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Turbo-Gaul

Zerstört der Vierzylinder den offenen Mustang?

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Haar, 25. Februar 2016 - Mitte letzten Jahres bekam die deutsch-amerikanische Freundschaft einen gewaltigen Pferde-Tritt in die richtige Richtung. Nach mehr als 50 Jahren betrat ein Ford Mustang erstmals offiziell hiesigen Boden. Offiziell bedeutet: Der Kaufvertrag wird jetzt nicht mehr beim US-Importeur sondern beim Ford-Händler unterschrieben. Wir rissen uns - ganz ungestüm vor Glück - die neue Generation sogleich testweise unter den Nagel und waren anschließend noch infizierter, als wir vermutet hätten. Gegen wunderbar unkomplizierte, Hinterreifen schreddernde, V8-durchtränkte US-Glorie zum Preis eines Golf TDI mit Ausstattung kann man sich eben schlecht wehren. Vor allem, wenn zum ersten Mal auch das Fahrwerk mitspielt.

Nostalgiebefreit?
Nun gibt es die US-Ikone aber nicht nur mit acht Töpfen und fünf Maß Hubraum. Wie aus dem Nichts stand plötzlich diese offene Schönheit vor unseren Redaktionsräumen. Und sie machte kaum Lärm. Aus irgendeinem zweifelhaften Grund (Umwelt oder so) hat sich doch tatsächlich ein Vierzylinder-Turbo auf die Mustang-Preisliste verirrt. Er ist 5.000 Euro günstiger als der V8 und Ford denkt, das immerhin 40 bis 50 Prozent der Kundschaft lieber blasen statt saugen lässt. Die große Frage lautet: Ist beinahe jeder zweite deutsche Mustang-Käufer völlig schmerz- und nostalgiebefreit oder funktioniert der Stang auch mit der Hälfte der vorgesehenen Zylinder und ohne Dach?

Kaum schwerer ohne Dach
Das mit dem Dach können wir relativ schnell abhaken: Der Mustang wurde von Grund auf als Cabrio entwickelt und wiegt nur 60 Kilo mehr als das Coupé. Außerdem ist es schön, offen zu fahren, weil man die vielen Leute besser hört, die einem vom Gehsteig aus ihre Sympathie bekunden. Die typischen Eigenschaften schlecht gemachter Cabrios sind ebenfalls nicht zu befürchten, sprich: Sie können auch über eher bemitleidenswerte Asphalt-Ansammlungen brettern, ohne dass sich der Mustang unter Ihnen windet wie ein angezählter Kommunalpolitiker. Beim Motor gestaltet sich die Sache dagegen schwieriger. Warum? Weil jetzt kein archaisch grunzender, zügellos um sich hauender V8 mehr da ist, der die ein oder andere Schwäche der wuchtigen Legende in herzerwärmenden Rauch auflöst. Und kommen Sie mir jetzt bitte nicht mit "aber im Focus RS ...". Ja, im Focus RS macht der 2,3-Liter-Vierzylinder einen Höllen-Rabatz und er trompetet so dreckig, als läge eine angestochene Wildsau in seinem Endschalldämpfer.

Sehr ordentliche technische Daten
Das Problem ist: Der EcoBoost-Mustang muss ohne das ganze tolle Focus-RS-Performance-Gedöns wie den neuen Cosworth-Zylinderkopf, den grundlegend überarbeiteten Turbolader oder eine durchsatzfreudigere Auspuffanlage auskommen. Trotzdem stehen noch immer sehr anständige 317 PS und 432 Newtonmeter auf dem Zettel (beim Focus RS sind es 350 PS und bis zu 470 Newtonmeter). Im Cabrio reicht das immerhin für 5,9 Sekunden von 0-100 km/h und 234 km/h Höchstgeschwindigkeit.

Wo ist das Besondere hin?
Ich weiß, für ein sehr großes, sehr offenes Gefährt mit einem eher kleinen Motor klingt das äußerst anständig und doch fehlt es der Vierzylinder-Turbo-Vorstellung ein wenig an Würze. Na gut, ich will es mal positiv ausdrücken: Im mittleren Drehzahlbereich schiebt der EcoBoost die immerhin 1.715 Kilo luftgetrocknetes US-Beef mit bemerkenswertem Verve nach vorne. Im Drehzahlkeller ist aber ziemlich lang Flaute und obenraus wird die Luft recht schnell dünn. Die Öffnungszeiten im EcoBoost-Laden sind also relativ überschaubar. Ein großes Lob verdient dagegen das Sechsgang-Schaltgetriebe, das genauso knackig, exakt und wundervoll agiert wie im V8.

Fahrdynamisch vorne
Und wenn man ganz ehrlich ist: Der neue Mustang fährt auch mit vier Töpfen deutlich besser als der alte. Die hintere Starrachse endlich gegen eine Integrallenker-Achse mit Einzelradaufhängung zu tauschen, erweist sich auch beim EcoBoost als recht weise Entscheidung. Auch das in Europa serienmäßige Performance-Pack mit seiner Hinterachs-Sperre, den 19-Zöllern und der voluminösen Brembo-Bremse macht einem das Leben in dynamischer Hinsicht leichter. Der offene Turbo-Stang gript gut, beißt sich schön in die Kurve und das komplette Arsenal an völlig absurden Driftwinkeln hat er ebenfalls parat. Dafür muss man das ESP meist nicht mal komplett ausmachen, denn schon der Track-Modus (die sportlich-liberalste der vier verfügbaren Fahrstufen) hat im Stang einen mittelgroßen Teufel auf der Schulter sitzen.

Irgendwas fehlt
Auf der anderen Seite wirkt das Auto mit seinen 1,92 Meter Breite doch ziemlich ausladend und teils auch recht schwerfällig. Und weil der EcoBoost-Turbo nicht so brutal anspricht und obenraus nicht so richtig will, merkt man davon auch mehr. Der Kampfgeist und die rohe Hemdsärmeligkeit des achtzylindrigen Mustang GT fehlen hier einfach. Was ebenfalls fehlt, ist eine halbwegs betörende Klangkulisse. Im Stand gibt es weitgehend unauffälliges Gesäusel, dreht man den Hahn auf, wird ungeniert verstärkt, was das Zeug hält. Und leider klingt das, was da durch den Soundsymposer läuft, künstlicher als Rennspiele, die noch auf einer Diskette Platz hatten.

Günstiger und sparsamer
Letztlich bekommt man mit dem EcoBoost-Mustang Cabrio einen drehmomentstarken, wuchtigen und eher gelassenen Oben-ohne-Cruiser, der wenig aufregende Geräusche macht. Ein gutes Auto, dem es ein wenig an Emotion fehlt. Ob das bei einem Mustang wirklich förderlich ist, muss jeder für sich entscheiden. Zum Preis von 42.000 Euro (Vollausstattung inklusive Navi und allem Pipapo kostet 44.500 Euro) dürfte es dennoch wenig Vergleichbares geben. Das einzige Problem ist: Den V8 kriegt man schon für 47.000 Euro und er verwandelt das Auto komplett. Zum Positiven, versteht sich. Wer die 5.000 Euro im Kreuz hat und sich am höheren Verbrauch nicht stört (13 bis 15 Liter im V8 gegen 10,8 Liter Testverbrauch im Vierzylinder), sollte also wohl kurz den Verstand ausschalten, bevor er den Kaufvertrag unterschreibt.

Gesamtwertung
Die Grundtugenden stimmen auch beim vierzylindrigen Mustang Cabrio EcoBoost: Er ist ein großer, schöner, offener und dynamisch talentierter Sportwagen zum Schnäppchenpreis. Das Problem ist nur: Der V8 ist nicht so viel teurer, aber er ist bei weitem der aufregendere Motor, der das Potenzial des Mustang hinsichtlich Sportlichkeit und Emotionalität erst so richtig ausschöpft.

+ Fahrdynamik; Schaltgetriebe; Optik; Kosten

- Motorcharakteristik; Klang

Modell Ford Mustang Cabrio Ecoboost
Motor
Bauart Reihenmotor, Turbo
Zylinder / Ventile 4 / 4
Antrieb Hinterradantrieb
Getriebe Schaltgetriebe
Gänge 6
Hubraum 2.261 cm³
Leistung 233 kW bei 5.500 U/min
max. Drehmoment 432 Nm bei 3.000 U/min
Fahrwerk
Bremsen vorn Scheiben, innenbelüftet, 352 Millimeter
Bremsen hinten Scheibe, innenbelüftet, 330 Millimeter
Lenkung elektromechanische Servolenkung
Radaufhängung vorn McPherson- Federbeinachse
Radaufhängung hinten Integrallenkerachse
Räder vorn 255/40 R19
Räder hinten 255/40 R19
Spurweite vorn 1.582 mm
Spurweite hinten 1.655 mm
Wendekreis 12,2 m
Maße
Länge 4.784 mm
Breite 1.916 mm
Höhe 1.394 mm
Radstand 2.720 mm
Leergewicht 1.715 kg
Kofferraumvolumen 332 l
Tank 59 l
Kraftstoffart Super
Messwerte
Höchstgeschwindigkeit 234 km/h
Beschleunigung (0-100 km/h) 5,9 s
Verbrauch gesamt 8,0 l/100 km
Verbrauch innerorts 10,4 l/100 km
Verbrauch außerorts 6,9 l/100 km
Testverbrauch gesamt 10,8 l/100 km
CO2-Emission 184 g/km
Schadstoffklasse Euro 6

Stand: Februar 2016


Modell Ford Mustang Cabrio EcoBoost
Grundpreis 42.000 €
Ausstattung
ABS Serie
Beifahrerairbag Serie
Fahrerairbag Serie
ASR Serie
Automatikgetriebe 2.000 €
Navigationssystem 1.200 €
CD-Radio Serie
elektr. Fensterheber vorn Serie
elektr. verst. Außenspiegel Serie
ESP Serie
Klimaautomatik Serie
Lederausstattung Serie
Leichtmetallfelgen Serie (19 Zoll)
Metalliclackierung 700 €
MP3-Radio Serie
Sitzhöheneinstellung Serie (elektrisch)
Tempomat Serie
Xenonlicht Serie
Zentralverriegelung Serie

Stand: Februar 2016


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