingotto.
1933 wurde Gobbato Direktor von Alfa Romeo. Von Beginn an konzentrierte er sich auf das Thema Effizienz, rangierte veraltete Maschinen aus und straffte Arbeitsabläufe. "Rationale Produktion, aber keine Massenproduktion" war Gobbatos Ziel. Er führte eine klarere Hierarchie, präzise definierte Verantwortlichkeiten und leistungsabhängige Gehälter ein.
Zur Neuorganisation des Alfa-Werks in Portello gehörte auch die Einrichtung eines Fußballplatzes. Die Werksfußballmannschaft Gruppo Calcio Alfa Romeo engagierte einen vielversprechenden jungen Spieler namens Valentino Mazzola, der später zu einem berühmten italienischen Fußballer wurde. 1939, als die ersten 6C 2500 gefertigt wurden, arbeitete er im Werk Portello.
Der 1939 präsentierte Alfa 6C 2500 wurde angetrieben von einem Reihensechszylinder mit 2,5 Liter Hubraum. Er war die Weiterentwicklung der Typen 6C 2300 und 6C 2300B. Für den 6C 2500 wurde die hinteren Radaufhängung verbessert und er bekam hydraulische Bremsen anstelle der mechanischen.
Mit der Hubraumerhöhung um 200 ccm stieg auch die Leistung. Die Version Supersport bot 110 PS, die eine Spitze von 170 km/h ermöglichten. Der 6C 2500 gab sein Motorsport-Debüt 1939 beim 1.500-Kilometer-Rennen von Tobruk nach Tripolis. Zum Einsatz kam eine Variante des Supersport mit in die Karosserie integrierten Kotflügeln.
Die technischen Innovationen des 6C 2500 und seine sportlichen Erfolge zogen eine elitäre Kundschaft an. Die Produktion startete mit den fünf- oder siebensitzigen Turismo-Versionen sowie den Varianten Sport und Supersport mit kurzem Radstand. Für die Karosserie wandten sich die Kunden an externe Carrozzerias.
Trotz des hohen Preises - zwischen 62.000 und 96.000 Lire - war die Reaktion der Kundschaft positiv. Mit den 159 verkauften Tipo 6C 2500 verdiente Alfa Romeo ungefähr so viel wie Fiat mit dem Verkauf von 1.200 Fahrzeugen der Baureihe 508 Balilla.
1943 und 1944 wurde das Werk in Portello durch Fliegerangriffe schwer beschädigt, Mailand lag in Trümmern, und die italienische Wirtschaft war schwach. Das erschwerte die Wiederaufnahme der Auto-Produktion nach dem Zweiten Weltkrieg.
Notwendige Materialien und Brennstoffe mussten oft auf dem Schwarzmarkt gekauft werden. Aber viele Bauteile des letzten Vorkriegsmodells 6C 2500 waren noch vorhanden. 1945 konnten in Portello nur wenige Exemplare des 6C 2500 Sport komplettiert werden.
1946 stieg die Produktion in Portello auf 146 Einheiten, aufgeteilt auf komplette Autos und Fahrgestelle, die von externen Karosseriebauern vervollständigt wurden. Einer der bekanntesten war Battista "Pinin" Farina.
Farina versah ein Chassis des 6C 2500 mit einer eleganten Cabriolet-Karosserie, die auf dem Pariser Autosalon 1946 ausgestellt werden sollte. Da Italien als ehemalige Achsenmacht von der Veranstaltung ausgeschlossen war, parkte Farina das Cabrio kurzerhand vor dem Eingang zum Messegelände und brachte es jeden Abend zum Place de L'Opéra, um es der feinen Gesellschaft vorzustellen. Der Plan ging auf, der Erfolg des Cabriolets war nicht mehr aufzuhalten.
Ebenfalls 1946 entstand eine weitere Karosserievariante auf Basis des 6C 2500 Sport - der Freccia d'Oro (Goldpfeil). Das kurze, abgerundete Heck entsprach den neuesten Erkenntnissen der Aerodynamik.
Der Freccia dOro regte zahlreiche Versionen an. Unter anderem entwarf Pinin Farina ein elegantes Coupé und eine Berlinetta für den Concorso dEleganza. Achille Castoldi, Ingenieur und erfolgreicher Motorboot-Rennfahrer, kaufte ein Coupé mit Karosserie von Touring und wendete auf dem Genfer Autosalon dieselbe Taktik an wie zuvor Farina in Paris.
Der amerikanische Schauspieler Tyrone Power fuhr im 6C 2500 durch Rom, der argentinische Präsident Juan Peron mit seiner Frau Evita durch Mailand. Auch König Faruq von Ägypten und Fürst Rainier III. von Monaco kauften den 6C 2500. Am 27. Mai 1949, als Rita Hayworth im Rathaus von Cannes Prinz Ali Khan heiratete, fuhr sie im 6C 2500 vor, den sie gerade als Hochzeitsgeschenk erhalten hatte.
Der 6C 2500 Villa d'Este war einer der letzten Alfas, die auf einem von der Karosserie getrennten Fahrgestell basierten. Insgesamt entstanden nur 36 Exemplare, allesamt nach Kundenwünschen gestaltete Unikate.
Designer Carlo Felice Bianchi Anderloni ging vom 6C 2500 Supersport aus. Er gestaltete die Fahrzeugfront neu, indem er die vier Scheinwerfer und die Kühllufteinlässe harmonischer in die Karosserie einfügte. Die vorderen Kotflügel integrierte Anderloni in die Karosserie. Die Windschutzscheibe ist zweigeteilt und stärker geneigt. Das Fahrzeugheck läuft flach aus und trägt zwei kleine, elegante runde Rückleuchten.
Beim Concorso dEleganza 1949 in der Villa dEste gewann Anderlonis Version des 6C 2500 den Grand Prix Referendum, den Publikumspreis. Seitdem ist der Modellname untrennbar mit dem legendären Schönheitswettbewerb am Comer See verbunden.