Hier fahren Sie besser!
Neu- und Gebrauchtwagen auf automobile.at

Kia ProCeed (2019) im Test

Hoppla! Kia kann plötzlich auch Shooting Brake ...

Motor1.com Deutschland: Auto-Tests, Auto-News und Analysen
Marke wählen

Man meint ja gerne, dass der Kombi an Strahlkraft verloren habe. Okay, als Langstreckenbomber für Außendienstler bleibt er im Geschäft, doch der gemeine Privatkunde ist inzwischen ziemlich SUV-fixiert. Kia jedoch hat bereits mit dem hinreißenden Stinger eine Antithese auf die Räder gestellt. Tolles Design und Fahrspaß statt komischer Gelände-Placebos. Nun folgt der zweite Streich in Gestalt des neuen ProCeed (endlich ohne Apostroph!).

Was ist das?

Tja, eine gute Frage: Das Auge und der Verstand sagen Kombi. Kia vermeidet das böse K-Wort hingegen um jeden Preis und spricht etwas gedrechselt vom ersten fünftürigen Shooting Brake eines Volumenherstellers im Kompaktsegment. Fakt ist: Der neue ProCeed sieht in natura verdammt gut aus. Statt wie bislang einen kaum noch nachgefragten Dreitürer mit Sportnote (man denke an den VW Scirocco) zu bauen, krempelt Kia den ProCeed um.

Herausgekommen ist ein 4,60 Meter langer und 1,42 Meter flacher Fünftürer mit praktischer Note. Schön und zweckmäßig zugleich: Stellen Sie sich vor, ein Topmodel kocht jeden Tag ihr Lieblingsessen. Verglichen zum konventionellen Kia Ceed Kombi ist der neue ProCeed nur um fünf Millimeter länger, in der Breite gleich, aber satte 43 Millimeter flacher. Natürlich werden Kenner jetzt einwerfen, dass die Seitenlinie an den Mercedes CLA Shooting Brake erinnert. Tatsächlich unterscheiden sich beide Fahrzeuge in den Abmessungen nur minimal. Eine Inspirationsquelle mag also vorhanden gewesen sein, doch der Kia ProCeed ist keineswegs eine billige Kopie. Klar, die Frontpartie weist Familienähnlichkeit zum normalen Ceed auf, doch das Heck erweist sich als Schokoladenseite. Nicht wenige Beobachter fühlen sich spontan an den Porsche Panamera Gran Turismo erinnert. Ein Porsche von Kia! Hätte man das noch vor zehn Jahren jemals erwartet?

Wenden wir uns den inneren Werten des neuen Kia ProCeed zu: Aus Kostengründen sind die Seitenscheiben nicht rahmenlos, die Heckklappe wird beim Topmodell ProCeed GT elektrisch und sensorgesteuert geöffnet. Dahinter verbergen sich mindestens 594 Liter Stauraum, die auf bis zu 1.545 Liter erweitert werden können. Keine schlechte Zahl, wenn man sie mit den 625 Liter des klassischen Ceed Kombi vergleicht. Falls es Sie interessiert: Den (bald neu aufgelegten) Mercedes CLA Shooting Brake übertrumpft der ProCeed in dieser Hinsicht um 99 Liter.

Anders als beim dreitürigen Vorgänger werden die hinteren Sitze nicht zur Strafbank. Weil die Dachlinie erst hinter der C-Säule schnittig abfällt, bleibt im Fond viel Kopffreiheit. Konzeptbedingt ziemlich bescheiden fällt die direkte Sicht nach hinten aus, eine Rückfahrkamera sollte daher an Bord sein. Im Cockpit leistet sich Kia keine Kinkerlitzchen: Ceed-Fahrer kennen diesen gut strukturierten Arbeitsplatz. Die hohe Zahl an Knöpfen irritiert zunächst, aber dafür muss man nicht umständlich Menüs durchforsten oder minutenlang mit dem Auto quasseln.

Den ProCeed bekommt man übrigens ausschließlich als GT oder GT-Line. Mit dabei sind stets bequeme, aber nicht zu enge Sportsitze und ein griffiges Sportlenkrad. Optisch tritt die GT-Line aber dezenter auf, die roten Zierelemente am GT muss man mögen.

Wie fährt er sich?

Lassen Sie es mich so sagen: Ausgewogen statt sportlich. Spätestens auf schlängeligen Landstraßen zeigt sich, dass der neue Kia ProCeed mehr GT denn Kurvenräuber ist. 4,60 Meter, eine Menge Auto eben. Auffallend ist, dass der neue 1,6-Liter-Turbobenziner mit 204 PS im ProCeed nicht richtig reüssieren kann. Selbst nach Druck der Sport-Taste bleibt sein Klang halbgar, das Zusammenspiel mit dem Siebengang-DKG (bei Kia DCT genannt) verläuft bei starker Last nicht harmonisch. Zwar zieht der Motor sauber von unten heraus, doch wirkt er in der Leistungsentfaltung nicht so krass, wie man vermuten würde.


Wozu die Maschine in der Lage ist, zeigt der Umstieg in einen fünftürigen Ceed GT mit manueller Schaltung. Hier präsentiert sich der Antrieb spritziger und dynamischer, dazu kommt eine hecklastigere Auslegung. (Fragt sich nur, ob auch Kia die bis zu 275 PS des Hyundai i30 N aus dem gleichen Konzern mal auskosten darf. Laut Kia-Deutschland-Chef Steffen Cost ist bei 204 PS erst mal das Ende der Fahnenstange beim Ceed erreicht.) 28.590 Euro werden für den Ceed GT Fünftürer aufgerufen.

Weniger ist also mehr, wie sich nach dem Umstieg in einen ProCeed 1.4 T-GDI mit 140 PS und DCT zeigt. Diese Motor-Getriebe-Kombination erweist sich als ideal: Laufruhig, aber dabei gefühlt kaum schwächer als der 1,6er. Ein Vergleich der Zahlen liefert den Beweis: 242 versus 265 Newtonmeter maximales Drehmoment. Der größere Motor bietet es allerdings bis 4.500 Touren, der 1.4 Turbo nur bis 3.200. In der Beschleunigung trennen beide Aggregate knapp zwei Sekunden, massiv spürbar ist das jedoch nicht.

Der Einstiegsbenziner im ProCeed reicht völlig aus, wer unbedingt möchte, kann auch den 1.6 CRDi mit 136 PS ordern. Auf den 1,0-Liter-Turbobenziner mit 120 PS verzichtet Kia hierzulande. Alle Aggregate weisen einen Partikelfilter auf.

Pluspunkte sammelt der neue Kia ProCeed mit seiner im Vergleich zum Vorgänger deutlich verbesserten Lenkung. Sie arbeitet präzise und liefert deutlich mehr Rückmeldung. Verzichtbar sind aus meiner Sicht die beim GT serienmäßigen 18-Zoll-Felgen. Sie schmälern den Komfort, weshalb auch hier meine Empfehlung zur GT-Line mit 17 Zoll ab Werk geht.

Wo liegt er preislich?

Los geht es bei 27.690 Euro für den ProCeed 1.4 T-GDI mit 140 PS und manueller Schaltung. Damit liegt er 2.100 Euro über einem vergleichbarem Ceed Fünftürer, ist aber nur 700 Euro als der Ceed SW. Denn wie schon gesagt, gibt es den ProCeed nur als GT-Line und GT. Letzterer startet bei 31.190 Euro. Mein Tipp: Greifen Sie zum Eins-Vierer und investieren Sie das gesparte Geld in das DCT (Aufpreis 2.000 Euro). Die Serienaustattung ist bereits beim GT-Line sehr reichhaltig: Diverse Assistenzsysteme, Lenkrad- und Sitzheizung sowie eine Zwei-Zonen-Klimaautomatik. Da fehlt nicht mehr viel, empfehlenswert ist das Navigations-Paket für 890 Euro.

Geplant ist ein Anteil von 25 Prozent ProCeed an den deutschen Ceed-Verkäufen. Das könnte klappen, wenn man auf den Mercedes CLA Shooting Brake blickt. Er startet als handgerührter CLA 180 mit 122 PS bei mindestens 31.178 Euro.

Fazit: 8 von 10

Den neuen Kia ProCeed kauft man nicht, weil man muss, sondern weil man will. In Sachen Design polarisiert er. Und das ist gut so. Eine spannende Alternative für junge Familienväter, die keine Lust auf langweiliges Kombi-Image haben.

© Motor1.com